Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 7. Mai 2021 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Der im Jahr 1957 geborene Kläger leidet ua an einem Post-Polio-Syndrom nach einer als Kind durchgemachten Polyomyelitiserkrankung. Er begehrt zum wiederholten Mal eine Rente wegen Erwerbsminderung. Die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Dauer ab dem 1.2.1984 wurde unter Hinweis auf eine Besserung seines Gesundheitszustands zum 1.2.1992 aufgehoben (bestandskräftig gewordener Bescheid vom 13.12.1991). Der Kläger nahm von Ende August bis Anfang Oktober 1992 eine Rehabilitationsmaßnahme in Anspruch. Diese schloss er mit der Beurteilung ab, dass er leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen vollschichtig ausüben könne. Daraufhin war der Kläger im Jahr 1994 kurzzeitig als orthopädischer Schuhmacher und anschließend bis 1997 als fahrender Messerschleifer erwerbstätig. Einen im November 1997 gestellten Rentenantrag lehnte die Landesversicherungsanstalt (Rechtsvorgängerin der Beklagten) ebenso wie einen im September 1999 erneut geltend gemachten Rentenantrag wegen fehlender versicherungsrechtlicher Voraussetzungen ab. Auch ein Antrag auf Überprüfung des Bescheids vom 13.12.1991 zur Aufhebung der früheren Rentenbewilligung blieb ohne Erfolg. Die hiergegen geführten Klageverfahren endeten im Mai 2006 mit der Rücknahme der Berufung durch den Kläger.
Den hier streitbefangenen Antrag des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung vom November 2015 lehnte die Beklagte erneut wegen fehlender versicherungsrechtlicher Voraussetzungen ab. Diese hätten letztmals am 31.5.1994 vorgelegen, während die jetzt feststellbare Erwerbsminderung seit dem 20.9.1999 bestehe (Bescheid vom 30.11.2015, Widerspruchsbescheid vom 23.3.2016). Das SG hat die Klage abgewiesen, weil unter Berücksichtigung der beigezogenen zahlreichen Behandlungsunterlagen und Gutachten bis zum 31.5.1994 weder eine Berufsunfähigkeit noch eine Erwerbsunfähigkeit des Klägers bestanden habe. Im Berufungsverfahren hat das LSG auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG ein pneumologisch-internistisches Sachverständigengutachten von L samt ergänzender Stellungnahme eingeholt. Die Beklagte ist dessen für den Kläger günstigen Beurteilung seiner Leistungsfähigkeit im Zeitraum vom 1.2.1992 bis zum 31.5.1994 (leichte Arbeiten ausschließlich im Sitzen höchstens halbschichtig) mit eigenen ärztlichen Stellungnahmen entgegengetreten. Auch der Kläger hat weitere ärztliche Stellungnahmen vorgelegt. Das LSG hat im Urteil vom 7.5.2021 die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Die Beklagte habe in den angefochtenen Bescheiden zu Recht entschieden, dass er keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung habe. Selbst bei einer dem Kläger wohlwollenden Betrachtungsweise sei nicht nachgewiesen, dass bei ihm bereits bis zum 31.5.1994 oder früher ein aufgehobenes oder herabgesetztes Leistungsvermögen bestanden habe. Der Nachweis einer rentenberechtigenden Erwerbsminderung sei erst für das Jahr 1999 erbracht. Die abweichende Leistungseinschätzung des L, die dieser auf der Grundlage einer mehr als 25 Jahre später vorgenommenen Untersuchung des Klägers abgegeben habe, sei nicht überzeugend.
Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG hat der Kläger Beschwerde zum BSG eingelegt. Er rügt einen Verfahrensmangel.
II
1. Nach Schließung des 13. Senats zum 1.7.2021 durch Erlass des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 24.6.2021 (vgl § 202 Satz 1 SGG iVm § 130 Abs 1 Satz 2 GVG) ist die Zuständigkeit für die ursprünglich unter dem Aktenzeichen B 13 R 124/21 B geführte Streitsache gemäß Geschäftsverteilungsplan (Stand 1.7.2021) auf den 5. Senat übergegangen.
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist. Der Kläger hat einen Verfahrensmangel (Revisionszulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG nicht ausreichend bezeichnet. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde damit begründet, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), so müssen zur Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) zunächst die den Verfahrensfehler (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist es erforderlich darzulegen, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung des Klägers nicht gerecht. Er rügt sinngemäß eine Verletzung des § 103 SGG, weil das LSG kein weiteres Gutachten eines Spezialisten auf dem Gebiet des Post-Polio-Syndroms eingeholt habe. Ein solches Gutachten hätte klären können, ob spätestens bis zum 31.5.1994 oder bereits davor eine Erwerbsunfähigkeit vorgelegen habe oder nicht.
Wird ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht geltend gemacht, muss die Beschwerdebegründung hierzu jeweils folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren, bis zum Schluss aufrechterhaltenen Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3) Darlegung der von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (5) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (stRspr, vgl BSG Beschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN; BSG Beschluss vom 3.4.2020 - B 9 SB 71/19 B - juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 20.1.2021 - B 5 R 248/20 B - juris RdNr 7; Fichte in Fichte/Jüttner, SGG, 3. Aufl 2020, § 160a RdNr 56; Voelzke in jurisPK-SGG, § 160a RdNr 167, Stand 14.10.2020).
Das Vorbringen des Klägers entspricht bereits nicht den unter Punkt (1) genannten Anforderungen. Er erwähnt lediglich, das LSG habe "das angestrebte Gutachten eines Fachmediziners" bzw "das geforderte Gutachten" ohne hinreichende Begründung nicht eingeholt. Damit ist indes kein prozessordnungsgemäßer Beweisantrag des bereits im Berufungsverfahren anwaltlich vertretenen Klägers bezeichnet (vgl § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 373 ZPO; s dazu auch BSG Beschluss vom 11.12.2019 - B 13 R 164/18 B - juris RdNr 11). Zudem hat der Kläger auch nicht aufgezeigt, dass er ein entsprechendes Beweisbegehren bis zum Schluss, dh im Fall einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung auch noch bei Erteilung des Einverständnisses mit dieser Verfahrensweise (vgl § 124 Abs 2 SGG) aufrechterhalten hat (zu diesem Erfordernis vgl BSG Beschluss vom 25.11.2013 - B 13 R 339/13 B - juris RdNr 6 mwN).
Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang beanstandet, das LSG habe die Ausführungen des nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens des Sachverständigen L nicht ausreichend gewürdigt, greift er im Kern die Beweiswürdigung durch das Berufungsgericht an. Auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) kann im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nach der ausdrücklichen Anordnung in § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG ein Verfahrensmangel jedoch von vornherein nicht gestützt werden. Die Würdigung unterschiedlicher Gutachtensergebnisse gehört zur Beweiswürdigung. Hält das Gericht eines oder einige von mehreren Gutachten für überzeugend, darf es sich diesen grundsätzlich anschließen, ohne ein weiteres Gutachten einholen zu müssen (stRspr, vgl BSG Beschluss vom 19.11.2007 - B 5a/5 R 382/06 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 8). Etwas anderes gilt nur, wenn die vorhandenen Gutachten grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche enthalten, von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde des Gutachters geben (BSG Beschluss vom 19.11.2007 - B 5a/5 R 382/06 B - aaO RdNr 9; BSG Beschluss vom 24.6.2020 - B 9 SB 79/19 B - juris RdNr 11; BSG Beschluss vom 22.6.2021 - B 13 R 20/21 B - juris RdNr 7). Selbst wenn solche Umstände vorliegen sollten, kann das mit einer Sachaufklärungsrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nur mit Erfolg gerügt werden, wenn aufgezeigt wird, dass beim LSG ein Beweisantrag auf Einholung eines weiteren Gutachtens mit entsprechend substantiierter Begründung angebracht und bis zum Schluss aufrechterhalten worden ist (vgl BSG Beschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 9 mwN; BSG Beschluss vom 8.1.2013 - B 13 R 300/11 B - juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 16.2.2017 - B 9 V 48/16 B - juris RdNr 11 ff; BSG Beschluss vom 11.12.2019 - B 13 R 164/18 B - juris RdNr 11 f). Dass dies hier geschehen sei, hat der Kläger - wie bereits ausgeführt - nicht vorgetragen. Er hat außerdem auch das Vorliegen grober Mängel hinsichtlich der Gutachten, auf die das LSG sich gestützt hat, oder das Vorhandensein unlösbarer Widersprüche nicht hinreichend aufgezeigt. Vielmehr behauptet er lediglich pauschal, dass die von der Beklagten in Auftrag gegebenen Gutachten "oftmals nicht von notwendiger Neutralität" zeugten und dass sich "die vorliegenden Arztberichte und neueren Gutachten bei Gegenüberstellung widersprechen". Für die erforderliche Bezeichnung eines Verfahrensmangels ist auch eine Bezugnahme "auf den Vortrag im erst- bzw. zweitinstanzlichen Verfahren" nicht ausreichend (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 160a RdNr 13a).
Das Vorbringen, das LSG sei bei seiner Beurteilung bestimmten Fehleinschätzungen unterlegen und das Gericht hätte sehr wohl zu dem Schluss kommen müssen, dass das Leistungsvermögen des Klägers bereits vor dem 31.5.1994 herabgesetzt gewesen sei, zielt darauf, dass die angefochtene Entscheidung falsch sei. Hierauf kann eine Nichtzulassungsbeschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren nicht gestützt werden (stRspr, vgl BSG Beschluss vom 25.3.2021 - B 5 R 288/20 B - juris RdNr 14 mwN).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14800557 |