Verfahrensgang

LSG Hamburg (Urteil vom 17.12.2019; Aktenzeichen L 3 VE 1/14)

SG Hamburg (Entscheidung vom 03.12.2013; Aktenzeichen S 59 VG 33/09)

 

Tenor

Der Antrag der Klägerin, ihr für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 17. Dezember 2019 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu gewähren, wird abgelehnt.

 

Gründe

I

Die Klägerin begehrt Leistungen der Opferentschädigung wegen der Folgen sexueller und seelischer Misshandlungen durch ihren damaligen Partner in den Jahren 2005 und 2006.

Das LSG hat den Anspruch wie vor ihm die Beklagte und das SG verneint. Die von der Klägerin geschilderten sexuellen Handlungen stellten entweder keine tätlichen Angriffe dar im Sinne von § 1 Opferentschädigungsgesetz (OEG) oder eine Entschädigung der Klägerin sei nach § 2 Abs 1 OEG wegen Selbstgefährdung ausgeschlossen (Urteil vom 17.12.2019).

Mit ihrem Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) für eine beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin insbesondere geltend, das LSG habe die vorliegenden Erkenntnisquellen nicht ausgeschöpft; es hätte insbesondere weitere Zeugen hören müssen.

II

Der PKH-Antrag ist unbegründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO). Daran fehlt es hier. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG) in der Lage wäre, die von der Klägerin angestrebte Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen.

Hinreichende Erfolgsaussicht hätte die Nichtzulassungsbeschwerde nur, wenn einer der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe mit Erfolg geltend gemacht werden könnte. Die Revision darf danach zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Nach Durchsicht der Akten fehlen - auch unter Würdigung des Vorbringens der Klägerin - Anhaltspunkte dafür, dass sie einen der in § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe darlegen könnte. Die Sache bietet keine Hinweise für eine über ihren Einzelfall hinausgehende, grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Auch ist nicht ersichtlich, dass das LSG entscheidungstragend von der Rechtsprechung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abgewichen sein könnte (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 2 SGG). Vielmehr ist das LSG in seiner Entscheidung der von ihm zitierten Rechtsprechung des Senats zum Begriff des Angriffs im Sinne von § 1 OEG gefolgt. Selbst wenn das Berufungsgericht dabei im Fall der Klägerin die gesetzlichen Vorgaben unzutreffend angewendet hätte, könnte dies nicht mit Erfolg als Revisionszulassungsgrund gerügt werden; die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung des LSG im Einzelfall ist nicht Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde (vgl hierzu Senatsbeschluss vom 21.12.2017 - B 9 V 46/17 B - juris RdNr 8).

Schließlich fehlt ein ausreichender Anhalt dafür, dass die Klägerin einen die Revisionszulassung rechtfertigenden Verfahrensfehler des LSG bezeichnen könnte (Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Solche im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde relevanten Verfahrensmängel hat die Klägerin nicht benannt; sie sind auch nach Durchsicht der Akten nicht ersichtlich. Insbesondere durfte das LSG die vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Berufungsverhandlung hilfsweise gestellten Beweisanträge ablehnen. Denn nach Ansicht des LSG konnte schon deshalb keines der angeschuldigten Ereignisse einen Entschädigungsanspruch nach dem OEG begründen, weil es sich dabei nicht um Angriffe im Sinne des § 1 OEG handelte oder weil eine Versorgung jedenfalls nach § 2 Abs 1 OEG zu versagen war. Auf die unter Beweis gestellten schädigenden Folgen dieser Ereignisse sowie den entsprechenden Kausalzusammenhang kam es daher nach der maßgeblichen Rechtsauffassung des LSG nicht an (vgl Senatsbeschluss vom 12.10.2017 - B 9 V 32/17 B - juris RdNr 14 mwN).

Soweit die Klägerin rügt, das LSG hätte den Akteninhalt, insbesondere gutachterliche Aussagen, anders würdigen müssen, wendet sie sich gegen die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts, die § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG indes der Beurteilung durch das Revisionsgericht vollständig entzieht. Kraft der darin enthaltenen ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung kann die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts mit der Nichtzulassungsbeschwerde weder unmittelbar noch mittelbar angegriffen werden (Senatsbeschluss vom 8.5.2017 - B 9 V 78/16 B - juris RdNr 15 mwN).

Da der Klägerin insgesamt keine PKH zusteht, kann sie auch nicht die Beiordnung eines Rechtsanwalts beanspruchen (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI13976025

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