Leitsatz (amtlich)
Die Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage als Begründung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist jedenfalls allein mit der nicht näher erläuterten und dem Wortlaut des Gesetzes widersprechenden Auslegung nicht dargelegt iS von § 160a Abs 2 S 3 SGG.
Normenkette
SGG § 160 Abs 2 Nr 1, § 160a Abs 2 S 3
Verfahrensgang
LSG Berlin (Entscheidung vom 21.05.1986; Aktenzeichen L 6 J 30/84) |
SG Berlin (Entscheidung vom 18.01.1984; Aktenzeichen S 31 J 1696/80) |
Gründe
Nach § 73a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) iVm § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) kann einem Beteiligten für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundessozialgericht (BSG) nur dann Prozeßkostenhilfe bewilligt und ein Rechtsanwalt als Prozeßbevollmächtigter beigeordnet werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Diese Voraussetzung liegt nicht vor, weil die zur Beschwerdebegründung allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht hinreichend dargelegt und auch nicht erkennbar ist, daß sie in einer formgerechten Beschwerde hinreichend dargelegt werden kann iS von § 160a Abs 2 Satz 3 SGG.
Die Beschwerdeführer machen geltend, die Beitragsfiktion des § 1397 Abs 6 der Reichsversicherungsordnung (RVO) setze lediglich voraus, daß der Versicherte während der geltend gemachten Zeit versicherungspflichtig beschäftigt war. Sei der Nachweis der versicherungspflichtigen Beschäftigung geführt, bedürfe es nicht der weiteren Glaubhaftmachung bzw des Nachweises der tatsächlichen Abführung von Versicherungsbeiträgen. Hierin liege die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.
Nach dem Wortlaut des § 1397 Abs 6 RVO gilt der Beitrag ohne Rücksicht auf die tatsächliche Abführung als entrichtet, wenn der Versicherte glaubhaft macht, daß der auf ihn entfallende Beitragsanteil vom Lohn abgezogen worden ist. Eine Rechtsfrage und damit die von ihr geprägte Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie klärungsbedürftig ist. Dies ist dann zu verneinen, wenn die Beantwortung der Rechtsfrage so gut wie unbestritten ist. Zur Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage ist im einzelnen darzulegen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage umstritten ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17). Die Beschwerdeführer hätten mithin im einzelnen darlegen müssen, aus welchen Gründen entgegen dem Gesetzeswortlaut die Fiktion der Beitragsentrichtung nur die versicherungspflichtige Beschäftigung, nicht aber die Glaubhaftmachung des Abzugs des Beitragsanteils vom Lohn voraussetzt. Es ist zwar richtig, daß die Abführung der Versicherungsbeiträge in der Regel nicht im Verantwortungsbereich des Versicherten liegt. Daraus kann jedoch nicht gefolgert werden, daß es für die Anwendung des § 1397 Abs 6 RVO entgegen dem Wortlaut der Vorschrift nicht auf die Glaubhaftmachung des Lohnabzugs des auf den Versicherten entfallenden Beitragsanteils, sondern allein auf die Tatsache einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ankommt. Denn eine Beitragsentrichtung des Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteils durch den Arbeitgeber kann immer nur dann erwartet werden, wenn dem Arbeitnehmer der auf ihn entfallende Beitragsanteil vom Lohn abgezogen worden ist. Hat der Gesetzgeber daher die Beweiserleichterung für den Versicherten dahin begrenzt, daß er den Beitragsabzug vom Lohn glaubhaft machen muß, so ist rechtlich nicht fraglich, ob - wie die Beschwerdeführer meinen - auch die Tatsache der versicherungspflichtigen Beschäftigung die Fiktion der Beitragsentrichtung nach § 1397 Abs 6 RVO auslöst. Jedenfalls reicht zur Begründung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache iS von §§ 160 Abs 2 Nr 1 und 160a Abs 2 Satz 3 SGG nicht die nicht näher erläuterte dem Wortlaut des Gesetzes widersprechende Gesetzesauslegung durch die Beschwerdeführer aus. Es hätte insoweit der Darlegung bedurft, aus welchen Gründen über den Wortlaut der Bestimmung hinaus sich ein gesetzgeberischer Wille dahin ergibt, für jede nachgewiesene versicherungspflichtige Beschäftigung auch die Beitragsfiktion gelten zu lassen. Solche Gründe sind jedoch weder von den Beschwerdeführern vorgetragen noch sonst erkennbar.
Die gleichzeitig mit dem Antrag auf Prozeßkostenhilfe eingelegte Beschwerde entspricht somit nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, weil sie nicht zureichend begründet ist. Der Senat hat daher die Beschwerde durch Beschluß ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig verwerfen müssen (§ 202 SGG iVm § 574 ZPO und § 169 SGG analog; vgl BSG SozR 1500 § 160a Nrn 1 und 5; BVerfG aaO Nr 30).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen