Entscheidungsstichwort (Thema)
KVdR. Beitragspflicht von Arbeitseinkommen. Beitrag übersteigt Rente
Orientierungssatz
Sind weitere Einnahmen außer der Rente (hier Arbeitseinkommen aus selbständiger Tätigkeit) beitragspflichtig, so kann das zu einem die Rente übersteigenden Beitrag zur KVdR führen. Dieses hat der Senat als rechtmäßig angesehen (Festhaltung ua Urteil vom 17.12.1985 - 12 RK 43/84 = USK 85135.
Normenkette
RVO § 180 Abs 5 Nr 3 Fassung: 1981-12-01; SGB 5 § 237 S 1 Nr 3 Fassung: 1988-12-20
Verfahrensgang
LSG Hamburg (Entscheidung vom 20.07.1989; Aktenzeichen VI KRBf 19/86) |
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Die Klägerin macht in erster Linie geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung (Revisionszulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 1 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-). Insofern trägt sie sinngemäß vor, es sei nach dem Recht der Reichsversicherungsordnung (RVO) klärungsbedürftig, ob Rentenbezieher, wie sie gegen ihren Willen der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) unterworfen werden oder bleiben dürften, auch wenn ihr Einkommen nur zu 5 % aus der Rente, im übrigen aber aus Einkünften aus selbständiger Tätigkeit bestehe und der geforderte Beitrag die Rente übersteige. Der Senat mißt der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zu.
Nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) ist die Klägerin als Rentenbezieherin im Jahre 1977 gemäß § 165 Abs 1 Nr 3 RVO Pflichtmitglied in der KVdR geworden. Daneben bestand wegen des Vorrangs einer Pflichtversicherung vor einer freiwilligen Versicherung ein etwaiges Recht zum freiwilligen Beitritt nach § 176 Abs 1 Nr 3 RVO entgegen der Ansicht der Klägerin nicht; es konnte die Pflichtversicherung auch nicht verdrängen. Sofern weitere Einnahmen außer der Rente (wie hier das Arbeitseinkommen aus selbständiger Tätigkeit) beitragspflichtig wurden, konnte das in der Tat zu einem die Rente übersteigenden Beitrag zur KVdR führen. Dieses hat der Senat als rechtmäßig angesehen (ua Urteil vom 17. Dezember 1985 - 12 RK 43/84 - USK 85135); daran hält er fest. Für das Bestehen der Pflichtversicherung war auch nicht entscheidend, ob Leistungen daraus in Anspruch genommen worden sind. Dieses alles bedarf keiner Klärung.
Das Recht der RVO sah, auch nachdem Arbeitseinkommen aus selbständiger Tätigkeit beitragspflichtig gemacht worden war, eine Ausnahme von der Versicherungspflicht in der KVdR bei kleiner Rente und erheblich höherem Arbeitseinkommen nicht allgemein vor. Der Senat ist demnach zum Recht der RVO davon ausgegangen, daß auch in diesen Fällen Versicherungspflicht bestehe (vgl insbesondere das Urteil vom 12. April 1986 SozR 2200 § 180 Nr 30, wo eine Rentnerin andere Einnahmen von 300.000 bis 400.000 DM im Jahr hatte). Zu berücksichtigen ist dabei, daß die Einbeziehung auch dieses Personenkreises in die Pflichtversicherung für die Betroffenen im allgemeinen günstig war, weil sie mit Beiträgen, die im letzten Geltungsjahr des alten Rechts (1988) höchstens etwa 300 DM monatlich betrugen, vollen Krankenversicherungsschutz einschließlich eines beitragsfreien etwaigen Anspruchs auf Familienhilfe erwarben. Soweit sie gleichwohl der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung ausweichen wollten, konnten sie sich bei Beginn der Versicherungspflicht nach § 173a RVO, im ersten Quartal 1983 nach § 534 RVO und im ersten Halbjahr 1989 nach Art 56 Abs 4 des Gesundheits-Reformgesetzes (GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2477) befreien lassen. Diese Gründe sprechen dagegen, für einen Personenkreis wie die Klägerin nach früherem Recht die Versicherungspflicht - etwa in entsprechender Anwendung des § 165 Abs 6 Satz 1 Nr 2 RVO - nachträglich noch zu verneinen.
Die Frage bedarf aber jedenfalls deswegen keiner Klärung in einem Revisionsverfahren mehr, weil sie nur das bis Ende 1988 geltende Recht betrifft und weder ersichtlich noch vorgetragen ist, daß die Frage noch in einer größeren Zahl von Fällen bedeutsam ist (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 19; vgl auch Nr 58). Denn vom 1. Januar 1989 gilt unter Beachtung des Art 56 Abs 2, Abs 3 Halbs 1 und Abs 4 GRG und des durch Art 1 GRG eingeführten § 5 Abs 5 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) eine Rechtslage, die sich von der früheren wesentlich unterscheidet. Wenn das LSG sie in dem angefochtenen Urteil für die Zeit ab 1989 nicht geprüft hat (und dabei auch nicht, ob in dem Prozeßbegehren auf Befreiung nicht ein fristgerecht gestellter Antrag nach Art 56 Abs 4 GRG zu sehen war), so erlangt die Rechtssache deswegen keine grundsätzliche Bedeutung, zumal die Klägerin dieses innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist auch nicht beanstandet hat.
Die Klägerin rügt als Verfahrensmangel, das LSG habe einen Beweisantrag aus ihrer Berufungsschrift übergangen (Revisionszulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Auch damit dringt sie nicht durch. Nachdem das LSG zu der wesentlich späteren mündlichen Verhandlung Zeugen nicht geladen hatte, hätte die Klägerin im Termin den Beweisantrag wiederholen müssen, wenn sie ihn aufrecht erhalten wollte. Das ist nach der Sitzungsniederschrift nicht geschehen.
Die Beschwerde erwies sich hiernach als unbegründet; sie war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen