Verfahrensgang
SG Darmstadt (Entscheidung vom 13.11.2019; Aktenzeichen S 28 SO 91/18) |
Hessisches LSG (Beschluss vom 21.07.2021; Aktenzeichen L 4 SO 161/20) |
Tenor
Der Antrag der Klägerin, ihr für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 21. Juli 2021 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem bezeichneten Beschluss wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Im Streit ist die Aufhebung und Rückforderung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) während eines Auslandsaufenthalts der Klägerin im Zeitraum vom 16.1.2018 bis 15.5.2018.
Die Klägerin bezieht vom Beklagten Grundsicherungsleistungen. Ab dem 18.12.2017 hielt sie sich im Ausland auf. Der Beklagte hob die Leistungsbewilligung ab dem 15.1.2018 bis zum Rückkehrtag 15.5.2018 auf und forderte bereits erbrachte Leistungen in Höhe von 1207,13 Euro zurück (Bescheide vom 7.2.2018 und 29.5.2018; Widerspruchsbescheid vom 20.6.2018). Das Sozialgericht (SG) hat den Beginn des Aufhebungszeitraums auf den 16.1.2018 korrigiert und die Klage im Übrigen abgewiesen (Urteil vom 13.11.2019; der Klägerin mit Postzustellungsurkunde am 21.11.2019 zugestellt). Die Berufung ist vom Hessischen Landessozialgericht (LSG) als unzulässig verworfen worden (Beschluss vom 21.7.2021). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, eine von der Klägerin behauptete Berufungseinlegung beim SG mit einem Schreiben vom 4.12.2019 sei nicht nachgewiesen. Ein am 19.8.2020 beim SG eingegangenes Schreiben sei nicht fristgerecht gewesen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem bezeichneten Beschluss wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde und beantragt zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung eines Rechtsanwalts.
II
PKH kann der Klägerin nicht bewilligt werden. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫ iVm § 114 Zivilprozessordnung ≪ZPO≫); daran fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg wäre nur zu bejahen, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte, denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Die Revision darf danach nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG), des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).
Anhaltspunkte dafür, dass sich Fragen grundsätzlicher Bedeutung stellen oder der Zulassungsgrund der Divergenz mit Erfolg gerügt werden könnte, bestehen nicht.
Es ist auch kein Verfahrensmangel deshalb erkennbar, weil das LSG nicht in der Sache entschieden, sondern die Berufung mit Beschluss gestützt auf § 158 SGG als unzulässig verworfen hat. Seine Entscheidung, wonach die Berufung nicht innerhalb der einmonatigen Frist eingelegt worden ist (§ 151 SGG), erweist sich als zutreffend. Das LSG hat den Ablauf der Frist gegen das Urteil des SG, dem eine zutreffende Rechtsmittelbelehrung (§ 66 Abs 1 SGG) beigefügt war, richtig berechnet. Es hat im Zuge der Amtsermittlung (§ 103 SGG) der Klägerin aufgegeben, ihren Vortrag, sie habe nicht erst nach acht Monaten, sondern fristgerecht beim SG mit einem Schreiben vom 4.12.2019 Berufung eingelegt, welches ihr aber von der Deutschen Post mit dem Vermerk "Empfänger unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln" zurückgesandt worden sei, gleichwohl aber einen Eingangsstempel des SG aufweise, durch Vorlage dieses Berufungsschreibens im Original, nachzuweisen. Die Klägerin hat dieses Original-Schriftstück aber nicht vorgelegt. Es ist auch nicht nachvollziehbar, dass die Klägerin nicht lesbare Kopien eines Schreibens - nach ihrer Darstellung der Berufungsschrift vom 4.12.2019 - vorlegt, aber nicht das sich danach in ihrem Besitz befindliche Original.
Ein Schreiben der Klägerin an das SG vom 28.11.2019, in welchem sie um Übersendung von Unterlagen bittet und die Einlegung eines Rechtsmittels lediglich ankündigt und sonst keine Ausführungen zur Sache macht, stellt noch nicht die Einlegung des Rechtsmittels selbst dar. Weder mussten SG und LSG dies so verstehen, noch hat die Klägerin selbst, die stets auf die Einlegung ihrer Berufung mit ihrem Schreiben vom 4.12.2019 hingewiesen hat, dies so verstanden (vgl BSG vom 3.7.1962 - 7 RKg 15/59 - SozR Nr 2 zu § 28 KGG, juris RdNr 16).
Mit der Ablehnung von PKH entfällt auch die Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
Die von der Klägerin selbst eingelegte Beschwerde entspricht nicht den zwingenden gesetzlichen Vorschriften. Die Klägerin muss sich vor dem BSG gemäß § 73 Abs 4 SGG durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Sie kann eine Prozesshandlung rechtswirksam nicht vornehmen, folglich nicht selbst Beschwerde einlegen. Schon die Beschwerdeschrift muss von einem nach § 73 Abs 4 SGG zugelassenen Prozessbevollmächtigten unterzeichnet sein. Hierauf wurde die Klägerin ausdrücklich hingewiesen. Die nicht formgerecht eingelegte Beschwerde ist schon deshalb nach § 160a Abs 4 Satz 1 SGG iVm § 169 Satz 3 SGG ohne Beteiligung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI15343755 |