Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 24. Februar 2021 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I
In der Hauptsache begehrt die Klägerin die Feststellung eines Grads der Behinderung (GdB) von 50 wegen einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung.
Das LSG hat den Anspruch der Klägerin auf Feststellung eines höheren GdB als 40 wie vor ihm der Beklagte und das SG verneint. Aufgrund der langjährigen Cortisontherapie der Klägerin könne zwar nicht entscheidend auf ihren Ernährungszustand und insbesondere nicht auf dessen Ableitung aus bestehendem Übergewicht abgestellt werden. Ihre Erkrankung verlaufe aber schubweise; die teils schwerwiegenden Befunde bildeten daher keinen Dauerzustand ab. Im Jahr vor der Untersuchung durch den Sachverständigen A habe die Klägerin nur zwei Krankheitsschübe erlitten, was eindeutig gegen das Vorliegen anhaltender oder häufig wiederkehrender erheblicher Beschwerden iS von Teil B Nr 10.2.2 der (in Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung geregelten) Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VMG) spreche (Urteil vom 24.2.2021).
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde zum BSG eingelegt. Das LSG habe die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Zusammenhang mit der Auslegung von Teil B Nr 10.2.2 VMG verkannt.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung verfehlt die gesetzlichen Anforderungen, weil sie die allein behauptete grundsätzliche Bedeutung nicht ordnungsgemäß dargelegt hat (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
1. Grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (BSG Beschluss vom 27.8.2020 - B 9 V 5/20 B - juris RdNr 6 mwN).
Diese Anforderungen verfehlt die Beschwerdebegründung. Die Klägerin versäumt es bereits, den vom LSG festgestellten Sachverhalt (§ 163 SGG) und die maßgebliche Verfahrensgeschichte darzustellen. Eine verständliche Sachverhaltsschilderung gehört aber zu den Mindestanforderungen auch einer Grundsatzrüge. Es ist nicht Aufgabe des BSG, sich im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren die entscheidungserheblichen Tatsachen aus dem angegriffenen Urteil selbst herauszusuchen (vgl stRspr; zB BSG Beschluss vom 14.2.2020 - B 9 V 41/19 B - juris RdNr 5; BSG Beschluss vom 12.2.2018 - B 10 ÜG 12/17 B - juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 29.9.2017 - B 13 R 365/15 B - juris RdNr 3). Vielmehr muss die maßgebliche Sachverhaltsdarstellung der Beschwerdebegründung das BSG in die Lage versetzen, sich ohne Studium der Gerichts- und Verwaltungsakten allein aufgrund des Beschwerdevortrags ein vollständiges Bild über den Streitgegenstand sowie seine tatsächlichen und rechtlichen Streitpunkte zu machen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 30.11.2017 - B 9 V 36/17 B - juris RdNr 10 mwN). Die Zusammenfassung der instanzgerichtlichen Urteile in einem Satz durch die Beschwerde genügt dafür bei weitem nicht.
Unabhängig davon hat die Klägerin bereits keine klärungsfähige Rechtsfrage aufgezeigt.
Nach ihrer Ansicht ist es grundsätzlich bedeutsam,
ob "eine Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes zwingende Voraussetzung für das Vorliegen eines Morbus Crohn oder einer Colitis ulcerosa mit schwerer Auswirkung im Sinne von Teil B Ziff. 10.2.2. der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VMG)" ist.
Die Klägerin führt an, der Umstand, dass ihr Kräfte- und Ernährungszustand sichtbar nicht oder wenig beeinträchtigt sei, führe oft bei kumulativem Verständnis von den Regelbeispielen der VMG zu einer Klageabweisung trotz weiterer einschränkender Funktionsstörungen. Gerade in den Fällen der Einnahme von Steroiden sei der Kräfte- und Ernährungszustand ein unzureichender oder sogar irreführender Indikator für die Bewertung der Erkrankungsschwere.
Indes fehlt es bereits an der substantiierten Darlegung, warum es sich dabei um eine Rechtsfrage handeln sollte, auf die es auf der Grundlage der vom LSG festgestellten Tatsachen für die angestrebte Revisionsentscheidung ankommen und die deshalb im Revisionsverfahren geklärt werden könnte. Denn das LSG hat in den Entscheidungsgründen ausdrücklich ausgeführt, aufgrund der langjährigen Cortisontherapie der Klägerin könne nicht entscheidend auf ihren Ernährungszustand und insbesondere dessen Ableitung aus ihrem Übergewicht abgestellt werden. Ohne sich auf den Kräfte- und Ernährungszustand der Klägerin zu stützen, der nach seinen Feststellungen in ihrem speziellen Fall nicht aussagekräftig war, hat das Berufungsgericht stattdessen maßgeblich mit dem schubweisen Verlauf ihrer Erkrankung argumentiert. Hiervon ausgehend hat es einen Dauerzustand und einen GdB von 50 wegen einer Colitis ulcerosa mit schweren Auswirkungen aufgrund von anhaltenden oder häufig wiederkehrenden erheblichen Beschwerden iS von Teil B Nr 10.2.2 VMG verneint. Die Klägerin zeigt in ihrer Beschwerdebegründung nicht auf, warum es trotz dieser - für den Senat bindenden (vgl § 163 SGG) - tatsächlichen Feststellungen und der darauf gestützten rechtlichen Schlussfolgerungen des LSG im angestrebten Revisionsverfahren daneben noch entscheidend auf die von ihr aufgeworfene Frage nach der Bedeutung des Kräfte- und Ernährungszustands ankommen sollte.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
2. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 Satz 2 und 3 SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Kaltenstein Othmer Röhl
Fundstellen
Dokument-Index HI15073922 |