Verfahrensgang
SG Leipzig (Entscheidung vom 06.03.2018; Aktenzeichen S 11 R 410/16) |
Sächsisches LSG (Urteil vom 18.09.2019; Aktenzeichen L R 256/18) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 18. September 2019 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Mit Urteil vom 18.9.2019 hat das Sächsische LSG einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente verneint. Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde, die sie mit Schriftsatz vom 19.12.2019 begründet hat, gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung genügt nicht der gesetzlichen Form. Die Klägerin hat darin den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise dargelegt.
1. Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG bedeutet Widerspruch im Rechtssatz, nämlich das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die zwei Urteilen zugrunde gelegt sind. Zur ordnungsgemäßen Darlegung einer Divergenz sind ein oder mehrere entscheidungstragende Rechtssätze aus dem Berufungsurteil und zu demselben Gegenstand gemachte und fortbestehende aktuelle abstrakte Aussagen aus einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG einander gegenüberzustellen; zudem ist näher zu begründen, weshalb diese nicht miteinander vereinbar sind und inwiefern die angegriffene Entscheidung auf der Abweichung beruht (stRspr; vgl BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 17; BSG Beschluss vom 19.7.2012 - B 1 KR 65/11 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 21). Nicht ausreichend ist es hingegen, wenn die fehlerhafte Anwendung eines als solchen nicht in Frage gestellten höchstrichterlichen Rechtssatzes durch das Berufungsgericht geltend gemacht wird (bloße Subsumtionsrüge), denn nicht die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall, sondern nur eine Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen ermöglicht die Zulassung der Revision wegen Divergenz (vgl BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 f; Senatsbeschluss vom 24.4.2015 - B 13 R 37/15 B - juris RdNr 6). Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung vom 19.12.2019 nicht gerecht.
Die Klägerin rügt eine Abweichung des LSG von einer Entscheidung des 2. Senats (BSG Beschluss vom 13.9.2005 - B 2 U 365/04 B - juris RdNr 9). Sie bringt vor, die Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. B. und Dr. S. würden zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen; während dieser qualitative Leistungseinschränkungen benannt habe, habe jener keinerlei Einschränkungen ihres Leistungsvermögens festgestellt, die über das altersgemäße Maß hinausgehen würden. Sie meint, das LSG habe nicht deutlich gemacht, welchem der Gutachten es sich anschließe. Dieses Vorgehen widerspreche der genannten Entscheidung des 2. Senats des BSG. Danach habe das LSG die Gutachten zwar kritisch würdigen und sich für eine Auffassung entscheiden dürfen, es habe aber die ihrer Ansicht nach divergierenden Gutachten nicht insgesamt zur Grundlage des Urteils nehmen dürfen. Damit benennt die Klägerin aber keinen tragenden abstrakten Rechtssatz, den das LSG nach ihrem Dafürhalten aufgestellt hat und mit dem es von einem abstrakten Rechtssatz in dieser oder einer anderen Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweiche. Vielmehr macht sie lediglich eine ihres Erachtens falsche Rechtsanwendung durch das LSG geltend.
Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob die Klägerin die vom LSG getroffenen Feststellungen insbesondere zum verbliebenen Leistungsvermögen ausreichend darstellt und den Senat damit in die Lage versetzt, sich - wie erforderlich - ohne Studium der Gerichts- und Verwaltungsakten allein aufgrund des Vortrags des Beschwerdeführers ein Bild über den Streitgegenstand und rechtliche wie tatsächliche Streitpunkte zu machen (vgl dazu, dass auch der Zulassungsgrund der Divergenz die Wiedergabe des entscheidungserheblichen Sachverhalts verlangt, BSG Beschluss vom 21.6.1999 - B 7 AL 228/98 B - juris RdNr 8 f mwN; Senatsbeschluss vom 8.4.2020 - B 13 R 3/20 B - juris RdNr 11).
2. Sollte die Klägerin mit ihrem Vorbringen zur Sachverhaltsermittlung durch das LSG einen Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) rügen wollen, macht sie einen Verfahrensmangel geltend, ohne diesen allerdings als solchen zu bezeichnen, wie es nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG erforderlich wäre. Im Übrigen kann die Geltendmachung einer Sachaufklärungsrüge nur darauf gestützt werden, dass das Berufungsgericht einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG). Zudem kann ein - wie vorliegend - in der Berufungsinstanz anwaltlich vertretener Beteiligter nur dann mit der Rüge des Übergehens eines Beweisantrags gehört werden, wenn er diesen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten hat oder das Gericht den Beweisantrag in seiner Entscheidung wiedergibt (stRspr; zB BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN; jüngst Senatsbeschluss vom 8.8.2019 - B 13 R 310/18 B - juris RdNr 5; ferner Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 160 RdNr 18c mwN). Die Klägerin hat nicht dargelegt, einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag gestellt und bis zuletzt aufrechterhalten zu haben. Diese für die Zulässigkeit einer Sachaufklärungsrüge erforderliche Darlegungsanforderung kann auch nicht durch eine Rüge in anderer Gestalt - wie hier der Divergenzrüge - umgangen werden. Andernfalls liefen die Beschränkungen, die § 160 Abs 2 Nr 3 SGG für die Sachaufklärungsrüge normiert, im Ergebnis leer (vgl BSG Beschluss vom 6.2.2007 - B 8 KN 16/05 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 12 RdNr 7; BSG Beschluss vom 22.10.2008 - B 5 KN 1/06 B - juris RdNr 15; BSG Beschluss vom 28.9.2010 - B 5 R 202/10 B - juris RdNr 11).
Soweit die Klägerin offensichtlich nicht mit der Auswertung und Würdigung der aktenkundigen Befundberichte und Sachverständigengutachten durch das LSG einverstanden ist, wendet sie sich letztlich gegen dessen Beweiswürdigung. Eine - hier nicht einmal als solche bezeichnete - Verfahrensrüge kann jedoch nicht auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG gestützt werden (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen einer Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
3. Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14048103 |