Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 29. März 2000 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat der Beklagten ihre außergerichtlichen Kosten für das Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Tatbestand
I
Der in einer Einzelpraxis zur vertragszahnärztlichen Versorgung in B. … zugelassene und ausschließlich kieferorthopädisch tätige Kläger wendet sich gegen die auf der Punktwertdegressionsregelung beruhende Kürzung seiner Honoraranforderung für das Jahr 1993 in Höhe von 256.355,35 DM.
Er erbrachte im Jahr 1993 im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung Leistungen im Umfang von insgesamt 1.002.167 Punkten, woraus sich bei einem geschätzten Punktwert von 1,40 DM ein Honorar von ca 1.400.000,– DM für das Jahr 1993 ergibt. Widerspruch, Klage und Berufung sind erfolglos geblieben.
Das Landessozialgericht (LSG) hat seine Entscheidung damit begründet, daß nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die Bestimmungen des § 85 Abs 4b bis f Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der vom 1. Januar 1993 bis zum 30. Juni 1997 geltenden Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar seien (Urteil vom 29. März 2000).
Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision durch das LSG und macht geltend, die Sache habe grundsätzliche Bedeutung, da trotz der bekannten Rechtsprechung des BSG die Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften über die Punktwertdegression speziell in ihrer Anwendung auf ausschließlich kieferorthopädisch tätige Zahnärzte noch nicht abschließend geklärt sei.
Entscheidungsgründe
II
Die Beschwerde ist unbegründet.
Wer die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) begehrt, muß darlegen, welche Rechtsfrage zur revisionsgerichtlichen Überprüfung gestellt werden soll und inwieweit diese Rechtsfrage klärungsbedürftig, im anliegenden Rechtsstreit klärungsfähig sowie über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist. Der Kläger ist dieser aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG zu entnehmenden Darlegungspflicht bei wohlwollender Würdigung seines Vorbringens nachgekommen.
Er macht geltend, im Rahmen der bisherigen Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit der Degressionsvorschriften habe das BSG die Widersprüchlichkeit der gesetzgeberischen Zielsetzung der Honorarminderung nach Überschreiten bestimmter Punktzahlengrenzwerte pro Zahnarzt und Jahr nicht hinreichend beachtet. Es habe sich nicht ausreichend mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Regelung nicht deshalb verfassungswidrig sei, weil der gesetzgeberische Zweck der Einsparung von Kosten bei den Krankenkassen nicht eintreten könne, wenn die Versicherten sich so verhielten, wie dies der Gesetzgeber erwartet habe, nämlich diejenigen Zahnärzte aufsuchten, bei denen die maßgeblichen Punktzahlengrenzwerte (noch) nicht überschritten seien. Dieser Gesichtspunkt hat jedoch nicht zur Folge, daß die Verfassungsmäßigkeit des § 85 Abs 4b bis f SGB V idF des Art 1 Nr 43 Buchst h GSG vom 21. Dezember 1992 (BGBl I, 2266) erneut klärungsbedürftig würde. Der Senat hat die Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschriften bereits mehrfach geprüft und bejaht (Urteil vom 14. Mai 1997 – 6 RKa 25/96 – = BSGE 80, 223, 225 ff = SozR 3-2500 § 85 Nr 22 S 136 ff sowie Urteile vom selben Tag 6 RKa 29/96, 6 RKa 30/96, 6 RKa 49/96, 6 RKa 50/96 sowie Urteil vom 3. Dezember 1997 – 6 RKa 79/96 –, Urteile vom 13. Mai 1998 B 6 KA 39/97 R, B 6 KA 38/97 R, B 6 KA 42/97 R und B 6 KA 45/97 R, sowie Urteil vom 28. April 1999 – B 6 KA 60/98 R). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Beschluß vom 12. Juli 2000 – 1 BvR 2260/97 – (NJW 2000, 3413) die Verfassungsbeschwerde gegen das Senatsurteil vom 14. Mai 1997 – 6 RKa 25/96 – nicht zur Entscheidung angenommen.
Der Senat hat sich insbesondere in den Urteilen vom 14. Mai 1997 – 6 RKa 25/96 – sowie vom 13. Mai 1998 – B 6 KA 39/97 R –, die beide in Verfahren von Kieferorthopäden ergangen sind, mit der Verfassungsmäßigkeit der Degressionsregelung gerade gegenüber kieferorthopädisch tätigen Zahnärzten befaßt. Er hat darauf hingewiesen, daß die Degressionsregelung sowohl dem Ziel der Kosteneinsparung wie demjenigen der Qualitätsverbesserung in der vertragszahnärztlichen Versorgung dienen soll. Zu der vom Kläger gerügten (vermeintlichen) Widersprüchlichkeit der gesetzgeberischen Zielsetzung hat der Senat ausgeführt: „Selbst wenn die Degressionsregelung das Verhalten der Vertragszahnärzte dahingehend steuern sollte, daß die bislang über den Punktmengengrenzen liegenden Praxen ihren Behandlungsumfang bis unter die Degressionsgrenze reduzieren und die Patienten an andere, die Punktmengengrenzen nicht erreichende Praxen abgeben sollten, kann mit mittelbaren Einsparungen gerechnet werden. Diese kommen deshalb in Betracht, weil Qualitätseinbußen bei umsatzstarken Praxen, wie sie im Gesetzgebungsverfahren auch von seiten der Zahnärzteschaft angesprochen worden sind, verringert würden” (BSGE 80, 223, 228 = SozR 3-2500 § 85 Nr 22). An anderer Stelle hat der Senat im selben Urteil formuliert, es sei nicht zu beanstanden, daß der Gesetzgeber Qualitätsdefizite in der vertragszahnärztlichen Versorgung auch in einen plausiblen Zusammenhang mit überdurchschnittlichen Umsätzen einzelner Praxen gebracht habe (BSGE aaO S 229 = SozR 3-aaO). Von Verfassungs wegen ist der Gesetzgeber nicht gehindert, steuernd in die Vergütung von besonders umsatzstarken zahnärztlichen bzw kieferorthopädischen Praxen mit dem Ziel einzugreifen, diese entweder zu einer Reduzierung ihres Behandlungsumfangs, insbesondere der Zahl der von ihnen behandelten Patienten, zu veranlassen oder die mit einem besonders hohem Umsatzniveau regelmäßig verbundenen Kostenvorteile und Rationalisierungsmöglichkeiten (vgl BT-Drucks 12/3608 S 88) teilweise an die Krankenkassen weiterzugeben.
Der Umstand, daß kieferorthopädische Behandlungen vor ihrer Durchführung von der Krankenkasse patientenbezogen zu genehmigen sind, rechtfertigt keine andere verfassungsrechtliche Beurteilung des § 85 Abs 4b bis f SGB V. Die Genehmigung der Krankenkasse hat lediglich zur Folge, daß die Notwendigkeit der kieferorthopädischen Behandlung eines Patienten und ihre Durchführung in einer bestimmten Form verbindlich bejaht wird. Auf den Umsatz einzelner kieferorthopädischer Praxen kann die Krankenkasse mit ihrer Genehmigungsentscheidung nicht einwirken, weil sie die Genehmigung einer kieferorthopädischen Behandlung bei einem bestimmten Vertragsfachzahnarzt für Kieferorthopädie nicht mit der Begründung versagen darf, der Versicherte solle sich bei einem Kieferorthopäden mit geringeren Umsätzen behandeln lassen. Die Genehmigung der kieferorthopädischen Behandlung ändert demnach nichts an der Berechtigung des Gesetzgebers, durch Vergütungsregelungen steuernd auf die Umsatzentwicklung aus vertragszahnärztlichen Behandlungen einzuwirken.
Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen