Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Nichtzulassungsbeschwerde. Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde bei Beschwerdeeinlegung durch Anwalt und gleichzeitigem Prozesskostenhilfegesuch
Orientierungssatz
Legt ein beim BSG zugelassener Prozessbevollmächtigter die Nichtzulassungsbeschwerde mit einem Prozesskostenhilfegesuch für seinen Auftraggeber ein ohne zum Ausdruck zu bringen, dass seine Vertretung mit der Einlegung der Beschwerde endet oder dass sie nur auf das Prozesskostenhilfegesuch beschränkt wird, so muss er die Nichtzulassungsbeschwerde auch fristgerecht begründen. Versäumt er dies, so ist die gesetzliche Verfahrensfrist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht ohne Verschulden versäumt (vgl BSG vom 23.1.1957 - 4 RJ 230/56 = SozR Nr 10 zu § 67 SGG, vom 27.6.1975 - 10 BV 35/75 = BSGE 40, 111 = SozR 1500 § 160a Nr 8, vom 25.11.1988 - 9 BV 196/88 und vom 15.12.1959 - 10 RV 750/56 = BSGE 11, 158).
Normenkette
SGG § 160a Abs. 2 S. 1, § 73a Abs. 1 S. 1; ZPO § 114 S. 1; SGG § 64
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches LSG (Urteil vom 09.11.2011; Aktenzeichen L 11 AS 76/10) |
SG Itzehoe (Urteil vom 26.05.2010; Aktenzeichen S 10 AS 770/08) |
Tenor
Der Antrag der Klägerin, ihr für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 9. November 2011 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten zu bewilligen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Klägerin begehrt eine höhere Regelleistung sowie höhere Kosten der Unterkunft nach dem SGB II. Das SG Itzehoe hat die Klage mit Urteil vom 26.5.2010 abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung der Klägerin hat das Schleswig-Holsteinische LSG mit Urteil vom 9.11.2011 zurückgewiesen. Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem vorbezeichneten, ihr am 3.12.2011 zugestellten Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 23.12.2011 Beschwerde eingelegt und zugleich beantragt, ihr für das Beschwerdeverfahren PKH unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten zu bewilligen. Die Beschwerdebegründungsfrist lief am 3.2.2012 ab; eine Begründung ist jedoch nicht erfolgt.
Dem Antrag auf Bewilligung von PKH kann nicht entsprochen werden. Die Bewilligung von PKH setzt nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 S 1 ZPO ua voraus, dass die mit der Beschwerde beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. An dieser Voraussetzung fehlt es im vorliegenden Fall, weil die Beschwerde mangels rechtzeitiger Begründung unzulässig ist.
Die Klägerin war, selbst wenn sie zur Bestreitung der Kosten für ihre Prozessvertretung vor dem BSG nicht in der Lage sein sollte, nicht aus diesem Grund gehindert, die Begründung der Beschwerde rechtzeitig einzureichen. Sie war bereits bei Einlegung der Beschwerde durch einen vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten vertreten. Aus der Beschwerdeschrift ergibt sich kein Anhalt für eine Einschränkung der anwaltlichen Vertretung. Bringt aber der Prozessbevollmächtigte, nachdem er, wie vorliegend, Beschwerde eingelegt hat, gegenüber dem Gericht nicht zum Ausdruck, dass er seine Vertretung auf die Einlegung der Beschwerde beschränkt wissen will, so muss er die gesetzliche Frist für die Begründung der Beschwerde beachten und einhalten (vgl BSG SozR Nr 10 zu § 67 SGG und SozR 1500 § 160a Nr 8; Beschluss vom 25.11.1988 - 9 BV 196/88 -, nicht veröffentlicht); andernfalls treffen die Folgen der Fristversäumnis seinen Mandanten (vgl BSG aaO und BSGE 11, 158, 160). Dies gilt auch im vorliegenden Fall; der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat nicht zum Ausdruck gebracht, dass seine Vertretung mit der Einlegung der Beschwerde ende. Er hat vielmehr in seiner Beschwerdeschrift ausdrücklich angekündigt, die Beschwerde nach Durchführung der Akteneinsicht begründen zu wollen.
Die beantragte PKH ist daher mangels hinreichender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung abzulehnen; damit entfällt zugleich die Beiordnung des Prozessbevollmächtigten im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO). Gleichzeitig ist die Beschwerde nach § 160a Abs 4 S 2 iVm § 169 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen