Leitsatz (amtlich)

Gemeinden sind Körperschaften des öffentlichen Rechts im Sinne der SGG §§ 184, 187 und daher Gebührenschuldner, wenn sie am Verfahren beteiligt gewesen sind; hierbei macht es keinen Unterschied, ob sie als Arbeitgeber oder Versicherungsträger beteiligt gewesen sind, ob sie im Rechtsstreit obgesiegt haben oder unterlegen sind.

 

Normenkette

SGG § 184 Fassung: 1953-09-03, § 187 Fassung: 1953-09-03

 

Tenor

Auf die Erinnerung der Beklagten wird die Gebührenfeststellung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Bundessozialgerichts vom 1. Juli 1957 aufgehoben. Für das Revisionsverfahren haben die Beklagte, die Klägerin und die Beigeladene Ziff. 1) die Gebühr je zu einem Drittel (je 20,-- DM) zu entrichten.

 

Gründe

Die Beklagte nahm am 4. Juni 1957 die Revision gegen das Urteil des Landessozialgerichts Stuttgart vom 13. September 1956 zurück. Daraufhin stellte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Bundessozialgerichts (BSG.) am 1. Juli 1957 ihre Gebührenschuld mit 60,-- DM fest. Hiergegen legte die Beklagte rechtzeitig Erinnerung ein und beantragte, die Gebühr von 60,-- DM zu gleichen Teilen ihr selbst, der Klägerin und der Beigeladenen Ziff. 1) aufzuerlegen.

Die Erinnerung ist zulässig (§ 189 Abs. Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) und begründet.

In der Sozialgerichtsbarkeit haben Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts für jede Streitsache) an der sie beteiligt sind, eine Gebühr zu entrichten (§ 184 SGG). Sind an einer Streitsache mehrere Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts beteiligt, so haben sie die Gebühr zu gleichen Teilen zu entrichten (§ 187 SGG). Dies gilt auch dann, wenn zwischen ihnen insoweit eine Kostenerstattungspflicht bestehen sollte (vgl. LSG. Schleswig, Breithaupt 1954 S. 1196 und LSG. München, Breithaupt 1955 S. 212); die Kostenschuld gegenüber dem Träger der Gerichtshoheit (§§ 184 - 190 SGG) ist unabhängig von der Kostenschuld gegenüber dem Prozeßgegner (§§ 102, 156, 165, 192, 193 SGG). Am Verfahren vor dem BSG. waren außer der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA.) u.a. auch die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (BfArb.) sowie die Gemeinde Sindelfingen beteiligt (§ 69 SGG). Bei diesen Beteiligten handelt es sich - ebenso wie bei der BfA. - um Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts im Sinne der §§ 184, 187 SGG.

Dies ist zwar hinsichtlich, der Gemeinden bestritten, weil die Gesetzesmaterialien - unter Hinweis auf das Recht vor dem Inkrafttreten des Sozialgerichtsgesetzes - als Gebührenschuldner nur die Versicherungsträger und die BfArb. erwähnten und die Gemeinden Gebietskörperschaften seien (vgl. Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 5. Auflage, S. 260 k und die dort gegebenen Hinweise). Für eine solche Beschränkung der möglichen Gebührenschuldner finden sich im Gesetz jedoch keine Anhaltspunkte. Die §§ 184, 187 SGG sprechen schlechthin von Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts; sie nehmen die Gemeinden, die unstreitig Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, nicht aus. Für sie ist eine Gebührenfreiheit auch weder aus dem Zweck der genannten Vorschriften noch aus anderen Gründen geboten; sowohl in der Zivil- als auch in der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit sind die Gemeinden gebührenpflichtig (§§ 2 GKG, 104 MRVO 165, 123 ff. VGG, 64 ff. BVerwGG). Ist daher eine Gemeinde "Beteiligte" an einem sozialgerichtlichen Verfahren, dann ist sie auch Gebührenschuldner; hierbei macht es keinen Unterschied, ob sie als Arbeitgeber oder Versicherungsträger beteiligt gewesen ist, ob sie im Rechtsstreit obgesiegt hat oder unterlegen ist (vgl. LSG. Celle, Nds. MinBl. 1956 Rspr. Beil. S. 39; LSG. München, Beschluß vom 15.6.1956 - 9 Geb./Ar 470/54 -; LSG. Mainz, Breithaupt 1957 S. 92; Mellwitz, Komm. zum SGG, Anm. A zu § 184; Miesbach-Ankenbrank, Komm. zum SGG, 3. Aufl. Anm. 1 zu § 184).

Da die Beklagte die Revision zurückgenommen hat, beträgt die Gebühr 60,-- DM (§ 185, 186 SGG, § 1 der VO. vom 31.3.1955, BGBl. I S. 180; BSG. Sozialrecht § 184 SGG Nr. 1). Hiervon entfallen auf die BfA., die BfArb. und die Gemeinde Sindelfingen je 1/3 = 20,-- DM (§§ 184, 187 SGG).

 

Fundstellen

BSGE, 181

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