Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeit der Sozialgerichte. Rechtsstreit über Genehmigung von Vertragsärzten, ermächtigten Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft. Bindung des BSG an Zulassungsentscheidung. Selbstkorrektur. Verletzung. rechtliches Gehör. notwendige Beiladung einer Kassenärztlichen Vereinigung. Regelungsabsicht des § 121a SGB 5. Rechtswegbeschwerde. isolierte Kostenentscheidung
Leitsatz (amtlich)
Für Streitigkeiten von Vertragsärzten, ermächtigten Ärzten und ermächtigten ärztlich geleiteten Einrichtungen über die Genehmigung zur Erbringung von Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft sind die Sozialgerichte zuständig.
Normenkette
SGG § 51 Abs. 2 S. 1 Nr. 1; GVG § 17a Abs. 4 Sätze 4, 6; GG Art. 103 Abs. 1; SGG § 75 Abs. 2; SGB V § 27a Abs. 1, § 72 Abs. 1, § 121a Abs. 1 S. 1, Abs. 2; BRAGO § 116 Abs. 2 S. 2
Beteiligte
Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein |
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 22.12.1999; Aktenzeichen L 11 B 61/99 KA) |
SG Düsseldorf (Beschluss vom 16.08.1999; Aktenzeichen S 25 KA 7/99) |
Tenor
Auf die Beschwerden des Klägers und der Beklagten werden die Beschlüsse des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. August 1999 in der Fassung des Beschlusses vom 22. Dezember 1999 sowie des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14. Juni 1999 aufgehoben. Es wird festgestellt, daß der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet ist.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Zu entscheiden ist im Verfahren der Beschwerde nach § 17a Abs 4 Satz 4 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) über die Zulässigkeit des Sozialrechtsweges.
Die beklagte Ärztekammer erteilte dem als Vertragsarzt zugelassenen Kläger im Dezember 1997 eine Genehmigung gemäß § 121a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zur Durchführung künstlicher Befruchtungen, die auf drei Jahre befristet war. Den Widerspruch des Klägers, mit dem er geltend macht, für die Befristung gebe es keine gesetzliche Grundlage, wies die Beklagte zurück (Bescheid vom 30. Dezember 1998). Der Kläger hat – entsprechend der dem Widerspruchsbescheid beigefügten Rechtsmittelbelehrung – das Sozialgericht (SG) Düsseldorf angerufen. Dieses hat den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Düsseldorf verwiesen, weil der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nicht eröffnet sei. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) hat die Beschwerden des Klägers und der Beklagten gegen diese Entscheidung zurückgewiesen (Beschluß vom 16. August 1999). Nach Zustellung dieser Entscheidung hat die Beklagte beantragt, wegen grundsätzlicher Bedeutung die weitere Beschwerde zuzulassen. Daraufhin hat das LSG zunächst durch Beschluß vom 28. Oktober 1999 die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) Nordrhein beigeladen und Ermittlungen hinsichtlich der behördlichen Zuständigkeit für die Entscheidung nach § 121a SGB V im gesamten Bundesgebiet angestellt. Der Kläger sowie die Beigeladene haben sich dem Antrag der Beklagten auf Zulassung der weiteren Beschwerde angeschlossen. Diese hat das LSG sodann mit Beschluß vom 22. Dezember 1999 ausgesprochen.
Mit ihren Beschwerden machen der Kläger und die Beklagte übereinstimmend geltend, die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit seien nach § 51 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Entscheidung berufen, weil es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der Sozialversicherung handele. Die Sachnähe der Genehmigung nach § 121a SGB V zum Leistungs- und Leistungserbringerrecht der gesetzlichen Krankenversicherung weise in diese Richtung. Im übrigen ergebe sich die Zuständigkeit der Sozialgerichte auch aus § 51 Abs 2 Satz 1 SGG, weil es sich um eine Angelegenheit nach dem SGB V aufgrund der Beziehungen zwischen Ärzten, Zahnärzten, Krankenhäusern und Krankenkassen einschließlich ihrer Vereinigungen und Verbände handele.
Die Beigeladene schließt sich dieser Rechtsauffassung an.
Entscheidungsgründe
II
Die Beschwerden des Klägers und der Beklagten sind zulässig. Dem steht nicht entgegen, daß das LSG sie nicht in seinem ursprünglichen Beschluß vom 16. August 1999, sondern erst in dem weiteren Beschluß vom 22. Dezember 1999 zugelassen hat.
Nach § 17a Abs 4 Satz 4 GVG steht den Beteiligten die Beschwerde gegen einen Beschluß des oberen Landesgerichts – hier des LSG – an den obersten Gerichtshof des Bundes nur zu, wenn sie in dem Beschluß zugelassen worden ist. Die Nichtzulassung der Beschwerde durch Beschluß ist rechtskräftig, da ein Rechtsbehelf gegen die Nichtzulassung nicht gegeben ist (BSGE 72, 90, 92 = SozR 3-1720 § 17a Nr 1; BVerwG NVwZ 1994, 782; BAG NJW 1994, 2110; allg. Meinung). Läßt das obere Landesgericht die Beschwerde hingegen zu, so ist der oberste Gerichtshof des Bundes nach Abs 4 Satz 6 aaO an die Zulassung gebunden.
Das LSG hat die weitere Beschwerde zum BSG nicht in seinem ursprünglichen Beschluß vom 16. August 1999 zugelassen mit der Folge, daß dieser rechtskräftig geworden ist. Es hat die weitere Beschwerde erst auf den als Gegenvorstellung zu wertenden Antrag der beklagten Ärztekammer in seinem weiteren Beschluß vom 22. Dezember 1999 zugelassen, nachdem es zuvor die KÄV Nordrhein zum Verfahren beigeladen und Ermittlungen über die Ausgestaltung der Genehmigungszuständigkeiten in den anderen Bundesländern durchgeführt hatte.
Nach der Rechtsprechung des BSG (Beschluß vom 4. Dezember 1997 – BSG SozR 3-1720 § 17a Nr 7 S. 12 ff; zustimmend Albers in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 58. Aufl 2000, § 17a GVG RdNr 13) besteht eine Bindung des obersten Gerichtshofs des Bundes gemäß § 17a Abs 4 Satz 6 GVG an eine Zulassungsentscheidung des LSG dann nicht, wenn das Beschwerdegericht die weitere Beschwerde nicht in seinem Beschluß über die Beschwerde, sondern erst in einem späteren Beschluß zugelassen hat. Nach Eintritt der Rechtskraft der Rechtswegentscheidung ist danach eine erneute Überprüfung der Rechtswegfrage unzulässig. Etwas anderes könne nur in Ausnahmefällen gelten, etwa wenn die Verweisungsentscheidung unter Verletzung des Art 103 Abs 1 GG (rechtliches Gehör) zustande gekommen sei. Der Zulässigkeit und ggf der Verpflichtung der Selbstkorrektur in diesen Fällen liegt die Rechtsprechung des BVerfG zugrunde, nach der die Selbstkorrektur einer rechtskräftigen Entscheidung durch das erkennende Gericht dann zulässig und ggf geboten ist, wenn prozessuales Unrecht durch das Gericht beseitigt werden soll. Das ist etwa der Fall, wenn die Entscheidung offenkundig auf einer Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG) beruht oder unter Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters (Art 101 Abs 1 Satz 2 GG) ergangen ist (vgl zB BVerfG 73, 332, 326 ff zur Verletzung des rechtlichen Gehörs, bestätigt durch Beschluß vom 24. August 1998, NVwZ 1998, 1174 sowie BVerfGE 63, 77, 78 f zum gesetzlichen Richter). Ein solcher Fall liegt hier vor.
In dem Verfahren, das zur ersten Rechtswegentscheidung des LSG durch Beschluß vom 16. August 1999 geführt hat, war die KÄV Nordrhein nicht beteiligt, obwohl sie gemäß § 75 Abs 2 SGG notwendig zum Verfahren hätte beigeladen werden müssen, weil die Entscheidung ihr gegenüber nur einheitlich ergehen konnte. Dadurch ist die KÄV Nordrhein zugleich in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör durch die sie – auch bei späterer Beiladung – (an sich) bindende Rechtswegverweisungsentscheidung vom 16. August 1999 verletzt worden.
Durch die Genehmigungsentscheidung gemäß § 121a Abs 2 SGB V wird die KÄV unmittelbar in eigenen Rechten betroffen. Nach § 121a Abs 1 Satz 1 SGB V setzt die Erbringung von Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft (§ 27a Abs 1 SGB V) zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen, also im System der vertragsärztlichen Versorgung, voraus, daß den in Betracht kommenden Ärzten, ärztlich geleiteten Einrichtungen oder zugelassenen Krankenhäusern eine Genehmigung zur Durchführung dieser Maßnahmen erteilt worden ist. Dabei kann offenbleiben, ob schon die Beteiligung der KÄV am Genehmigungsverfahren ihre notwendige Beiladung im gerichtlichen Verfahren zur Folge haben muß. Die streitige Genehmigung darf nämlich ua nur erteilt werden, wenn die genannten Ärzte oder Einrichtungen die Gewähr für eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Durchführung von Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft bieten (§ 121a Abs 2 Nr 2 SGB V). Im Hinblick auf die versorgungsgebietsbezogene Genehmigungsvoraussetzung der Bedarfsgerechtigkeit schreibt demgemäß die „Richtlinie zur Entscheidung der Genehmigung von Maßnahmen zur Durchführung künstlicher Befruchtungen durch Ärztinnen und Ärzte, Einrichtungen und Krankenhäuser gemäß § 121a SGB V” des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 24. Januar 1997 (Ministerialblatt 1997 S. 137 ff) unter Gliederungspunkt B vor, daß die Genehmigungsbehörde der KÄV insbesondere zu Fragen der Bedarfsgerechtigkeit und der Wirtschaftlichkeit der Durchführung künstlicher Befruchtungen Gelegenheit zur Stellungnahme gibt.
Die Betroffenheit der KÄV in eigenen Rechten ergibt sich aber schon daraus, daß die begünstigten Ärzte und sonstigen Leistungserbringer mit der Genehmigung berechtigt sind, Sachleistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen zu erbringen. Damit können sie zugleich Honoraransprüche gegenüber der für die Honorarverteilung zuständigen KÄV erwerben. Die Entscheidung über die Genehmigung zur Durchführung von Maßnahmen nach § 121a SGB V greift somit zugleich in die Rechtssphäre der KÄV unmittelbar ein, da diese die durch die Genehmigung bewirkte Leistungsberechtigung bei der Honorarverteilung gegen sich gelten lassen muß. Die Entscheidung (auch) über die Befugnis, Maßnahmen nach § 121a SGB V durchführen zu dürfen, kann gegenüber dem an der Erbringung dieser Leistung interessierten Arzt und der KÄV nur einheitlich erfolgen.
Die danach erforderliche notwendige Beiladung (§ 75 Abs 2 SGG) der KÄV zum Rechtsstreit dient generell nicht nur den Interessen des Beigeladenen, sondern auch der umfassenden Aufklärung des streitigen Sachverhalts und der erschöpfenden rechtlichen Erörterung und damit der Prozeßökonomie. Deshalb muß die Beiladung so früh wie möglich erfolgen, weil dieses Rechtsinstitut dem Dritten die Möglichkeit geben soll, durch eigene Prozeßhandlungen auf die Entscheidung des Gerichts Einfluß zu nehmen (BSG SozR 1500 § 75 Nr 49 S. 56). Zu den Entscheidungen in diesem Sinne, auf die der beizuladende Dritte Einfluß nehmen können soll, zählt auch diejenige über die Zulässigkeit des Rechtsweges, weil sie auch Beteiligte bindet, die erst nach Rechtskraft der Verweisungsentscheidung beigeladen werden. Welche Gerichtsbarkeit für die Entscheidung eines Rechtsstreits zuständig ist, kann für die Verfahrensbeteiligten von erheblicher Bedeutung sein, wie schon die je nach Rechtsweg unterschiedliche Kostenbelastung sowie die ebenfalls unterschiedliche Notwendigkeit anwaltlicher Vertretung deutlich erkennen lassen. § 17a Abs 2 Satz 1 GVG schreibt deshalb vor, daß das Gericht vor einer Entscheidung über die Unzulässigkeit des Rechtswegs die Parteien von Amts wegen anzuhören hat. Diese Verpflichtung zur Anhörung, die sich auch auf die notwendig Beigeladenen bezieht, kann nicht dadurch umgangen werden, daß eine Beiladung erst nach Rechtskraft des Verweisungsbeschlusses – ggf von einem Gericht des anderen Rechtsweges – vorgenommen wird. Das Unterlassen der notwendigen Beiladung vor der endgültigen Rechtswegentscheidung stellt sich damit zugleich als Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG) dar. Ob beim Streit über die instanzielle Zuständigkeit innerhalb der Sozialgerichtsbarkeit etwas anderes zu gelten hat (vgl Beschluß des 1. Senats des BSG vom 25. Februar 1999 – BSG SozR 3-1720 § 17a Nr 11 S. 21), kann auf sich beruhen.
Das LSG hat nach der Gegenvorstellung der Beklagten über die Zulassung einer weiteren Beschwerde die KÄV nachträglich zum Verfahren beigeladen, den Sachverhalt durch Ermittlungen im gesamten Bundesgebiet weiter aufgeklärt und im Anschluß hieran den Beteiligten (auch) zur Frage der Zulassung der weiteren Beschwerde rechtliches Gehör gewährt. Die mit Beschluß vom 22. Dezember 1999 ausgesprochene Zulassung der weiteren Beschwerde stellt sich nach diesem Verfahrensablauf als Selbstkorrektur der unter Verletzung des Art 103 Abs 1 GG zustande gekommenen Entscheidung vom 16. August 1999 dar. Die Zulassung der weiteren Beschwerde im Beschluß vom 22. Dezember 1999, mit der sich im übrigen alle Beteiligten einverstanden erklärt hatten, ist damit iS des § 17a Abs 4 Satz 4 GVG „in dem Beschluß” des Beschwerdegerichts erfolgt, der auf die Beschwerde gegen die Entscheidung des SG ergangen ist. Daran ist der erkennende Senat gemäß § 17a Abs 4 Satz 6 GVG gebunden.
Die Beschwerde ist auch begründet. Die Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit ist gegeben, weil der Rechtsstreit zu den in § 51 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGG idF des Art 12 Nr 3 des Psychotherapeutengesetzes vom 16. Juni 1998 (BGBl I 1311) genannten kassenärztlichen Streitigkeiten (vgl § 10 Abs 2 SGG) zählt. Nach § 51 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit auch über Streitigkeiten, die in Angelegenheiten nach dem SGB V entstehen aufgrund der Beziehungen zwischen Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Krankenhäusern und Krankenkassen einschließlich ihrer Vereinigungen und Verbände. Nach dieser auf die Neufassung des § 51 Abs 2 Satz 1 SGG durch das Gesundheits-Reformgesetz (GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2477) zurückgehenden Vorschrift hängt die Zuständigkeit der Sozialgerichte davon ab, daß zwischen einzelnen in der Norm genannten Personen und Institutionen Streit in Angelegenheiten nach dem SGB V, insbesondere im Hinblick auf ihre im 4. Kapitel dieses Gesetzes geregelten Rechte und Pflichten, besteht. Eine Angelegenheit iS dieser Gesetzesvorschrift liegt nach der Rechtsprechung des Senats nicht nur dann vor, wenn an einem Rechtsstreit allein die in dieser Bestimmung genannten Personen und Institutionen auf Kläger- und Beklagtenseite beteiligt sind. Erfaßt werden vielmehr alle Streitigkeiten in Angelegenheiten nach dem SGB V, die die Eingliederung von Ärzten in das System der vertragsärztlichen Versorgung zum Gegenstand haben, für das die Krankenkassen als Träger der gesetzlichen Krankenversicherung dem Versicherten kraft Gesetzes die Leistungen zur Verfügung zu stellen haben (BSG 56, 215, 217 = SozR 1500 § 12 Nr 2 S. 2). Maßgebend für die Rechtswegzuweisung ist, sofern eine ausdrückliche Regelung nicht besteht, insoweit die Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (vgl allgemein GmSOGB, BGHZ 97, 312, 313 f = SozR 1500 § 1 Nr 39; GmSOGB, BGHZ 108, 284, 285 f = SozR 1500 § 51 Nr 53).
Demgemäß gehören nach der Rechtsprechung des BSG Rechtsstreitigkeiten zwischen einer – in § 51 Abs 2 Satz 1 SGG nicht genannten – Zahntechnikerinnung und dem Landesschiedsamt (BSGE 56, 215 ff = SozR 1500 § 12 Nr 2 – zu § 51 Abs 2 Satz 1 SGG in der bis zum 31. Dezember 1988 geltenden Fassung) sowie zwischen einer Zahntechnikerinnung und einer Kassenzahnärztlichen Vereinigung (BSG SozR 3-2500 § 88 Nr 1 – zu § 51 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGG idF des GRG) zu den Angelegenheiten iS des § 51 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGG. Von dieser Rechtswegzuweisung erfaßt sind auch Streitverfahren von zur – ambulanten – vertragsärztlichen Versorgung nicht zugelassenen Ärzten und Krankenhäusern auf Honorierung ihrer in Notfällen gegenüber Versicherten der Krankenkassen erbrachten Leistungen (in diesem Sinne bereits BSG SozR 2200 § 368d Nr 5 – zu § 51 Abs 2 Satz 1 SGG aF sowie BSGE 71, 117, 118 = SozR 3-2500 § 120 Nr 1 mit Hinweis auf die Zugehörigkeit dieser Notfallbehandlungen zur kassenärztlichen Versorgung). Der Senat hat darüber hinaus entsprechend keinen Zweifel an der iS des § 10 Abs 2 SGG kassenarztrechtlichen Rechtsnatur eines Rechtsstreits geäußert, den eine KÄV gegen die Mitteilung einer obersten Landesbehörde auf der Grundlage des § 311 Abs 2 Satz 3 SGB V über das Bestehen einer Fachambulanz geführt hat, obwohl oberste Landesbehörden in § 51 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGG gleichfalls nicht erwähnt sind (Senatsurteil vom 26. Januar 2000 – B 6 KA 43/98 R –). Schließlich zählen seit jeher Streitigkeiten zwischen den § 51 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGG genannten Institutionen und ihren Aufsichtsbehörden in Angelegenheiten des SGB V zu den Angelegenheiten des Kassenarztrechts (s zuletzt – ohne Ausführungen zum Rechtsweg – Urteil vom 17. November 1999 – B 6 KA 10/99 R – sowie BSGE 82, 150 = SozR 3-1500 § 60 Nr 4 zur Besetzungsvorschrift des § 12 Abs 3 SGG).
Zu den Angelegenheiten, die iS der Rechtsprechung des Senats die Eingliederung der Ärzte in das System der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten zum Gegenstand haben, gehört auch ein Streitverfahren über die Erteilung einer Genehmigung nach § 121a SGB V (im Ergebnis ebenso: Hauck, SGB V, K § 121a RdNr 6; Hencke in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 121a SGB V RdNr 5). Nach § 121a Abs 1 SGB V dürfen die Krankenkassen Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft (§ 27a Abs 1 SGB V) nur durch solche Vertragsärzte, ermächtigte Ärzte, und Einrichtungen erbringen lassen, denen die zuständige Behörde eine Genehmigung nach § 121a Abs 2 SGB V zur Durchführung dieser Maßnahmen erteilt hat. Nach Abs 2 aaO darf die Genehmigung den in Abs 1 Satz 1 aaO genannten Ärzten oder Einrichtungen nur erteilt werden, wenn sie über die für die Durchführung der Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft notwendigen diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten verfügen, nach wissenschaftlich anerkannten Methoden arbeiten und die Gewähr für eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Durchführung von Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft bieten. Nach Abs 4 aaO bestimmt die nach Landesrecht zuständige Stelle die zur Erteilung der Genehmigung zuständigen Behörden. Die Vorschrift des § 121a SGB V, die zusammen mit der Bestimmung über die Leistungspflicht der Krankenkassen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft in § 27a SGB V durch Art 2 Nr 7 des Kriegsopferversorgungs-Anpassungsgesetzes vom 26. Juni 1990 (BGBl I 1211) eingeführt worden ist, will sicherstellen, daß in der vertragsärztlichen Versorgung den besonderen technischen und personellen Voraussetzungen für ein fachgerechtes Vorgehen bei künstlichen Befruchtungen Rechnung getragen wird. Zugleich soll das Erfordernis der Bedarfsgerechtigkeit einer Entwicklung vorbeugen, die als Folge einer unter Versorgungsgesichtspunkten nicht erforderlichen Zunahme der Zahl der Leistungserbringer zu einem Absenken der Indikationsschwelle für künstliche Befruchtungen führt (vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung, Bundesrats-Drucks 65/90 S 38/39 sowie Hess, Kasseler Kommentar, § 121a SGB V RdNr 3). Ihrer Struktur nach entspricht die Genehmigung nach § 121a Abs 2 SGB V danach sowohl qualifikationsbezogenen Genehmigungen, wie sie auf der Grundlage des § 135 Abs 2 SGB V für solche ärztliche oder zahnärztliche Leistungen erforderlich sind, die wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besondere Kenntnisse und Erfahrungen verlangen (vgl dazu BSGE 82, 55 = SozR 3-2500 § 135 Nr 9), als auch der nach dem Kriterium des Bedarfs zu erteilenden Standortgenehmigung für medizinisch-technische Großgeräte iS des § 122 SGB V in der bis zum 30. Juni 1997 geltenden Fassung. Für diese beiden Arten von Genehmigungen ist bzw war die Zugehörigkeit zu den Angelegenheiten iS des § 51 Abs 2 Satz 1 Nr 1 bzw Nr 2 SGG unumstritten.
Für die Genehmigung nach § 121a Abs 2 SGB V gilt entsprechendes. Sie läßt die sachlogisch zwingende Verzahnung des Leistungsanspruchs des Versicherten mit der Leistungsberechtigung des Arztes bzw der ärztlich geleiteten Einrichtung erkennen. Nach § 27a Abs 1 Nr 5 SGB V gehören medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nur dann zu den Leistungen der Krankenbehandlung, wenn (ua) der Arzt die Ehegatten an einen Arzt oder eine Einrichtung überwiesen hat, denen eine Genehmigung nach § 121a SGB V erteilt worden ist. Die dem Versicherten zustehende freie Arztwahl wird aus Gründen der Qualitätssicherung sowie der bedarfsgerechten Versorgung von vornherein auf Personen und Institutionen begrenzt, denen eine Genehmigung nach § 121a Abs 2 SGB V erteilt worden ist. Ein Rechtsstreit, der aus der Perspektive des Leistungserbringers allein dazu dient, die Voraussetzungen zu schaffen, unter denen er Versicherte der Krankenkassen ambulant behandeln darf, und in dem mittelbar der Kreis der für die Behandlung der Versicherten bei Maßnahmen der künstlichen Befruchtung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zur Verfügung stehenden Ärzte bestimmt wird, betrifft unmittelbar die Eingliederung von Ärzten in das System der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung, die nach § 72 Abs 1 SGB V gemeinsam von Ärzten und Krankenkassen sicher zu stellen ist. Für die Behandlung von Patienten, die nicht Versicherte der Krankenkassen sind, ist die Genehmigung nach § 121a Abs 2 SGB V nicht, auch nicht unter berufsrechtlichen Gesichtspunkten, erforderlich.
Ohne Auswirkungen auf die Rechtswegfrage ist der Umstand, daß im Land Nordrhein-Westfalen die beklagte Landesärztekammer zuständige Behörde iS des § 121a Abs 4 SGB V ist. Oben ist bereits dargelegt worden, daß Streitigkeiten auch dann zu den in § 51 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGG beschriebenen Angelegenheiten rechnen können, wenn auf Kläger- oder Beklagtenseite eine Person oder Institution auftritt, die in dieser Vorschrift nicht ausdrücklich genannt ist, weil es – bei fehlender anderweitiger Rechtswegzuweisung – für die gerichtliche Zuständigkeit auf die Rechtsnatur des streitigen Klageanspruchs (hier: auf Erteilung der Genehmigung nach § 121a Abs 2 SGB V) ankommt. Nicht ausschlaggebend ist demgegenüber eine möglicherweise von Land zu Land variierende behördliche Zuständigkeit, wie sie hier hätte auch vorliegen können. Nach § 121a Abs 4 SGB V bestimmen die Landesregierung bzw die nach Landesrecht zuständige oberste Landesbehörde die nach dieser Vorschrift zuständige Genehmigungsbehörde. Dabei können sowohl die Landesärztekammern als auch die KÄVen als landesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechts als Genehmigungsbehörden bestimmt werden (ebenso Hauck aaO, K, § 121 RdNr 7; Hencke in: Peters, aaO § 121a SGB V, RdNr 6). Die gerichtliche Zuständigkeit für Streitverfahren über die Erteilung der Genehmigung kann sinnvollerweise aber nicht davon abhängen, ob in einem Land die für das Gesundheitswesen zuständige oberste Landesbehörde, die Bezirksregierung, die Landesärztekammer bzw die Landesärztekammern oder die KÄV bzw die KÄVen als zuständige Behörden bestimmt sind.
Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung des § 193 SGG. Zumindest in Verfahren nach § 116 Abs 2 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO), für die die Vorschriften des 3. Abschnitts der BRAGO sinngemäß anzuwenden sind (§ 116 Abs 2 Satz 2 BRAGO), hat für das Verfahren der Rechtswegbeschwerde eine isolierte Kostenentscheidung – unabhängig von der Kostentragungspflicht der Hauptsache – zu ergehen (BSG, Beschluß vom 31. Januar 2000 – B 3 SF 1/99 R – zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Da hier alle Verfahrensbeteiligten den Beschluß des LSG mit der weiteren Beschwerde angefochten bzw in der Sache zumindest für falsch gehalten haben, wäre es unbillig, der Beklagten die Kosten des Klägers für das Rechtswegbeschwerdeverfahren aufzuerlegen, zumal sie bereits in ihrer Rechtsmittelbelehrung zutreffend davon ausgegangen ist, der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit sei eröffnet.
Fundstellen
Haufe-Index 743318 |
DStR 2001, 585 |
SozR 3-1500 § 51, Nr. 26 |