Entscheidungsstichwort (Thema)
Verletzung des rechtlichen Gehörs. Unterlassung einer Beiladung
Orientierungssatz
1. Zur Verletzung des rechtlichen Gehörs ist darzulegen, welches Vorbringen verhindert worden ist und inwiefern die angefochtene Entscheidung darauf beruhen kann.
2. Das Unterlassen einer Beiladung nach § 75 Abs 1 SGG (Berührung rechtlicher Interessen) ist kein wesentlicher Verfahrensmangel, der mit der Beschwerde gerügt werden kann.
Normenkette
SGG § 160a Abs 2 S 3, § 160 Abs 2 Nr 3, § 75 Abs 1, § 62
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
Das Landessozialgericht (LSG) hat den Beklagten zur Zahlung von 9.910,99 DM an die Klägerin verurteilt, weil er nach Ablauf seiner Ermächtigung in diesem Umfang Arznei-, Heil- und Hilfsmittel zu Lasten der Klägerin verordnet hat.
Mit seiner Beschwerde hält der Beklagte die Rechtssache für grundsätzlich im Sinne des § 160 Abs 2 Nr 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und trägt dazu vor, das angefochtene Urteil entscheide erstmalig die Frage, ob der Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit für die Geltendmachung von Ansprüchen aus Nachwirkungen des Beteiligungsverhältnisses eines Vertragsarztes gegeben sei und ob insoweit der normative Schadensbegriff zu gelten habe. Auch sei von grundsätzlicher Bedeutung, ob eine Anrechnung von ersparten Aufwendungen dem Zweck des Schadensersatzes widersprechen würde.
Weiterhin rügt der Beklagte eine Abweichung des angefochtenen Urteils von den Urteilen des Bundessozialgerichts (BSG) vom 7. Dezember 1988 (6 RKa 35/87) und vom 11. Juni 1986 (6 RKa 2/85 = SozR 2200 § 368n Nr 44) und trägt dazu vor, das BSG habe bisher in keinem Urteil den Verzicht auf die konkrete Berechnung eines Schadens für ausreichend erachtet. Das LSG habe auch nicht berücksichtigt, daß nur nachvollziehbar begründete Bescheide einer gerichtlichen Überprüfung standhalten.
Als wesentliche Verfahrensmängel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) rügt der Beklagte: Die Verletzung des rechtlichen Gehörs dadurch, daß das LSG nicht seine Rechtsmeinung und insbesondere das Urteil des BSG vom 7. Dezember 1988 offenbart habe. Bei entsprechender Kenntnis hätte er dargelegt, daß die Rechtsauffassung des LSG mit der Rechtsprechung des BSG nicht in Einklang zu bringen sei.
Darüber hinaus hätte das LSG den Sachverhalt hinsichtlich der Notwendigkeit der Verordnungen des Beklagten weiter aufklären müssen.
Das LSG sei fehlerhaft besetzt gewesen, weil nach dem Sitzungsaushang der ehrenamtliche Richter K. hätte mitwirken müssen, nach dem Rubrum des angefochtenen Urteils jedoch der ehrenamtliche Richter R. mitgewirkt habe. Dies habe er erst der Urteilsausfertigung entnehmen können. Eine vorzeitige Rüge der Besetzung, auch hinsichtlich der ordnungsgemäßen Berufung des ehrenamtlichen Richters, sei nicht möglich gewesen.
Der Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V. (VdAK) und die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) Nordrhein hätten nach § 75 Abs 1 SGG zum anhängigen Verfahren beigeladen werden müssen, da ihre berechtigten Interessen durch die Entscheidung in dem Verfahren berührt würden.
Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache hat der Beklagte nicht ordnungsgemäß dargelegt im Sinne des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG. Die Zulässigkeit des Rechtsweges sowie die Schadensfeststellung ergibt sich aus dem Urteil des BSG vom 7. Dezember 1988 (6 RKa 35/87). Diesem Urteil ist das LSG gefolgt. Der Beklagte legt nicht dar, welche für die Entscheidung dieses Falles maßgebenden Rechtsfragen das BSG in seinem Urteil offengelassen hat. Damit fehlt es an der Darlegung der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage. Der Beklagte legt auch nicht dar, wie ersparte Aufwendungen festzustellen und zu berücksichtigen sind.
Auch die Abweichung des angefochtenen Urteils von der Rechtsprechung des BSG ist nicht ordnungsgemäß dargelegt im Sinne des § 160a Abs 3 Satz 2 SGG.
Der Beklagte legt nicht dar, mit welchem Rechtssatz das LSG von der Rechtsprechung des BSG abgewichen ist. Das LSG hat den der Klägerin entstandenen Schaden festgestellt und beziffert. Hinsichtlich des Vorteilsausgleichs hat sich das LSG ausdrücklich auf die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 17. Dezember 1988 - 6 RKa 35/87) bezogen. Soweit der Beklagte eine Abweichung hinsichtlich der Notwendigkeit einer nachvollziehbaren Begründung von Bescheiden rügt, ist nicht erkennbar, welcher Bescheid im vorliegenden Fall Gegenstand einer gerichtlichen Nachprüfung war.
Die wesentlichen Verfahrensmängel sind nicht ordnungsgemäß bezeichnet im Sinne des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG.
Zur Verletzung des rechtlichen Gehörs hätte der Beklagte darlegen müssen, welches Vorbringen verhindert worden ist und inwiefern die angefochtene Entscheidung darauf beruhen kann (BSG in SozR 1500 § 160a Nr 36). Der Beklagte macht keine Ausführungen dazu, was er dem LSG gegenüber in Kenntnis von dessen Rechtsauffassung dargelegt hätte.
Die Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) ist nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG mit der Beschwerde nicht angreifbar. Der Beklagte behauptet nicht, daß das LSG einen von ihm gestellten Beweisantrag übergangen habe.
Hinsichtlich der Mitwirkung des ehrenamtlichen Richters R. legt der Beklagte nicht dar, daß dieser von der Mitwirkung ausgeschlossen war. Dem Vorbringen des Beklagten ist auch nicht zu entnehmen, welche Tatsachen vorliegen, die den Ausschluß des ehrenamtlichen Richters R. begründen können. Bloße Zweifel an der ordnungsgemäßen Berufung reichen nicht aus, zumal sie nicht substantiiert dargelegt wurden.
Das Unterlassen einer Beiladung nach § 75 Abs 1 SGG (Berührung rechtlicher Interessen) ist kein wesentlicher Verfahrensmangel, der mit der Beschwerde gerügt werden kann (vgl Meyer-Ladewig, SGG, 3. Aufl, 1987, § 75 RdNr 8).
Nach allem war die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe war wegen fehlender Erfolgsaussichten der Beschwerde des Beklagten abzulehnen (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Satz 1 der Zivilprozeßordnung).
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG.
Fundstellen