Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlagebeschlüsse an den EuGH zur Vereinbarkeit der Regelung mit dem Assoziierungsabkommen der EWG mit der Türkei
Beteiligte
Kläger und Revisionskläger |
Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte eine von einem anderen Rentenversicherungsträger wegen Änderung des amtlich registrierten Geburtsjahres neu vergebene Versicherungsnummer (VNr) nochmals neu feststellen durfte und ob dem Kläger Altersruhegeld (ARG) wegen Vollendung des 65. Lebensjahres zusteht.
Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger; er arbeitete zunächst von 1956 bis 1962 versicherungspflichtig in seiner Heimat. Von April 1962 bis Dezember 1966 war er in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig im Bergbau erwerbstätig. Seit Mai 1970 lebt er ständig in der Bundesrepublik; bis zum Eintritt in den Vorruhestand am 1. Oktober 1986 war er als Produktionsarbeiter beschäftigt. Nach Auslaufen des Vorruhestandsgeldes bezog der Kläger seit Oktober 1991 Sozialhilfe.
In den 1970 und 1980 vergebenen VNrn wurde als Geburtsdatum des Klägers der 20. Oktober 1933 zugrunde gelegt. Nachdem der Kläger aufgrund eines Urteils des türkischen Zivilgerichts in Düzce vom 3. Dezember 1985 erwirkt hatte, daß die Eintragung seines Geburtsjahres in dem ihn betreffenden türkischen Personenstandsregister in "1926" geändert worden war, vergab die Landesversicherungsanstalt (LVA) Schleswig-Holstein am 14. August 1986 eine entsprechende neue VNr (26 201026 K 015).
Im August 1991 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung von ARG wegen Vollendung des 65. Lebensjahres. Daraufhin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 17. Februar 1992 fest, daß die türkische Gerichtsentscheidung über die Berichtigung des türkischen Personenstandsregisters hinsichtlich des Geburtsdatums nicht anerkannt werde; das für die deutsche Rentenversicherung maßgebliche Geburtsdatum laute "20. Oktober 1933"; ferner vergab sie eine entsprechende neue VNr (18 201033 K 036). Den Rentenantrag des Klägers lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 1. Dezember 1993 ab, da der Kläger 1933 geboren sei und das 65. Lebensjahr erst im Oktober 1998 vollende.
Die Widersprüche des Klägers gegen beide Bescheide wies die Beklagte u.a. mit der Begründung zurück, es sei nicht nachgewiesen, daß der Kläger nicht in dem bei Eintritt in die deutsche Rentenversicherung angegebenen Jahr 1933, sondern im Jahre 1926 geboren sei. Dem Urteil des türkischen Zivilgerichts könne nicht gefolgt werden, da es lediglich auf einem ärztlichen Gutachten beruhe. Auch durch die beigebrachte Erklärung des Zeugen M. G. sei ein solcher Nachweis nicht erbracht, da keine Belege für die gemachten Angaben vorgelegt worden seien (Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 1994).
Das Sozialgericht Itzehoe (SG) hat der daraufhin erhobenen Klage stattgegeben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger "Altersrente" wegen Vollendung des 65. Lebensjahres seit November 1991 zu gewähren (Urteil vom 6. März 1995). Zur Begründung ist ausgeführt worden: Zwar lasse sich das richtige Geburtsdatum nicht mehr feststellen, jedoch müsse sich die Beklagte das von der LVA Schleswig-Holstein durch Verwaltungsakt mit bindender Wirkung auch für den Leistungsfall festgestellte Geburtsdatum bis zum Nachweis der Unrichtigkeit gegen sich gelten lassen, da der Kläger auf die Verläßlichkeit dieser Feststellung vertraut und sein Erwerbsleben entsprechend eingerichtet habe.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 14. März 1996). Es hat seine Entscheidung im wesentlichen auf folgende Gründe gestützt:
Durch den Bescheid der LVA Schleswig-Holstein vom 14. August 1986 sei nicht rechtsverbindlich festgestellt worden, wann der Kläger geboren sei. Es fehle an einer Rechtsnorm, die einen Versicherungsträger ermächtige, ein Geburtsdatum mit rechtlicher Wirkung im Verhältnis zwischen sich und dem Versicherten festzustellen. Eine solche Regelungsabsicht sei dem Bescheid auch nicht zu entnehmen. Im übrigen sei dieser auch durch den Bescheid der Beklagten vom 17. Februar 1992 über die Wiederherstellung der ursprünglichen VNr ersetzt worden, der aber ebenfalls das Geburtsdatum des Klägers nicht verbindlich feststelle. Im Leistungsfall müsse das Alter vielmehr gesondert ermittelt werden. Grundsätzlich könne man sich allerdings damit begnügen, die diesbezüglichen Angaben in den Personenstandsdokumenten des Betroffenen heranzuziehen. Für Eintragungen in deutsche Personenstandsbücher folge dies aus § 60 Abs. 1 Satz 1 des Personenstandsgesetzes (PStG). Gleiches müsse aber auch für ausländische Register gelten. Nur dann wenn nach den Umständen anzunehmen sei, daß die Eintragungen in den Personenstandsdokumenten mit hoher Wahrscheinlichkeit falsch seien, sei eine weitere Sachaufklärung nötig. Die ursprüngliche Eintragung des Geburtsdatums des Klägers im Personenstandsregister der Türkei sei als Feststellungsgrundlage geeignet, da sie aufgrund der Angaben des Vaters des Klägers gegenüber dem türkischen Standesamt relativ zeitnah erfolgt sei.
Das Urteil des türkischen Zivilgerichts vom 3. Dezember 1985 erschüttere demgegenüber nicht die Beweiskraft der vorherigen Eintragung in den Personenstandsdokumenten, denn es beruhe nur auf einem ärztlichen Gutachten. Es sei aber gerichtsbekannt, daß es keine wissenschaftliche Methode gebe, ein Geburtsdatum genau zu ermitteln. Daraus folge, daß die Änderung des den Kläger betreffenden Personenstandsregisters mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit falsch sei. Auch den vom Kläger im Berufungsverfahren vorgetragenen Umständen und Beweismitteln komme nicht so viel Gewicht zu, daß sie die Beweiskraft der ursprünglichen Eintragung im türkischen Personenstandsregister erschüttern könnten. Es sei zwar ungewöhnlich, daß der Kläger nach dem damals eingetragenen Geburtsdatum im Zeitpunkt seiner Eheschließung im Jahre 1948 erst 15 Jahre alt gewesen sei, aber nicht ausgeschlossen. Die eidesstattlichen Erklärungen der Zeugen H. E. und M. G. erreichten nicht das Gewicht der ursprünglichen Eintragung in das türkische Personenstandsregister, da die Erinnerung dieser Zeugen an einen vor 50 Jahren stattgefundenen Sachverhalt nicht genauer sein könne als die damaligen zeitnäheren Angaben des Vaters des Klägers. Deshalb sei eine ergänzende und vertiefende Beweisaufnahme nicht nötig.
Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 1 und 2 der Verordnung über die Vergabe und Zusammensetzung der Versicherungsnummer (VNrV) und der §§ 128, 103 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Dazu trägt er vor: Der Bescheid der LVA Schleswig-Holstein vom 14. August 1986 über die Berücksichtigung des Geburtsdatums "22. Oktober 1926" habe die richtige VNr i.S. von § 2 VNrV festgestellt. Soweit der 5. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) den Rechtssatz aufgestellt habe (Bezug auf die Entscheidung vom 13. Oktober 1992 - 5 RJ 16/92 -), daß richtiges Geburtsdatum i.S. dieser Vorschrift stets und auf Dauer das von dem Versicherungsträger bei der Vergabe der VNr zugrunde gelegte Geburtsdatum sei, wenn dieses den im damaligen Zeitpunkt von dem Versicherten gemachten Angaben entspreche und mit den von ihm damals vorgelegten ausländischen Urkunden übereinstimme, müsse dieser auch dann gelten, wenn später, also nach Vergabe der ursprünglichen VNr diese VNr berichtigt werde. Auch die dann erteilte neue VNr sei "richtige" VNr i.S. von § 2 VNrV. Soweit die Beklagte mit Bescheid vom 17. Februar 1992 die ihm ursprünglich erteilte VNr mit dem Geburtsdatum 26. Oktober 1933 wiederhergestellt habe, liege darin ein Verstoß gegen § 1 Abs. 5 VNrV. Denn nach Erlaß des Bescheides vom 14. August 1986 habe sich keine Veränderung ergeben, welche die seinerzeit vergebene VNr habe als unrichtig erscheinen lassen. Darüber hinaus gelte das in der VNr zugrunde gelegte, geänderte Geburtsdatum auch für den Leistungsfall, anderenfalls hätte es eines Hinweises des Rentenversicherungsträgers bedurft, daß der Vergabe der VNr keine Rechtswirkungen zukomme. Zudem genieße er Vertrauensschutz, da er sein berufliches Leben auf die Erteilung der VNr mit dem Geburtsdatum 26. Oktober 1926 eingerichtet habe und vorzeitig in den Ruhestand getreten sei.
Im übrigen habe das LSG gegen §§ 128 Abs. 1, 103 SGG verstoßen. Das Berufungsgericht habe eine fehlerhafte Beweiswürdigung vorgenommen. Die Annahme des LSG, daß ausländischen Personenstandsurkunden dieselbe Beweiskraft wie deutschen Personenstandsurkunden zukomme, stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des BSG (Bezug auf das Urteil vom 13. Oktober 1992 - 5 RJ 16/92 -). Es handele sich bei den ursprünglichen türkischen Personenstandsurkunden vielmehr um ein gleichartiges Beweismittel neben anderen. Indem das LSG die von ihm benannten Zeugen G. und E. nicht gehört habe, habe es seine Aufklärungspflichten nach § 103 SGG verletzt und unzulässigerweise eine Beweiswürdigung vorweggenommen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
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das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 14. März 1996 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 24. April 1995 zurückzuweisen, soweit der Rechtsstreit nicht durch Teilvergleich erledigt ist. |
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Die Beklagte beantragt,
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die Revision zurückzuweisen. |
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Sie hält das Urteil LSG für zutreffend. Weiter ist sie der Auffassung: § 33a des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) verstoße nicht gegen das zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Türkei bestehende Assoziationsrecht, da keine Ungleichbehandlung der betroffenen türkischen Wanderarbeitnehmer vorliege. Vielmehr würde der Kläger ohne § 33a SGB I gegenüber seinen Landsleuten in der Türkei bevorzugt, die wegen Art 120 des türkischen Gesetzes Nr. 506 bei der türkischen Rentenversicherung ein geändertes Geburtsdatum nicht geltend machen könnten. Ohne § 33a SGB I würde er aber auch gegenüber deutschen Versicherten bevorzugt, die wegen ihrer eindeutig beurkundeten Geburtsdaten nahezu keine Möglichkeit hätten, ein Geburtsdatum zu ihren Gunsten für Zwecke der Rentenversicherung zu ändern.
Auf Vorschlag des Senats haben die Beteiligten einen Teilvergleich geschlossen, wonach sie sich darüber einig sind, daß das für den Leistungsfall in der gesetzlichen Rentenversicherung maßgebliche Geburtsdatum des Klägers im Rahmen des Streites über den Bescheid der Beklagten vom 1. Dezember 1993 geklärt werden soll, und wonach sich die Beklagte verpflichtet, ihren Bescheid vom 17. Februar 1992 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 19. Januar 1994 insoweit aufzuheben, als darin das für die deutsche Rentenversicherung maßgebliche Geburtsdatum mit "20. Oktober 1933" festgestellt worden ist.
II
Das vorliegende Verfahren wirft eine Frage der Auslegung und Anwendung von Europäischem Gemeinschaftsrecht auf. Es ist insbesondere zu klären, ob das Recht betreffend die Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei dahin auszulegen ist, daß es dem Gesetzgeber eines Mitgliedstaates nicht gestattet ist, eine Regelung zu treffen, wonach für die Verwendung in der einem Versicherten zugeordneten Versicherungsnummer sowie für die Gewährung von Altersruhegeld auch bei türkischen Wanderarbeitnehmern - ohne Rücksicht auf Besonderheiten des türkischen Personenstandsregisters - grundsätzlich dasjenige Geburtsdatum maßgebend ist, das sich aus der ersten Angabe des Versicherten gegenüber dem Sozialversicherungsträger des betreffenden Mitgliedstaates oder gegenüber dem dortigen (insoweit im Verhältnis zum Sozialversicherungsträger meldepflichtigen) Arbeitgeber ergibt. Da sich diese Frage anhand der bisherigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) nicht zweifelsfrei beantworteten läßt, hält der erkennende Senat insoweit eine Vorabentscheidung durch den EuGH für geboten (vgl. Art 177 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft [EGVtr]).
Nachdem der Rechtsstreit durch Vergleich teilweise erledigt worden ist, betrifft er nur noch die Anfechtung der mit Bescheid der Beklagten vom 17. Februar 1992 erfolgten Vergabe einer neuen VNr sowie die mit Bescheid der Beklagten vom 1. Dezember 1993 versagte Gewährung von ARG. Für jeden dieser beiden Streitgegenstände sind im Ansatz unterschiedliche Rechtsnormen maßgebend.
Die Vergabe einer VNr richtet sich nach §§ 147, 152 Nr. 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) i.V.m. den Vorschriften der VNrV. Nach § 147 Abs. 1 SGB VI kann der Träger der Rentenversicherung für Personen eine VNr vergeben, wenn dies zur personenbezogenen Zuordnung der Daten für die Erfüllung einer gesetzlichen Aufgabe nach diesem Gesetzbuch erforderlich oder dies durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmt ist. Für die nach diesem Buche versicherten Personen hat er eine VNr zu vergeben. Die VNr einer Person setzt sich zusammen aus
der Bereichsnummer des die VNr vergebenden Trägers der Rentenversicherung,
dem Geburtsdatum,
dem Anfangsbuchstaben des Geburtsnamens,
der Seriennummer, die auch eine Aussage über das Geschlecht einer Person enthalten darf, und
der Prüfziffer.
Weitere personenbezogene Merkmale darf die VNr nicht enthalten (§ 147 Abs. 2 SGB VI). Schließlich ist gemäß Abs. 3 dieser Vorschrift jede Person, an die eine VNr vergeben wird, unverzüglich über ihre VNr zu unterrichten.
Durch § 152 Nr. 3 SGB VI wird der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über die Zusammensetzung der VNr sowie über ihre Änderung zu bestimmen. Auf dieser Ermächtigungsgrundlage beruht die VNrV, welche in § 1 die Vergabe und zu § 2 die Zusammensetzung der VNr näher regelt. Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 VNrV enthalten die Stellen drei bis acht der VNr das Geburtsdatum (vgl. auch § 147 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI, § 2 Abs. 1 Nr. 2 VNrV). Dabei bezeichnen die Stellen drei und vier den Geburtstag, die Stellen fünf und sechs den Geburtsmonat und die Stellen sieben und acht die beiden letzten Ziffern des Geburtsjahres. Wird der Geburtstag oder der Geburtsmonat nur durch eine Ziffer bezeichnet, so ist vor diese Ziffer jeweils die Ziffer "0" zu setzen. Bei Versicherten ohne nachgewiesenen Geburtstag oder Geburtsmonat sind die entsprechenden Stellen des Geburtsdatums fiktiv festzustellen. Sind bei einem Geburtsdatum sämtliche Seriennummern verbraucht, werden die Stellen drei und vier durch Addition der Zahlen "32" oder "64" und des Geburtstags bestimmt; ist der Geburtstag der erste Tag eines Monats, ist auch die Addition der Zahl "96" zulässig (§ 2 Abs. 3 Sätze 3ff. VNrV).
Der Gang der Vergabe der VNr stellt sich wie folgt dar: Besitzt der Versicherte bei erstmaliger Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung noch keine VNr, so hat der Arbeitgeber bei der Anmeldung der Beschäftigung den Beleg "Ersatzversicherungsnachweis" nach Anlage 4 der Zweiten Verordnung über die Erfassung von Daten für die Träger der Sozialversicherung und für die Bundesanstalt für Arbeit (Zweite Datenerfassungs-Verordnung [2. DEVO]) auszufüllen (vgl. § 28a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch [SGB IV], §§ 1f., 3, 2. DEVO) und darin die für die Vergabe der VNr erforderlichen Eintragungen vorzunehmen (vgl. § 8 Abs. 5, 2. DEVO). Dabei sind die Angaben zur Person anhand amtlicher Unterlagen durch den Arbeitgeber zu prüfen (§ 8 Abs. 5, letzter Satz, 2. DEVO). Der Ersatzversicherungsnachweis geht an den zuständigen Krankenversicherungsträger, der - bei versicherten Arbeitern - den zuständigen Rentenversicherungsträger (vgl. § 1 Abs. 2 VNrV) über die gemeinsame Datenstelle der Rentenversicherungsträger zur Vergabe der VNr veranlaßt (vgl. § 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 und 4, 2. DEVO).
Für die zwischen den Beteiligten streitige Vergabe einer neuen VNr wegen Unrichtigkeit des in der bisherigen VNr eingetragenen Geburtsdatums ist § 1 Abs. 5 VNrV einschlägig. Dieser lautet (soweit hier von Bedeutung) :
"Eine VNr wird nur einmal vergeben und nicht berichtigt. Ist das Geburtsdatum oder die Seriennummer in der VNr unrichtig, erhält der Versicherte eine neue VNr; die insoweit unrichtige VNr ist nicht mehr zu verwenden und als nicht verwendbar zu kennzeichnen. .".
Die Neuvergabe einer VNr gemäß § 1 Abs. 5 Satz 2 VNrV betrifft nicht nur einen verwaltungsinternen Vorgang bei der Beklagten, sondern stellt einen Verwaltungsakt dar, gegen den die Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) zulässig ist. Die Beurteilung der Richtigkeit oder Unrichtigkeit des in der VNr verwendeten Geburtsdatums verlangt eine behördliche Entscheidung auf dem Gebiet des öffentliches Rechts mit Außenwirkung (vgl. § 31 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch [SGB X]), zumal ein personenbezogenes Datum des Klägers berührt ist, das im Rechtsverkehr weitreichende Verwendung findet. Insofern kann durch ein unrichtiges Geburtsdatum in der VNr das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung beeinträchtigt sein, das durch §§ 147, 152 SGB VI besonders geschützt werden soll (vgl. BT-Drucks 11/5530 S. 26f., 48f.).
Die Frage, ob ein Geburtsdatum in der VNr i.S. von § 1 Abs. 5 Satz 2 "unrichtig" ist, richtet sich neuerdings nach § 33a SGB I. Diese Vorschrift ist durch das Erste Gesetz zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (1. SGB III-ÄndG) vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2970, 2981 und 2992) zum 1. Januar 1998 in Kraft gesetzt worden (vgl. Art 2 und 32 1. SGB III-ÄndG). § 33a SGB I lautet:
" (1) Sind Rechte oder Pflichten davon abhängig, daß eine bestimmte Altersgrenze erreicht oder nicht überschritten ist, ist das Geburtsdatum maßgebend, das sich aus der ersten Angabe des Berechtigen oder Verpflichteten oder seiner Angehörigen gegenüber einem Sozialleistungsträger oder, soweit es sich um eine Angabe im Rahmen des Dritten oder Sechsten Abschnitts des Vierten Buches handelt, gegenüber dem Arbeitgeber ergibt.
(2) Von einem nach Absatz 1 maßgebenden Geburtsdatum darf nur abgewichen werden, wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, daß
a) ein Schreibfehler vorliegt oder
b) sich aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der Angabe nach Absatz 1 ausgestellt worden ist, ein anderes Geburtsdatum ergibt.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten für Geburtsdaten, die Bestandteil der VNr oder eines anderen in den Sozialleistungsbereichen dieses Gesetzbuchs verwendeten Kennzeichens sind, entsprechend."
Nach der Begründung des Gesetzentwurfes soll die Regelung eine mißbräuchliche Inanspruchnahme von Sozialleistung in Fällen vermeiden, in denen aufgrund einer Änderung von Geburtsdaten u.a. ein früherer Bezug von Sozialleistungen beantragt wird. Verschiedene ausländische Rechtsordnungen sähen die Möglichkeit vor, das Geburtsdatum durch eine gerichtliche Entscheidung zu ändern. Solche Änderungen könnten im deutschen Sozialrecht zu Vorteilen führen, die in der jeweiligen ausländischen Rechtsordnung nicht damit verbunden seien. Denn diese Rechtsordnungen würden die Änderungen von Geburtsdaten für den Bereich der sozialen Sicherung überwiegend nicht anerkennen. Derzeit würden diese Fälle noch eine besonders verwaltungsintensive Prüfung verlangen. Die Gesetzesneuregelung solle - diese Prüfung vereinfachend - sicherstellen, daß derartige Änderungen von Geburtsdaten auch in dem deutschen Sozialrecht grundsätzlich nicht berücksichtigt würden. Eine besondere Übergangsvorschrift sei nicht erforderlich (BT-Drucks 13/8994 S. 85).
Eine uneingeschränkte Anwendung des § 33a SGB I würde im vorliegenden Fall dazu führen, daß das von der Beklagten bei der angefochtenen Neuvergabe einer VNr zugrunde gelegte Geburtsdatum ("20. Oktober 1933") als richtig anzusehen wäre, weil der Kläger es - wie sich aus dem Zusammenhang der Feststellungen des LSG entnehmen läßt - bei seinem Eintritt in die deutsche Sozialversicherung angegeben hat und kein Ausnahmefall i.S. von § 33a Abs. 2 SGB I vorliegt.
Entsprechendes gilt für den Anspruch des Klägers auf ARG wegen Vollendung des 65. Lebensjahres. Mit Rücksicht darauf, daß aufgrund eines im August 1991 gestellten Antrages auch Leistungen für die Zeit vor dem 1. Januar 1992 beansprucht werden, ist insoweit gemäß § 300 Abs. 2 SGB VI noch das alte Rentenrecht einschlägig. Nach § 1248 Abs. 5 der Reichsversicherungsordnung (RVO) erhält ARG der Versicherte, der das 65. Lebensjahr vollendet und die Wartezeit nach Abs. 7 S. 3 dieser Vorschrift (dh eine Versicherungszeit von 60 Kalendermonaten) erfüllt hat. Da der Kläger eine ausreichend lange Versicherungszeit vorweisen kann, hängt sein Rentenanspruch allein davon ab, ob er bereits die gesetzliche Altersgrenze erreicht hat. Bei Anwendung des § 33a SGB I wäre auch insoweit als Geburtsdatum des Klägers der 20. Oktober 1933 zugrunde zu legen, womit ein Rentenanspruch für den streitigen Zeitraum ausscheiden würde.
Sowohl im Zusammenhang mit der Feststellung des für die VNr des Klägers maßgebenden Geburtsdatums als auch bzgl der Ermittlung seines den Rentenanspruch begründenden Lebensalters ergeben sich für den Senat Zweifel, ob § 33a SGB I mit dem Recht der EG vereinbar ist. Auf diese Frage kommt es hier insofern an, als der Rechtsstreit unter Außerachtlassung des § 33a SGB I anders zu entscheiden wäre.
Soweit es die Anfechtung des Bescheides vom 17. Februar 1992 (Neuvergabe einer VNr) betrifft, könnte zwar ein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 Nr. 1 VNrV vorliegen, wonach für die Vergabe der VNr in der Rentenversicherung der Arbeiter die LVA zuständig ist, in deren Bereich der Versicherte seinen Wohnsitz hat oder beschäftigt ist. Das wäre hier die LVA Schleswig-Holstein und nicht die für die Leistungserbringung zuständige Beklagte. Dieser Punkt braucht jedoch nicht weiter vertieft zu werden. Denn gemäß § 42 SGB X kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 40 SGB X nichtig ist, jedenfalls nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist.
Die Beklagte brauchte bei der angefochtenen Neuvergabe einer VNr auch nicht die besonderen Voraussetzungen der §§ 44, 45 SGB X für die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes zu beachten. Zwar hatte zuvor die LVA Schleswig-Holstein am 14. August 1986 durch Verwaltungsakt eine gerade auch hinsichtlich des Geburtsdatums anderslautende VNr erteilt, es ist jedoch davon auszugehen, daß die §§ 44, 45 SGB X im vorliegenden Zusammenhang gemäß § 37 SGB I keine Anwendung finden. Denn aus der speziellen Regelung des § 1 Abs. 5 Satz 2 VNrV ergibt sich, daß immer dann eine neue VNr zu vergeben ist, wenn sich das Geburtsdatum in der bisherigen VNr als unrichtig erweist. Der darin zum Ausdruck kommenden erheblichen Bedeutung der Richtigkeit des Geburtsdatums für die Verwendbarkeit einer VNr im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung würden die verwaltungsverfahrensrechtlichen Beschränkungen nach §§ 44, 45 SGB X zuwiderlaufen.
Sollte § 33a SGB I unanwendbar sein, wäre mithin im Rahmen des § 1 Abs. 5 Satz 2 VNrV das tatsächliche Geburtsdatum des Klägers zu ermitteln. Entsprechendes gilt für die Prüfung des Anspruchs auf ARG. Ein Unterschied besteht zwischen beiden Bereichen allerdings insoweit, als aufgrund der Funktionsbestimmung der VNr eine Neuerteilung nur dann in Betracht kommt, wenn das richtige Geburtsdatum nachgewiesen ist. Beim ARG würde es hingegen schon von Bedeutung sein, wenn der Kläger nachweist, älter zu sein, als nach dem bislang zugrunde gelegten Geburtsdatum (20. Oktober 1933) angenommen werden muß. Zur Sachaufklärung sind grundsätzlich - ggf unter Beachtung eines Vorranges der gültigen Personenstandsunterlagen des Klägers (vgl. EuGH vom 2. Dezember 1997 - C-336/94 - "Dafeki") - alle Beweismittel auszuschöpfen. Bei Nichterweislichkeit einer Tatsache gilt dann der Grundsatz der objektiven Beweislast. Diese träfe auf der einen Seite die Beklagte für die Richtigkeit des von ihr bei der Neuerteilung der VNr zugrunde gelegten Geburtsdatums und auf der anderen Seite den Kläger für das Erreichen der Altersgrenze beim ARG.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze müßte das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen werden. Denn die Entscheidung der Vorinstanz leidet, wie der Kläger zutreffend rügt, insofern an einem Verfahrensmangel, als das LSG aufgrund einer unzulässigen vorweggenommenen Beweiswürdigung die vom Amts wegen durchzuführende Sachaufklärung (vgl. § 103 SGG) unterlassen hat.
Im Hinblick auf diese Gegebenheiten hält es der Senat vorliegend für klärungsbedürftig, ob das Recht betreffend die Assoziation zwischen der EWG und der Türkei so auszulegen ist, daß es dem Gesetzgeber eines Mitgliedstaates nicht gestattet ist, eine dem § 33a SGB I entsprechende Regelung zu treffen. Das Assoziationsrecht enthält nämlich an verschiedenen Stellen (vgl. Art 9 des Abkommens zur G ründung einer Assoziation zwischen der EWG und der Türkei [EWG-Abk Türkei] vom 12. September 1963 [BGBl. II 1964, 510], Art 37 des Zusatzprotokolls zum EWG-Abk Türkei [ZProt EWG-Abk Türkei] vom 23. November 1970 [BGBl. II 1972, 387], Art 10 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates zum EWG-Abk Türkei [EWGAssRBes 1/80] vom 19. September 1980 [ vgl. ANBA Nr. 1/1981, Anlage], Art 3 EWGAssRBes 3/80 vom 19. September 1980 [ABlEG 1983, C 110/60]) Gleichbehandlungsgebote bzw. Diskriminierungsverbote, die einer Anwendung des § 33a SGB I zu Lasten des Klägers entgegenstehen könnten.
Der EuGH hat bereits in mehreren Entscheidungen seine Prüfungskompetenz i.S. von Art 177 EGVtr bezüglich des EWG-Abk Türkei, des ZProt EWG-Abk Türkei sowie der EWGAssRBes 1/80 und 3/80 bejaht (vgl. EuGH vom 30. September 1987 - 12/86 - "Demirel" in EuGHE 1987, 3719; vom 14. November 1989 - 30/88 - "Griechische Republik" in EuGHE 1989, 3711; vom 20. September 1990 - C-192/89 - "Sevince" in EuGHE I 1990, 3461; vom 16. Dezember 1992 - C-237/91 - "Kus" in EuGHE I 1992, 6781; vom 10. September 1996 - C-277/94 - "Taflan-Met" in EuGHE I 1996, 4085 = SozR 3-6935 Allg Nr. 2). Ebenso ist der EuGH davon ausgegangen, daß die genannten Regelungen in Kraft getreten, d.h. für die Mitgliedstaaten bindend geworden sind (vgl. EuGH, a.a.O.). Zu klären ist daher vor allem, ob der Kläger aus zumindest einem der genannten Diskriminierungsverbote oder Gleichbehandlungsgebote Rechte herleiten kann, die es verbieten würden, im vorliegenden Fall eine dem § 33a SGB I entsprechende Vorschrift anzuwenden.
Es liegt nahe, hier in erster Linie eine Heranziehung des Gleichbehandlungsgebots in Art 3 Abs. 1 EWGAssRBes 3/80 zu erwägen. Dieser Beschluß gilt nämlich für alle Rechtsvorschriften über Zweige der sozialen Sicherheit, die u.a. Leistungen bei Invalidität und Alter betreffen (vgl. Art 4 Abs. 1 EWGAssRBes 3/80). Dazu gehört der vorliegende Streit über den Beginn eines ARG aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung, welche entsprechende Leistungen vorsieht. Wegen ihres engen Zusammenhanges mit der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. § 147 SGB VI) dürfte auch die Erteilung einer deutschen VNr zum Geltungsbereich des EWGAssRBes 3/80 zu rechnen sein. Selbst die darüber hinaus gesetzlich vorgesehene Verwendung der VNr (vgl. §§ 18f., 18g SGB IV) fällt wohl in den Bereich der sozialen Sicherheit i.S. des Art 4 Abs. 1 EWGAssRBes 3/80.
Nach seinem Art 2 gilt der EWGAssRBes 3/80 u.a. für Arbeitnehmer, für welche die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, und die türkische Staatsangehörige sind. Damit erfaßt er grundsätzlich auch den Kläger, der als türkischer Staatsangehöriger jahrelang in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist.
Der EuGH hat zwar in seinem Urteil zur Rechtssache "Taflan-Met" ausgeführt, daß der EWGAssRBes 3/80 seiner Art nach dazu bestimmt sei, durch einen weiteren Rechtsakt ergänzt und in der Gemeinschaft durchgeführt zu werden (vgl. EuGH SozR 3-6935 Allg Nr. 2 S. 15), daraus kann nach Auffassung des vorlegenden Senats jedoch nicht zweifelsfrei der Schluß gezogen werden, daß Art 3 Abs. 1 EWGAssRBes 3/80 im vorliegenden Fall nicht unmittelbar anwendbar ist (vgl. dazu Gutmann, EuZW 1997, 181, 182; Hailbronner, ZfSH/SGB 1997, 170 ff; Zuleeg, ZAR 1977, 171f.). Die betreffende Entscheidung ist nämlich zu sog. Koordinierungsbestimmungen (Art 12, 13) des EWGAssRBes 3/80 ergangen (vgl. Eichenhofer, ZIAS 1997, 136, 138f.), während es hier um Fragen der Gleichbehandlung türkischer Arbeitnehmer nach deutschem innerstaatlichem Recht geht. Dabei ist zu berücksichtigen, daß der EuGH gerade auch assoziationsrechtlichen Diskriminierungsverboten bereits eine unmittelbare Anwendbarkeit im innerstaatlichen Recht eines Mitgliedstaates zugesprochen hat (vgl. EuGH vom 31. Januar 1991 - C-18/90 - "Kziber" in EuGHE I 1991, 199 = SozR 3-6615 Art 41 Nr. 1; vom 20. April 1994 - C-58/93 - "Yousfi" in EuGHE I 1994, 1353 = SozR 3-6615 Art 41 Nr. 2; vom 5. April 1995 - C-103/94 - "Krid" in EuGHE I 1995, 719; vom 3. Oktober 1996 - C-126/95 - "Hallouzi-Cholo" in EuGHE I 1996, 4807 = SozR 3-6615 Art 41 Nr. 3).
Dem vorlegenden Senat ist zwar bekannt, daß beim EuGH gegenwärtig schon ein Vorabentscheidungsverfahren zur Frage einer unmittelbaren Anwendbarkeit des Art 3 Abs. 1 EWGAssRBes 3/80 anhängig ist (Rechtssache C-262/96 ["Sürül"]). Er sieht es jedoch nicht als geboten an, die Entscheidung des EuGH in dieser Sache abzuwarten. Denn zum einen ist in jenem Verfahren offenbar zweifelhaft, ob die Klägerin dem persönlichen Geltungsbereich des EWGAssRBes 3/80 unterfällt (vgl. Hailbronner, ZfSH/SGB 1997, 170, 171). Zum anderen wären dort, da sich die Prüfung nicht auf eine dem § 33a SGB I entsprechende innerstaatliche Vorschrift bezieht, im Falle einer unmittelbaren Anwendbarkeit des Art 3 Abs. 1 EWGAssRBes 3/80 andere Abwägungen vorzunehmen als hier.
Sollte Art 3 Abs. 1 EWGAssRBes 3/80 nicht unmittelbar anwendbar sein, wäre nach Auffassung des vorlegenden Senats weiter zu überlegen, ob dann nicht Art 37 ZProt EWG-Abk Türkei i.V.m. Art 10 EWGAssRBes 1/80 eingreifen kann. Dem persönlichen Geltungsbereich dieser Norm dürfte der Kläger aufgrund seines langjährigen Aufenthaltes als Arbeitnehmer in Deutschland unterfallen, auch wenn er seit Oktober 1986 nicht mehr erwerbstätig ist (vgl. dazu allgemein EuGHE I 1990, 3461 ["Sevince"]; EuGH vom 6. Juni 1995 - C-434/93 - "Bozkurt" in EuGHE I 1995, 1475; vom 30. September 1997 - C-36/96 - und - C-98/96 - in InfAuslR 1997, 434ff., 440ff.). Fraglich könnte allerdings sein, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer neuen VNr mit anderem Geburtsdatum und für die Gewährung von ARG als "Arbeitsbedingungen" i.S. dieser Bestimmungen angesehen werden können. Geht man von einem weiten Verständnis dieses Begriffes aus (vgl. dazu EuGH vom 13. Juli 1995 - C-116/94 - "Meyers" in EuGHE I 1995, 2145; vom 2. Dezember 1997 - C-336/94 - "Dafeki"), schließt man darin also die Beziehungen eines Arbeitnehmers zu einer sich zwangsläufig aus seiner Beschäftigung ergebenden Sozialversicherung mit ein, so könnte diese Frage bejaht werden. Dabei wäre zu berücksichtigen, daß der Arbeitgeber aufgrund seiner Meldepflichten bei der Vergabe einer VNr mitwirkt (worauf gerade auch § 33a Abs. 1 SGB I Bezug nimmt).
Ein weiterer klärungsbedürftiger Punkt dürfte in diesem Zusammenhang das Verhältnis zwischen Art 37 ZProt EWG-Abk Türkei i.V.m. Art 10 EWGAssRBes 1/80 und Art 39 ZProt EWG-Abk Türkei i.V.m. Art 3 Abs. 1 EWGAssRBes 3/80 darstellen. Insbesondere könnte es nach der Konzeption der Vertragsparteien ausgeschlossen sein, Sachverhalte, die ihrer Art nach die Soziale Sicherheit i.S. der zweitgenannten Bestimmungen betreffen, zugleich dem Geltungsbereich der erstgenannten Vorschriften zuzuordnen. Sieht man allerdings in diesem Abgrenzungsproblem eine assoziationsrechtliche Parallele (vgl. dazu Eichenhofer, ZIAS 1997, 136, 138; Sieveking, NZS 1994, 213, 214) zur Frage des Verhältnisses zwischen Art 48 EGVtr i.V.m. der Verordnung des Rates der EWG Nr. 1408/71 über die Anwendung der Systeme der Sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, (EWGV 1408/71) und Art 51 EGVtr i.V.m. der Verordnung des Rates der EWG Nr. 1612/68 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (EWGV 1612/68), so wird man zwar - unter dem Gesichtspunkt einer "lex specialis" - einen Vorrang der Regelungen zur Sozialen Sicherheit, nicht jedoch deren absolute Exklusivität gegenüber denjenigen zu den sonstigen Arbeitsbedingungen annehmen können (vgl. dazu allgemein EuGH vom 27. März 1985 - 249/83 - "Hoeckx" in EuGHE 1985, 982; vom 27. März 1985 - 122/84 - "Scrivner" in EuGHE 1985, 1027 = SozR 6050 Art 4 Nr. 18; vom 6. Juni 1985 - 157/84 - "Frascogna" in EuGHE 1985, 1744 = SozR 6050 Art 7 Nr. 2). Insofern spricht einiges dafür, im Falle einer fehlenden unmittelbaren Anwendbarkeit des Art 3 Abs. 1 EWGAssRBes 3/80 auf Art 37 ZProt EWG-Abk Türkei i.V.m. Art 10 EWGAssRBes 1/80 zurückzugreifen. Gegen eine unmittelbare Anwendbarkeit dieser Regelung dürften keine Bedenken bestehen, zumal der EuGH eine solche in ständiger Rechtsprechung bereits für andere (komplexere) Bestimmungen (Art 6, 7) dieses Beschlusses bejaht hat (vgl. EuGHE I 1990, 3461 ["Sevince"]; EuGHE I 1992, 6781 ["Kus"]; EuGH vom 5. Oktober 1994 - C-355/93 - "Eroglu" in EuGHE I 1994, 5113; vom 23. Januar 1997 - C-171/95 - "Tetik" in EuGHE I 1997, 329; vom 17. April 1997 - C-351/95 - "Kadiman" in EuGHE I 1997, 2133; vom 29. Mai 1997 - C-386/95 - "Eker" in EuGHE I 1997, 2697; vom 5. Juni 1997 - C-285/95 - "Kol" in EuGHE I 1997, 3069).
Sollte auch dieser Weg dem EuGH nicht gangbar erscheinen, bliebe noch die Möglichkeit, das allgemeine Diskriminierungsverbot in Art 9 EWG-Abk Türkei heranzuziehen. Da der EuGH ähnliche Vorschriften in anderen Assoziierungsabkommen für unmittelbar anwendbar erklärt hat (vgl. dazu EuGHE I 1991, 199 = SozR 3-6615 Art 41 Nr. 1 ["Kziber"]; EuGHE I 1994, 1353 = SozR 3-6615 Art 41 Nr. 2 ["Yousfi"]; EuGHE I 1995, 719 ["Krid"]; EuGHE I 1996, 4807 = SozR 3-6615 Art 41 Nr. 3 ["Hallouzi-Cholo"]), dürfte auch im vorliegenden Fall ein entsprechender Schluß zu ziehen sein. Dies gilt um so mehr, als der EuGH auch im Assoziationsrecht dem Auslegungsgesichtspunkt der "praktischen Wirksamkeit" einer Norm ("effet utile") ausschlaggebende Bedeutung beigemessen hat (vgl. z.B. EuGHE I 1997, 329, 348ff. ["Tetik"]). Das mit der Assoziation zwischen der EWG und der Türkei verfolgte Ziel einer gegenseitigen Annäherung der Vertragsparteien würde weitgehend untergraben werden können, wenn man nicht zumindest dem allgemeinen Diskriminierungsverbot des Art 9 EWG-Abk Türkei unmittelbare Anwendbarkeit im innerstaatlichen Recht eines Mitgliedstaates einräumen wollte. Hinzu kommt, daß auch Art 19 Abs. 4 der Europäischen Sozialcharta (ESC) sowie Art 14 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (MRK) nicht ohne Einfluß auf die Auslegung der hier in Betracht gezogenen assoziationsrechtlichen Bestimmungen sein dürften (vgl. dazu Lörcher, EuZW 1991, 395, 396; Zuleeg, ZAR 1997, 170, 172).
Sofern der EuGH danach zu der Beurteilung gelangt, daß der Kläger in bezug auf den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens aus einem assoziationsrechtlichen Gleichbehandlungsgebot oder Diskriminierungsverbot grundsätzlich unmittelbare Rechte herleiten kann, stellt sich die weitere Frage, inwiefern diese der Anwendung einer dem § 33a SGB I entsprechenden Regelung entgegenstehen. Bemerkenswert ist dabei, daß nach einer solchen Vorschrift, die im Prinzip das bei Eintritt in die deutsche Sozialversicherung angegebene Geburtsdatum auf Dauer als maßgebend erklärt, alle Versicherten gleichbehandelt werden. Dennoch könnte darin eine (mittelbare) Diskriminierung türkischer Arbeitnehmer, wie des Klägers, liegen. Ebenso wie offene Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit unzulässig sind, ist auch eine versteckte Form der Diskriminierung verboten, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zu dem gleichen Ergebnis führt (vgl. EuGH vom 23. Mai 1996 - C-237/94 - "Flynn" in EuGHE I, 1996, 2617, 2637f.). Anders verhält es sich dann, wenn die nationalen Vorschriften durch objektive, von der Staatsangehörigkeit der betroffenen Arbeitnehmer unabhängige Erwägungen gerechtfertigt sind und in einem angemessenen Verhältnis zu dem Zweck stehen, der mit den nationalen Rechtsvorschriften zulässigerweise verfolgt wird (EuGH a.a.O. 2638). Eine mittelbare Diskriminierung durch eine dem § 33a SGB I entsprechende Regelung kann hier darauf beruhen, daß dabei den erheblichen Unterschieden in der Art und Weise, wie Personenstandsregister in Deutschland und in der Türkei geführt werden, nicht hinreichend Rechnung getragen wird.
Nach § 16 des deutschen PStG muß die Geburt eines Kindes dem Standesbeamten, in dessen Bezirk es geboren ist, binnen einer Woche angezeigt werden. Anzeigepflichtig ist gemäß § 17 PStG in erster Linie der eheliche Vater; ist dieser jedoch nicht vorhanden oder verhindert, sind dies auch andere Personen (zB die Hebamme oder der Arzt). Bei Geburten in öffentlichen Anstalten obliegt die Meldung grundsätzlich dem Anstaltsleiter (vgl. § 18 PStG). Auch der Leiter einer privaten Anstalt kann behördlich dazu ermächtigt werden (vgl. § 19 PStG). Wer seiner danach bestehenden Anzeigepflicht nicht oder nicht rechtzeitig nachkommt, handelt ordnungswidrig und kann mit einer Geldbuße belegt werden (vgl. § 68 PStG). Der Standesbeamte muß die Angaben des Anzeigenden nachprüfen, wenn er an ihrer Richtigkeit zweifelt (§ 20 PStG). Eine abgeschlossene Eintragung des Geburtsdatums im Geburtenbuch kann gemäß § 47 i.V.m. §§ 46 bis 46b PStG nur auf Anordnung des Gerichts berichtigt werden. Auf das gerichtliche Verfahren sind die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) anzuwenden (§ 48 PStG). Demgemäß hat das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen umfassend aufzuklären und dabei alle geeigneten Erkenntnisquellen auszuschöpfen (vgl. § 12 FGG). Nur wenn das Gericht von der Unrichtigkeit des Eintrages überzeugt ist, darf die Berichtigung angeordnet werden (vgl. dazu Hepting/Gaaz, Personenstandsrecht, § 47 PStG RdNr 44f.).
In der Türkei sind die Verhältnisse deutlich anders. Zwar ist eine Geburt nach Art 39 des türkischen Zivilgesetzbuches (türkZGB) innerhalb eines Monats der für die Führung des Personenstandsregisters zuständigen Behörde anzuzeigen. Diese Pflicht wird jedoch offenbar in ländlichen Gebieten nicht immer zeitgerecht und zuverlässig erfüllt (vgl. dazu z.B. Ansay, StAZ 1982, 209, 210). Darüber hinaus können Berichtigungen des Personenstandsregisters hinsichtlich der Geburt - allerdings in der Sache jeweils nur einmal (vgl. § 46 Abs. 3 türkPStG) - aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung vorgenommen werden (vgl. Art 38 türkZGB, Art 11 türkPStG; vgl. dazu Ansay, StAZ 1982, 209, 210; Rumpf, StAZ 1990, 326, 328). Dabei wird der Prüfungsmaßstab, den türkische Gerichte häufig bei der Änderung von Geburtsdaten anwenden, von Verwaltungsfachleuten der Versicherungsträger als äußerst großzügig bezeichnet (vgl. Benker, Amtl MittLVA Rheinprov 1993, 205, 206; Semperowitsch, MittLVA Oberfr 1989, 164, 167). Wiederholt ist von deutschen Gerichten das Fehlen einer gründlichen, von Amts wegen durchgeführten Sachaufklärung beanstandet worden (vgl. LSG Berlin, Urteil vom 17. Dezember 1984 - L 16 J 58/84 -; Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 27. Februar 1992 - L 3 J 1/91 -; LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 12. April 1989 - 5 Sa 40/89 - in DB 1989, 1827).
So kommt es, daß deutsche Staatsangehörige von der Regelung des § 33a SGB I kaum betroffen werden, da ihre Angaben bei Eintritt in die Sozialversicherung regelmäßig auf zuverlässigen Personenstandseintragungen beruhen, während die Angaben von in ihrer Heimat geborenen türkischen Wanderarbeitnehmern nicht selten eine wesentlich unsicherere Grundlage haben und daher unter Umständen einer nachträglichen Korrektur bedürfen. Dadurch, daß einer solchen Berichtigung (wenn sie nicht vor der ersten Angabe des Geburtsdatums gegenüber der deutschen Sozialversicherung erfolgt ist) von vornherein die Anerkennung versagt wird, könnten die betreffenden Arbeitnehmer in unzulässiger Weise benachteiligt werden.
Wie die Amtliche Begründung zum Gesetzesentwurf zeigt (vgl. BT-Drucks 13/8994, S. 85), zielt die Regelung des § 33a SGB I gerade darauf ab, die Berücksichtigung von geänderten ausländischen Geburtsregistereintragungen auszuschließen. Der insoweit angegebene Grund eines erheblichen Verwaltungsaufwandes bei der Überprüfung solcher ausländischer Vorgänge erscheint zwar als geeignet, die streitige gesetzgeberische Maßnahme mit Wirkung für die Zukunft zu rechtfertigen. Zweifelhaft ist dies jedoch, soweit sie sich auch auf Angaben bezieht, die - wie hier - von einem türkischen Arbeitnehmer in der Vergangenheit bei seinem Eintritt in die deutsche Sozialversicherung gemacht worden sind.
Vor dem Inkrafttreten des § 33a SGB I konnte auch ein in der Türkei geborener Versicherter darauf vertrauen, daß in der deutschen Sozialversicherung sowohl bei der Erteilung einer VNr als auch bei der Gewährung von ARG sein tatsächliches Geburtsdatum zugrunde gelegt werden würde, d.h. daß der Nachweis einer Unrichtigkeit des ursprünglich angegebenen Geburtsdatums zulässig war. Insoweit könnte es bedenklich sein, wenn jetzt an Angaben angeknüpft wird, die seinerzeit unter anderen Voraussetzungen gemacht worden sind. Dies gilt um so mehr, als nicht sicher ist, ob den Betroffenen die Unrichtigkeit der bisherigen Geburtsregistereintragung jeweils bereits beim Eintritt in die deutsche Sozialversicherung bekannt war. Aufgrund der damaligen Rechtslage hatten sie auch keine besondere Veranlassung, dieser Frage nachzugehen.
Diesen Erwägungen kann wohl nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, daß bei türkischen Wanderarbeitnehmern auch die heimatliche Rechtsordnung nachträgliche Änderungen der Geburtsdaten für den Bereich der Sozialen Sicherung nicht anerkenne (vgl. BT-Drucks 13/8994, S. 85). Zwar sieht das türkische Recht (vgl. Art 120 des türkGes Nr. 506 für Invaliden-, Alters- und Hinterbliebenenversicherung) das bei Eintritt in die Versicherung im Personenstandsregister eingetragene Geburtsdatum als maßgebend an (vgl. dazu Semperowitsch, MittLVA Oberfr 1989, 164, 168f.). Es ist jedoch nicht ersichtlich, warum türkische Wanderarbeitnehmer damit hätten rechnen müssen, daß ein entsprechender Grundsatz nunmehr ohne Übergangsvorschrift rückwirkend auch für die deutsche Rentenversicherung eingeführt werden würde. Im übrigen wird Art 120 türkGes Nr. 506 in der Praxis möglicherweise so angewandt, daß er der Berücksichtigung einer durch Gerichtsentscheidung berichtigten Geburtsdatumseintragung nicht entgegensteht. Dies könnte darauf beruhen, daß eine solche Berichtigung auf die Ersteintragung im Personenstandsregister zurückwirkt (vgl. Benker, AmtlMittLVA Rheinprov 1993, 205, 212).
Zugunsten einer Rückwirkung der streitigen Regelung könnte noch angeführt werden, daß sie dem aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ableitbaren Verbot eines widersprüchlichen Verhaltens Rechnung trage. Immerhin hat der Kläger damals selbst - unter Vorlage entsprechender Nachweise - ein Geburtsdatum angegeben, dessen Unrichtigkeit er jetzt geltend macht. Eine derartige Betrachtungsweise würde allerdings wohl die Verantwortung für die jetzigen Ermittlungsschwierigkeiten in nicht unbedenklicher Weise einseitig auf die türkischen Wanderarbeitnehmer, wie den Kläger, verlagern. Die Unsicherheit türkischer Geburtsregistereintragungen konnte den deutschen Stellen von Anfang an bekannt sein, als türkische Staatsangehörige - zum Teil aufgrund von umfangreichen Anwerbemaßnahmen - verstärkt zum Zwecke der Arbeitsaufnahme, also zur Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung, ins Land kamen. Gleichwohl wurden weder die Geburtsdaten bei Eintritt in die deutsche Sozialversicherung gründlich geprüft noch wurde klar geregelt, daß die damaligen Angaben zum Geburtsdatum ohne Berichtigungsmöglichkeit auf Dauer maßgebend bleiben sollten.
Sollte man gleichwohl aus Gründen der Rechtssicherheit und Verwaltungspraktikabilität eine dem § 33a Abs. 1 und 3 SGB I entsprechende Regelung, auch soweit sie an in der Vergangenheit liegende Angaben des Versicherten anknüpft, vom Ansatz her für gerechtfertigt erachten, wäre weiter zu prüfen, ob sich nicht zumindest der nahezu vollständige Ausschluß eines Gegenbeweises (vgl. § 33a Abs. 2 SGB I) auf türkische Wanderarbeitnehmer in unzulässigerweise diskriminierend auswirkt. Dem Bedürfnis der Rentenversicherungsträger, dem Versicherten für alle Prüfungszwecke ein maßgebliches Geburtsdatum zuordnen zu können (und nicht je nach Beweislast unterschiedliche Geburtsjahre), könnte wohl dadurch hinreichend Rechnung getragen werden, daß nicht nur bei der VNr, sondern auch beim ARG von dem ursprünglich angegebenen Datum lediglich dann abgewichen werden müßte, wenn der Versicherte nicht nur die Unrichtigkeit des bislang verwendeten, sondern die Richtigkeit des von ihm nunmehr geltend gemachten Datums nachweisen müßte.
Soweit der Anspruch des Klägers auf ARG betroffen ist, dürfte es auch nicht als verhältnismäßig angesehen werden können, wenn er durch eine dem § 33a SGB I entsprechende Regelung in der Möglichkeit, seine durch Beitragszahlung erworbene Rentenanwartschaft mit tatsächlicher Vollendung des 65. Lebensjahres zu verwirklichen, nachträglich nur deshalb beschränkt wird, weil er früher ein Geburtsdatum angegeben hat, das angesichts eines unsicheren Personenstandsregisters möglicherweise nicht zutraf. Da eine derartige Vorschrift wohl auch einen Eingriff in die wie Eigentum geschützte Rechtsposition des Klägers darstellt, reicht der Gesichtspunkt des Verwaltungsaufwandes schwerlich aus, eine darin liegende Diskriminierung türkischer Wanderarbeitnehmer zu rechtfertigen.
Schließlich könnte unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit erwogen werden, ob der Kläger nicht zumindest bei der VNr eine "Festschreibung" des ursprünglich angegebenen Geburtsdatums hinnehmen muß, wenn eine Überprüfung der Richtigkeit bei Ausschöpfen aller Beweismittel einen hohen Verwaltungsaufwand erfordert. Dabei wäre zu berücksichtigen, daß die VNr keine rechtsverbindliche Feststellung des Geburtsdatums für künftige Leistungsfälle enthält. Gleichwohl beschränkt sich die Bedeutung der VNr nicht darauf, im Bereich der Rentenversicherung und darüber hinaus (vgl. §§ 18f., 18g SGB IV) ein wichtiges Ordnungs- und Identifikationsmerkmal für die Bearbeitung von Angelegenheiten des Versicherten (ua Führung des Versicherungskontos, Speicherung und Austausch von Versicherungsdaten) darzustellen (vgl. z.B. Benker, MittLVARheinpr 1993, 205, 206; Bieker, Nachr LVA Hessen 1993, 115; Hauck/Haines, SGB VI, § 147 RdNr 5, Semperowitsch, MittLVAOberfr 1989, 164, 171; Zwenzer, MittLVAOberfr 1982, 280). Vielmehr kommt es in der Verwaltungspraxis der Rentenversicherungsträger in vielerlei Hinsicht auch mit leistungsrechtlichen Auswirkungen für die Versicherten auf das Geburtsdatum in der VNr an (vgl. dazu Benker, MittLVARheinpr 1996, 63, 66).
So erfolgt im Rahmen der elektronischen Datenverarbeitung der Zugriff auf die Versicherungskonten bei altersbezogenen Sachverhalten (zB Umstellung von Renten bei Vollendung des 45. oder 65. Lebensjahres, Erteilung eines Versicherungsverlaufs oder einer Rentenauskunft) über das in der VNr vermerkte Geburtsdatum. Darüber hinaus beziehen sich z.B. auch die Programme für Bestimmung der Zurechnungszeit und der zeitlichen Dauer von Anrechnungszeiten wegen Ausbildung, für die Berechnung der pauschalen Anrechnungszeit und der Leistungen der Höherversicherung sowie für die Anwendung der Gesamtleistungsbewertung auf dieses Datum. Nicht zuletzt wird für statistische Auswertungen der Datenbestände auf das Geburtsdatum in der VNr zurückgegriffen.
Insofern besteht gerade auch auf seiten der Versicherungsträger ein erhebliches Interesse daran, daß das Geburtsdatum in der VNr mit dem für den Leistungsfall maßgeblichen übereinstimmt (vgl. Benker, MittLVARheinpr 1996, 63, 66). Schon dieser Umstand könnte bei der Festlegung des Geburtsdatums in der VNr einen besonderen Verwaltungsaufwand rechtfertigen. Daneben sind auch die Versicherten für ihre Lebensplanung auf eine frühzeitige Klärung ihres in der Rentenversicherung maßgebenden Geburtsdatums angewiesen, wobei hier offenbleiben mag, ob dies nur im Rahmen eines Streites über das Geburtsdatum in der VNr (allerdings ohne Rechtsverbindlichkeit für den Leistungsfall) oder auch in einem gesonderten Vormerkungsverfahren (vgl. § 149 SGB VI) erfolgen kann (vgl. dazu BSG SozR 3-2600 § 149 Nr. 3).B 13 RJ 31/96 R
BUNDESSOZIALGERICHT
Beschluß
Fundstellen
Haufe-Index 518447 |
SozSi 1998, 320 |