Entscheidungsstichwort (Thema)

Sachdienlichkeit der Klageänderung. Ermessensfrage

 

Orientierungssatz

Ob Sachdienlichkeit iS des § 99 Abs 1 SGG vorliegt, ist eine Ermessensfrage. Das Revisionsgericht kann die Ermessensausübungen der Tatsacheninstanzen nur darauf überprüfen, ob diese den Rechtsbegriff der Sachdienlichkeit verkannt und damit die Grenzen ihres Ermessens überschritten haben.

 

Normenkette

SGG § 99 Abs 1

 

Verfahrensgang

Hessisches LSG (Entscheidung vom 22.07.1988; Aktenzeichen L 10 Ar 1339/86)

 

Gründe

Nach § 160 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) darf das Bundessozialgericht (BSG) die Revision gegen das Urteil eines Landessozialgerichts (LSG) nur zulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - das Urteil von einer Entscheidung des BSG oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann ua nicht auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

a) Gemäß § 160a Abs 2 Satz 3 SGG muß in der Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des LSG abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden. Genügt die Beschwerdebegründung diesen Anforderungen nicht, ist die Beschwerde in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen.

Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) hat der Kläger nicht "dargelegt". Dazu hätte er die Rechtsfrage, die er für grundsätzlich bedeutsam hält, klar bezeichnen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 11), die über den Einzelfall hinausgehende allgemeine Bedeutung der angestrebten Entscheidung aufzeigen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 39; § 160 Nr 60), die Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage darstellen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 59; § 160 Nr 17) und schließlich den nach seiner Auffassung vom Revisionsgericht einzuschlagenden Weg der Nachprüfung des angefochtenen Urteils und dabei insbesondere den Schritt aufzeigen müssen, der die Entscheidung der als grundsätzlich bezeichneten Rechtsfrage notwendig macht (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 39; § 160a Nrn 31, 54). Diesen Voraussetzungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

Als grundsätzlich bedeutsam bezeichnet der Kläger folgende Rechtsfragen:

1) Wird die Beklagte dem Anspruch des Klägers auf sachgerechte Vermittlung gerecht und entspricht es dem verfassungsrechtlich abgesicherten Vermittlungsmonopol der Beklagten, wenn diese dem Kläger in einem Zeitraum von fast neun Jahren (von 1980 bis 1989) überhaupt kein Vermittlungsangebot unterbreitet hat? Oder wird durch ein derartiges "Nichttätigwerden" das Grundrecht des arbeitslosen Klägers auf freie Berufsausübung verletzt?

2) Kann die Beklagte ihrem Arbeitsvermittlungsmonopol oberhalb einer bestimmten Gehaltsgrenze nicht nachkommen, so daß es aufzuheben wäre oder will die Beklagte gegenüber dem Kläger aus unsachlichen, persönlich gefertigten Gründen keine sachgerechte Vermittlung betreiben?

3) Entspricht es dem pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten, von dem das BSG in seiner Entscheidung vom 25. Juli 1985 (= BSGE 58, 291) gesprochen hat, oder stellt es einen krassen Ermessensmißbrauch der durch ihre Monopolstellung übermächtigen Beklagten gegenüber dem arbeitslosen Kläger dar, a. wenn dem Kläger im Laufe von (fast) neun Jahren überhaupt kein sachgerechtes Vermittlungsangebot unterbreitet wird;

b. wenn immer die gleichen Bediensteten mit dem Fall des Klägers befaßt werden, die durch ihr Verhalten gezeigt haben, daß sie ihre beruflichen Aufgaben und ihre persönliche Abneigung gegen den Kläger bzw ihre "Ängste" nicht zu trennen vermögen;

c. wenn in den Akten der Beklagten - offenbar auf Dauer - Aktenvermerke enthalten sind, die eine unsachliche Behandlung des Klägers auch bei späteren Sachbearbeitern geradezu provozieren müssen?

4) Ist zur Niederschrift der Verwaltungsstelle neben dem Widerspruch auch die Widerspruchsbegründung aufzunehmen, wenn dies vom Widerspruchsführer ausdrücklich gewünscht wird?

Zur Begründung führt er im wesentlichen tatsächliche Vorfälle an, aus denen er den Schluß zieht, daß in seinem Fall eine sachgerechte Vermittlung - er versteht darunter die Bekanntgabe von Stellen mit einer Dotierung von 200.000,-- DM +- 20 % - nicht stattgefunden hat. Im übrigen ist er der Auffassung, die Widerspruchsstelle der Beklagten könne ihrer Verpflichtung aus § 85 Abs 3 SGG zur Begründung des Widerspruchsbescheides nur nachkommen, wenn ihr die Gründe des Widerspruchsführers schriftlich bekannt seien. Aus § 20 Abs 3 des Sozialgesetzbuches - Verwaltungsverfahren - (SGB X), wonach die Behörde die Entgegennahme von Erklärungen und Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern darf, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält, folge die Verpflichtung der Behörde, auch die Begründung des Widerspruchsbescheides zur Niederschrift aufzunehmen.

Mit diesem Vorbringen hat der Kläger nicht aufgezeigt, daß die revisionsgerichtliche Entscheidung erforderlich ist, um eine über den Einzelfall hinaus bedeutsame, bisher nicht hinreichend geklärte Rechtsfrage zu klären und damit zur Weiterentwicklung des Rechts beizutragen. Zu den Fragen 1) und 3a), die sich auf den Anspruch des Arbeitslosen auf sachgerechte Vermittlung und das Vermittlungsmonopol der Beklagten beziehen, fehlt eine Darlegung, wieso diese Fragen nicht aus der bisher ergangenen, vom Kläger selbst angeführten und auch seinen konkreten Fall betreffenden Rechtsprechung beantwortet werden können. Er hat dieser Rechtsprechung auch nicht widersprochen und insbesondere nicht dargelegt, welche klärungsbedürftigen Einwendungen dagegen erhoben werden (vgl BSG in SozR 1500 § 160a Nr 13); er hat vielmehr eingangs der Beschwerdebegründung etwaige Bedenken hiergegen ausdrücklich zurückgestellt. Soweit der Kläger zu diesen Fragen eine - vom LSG abweichende - Würdigung seines konkreten Falles erstrebt, eröffnet dies die Zulassung der Revision nicht (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7). Bei Frage 2) handelt es sich nicht um eine Rechts-, sondern um eine Tatsachenfrage. Die Fragen 3b) und 3c) sind nicht Streitgegenstand, so daß es einer Erörterung bedurft hätte, aus welchen Gründen sie im Rahmen dieses Verfahrens geklärt werden müssen. Im ursprünglichen Berufungsverfahren L 10 Ar 1334/84 war lediglich zu entscheiden, ob ein Rechtsanspruch des Arbeitslosen auf Entfernung von behördeninternen Aktenvermerken besteht. Im Blick auf Frage 4) hat der Kläger - was im übrigen auch für die Fragen 1) bis 3c) gilt - nicht dargelegt, daß die angestrebte Entscheidung über den Einzelfall hinaus allgemeine Bedeutung besitzt (vgl hierzu im einzelnen BSG SozR 1500 § 160 Nr 53 mwN). Diese kann nicht schon dann angenommen werden, wenn der Ausgang des Rechtsstreits auch für andere Personen von Interesse sein könnte (vgl Kummer, DAngVers 1989, 115, 122 mwN). Auch sind entsprechende Ausführungen nicht etwa deshalb entbehrlich, weil die Beklagte das Recht erfahrungsgemäß nicht nur in Einzelfällen anzuwenden hat (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 39).

b) Der Kläger hat auch die von ihm ebenfalls geltend gemachte Abweichung des Urteils des LSG von der höchstrichterlichen Rechtsprechung iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG nicht hinreichend "bezeichnet" (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Dazu hätte er darlegen müssen, welche Rechtsfrage das LSG anders als das BSG oder der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes entschieden hat (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 21). Zur Begründung einer Divergenz sind Ausführungen erforderlich, mit welchem das berufungsgerichtliche Urteil tragenden Rechtssatz das LSG von welchem eine Entscheidung des BSG tragenden Rechtssatz in welcher Hinsicht abgewichen ist (vgl im einzelnen Kummer, aaO S 173 mit zahlreichen Beispielen aus der Rechtsprechung). Die Beschwerdebegründung enthält keine derartige Gegenüberstellung von Rechtssätzen, aus denen eine Abweichung des LSG von der höchstrichterlichen Rechtsprechung erkennbar wäre. Der Kläger ist der Auffassung, das LSG sei in entscheidungserheblicher Weise von den Entscheidungen des BSG vom 21. Juli 1981 (= BSGE 52, 63) und 25. Juli 1985 (= BSGE 58, 291) abgewichen. In der erstgenannten Entscheidung hat das BSG klargestellt, wann ein ausreichend bestimmtes Arbeitsangebot iS des § 119 Abs 1 Satz 1 Nr 2 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) vorliegt und in der den Kläger selbst betreffenden Entscheidung vom 25. Juli 1985 den Begriff der sachgerechten Vermittlung näher und eingehend erläutert. Mit seinem Vortrag, das LSG habe zu Unrecht trotz Fehlens jeglichen konkretisierten Arbeitsangebotes eine sachgerechte Vermittlung bejaht, hat der Kläger keinen divergierenden Rechtssatz des LSG bezeichnet, sondern allenfalls eine vom LSG vorgenommene fehlerhafte Subsumtion des konkreten Lebenssachverhaltes unter die vom BSG aufgestellten Rechtssätze gerügt. Die in diesem Vorbringen gleichzeitig enthaltene Rüge eines Verstoßes gegen § 128 Abs 1 Satz 1 SGG ist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG unzulässig.

c) Schließlich hat der Kläger auch keinen Mangel des berufungsgerichtlichen Verfahrens iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG bezeichnet. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist hierfür die substantiierte Angabe der Tatsachen notwendig, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben (vgl BSG SozR 1500 Nrn 14, 24, 36). Mit der Beschwerdebegründung hätte demgemäß dargetan werden müssen, aufgrund welcher Tatsachen die angefochtene Entscheidung auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen kann. Daran fehlt es jedoch.

Der Kläger ist der Auffassung, in den ursprünglichen Berufungsverfahren L 10 Ar 1333/84, L 10 Ar 1335/84 und L 10 Ar 1336/84 habe das LSG zu Unrecht eine Sachentscheidung nicht getroffen. Im Verfahren L 10 Ar 1333/84 habe es den Klageantrag zu 3) irrigerweise als Feststellungsklage qualifiziert und für unzulässig erachtet. Dieser Antrag habe sich auf die Verpflichtung der Beklagten bezogen, ihm konkrete und sachgerechte Arbeitsangebote mitzuteilen und sei damit ein Leistungsantrag bzw eine Leistungsklage iS der Rechtsprechung des BSG. Sein Klagebegehren im Verfahren L 10 Ar 1335/84 habe das LSG mit der Begründung abgelehnt, daß es "nicht auf dem Klageweg durchsetzbar sei". Damit habe das LSG nur scheinbar eine Sachentscheidung getroffen. Soweit es das "im Klageantrag formulierte Klagebegehren" als zu unbestimmt angesehen habe, sei es gemäß § 112 Abs 2 SGG verpflichtet gewesen, auf einen sachgerechten, dh einer echten Sachentscheidung zugänglichen Antrag hinzuwirken. Seinen Antrag im Berufungsverfahren L 10 Ar 1336/84, ihm ab sofort bestimmte, iS von BSGE 52, 63 offene gemeldete Stellen zu nennen, habe das LSG zu Unrecht als Klageänderung iS von § 99 Abs 1 SGG bewertet. Falls dennoch eine Klageänderung vorliege, sei diese im Hinblick auf den jahrelang geübten Vermittlungsboykott sachdienlich.

Das LSG hat das Begehren des Klägers, "unter Aufhebung der Bescheide vom 27. Dezember 1982 und 20. April 1983 idF des Widerspruchsbescheides vom 27. Dezember 1983 sowie etwaiger weiterer entgegenstehender Bescheide für rechtswidrig zu erklären, daß die Beklagte ihn höchstenfalls für Stellen bis 100.000,-- DM p.a. als geeignet einstuft und die Vermittlung auf Stellen oberhalb 100.000,-- DM aufgrund dessen von vornherein verweigert hat, sowie die Beklagte zu verurteilen, ihn nicht höchstenfalls für Stellen bis 100.000,-- DM p.a. als geeignet einzustufen und nicht die Vermittlung auf Stellen oberhalb 100.000,-- DM von vornherein zu verweigern", als unzulässig angesehen und insoweit keine Sachentscheidung getroffen. Es kann dahinstehen, ob der Kläger mit dieser Klage die Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Eignungsbeurteilung durch die Beklagte bzw die positive Feststellung seiner Eignung für Stellenangebote mit einem Jahresgehalt von mehr als 100.000,-- DM erstrebt oder ob die Klage - wie der Kläger meint - entgegen ihrem Wortlaut auf die Verurteilung der Beklagten gerichtet ist, ihm konkrete und sachgerechte Arbeitsangebote zu unterbreiten. Denn selbst wenn das LSG den Klageantrag verfahrensfehlerhaft als Feststellungsantrag ausgelegt und damit gegen § 123 SGG verstoßen hätte (vgl zur verfahrensfehlerhaften Auslegung von Klageanträgen BVerwGE 25, 357, 359), beruhte die angefochtene Entscheidung nicht auf der Verletzung von Verfahrensrecht. In diesem Fall hätte das Begehren des Klägers - wie vom LSG ausgeführt - unter dem Gesichtspunkt der "res iudicata" als unzulässig abgewiesen werden müssen. Mit den beiden angegriffenen Bescheiden vom 27. Dezember 1982 und 20. April 1983 hat nämlich die Beklagte dem Kläger mitgeteilt, er gehöre nicht in den vom BFW betreuten Bereich der obersten Führungsebene, sondern zu den Bewerbern, die der oberen - von der Inlandsabteilung betreuten - Führungsebene zuzurechnen seien. Stellen mit entsprechenden Aufgabenstellungen würden allgemein zwischen 70.000,-- und 100.000,-- DM dotiert. Regelungsgehalt der Bescheide ist damit ausschließlich die - mit mangelnder Eignung des Klägers begründete - Ablehnung der Beklagten, ihn durch das BFW vermittlerisch zu betreuen; die Höhe des zu erwartenden Jahresgehaltes ist lediglich die Konsequenz dieser Eignungsbeurteilung, nicht jedoch selbständiges Entscheidungskriterium. Diese von der Beklagten getroffene Beurteilung der Eignung des Klägers hat das BSG in seiner Entscheidung vom 25. Juli 1985 (BSGE 58, 291, 299 ff) - worauf auch das LSG im angefochtenen Urteil hingewiesen hat - ausdrücklich bestätigt. Mit der vom Kläger erstrebten Verurteilung der Beklagten, ihn nicht höchstenfalls für Stellen bis 100.000,-- DM p.a. als geeignet einzustufen und nicht die Vermittlung auf Stellen oberhalb 100.000,-- DM von vornherein zu verweigern, würde die Rechtskraft dieser Entscheidung umgangen.

Auch soweit das LSG die auf dauerhafte Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung auf dem Gebiet der Arbeitssuche und Arbeitsvermittlung gerichtete Klage mangels hinreichender Bestimmtheit und Bestimmbarkeit des Klagebegehrens als unzulässig erachtet hat, ist durch die Beschwerde ein Verstoß gegen § 112 SGG nicht dargetan. Nach §§ 106 Abs 1, 112 Abs 2 Satz 2 SGG hat zwar der Vorsitzende darauf hinzuwirken, daß sachdienliche Anträge gestellt werden. Das Unterlassen einer derartigen Hinwirkung stellt aber nur dann einen wesentlichen Verfahrensmangel dar, wenn sie sich dem Gericht aufdrängen mußte, wenn zB der gestellte Antrag nicht dem Prozeßziel entspricht, das sich aus dem Vorbringen der Beteiligten ergibt (vgl BSG SozR Nr 2 zu § 112 SGG; Hennig/Danckwerts/König, SGG, § 106 Erl 4 mwN). Voraussetzung hierfür ist allerdings, daß für das Gericht überhaupt erkennbar ist, welches konkrete, auf dem Klageweg durchsetzbare Ziel erstrebt wird. An dieser Voraussetzung fehlt es hier. Der Kläger hat in der Nichtzulassungsbeschwerde nicht dargelegt, auf welchen sachgerechten, dh einer Sachentscheidung zugänglichen Antrag das LSG ihn hätte hinweisen müssen.

Die von der Beschwerde behauptete Verletzung des § 99 SGG ist ebenfalls nicht schlüssig dargetan. Das LSG hat - im Anschluß an die erstinstanzliche Entscheidung - eine Klageänderung angenommen. Während der Kläger zunächst beantragt hat, die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rechtsbehelfsbelehrung zum "Bescheid" vom 25. Mai 1983 (Mitteilung, daß zur Zeit keine für ihn geeigneten offenen Stellenangebote vorhanden seien) zu erteilen, begehrt er im Berufungsverfahren, die Beklagte zu verurteilen, ihm ab sofort bestimmte iS von BSGE 52, 63 offene gemeldete Stellen zu nennen. Diese Klageänderung ist - wie das LSG zu Recht entschieden hat - unzulässig, weil die in § 99 Abs 1 SGG genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Weder hat die Beklagte in die Klageänderung eingewilligt, noch haben SG oder LSG sie für sachdienlich gehalten. Ob Sachdienlichkeit vorliegt, ist eine Ermessensfrage. Das Revisionsgericht kann die Ermessensausübungen der Tatsacheninstanzen nur darauf überprüfen, ob diese den Rechtsbegriff der Sachdienlichkeit verkannt und damit die Grenzen ihres Ermessens überschritten haben (BGH NJW 1975, 1228, 1229; Hennig/Danckwerts/König, aaO, § 99 Erl 10). Dies ist hier dem Vorbringen des Klägers - der insoweit einen jahrelang geübten Vermittlungsboykott der Beklagten geltend macht - nicht zu entnehmen. Die Vorinstanzen haben die Sachdienlichkeit zutreffend verneint, weil die geänderte Klage den bereits entscheidungsreifen Prozeß auf eine ganz neue Grundlage gestellt hat, dh ein völlig neuer Streitstoff zu beurteilen und entscheiden ist, ohne daß hierfür das Ergebnis der bisherigen Prozeßführung verwertet werden könnte (vgl BVerwG DÖV 1970, 498, 499; BGH NJW 1975, 1228, 1229).

Die Nichtzulassungsbeschwerde mußte nach alledem als unzulässig verworfen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1661329

Dieser Inhalt ist unter anderem im SGB Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge