Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 10.11.1999) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. November 1999 wird als unzulässig verworfen.
Der Antrag des Klägers, ihm für die Beantragung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Beschwerdebegründungsfrist Prozeßkostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Kläger wendet sich gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen vom 10. November 1999. Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers – Rechtsanwalt S. … – legte mit Schriftsatz vom 19. Januar 2000 – beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangen am 21. Januar 2000 – Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG ein und beantragte zugleich die Verlängerung der Begründungsfrist. Dem Schriftsatz war eine Vollmacht des Klägers beigefügt. Die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde wurde von der Vorsitzenden des Senats gemäß § 160a Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) am 3. Februar 2000 bis 29. März 2000 einschließlich verlängert. Bis zum Ablauf dieser Frist ist eine Begründung der Beschwerde nicht beim BSG eingegangen.
Mit Schreiben vom 18. April 2000 wandte sich der Kläger persönlich an das BSG und beantragte,
„vorsorglich die Zuleitung eines PKH-Antrags z.Zw. der Stattgabeentscheidung und zum Zwecke der dann erst möglichen Antragssache zur Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand”.
Zur Begründung seines Antrags schilderte er die Umstände der anwaltlichen Beratung durch seinen Prozeßbevollmächtigten am 27. März und 29. März 2000. Erst am 29. März 2000 gegen 18.00 Uhr sei ihm von seinem Rechtsanwalt endgültig erklärt worden, daß dieser die Nichtzulassungsbeschwerde nicht begründen werde. In dieser Erklärung könnte man eine Mandatsniederlegung sehen. Er – der Kläger persönlich – habe die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist jedenfalls nicht zu vertreten.
Entscheidungsgründe
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Beschwerde ist zwar form- und fristgerecht eingelegt, jedoch nicht innerhalb der bis zum 29. März 2000 verlängerten Beschwerdebegründungsfrist begründet worden. Mangels einer Beschwerdebegründung war die Nichtzulassungsbeschwerde in entsprechender Anwendung des § 169 SGG als unzulässig zu verwerfen.
Auch der Antrag des Klägers, ihm Prozeßkostenhilfe zur Beantragung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Beschwerdebegründungsfrist zu bewilligen, war abzulehnen. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Zivilprozeßordnung ≪ZPO≫). Gründe, die gemäß § 67 SGG eine Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdebegründungsfrist rechtfertigen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Nach dem Vortrag des Klägers trifft seinen Prozeßbevollmächtigten an der Fristversäumung ein Verschulden. Denn dieser hat dem Kläger nach dessen Behauptung erst wenige Stunden vor Fristablauf – am 29. März 2000 am Spätnachmittag – erklärt, daß er die Nichtzulassungsbeschwerde nicht begründen werde. Deshalb sei wegen der Kürze der verbliebenen Zeit die Beauftragung eines anderen Anwalts nicht möglich gewesen. Dieses angebliche Verschulden seines Prozeßbevollmächtigten müßte sich der Kläger nach § 73 Abs 4 SGG iVm § 85 Abs 2 ZPO wie eigenes Verschulden zurechnen lassen. Eine Verschuldenszurechnung käme nur dann nicht in Betracht, wenn das Vollmachtsverhältnis – und sei es auch nur im Innenverhältnis – vorher beendet worden wäre (BGH VersR 1983, 540 und VersR 1985, 1185; BVerwG NVwZ 2000, 65 f) und wenn – bei Beendigung durch den Bevollmächtigten – die Partei selbst hieran kein Verschulden trägt (BGH BayObLGR 1992, 396). Nach dem vom Kläger vorgetragenen Sachverhalt ist bereits zweifelhaft, ob sein Bevollmächtigter das Mandatsverhältnis überhaupt gekündigt hat. Denn insoweit hätte es – zumal wegen des bevorstehenden Fristablaufs – einer unzweideutigen Erklärung bedurft. Der Kläger selbst beruft sich nicht auf eine solche Kündigungserklärung und hat die Erklärung seines Bevollmächtigten, die Nichtzulassungsbeschwerde nicht begründen zu wollen, nicht als solche verstanden. Er meint lediglich, daß in dieser Erklärung seines Bevollmächtigten auch eine Mandatsniederlegung gesehen werden könne.
Selbst wenn dies zuträfe, müßte sich der Kläger nach seinem eigenen Vortrag das von ihm behauptete schuldhafte Verhalten seines Bevollmächtigten zurechnen lassen, weil bei einer solchen Fallgestaltung die Kündigung des Vollmachtsverhältnisses mit dem schuldhaften Verhalten des Anwalts einhergeht bzw zusammentrifft (BGH VersR 1992, 378).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1175821 |
SozSi 2001, 327 |