Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Versäumnis eines früheren Prozessbevollmächtigten. Beteiligter. keine Zurechnung. Vertrags(zahn)arzt. Zulassungsentzug. Prognose eines künftigen Wohlverhaltens
Orientierungssatz
1. Lediglich ein nach Beendigung des Mandatsverhältnisses unterlaufenes Versäumnis eines früheren Prozessbevollmächtigten muss sich ein Beteiligter nicht mehr zurechnen lassen, da dann die innere Rechtfertigung für eine Zurechnung entfallen ist (vgl BSG vom 28.4.1999 - B 6 KA 41/98 R; BSG vom 17.5.2000 - B 7 AL 16/00 B - juris RdNr 6; BGH vom 25.6.1991 - VI ZB 15/91 = VersR 1992, 378; BGH vom 15.3.2006 - XII ZR 138/01 = NJW 2006, 2334, 2335 und BGH vom 19.9.2007 - VIII ZB 44/07 = NJW 2008, 234).
2. Die Prognose eines künftigen Wohlverhaltens eines Vertrags(zahn)arztes muss zweifelsfrei zur Überzeugung des Tatrichters feststehen; jeder ernstliche Zweifel darüber, dass eine Verhaltensverbesserung tatsächlich eingetreten ist, hat die Verneinung von Wohlverhalten zur Folge (vgl zuletzt BSG vom 5.11.2008 - B 6 KA 59/08 B - juris RdNr 11).
Normenkette
ZPO § 85 Abs. 2; SGB 5 § 95 Abs. 6
Verfahrensgang
LSG für das Saarland (Urteil vom 24.08.2007; Aktenzeichen L 3 KA 16/06) |
SG für das Saarland (Urteil vom 19.09.2001; Aktenzeichen S 2 KA 57/01) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 24. August 2007 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat dem Beklagten auch dessen außergerichtliche Kosten für das Beschwerdeverfahren zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Gründe
I. Die Zulassungsgremien entzogen der seit 1985 als Vertragszahnärztin niedergelassenen Klägerin wegen fortgesetzt unwirtschaftlicher Behandlungsweise die Zulassung zur vertragszahnärztlichen Versorgung. Im Verlauf des Verfahrens vor dem Sozialgericht (SG) hat der beklagte Berufungsausschuss seine Entscheidung zusätzlich auf den ihm nachträglich bekannt gewordenen Umstand gestützt, dass die Klägerin Zahlungen von Krankenkassen und Versicherten für prothetische Versorgungen zwar vereinnahmt, aber die hierfür bezogenen Leistungen von Zahntechnikerbetrieben nicht bezahlt hatte und deshalb wegen Eingehungsbetrugs zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten - ausgesetzt zur Bewährung - verurteilt worden war. Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Urteile des SG vom 19.9.2001 und des Landessozialgerichts ≪LSG≫ vom 11.2.2005). Auf die Revision der Klägerin ist das Urteil des LSG wegen unzureichender Darlegungen zur Frage eines Wohlverhaltens der Klägerin während des länger dauernden Berufungsverfahrens bei nicht sofort vollzogener Zulassungsentziehung aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen worden (Urteil vom 19.7.2006 - BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 12). Der Senat hat dabei ausgeführt, dass das LSG bei der von ihm zu treffenden Prognose zum Wohlverhalten auch eventuelle weitere zwischenzeitlich begangene Pflichtverletzungen der Klägerin würdigen müsse (BSG, aaO, RdNr 18).
Das LSG hat in seiner erneuten Entscheidung festgestellt, die Klägerin habe während des laufenden Verfahrens über die Zulassungsentziehung Mitarbeitern des Landesamtes für Umwelt- und Arbeitsschutz wiederholt die Überwachung des in ihrer Praxis betriebenen Amalgamabscheiders verwehrt und sei deshalb vom Amtsgericht S. am 23.11.2006 rechtskräftig zu einer Geldbuße verurteilt worden. Die Klägerin habe zudem während einer einjährigen Arbeitsunfähigkeit zwischen Juni 2003 und Juni 2004 mehrere Vertreter ohne die erforderliche Genehmigung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZÄV) in ihrer Praxis beschäftigt. Die von der Klägerin zu ihrer Rechtfertigung vorgebrachte Ansicht, eine Genehmigung für Vertreter sei nicht erforderlich, wenn diese nicht durchgängig, sondern nur an einzelnen Tagen tätig würden, treffe nicht zu. Lediglich ergänzend hat das LSG erwähnt, dass die Klägerin von der Staatsanwaltschaft erneut wegen mehrerer Eingehungsbetrügereien zu Lasten eines Zahntechnikers angeklagt worden sei. Dieser Zahntechniker habe im Ermittlungsverfahren ausgesagt, er habe in der Praxis der Klägerin zahnärztliche Heilbehandlungen an Patienten vorgenommen, die anschließend von ihr als selbst erbrachte Leistungen gegenüber der KZÄV abgerechnet worden seien. Aus alledem hat das LSG gefolgert, es bestünden ernstliche Zweifel daran, dass eine positive Prognose hinsichtlich eines künftig ordnungsgemäßen Verhaltens der Klägerin als Vertragszahnärztin getroffen werden könne, und hat die Berufung der Klägerin erneut zurückgewiesen (Urteil vom 24.8.2007).
Die Klägerin hat gegen die Nichtzulassung der Revision in dem LSG-Urteil Beschwerde eingelegt. Der Senat hat auf Antrag ihrer ursprünglichen Prozessbevollmächtigten die Frist zur Begründung der Beschwerde bis zum 10.1.2008 verlängert. Die Prozessbevollmächtigten erklärten am 10.1.2008 gegenüber dem Gericht, das Mandatsverhältnis sei beendet worden und eine Begründung der Beschwerde erfolge durch sie nicht. Den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat der Senat mit Beschluss vom 25.1.2008 abgelehnt. Am 1.2.2008 haben von der Klägerin zwischenzeitlich beauftragte neue Prozessbevollmächtigte einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gestellt, den sie am 11.2.2008 ebenso näher begründet haben wie die Beschwerde selbst. Der Klägerin sei Wiedereinsetzung zu gewähren, da ihr das Verschulden des vormaligen Prozessbevollmächtigten an der Fristversäumung nicht zugerechnet werden dürfe, denn dieser habe das Mandat berufsordnungswidrig und ohne wichtigen Grund zur Unzeit niedergelegt. Die Revision sei wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und aufgrund von Verfahrensmängeln zuzulassen.
II. Die Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg.
1. Die Beschwerde ist unzulässig; sie ist nicht innerhalb der gemäß § 160a Abs 2 Satz 2 SGG bis zum 10.1.2008 verlängerten Frist begründet worden. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann der Klägerin nicht bewilligt werden, denn sie war nach ihrem eigenen Vortrag nicht ohne Verschulden an der Einhaltung der Beschwerdebegründungsfrist verhindert (§ 67 Abs 1 SGG).
Die Klägerin hat allerdings einen Antrag auf Wiedereinsetzung innerhalb der Monatsfrist des § 67 Abs 2 Satz 1 SGG gestellt und auch die versäumte Rechtshandlung - die Beschwerdebegründung - innerhalb dieser Frist nachgeholt. Gleichwohl kann ihr Wiedereinsetzung nicht gewährt werden, weil das nach ihrem eigenen Vortrag anzunehmende Verschulden des vormaligen Prozessbevollmächtigten ihr zuzurechnen ist (§ 73 Abs 4 Satz 1 SGG ≪in der bis zum 30.6.2008 geltenden Fassung≫ bzw § 73 Abs 6 Satz 6 SGG ≪in der ab 1.7.2008 geltenden Fassung≫ iVm § 85 Abs 2 ZPO).
Die Klägerin trägt in ihrem Wiedereinsetzungsgesuch vor, ihr vormaliger Prozessbevollmächtigter, Rechtsanwalt W., habe nicht lediglich ein die Einlegung der Beschwerde und die Prüfung von deren Erfolgsaussichten umfassendes Mandat erhalten, sondern sei auch mit der Begründung der Beschwerde beauftragt gewesen. Hierzu habe sie am 4.1.2008 ein Informationsgespräch mit Rechtsanwalt W. geführt. Es hätten keinerlei Umstände vorgelegen, die sie hätten damit rechnen lassen müssen oder die es rechtfertigen würden, dass dieser die Begründung nicht vornehme. Die Mitteilung von Rechtsanwalt W. an das Gericht vom 10.1.2008, dass das Mandatsverhältnis beendet wurde und dass eine Begründung der Beschwerde durch ihn nicht erfolgen werde, sei eine mit anwaltlichem Berufsrecht nicht vereinbare Mandatsniederlegung zur Unzeit, die ihr nicht zugerechnet werden dürfe.
Dies trifft jedoch nicht zu. Gemäß § 85 Abs 2 ZPO steht das Verschulden des Bevollmächtigten dem Verschulden der Partei gleich (zur Vereinbarkeit dieser Bestimmung mit dem Grundgesetz s BVerfGE 60, 253, 288 ff; vgl auch BVerfG ≪Kammer≫, NJW 2003, 1516; BVerfGK 3, 306, 308). Dies beruht auf dem Gedanken, dass der Beteiligte für eine von ihm zur Prozessführung selbst ausgewählte und mit seiner Vertretung beauftragte Person seines Vertrauens einzustehen hat (BGHZ 47, 320, 322; BGH NJW 2008, 234; BSG, Urteil vom 28.4.1999 - B 6 KA 41/98 R - juris RdNr 17), weil andernfalls die Führung eines Rechtsstreits durch einen Vertreter zu einer Verschiebung des Prozessrisikos führen würde (so bereits BSGE 11, 158, 160). Lediglich ein nach Beendigung des Mandatsverhältnisses unterlaufenes Versäumnis eines früheren Prozessbevollmächtigten muss sich ein Beteiligter nicht mehr zurechnen lassen, da dann die innere Rechtfertigung für eine Zurechnung entfallen ist (BSGE, aaO; BSG, Beschluss vom 17.5.2000 - B 7 AL 16/00 B - juris RdNr 6; BGH VersR 1992, 378; BGH NJW 2006, 2334, 2335; BGH NJW 2008, 234). Dementsprechend haben die obersten Bundesgerichte für die hier zu beurteilende Konstellation, dass ein Prozessbevollmächtigter unmittelbar vor Ablauf der - bereits verlängerten - Frist zur Begründung eines Rechtsmittels das Mandat niederlegt und keine Begründung bei Gericht einreicht, entschieden, dass in diesem Fall das Anwaltsverschulden mit der Vertragsbeendigung zusammentrifft und deshalb noch der vertretenen Partei zuzurechnen ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 8 S 11 f; BSG, Beschluss vom 17.5.2000, aaO, RdNr 7; BSG, Beschluss vom 28.2.2008 - B 14 AS 182/07 B - juris RdNr 2; BGH VersR 1984, 850, 851; BGH VersR 1992, 378, 379; BGH NJW 2006, 2334, 2335 ≪ausdrücklich für eine Niederlegung am letzten Tag der Frist "zur Unzeit"≫; BFH, Beschluss vom 4.11.2008, V B 101/08 - BFH/NV 2009, 399, 400). In einem solchen Fall kann Wiedereinsetzung nicht gewährt werden. Dem mit seinem Rechtsmittel wegen Fristversäumnis erfolglosen Beteiligten bleibt vielmehr lediglich die Möglichkeit, Schadensersatz von seinem früheren Prozessbevollmächtigten zu verlangen, sofern die hierfür erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind.
2. Die Beschwerde ist jedenfalls aber auch unbegründet. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu, denn die von der Klägerin benannte Rechtsfrage ist in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig.
Eine Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) erfordert, dass die aufgezeigte Rechtsfrage klärungsfähig (entscheidungserheblich), klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von allgemeiner Bedeutung ist. Die Klägerin hat in einer den Darlegungsobliegenheiten gemäß § 160a Abs 2 Satz 3 SGG genügenden Weise als grundsätzlich zu klärende Rechtsfrage sinngemäß benannt, ob nach einer Zulassungsentziehung bei der Beurteilung des Wohlverhaltens als tatsächlicher Umstand bereits eine Anklageerhebung wegen Verletzung weiterer berufsrechtlicher Pflichten zu Lasten des Zahnarztes berücksichtigt werden darf oder ob nur solche Umstände gewürdigt werden dürfen, die zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen oder in einem rechtskräftigen Strafurteil festgestellt worden sind.
Auf die Beantwortung dieser Rechtsfrage kommt es in dem erstrebten Revisionsverfahren jedoch nicht an. Das LSG hat seine ernstlichen Zweifel daran, dass bei der Klägerin im Verlauf des sozialgerichtlichen Verfahrens eine nachhaltige Verhaltensänderung eingetreten ist, welche eine positive Prognose hinsichtlich ihres künftig einwandfreien Verhaltens als Vertragszahnärztin rechtfertigen könnte, in erster Linie auf zwei andere - ausführlich begründete - Gesichtspunkte gestützt. Es hat zum einen auf das eine Kontrolle verweigernde Verhalten der Klägerin im Zusammenhang mit einer Überprüfung ihres Amalgamabscheiders durch das Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz im Mai 2006 abgestellt, das zu einer durch Urteil des Amtsgerichts S. rechtskräftig festgesetzten Geldbuße in Höhe von 200 Euro geführt hat. Zum anderen habe die Klägerin während einer längerfristigen Erkrankung ohne die erforderliche Genehmigung der Beigeladenen zu 1. rechtswidrig und fortgesetzt mehrere andere Zahnärzte als Vertreter in ihrer Praxis beschäftigt. Demgegenüber hat das LSG auf die neuerliche Anklageerhebung gegen die Klägerin wegen weiterer Betrugsfälle im Zusammenwirken mit einem Zahntechniker "lediglich ergänzend" zum Abschluss seiner Erwägungen kurz hingewiesen. Daraus ergibt sich, dass nicht - wie die Klägerin es darstellt - "der bloße Umstand des Vorliegens der Anklageschrift" zur tatrichterlichen Begründung erheblicher Zweifel an ihrem Wohlverhalten geführt hat, sondern dass diese Zweifel bereits durch zwei andere Sachverhalte deutlich begründet waren.
Nach der Rechtsprechung des Senats muss die Prognose eines künftigen Wohlverhaltens zweifelsfrei zur Überzeugung des Tatrichters feststehen; jeder ernstliche Zweifel darüber, dass eine Verhaltensverbesserung tatsächlich eingetreten ist, hat die Verneinung von Wohlverhalten zur Folge (BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 12 RdNr 18 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerfG und des BGH; BSG, Beschluss vom 27.6.2007- B 6 KA 20/07 B - BeckRS 2007-45493; BSG, Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 59/08 B - juris RdNr 11). Auch wenn der Umstand einer weiteren Anklageerhebung gegen die Klägerin zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem LSG hinweggedacht wird, verbleiben hier gleichwohl die vom Berufungsgericht in nicht zu beanstandender Weise angeführten gewichtigen weiteren Zweifel an ihrem Wohlverhalten, welche die ausnahmsweise Aufhebung der vom Beklagten verfügten Zulassungsentziehung ausschließen. Der Umstand, dass die genannte Anklage später nur gegenüber dem mitangeklagten Zahntechniker zu einer Verurteilung (zwei Jahre Freiheitsstrafe auf Bewährung) führte, während das Amtsgericht N. die Klägerin trotz nachgewiesener Zusammenarbeit mit dem Mitangeklagten lediglich im Hinblick auf eine nicht als nachgewiesen erachtete Abrede zu betrügerischen Rechnungsstellungen freisprach, hat somit für die Entscheidung des Rechtsstreits keine maßgebliche Bedeutung.
Im Übrigen hat das Amtsgericht die fehlende Erweislichkeit einer Abrede der Klägerin und des Zahntechnikers zu betrügerischen Abrechnungen gerade damit begründet, dass die Klägerin im fraglichen Zeitraum arbeitsunfähig erkrankt war und deshalb ihre Praxis - während sie selbst sich in Frankreich aufhielt - von verschiedenen anderen Zahnärzten in Vertretung betrieben worden sei. Es hat damit einen wesentlichen Grund, den das LSG für seine ernstlichen Zweifel am künftig ordnungsgemäßen Verhalten der Klägerin angeführt hat, nämlich die unzulässige längerfristige Vertretung in der Praxisführung durch andere Zahnärzte, indirekt bestätigt.
3. Die außerdem von der Klägerin erhobenen Verfahrensrügen können ebenfalls nicht zur Revisionszulassung führen. Sie sind unzulässig, denn Verfahrensmängel sind von ihr nicht in der erforderlichen Weise dargetan worden.
Wer die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels begehrt, muss in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde die bundesrechtliche Verfahrensnorm, die das Berufungsgericht verletzt haben soll, hinreichend genau bezeichnen. Zudem muss er die tatsächlichen Umstände, welche den Verstoß begründen sollen, substantiiert dartun und darüber hinaus darlegen, inwiefern die angefochtene Entscheidung auf diesem Verfahrensmangel beruht (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 4, Nr 21 RdNr 4, jeweils mwN; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 5. Aufl 2008, Kap IX RdNr 202 ff). Dabei ist zu beachten, dass gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG die Rüge einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 103 SGG nur statthaft ist, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Diesen Anforderungen werden die Darlegungen der Klägerin nicht gerecht.
a) Die Klägerin macht eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäß § 62 SGG geltend, weil das LSG ihrer in der mündlichen Verhandlung geäußerten Bitte, den - bereits mehrfach verlegten - Termin erneut zu verschieben, damit sie zu der für sie damals noch unbekannten Anklageschrift Stellung nehmen könne, nicht nachgekommen sei. Für die ordnungsgemäße Darlegung einer Verletzung des rechtlichen Gehörs in einer mündlichen Verhandlung ist es erforderlich, dass genau angegeben wird, welches Vorbringen hierdurch verhindert wurde und inwiefern die angefochtene Entscheidung darauf beruhen kann (BSG SozR 1500 § 160a Nr 36 S 53). Zudem ist darzulegen, was unternommen wurde, um das rechtliche Gehör im Berufungsverfahren auch wahrzunehmen, insbesondere dass der Verstoß gerügt wurde oder weshalb er nicht gerügt werden konnte (vgl Krasney/Udsching, aaO, RdNr 204). Entsprechende Ausführungen enthält das Vorbringen der Klägerin nicht. Sie gibt nur an, dass sie zu den Vorwürfen in der Anklageschrift "im einzelnen Stellung nehmen" hätte können, führt aber nicht aus, was genau sie vorgetragen hätte und weshalb dies zu einer anderen Entscheidung des LSG hätte führen können. Unzureichend ist hierfür der pauschale Hinweis, es "könne kaum ausgeschlossen werden", dass das LSG zu einer anderen Einschätzung des Wohlverhaltens gelangt wäre. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie bereits ausgeführt - die Einschätzung des LSG zum fehlenden Wohlverhalten der Klägerin nicht auf der lediglich ergänzend erwähnten weiteren Anklageschrift beruht. Die Klägerin hat zudem auch nicht dargetan, weshalb sie trotz anwaltlicher Vertretung in der mündlichen Verhandlung keinen förmlichen Vertagungsantrag hat stellen können, um rechtliches Gehör noch rechtzeitig zu erlangen. Die Rüge ist somit aus mehreren Gründen unzulässig.
b) Soweit die Klägerin eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht gemäß § 103 SGG rügt, hat sie keinen Beweisantrag bezeichnet, den ihr Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht gestellt bzw aufrechterhalten hat und dem das LSG ohne zureichende Begründung nicht gefolgt ist (zu diesen Anforderungen s BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 5). Dies räumt ihr jetziger Prozessbevollmächtigter in der Beschwerdebegründung auch ein, weist aber darauf hin, die Klägerin selbst habe von diesen Erfordernissen zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem LSG nichts gewusst. Die eigene Unkenntnis der durch einen Rechtsanwalt fachkundig vertretenen Klägerin führt jedoch nicht dazu, dass die gesetzliche Regelung in § 160 Abs 2 Nr 3 letzter Halbsatz SGG suspendiert wird.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ab.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 Abs 1 und 4 SGG in der bis zum 1.1.2002 geltenden - im Hinblick auf die Klageerhebung vor diesem Zeitpunkt hier noch anwendbaren - Fassung.
Fundstellen