Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 28. Juli 2017 wird als unzulässig verworfen.
Der Antrag des Klägers, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 18. April 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Juni 2016 anzuordnen, wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerde- und einstweiligen Rechtsschutzverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerde- und einstweilige Rechtsschutzverfahren wird auf 5200 Euro festgesetzt.
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde und dem einstweiligen Rechtsschutzbegehren zugrunde liegenden Rechtsstreit wendet sich der Kläger gegen die Anforderung von Betriebsunterlagen und die Androhung von Zwangsgeld.
Der Kläger führte bis zum 31.12.2012 eine Rechtsanwaltskanzlei. Nach einer bereits am 1.11.2012 von der Beklagten für die Zeit vom 1.1.2008 bis zum 31.12.2011 durchgeführten Betriebsführung forderte sie den Kläger auf, die für das Jahr 2012 noch durchzuführende Betriebsführung erforderlichen Unterlagen bis zum 20.5.2016 vorzulegen. Außerdem drohte sie für den Fall, dass er der Aufforderung nicht nachkomme, ein Zwangsgeld in Höhe von 200 Euro an und ordnete die sofortige Vollziehung des Verwaltungsakts im öffentlichen Interesse an (Bescheid vom 18.4.2016). Der Widerspruch hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 24.6.2016). Das SG Karlsruhe hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 16.1.2017). Das LSG Baden-Württemberg hat die Berufung zurückgewiesen. Die Eigenschaft des Klägers als Arbeitgeber für den Prüfzeitraum vom 1.1. bis zum 31.12.2012 sei nicht rückwirkend durch die Betriebsaufgabe entfallen. Die beabsichtigte Betriebsprüfung verstoße auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dem Kläger werde mit der Herausgabe der ihm nach eigenen Angaben vorliegenden Unterlagen auch keine objektiv unmögliche Handlung abverlangt. Die Zwangsgeldandrohung sei rechtmäßig und die Anordnung des Sofortvollzugs nicht ermessensfehlerhaft (Urteil vom 28.7.2017).
Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG. Die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung und das LSG habe den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Darüber hinaus hat er beantragt, die aufschiebende Wirkung der "Nichtzulassungsbeschwerde" anzuordnen.
II
1. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG). Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3). Einen solchen Zulassungsgrund hat der Kläger in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG nicht hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
a) Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (stRspr, vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (vgl BSG Beschluss vom 25.10.1978 - 8/3 BK 28/77 - SozR 1500 § 160a Nr 31 S 48). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Der Kläger misst zwar der Frage,
"ob § 28 p Abs. 1 S. 1 SGB IV entgegen seinem Wortlaut die Träger der Rentenversicherung ermächtigt, auch bei solchen Personen Betriebsprüfungen vorzunehmen, die altershalber seit Jahr und Tag nicht mehr Arbeitgeber sind, ihren Betrieb aufgegeben und abgewickelt und ihr Leben völlig umgestellt haben",
eine grundsätzliche Bedeutung bei. Allerdings ist versäumt worden, die über den Einzelfall hinausgehende allgemeine Bedeutung (Breitenwirkung) sowie die Klärungsbedürftig - sowie - fähigkeit aufzuzeigen. Sein Vorbringen erschöpft sich in der Behauptung, dass die aufgeworfene Frage höchstrichterlich noch nicht geklärt sei, und in dem Hinweis darauf, dass seit 1.1.2013 die Anwaltskanzlei geschlossen und kein Personal mehr beschäftigt worden sei, die letzte Betriebsprüfung im November 2012 durchgeführt worden sei und bei Anordnung der Betriebsprüfung im Februar 2016 die Arbeitgeber-Eigenschaft iS des § 28p SGB IV schon seit mehr als drei Jahren nicht mehr bestanden habe. Der Kläger hat sich weder mit der erforderlichen übergreifenden Relevanz der aufgeworfenen Frage auch für weitere Fälle noch damit auseinandergesetzt, weshalb es angesichts des Wortlauts des § 28p Abs 1 S 1 SGB IV nicht auf den Arbeitgeberstatus für den Zeitraum der Betriebsprüfung ankommen soll. Auch auf die notwendige Entscheidungserheblichkeit der als klärungsbedürftig angesehenen Frage ist der Kläger nicht eingegangen. Unabhängig davon ist bereits geklärt, dass die DRV Bund im Rahmen eines Anfrageverfahrens nach § 7a SGB IV nicht gehindert ist, über die Frage der Sozialversicherungspflicht auch nach Beendigung der Beschäftigung zu entscheiden (BSG Urteil vom 4.6.2009 - B 12 KR 31/07 R - SozR 4-2400 § 7a Nr 3 RdNr 28 ff). Dass diese Rechtsprechung auf Betriebsprüfungen nach § 28p SGB IV nicht zu übertragen ist, weil sie keine ausreichenden Anhaltspunkte zur Beantwortung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage enthält (vgl BSG Beschluss vom 30.8.2016 - B 2 U 40/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 12 RdNr 7 mwN), ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen.
b) Auch die Rüge des Klägers, das LSG habe sein Vorbringen nicht berücksichtigt und damit den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art 103 GG, §§ 62, 128 Abs 2 SGG) verletzt, ist nicht hinreichend aufgezeigt worden. Dieser Anspruch soll zwar ua sicherstellen, dass die Ausführungen der Beteiligten vom Gericht in seine Erwägungen miteinbezogen werden. Das Gericht muss jedoch nicht ausdrücklich jedes Vorbringen der Beteiligten bescheiden. Vielmehr verpflichtet das Gebot des rechtlichen Gehörs nur, deren Darlegungen zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Es ist erst dann verletzt, wenn sich im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist (BVerfG ≪Kammer≫ Beschluss vom 25.3.2010 - 1 BvR 2446/09 - Juris RdNr 11 mwN; BVerfG Urteil vom 8.7.1997 - 1 BvR 1621/94 - BVerfGE 96, 205, 216). Solche Umstände sind der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen.
2. Der allein noch anhängige Antrag auf Anordnung (Wiederherstellung) der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 18.4.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.6.2016 ist zulässig, aber unbegründet. Aufgrund des zum Zeitpunkt der Antragstellung anhängigen Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist das BSG als "Gericht der Hauptsache" iS des § 86b Abs 1 S 1 SGG für die Entscheidung zuständig.
In Fällen, in denen - wie hier wegen des angeordneten Sofortvollzugs - Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen (§ 86b Abs 1 S 1 Nr 2 SGG). Voraussetzung hierfür ist, dass dem Vollzugsinteresse der Beklagten kein Vorrang gegenüber dem Suspensivinteresse des Klägers einzuräumen ist. Bei der damit gebotenen Abwägung der gegenseitigen Interessen ist der voraussichtliche Ausgang des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen (vgl BSG Beschluss vom 29.8.2011 - B 6 KA 18/11 R - SozR 4-1500 § 86a Nr 2 RdNr 11 ff; vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 86b RdNr 12e f), sodass es auf den Ausgang des vom Kläger eingelegten Rechtsmittels ankommt. Da die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision aus den dargelegten Gründen erfolglos ist, überwiegt nach Maßgabe dieser Grundsätze das Vollziehungsinteresse und ist die begehrte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nicht gerechtfertigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 1 und 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 52 Abs 2 (Anforderung von Unterlagen: 5000 Euro) und Abs 3 S 1 (Androhung von Zwangsgeld: 200 Euro), § 39 Abs 1, § 47 Abs 1 S 1 und Abs 3 sowie § 63 Abs 2 S 1 GKG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11399680 |