Entscheidungsstichwort (Thema)
Alterssicherung der Landwirte. Rente wegen Erwerbsminderung. Wartezeit. Berücksichtigung von Beitragszeiten der gesetzlichen Rentenversicherung. Lückenlosigkeit der Beitragsentrichtung
Orientierungssatz
1. Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung können nur ergänzend neben Beitragszeiten nach § 18 ALG für die Wartezeiterfüllung iS des § 17 Abs 1 S 2 Nr 1 ALG herangezogen werden (Fortführung von BSG vom 24.4.2003 - B 10 LW 15/02 R = GVLAK RdSchr AH 19/2003).
2. Die nach dem Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) vor dem 1.1.1995 als Anspruchsvoraussetzung für die Leistungsgewährung geforderte "Lückenlosigkeit" der Beitragsentrichtung (§ 2 Abs 1 Buchst b GAL) ist durch § 90 Abs 1 S 1 ALG in das Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) hinein verlängert worden.
Normenkette
ALG § 13 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, §§ 18, 90 Abs. 1 S. 1; GAL § 2 Abs. 1 Buchst. b
Verfahrensgang
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger die Wartezeit für eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit aus der landwirtschaftlichen Sozialversicherung erfüllt (bindender ablehnender Bescheid der Beklagten vom 8. Juli 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 1998 und Bescheid nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB X≫ vom 13. August 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2000). Der Kläger entrichtete bis zum 1. September 1985 für 182 Kalendermonate Beiträge zur landwirtschaftlichen Alterskasse - der Rechtsstreit wegen der Erstattung dieser Beiträge (Bescheid der Beklagten vom 27. Januar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember 1999) ist noch anhängig -, war anschließend ohne Unterbrechungen in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert und bezieht seit dem 1. Oktober 1997 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit von der Landesversicherungsanstalt Oberfranken und Mittelfranken. Klage (Urteil des Sozialgerichts Nürnberg ≪SG≫ vom 23. Juli 2001) und Berufung (Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts ≪LSG≫ vom 13. November 2002) sind erfolglos geblieben. Das LSG hat zur Begründung ausgeführt: Weder die von dem Kläger bis 1985 entrichteten Beiträge zur landwirtschaftlichen Sozialversicherung noch die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung seien bei der Erfüllung der Wartezeit iS des § 13 Abs 1 Nr 3 Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) zu berücksichtigen. Der Kläger erfülle die Voraussetzungen von § 17 Abs 1 Satz 2 Nr 1 und § 90 ALG nicht.
Mit seiner gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil gerichteten Beschwerde macht der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) geltend.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde des Klägers ist nicht begründet.
Sie genügt zwar den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG. Ihr kann jedoch nicht gefolgt werden. Im Wesentlichen sieht es der Kläger als ungeklärte Rechtsfrage an, ob die Wartezeit für eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach § 13 Abs 1 ALG auch allein mit Zeiten nach § 17 Abs 1 Satz 2 Nr 1 ALG erfüllt werden kann, wenn der Anspruchsberechtigte weder bis zum 31. Dezember 1994 lückenlos noch nach dem 1. Januar 1995 Beiträge zur landwirtschaftlichen Alterssicherung entrichtet hat. Diese Frage bedarf keiner höchstrichterlichen Klärung; ihre Beantwortung ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Im Übrigen ist die Problemstellung mehrfach in der vorliegenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) behandelt worden.
Nach § 17 Abs 1 Satz 2 Nr 1 ALG werden auf die Wartezeit für eine Rente aus der landwirtschaftlichen Sozialversicherung "ferner" Zeiten angerechnet, für die Pflichtbeiträge nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) gezahlt worden sind. Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung können mithin nur ergänzend neben Beitragszeiten nach § 18 ALG für die Wartezeiterfüllung herangezogen werden (s Urteil des Senats vom 24. April 2003 - B 10 LW 15/02 R -, JURIS; vgl auch BSG SozR 3-5868 § 2 Nr 1). Voraussetzung ist daher, dass zumindest ein anrechenbarer Beitrag zur landwirtschaftlichen Sozialversicherung vorhanden ist. Dieses ist der Fall bei allen nach dem 1. Januar 1995 unter dem Regime des ALG entrichteten Beiträgen, für die Zeit vor dem 1. Januar 1995 aber nur, wenn die Beiträge nach dem Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) lückenlos iS des § 90 ALG gezahlt worden sind.
Nach § 90 Abs 1 Satz 1 ALG werden "Beitragszeiten vor dem 1. Januar 1995 auf die Wartezeit für eine Rente an Landwirte nur angerechnet, wenn der Versicherte mindestens bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres oder bis zum Eintritt der Erwerbsunfähigkeit ..., längsten jedoch bis zum 31. Dezember 1994 anrechenbare Beitragszeiten zurückgelegt hat." Der Senat hat wiederholt festgestellt, dass die vom GAL vor dem 1. Januar 1995 als Anspruchsvoraussetzung für die Leistungsgewährung geforderte "Lückenlosigkeit" der Beitragsentrichtung (§ 2 Abs 1 Buchst b GAL) durch § 90 Abs 1 Satz 1 ALG in das ALG hinein verlängert worden ist (vgl Beschlüsse vom 20. Juli 1999 - B 10 LW 22/99 B - und 17. August 2000 - B 10 LW 7/00 B -). Ansprüche auf Leistungen, die vor dem Inkrafttreten des ALG wegen der Nichterfüllung der Wartezeit ausgeschlossen waren, sollten durch das ALG nicht begründet werden, auch nicht mit Hilfe von Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung.
Alle weiteren von dem Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen sind nicht konkret klärungsfähig. Nach der Beantwortung der oben bezeichneten Rechtsfrage in dem dargelegten Sinne kommt ihnen keine rechtliche Bedeutung für den zu entscheidenden Streitfall mehr zu.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen