Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 09.07.1998) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 9. Juli 1998 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beklagte hat einen Antrag der Klägerin abgelehnt, die Nachentrichtung von Beiträgen wegen früherer Heiratserstattung zuzulassen. Die Klage war vor dem Sozialgericht (SG) erfolgreich. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin alle in § 160 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) aufgeführten Zulassungsgründe geltend.
Entscheidungsgründe
II
Die Beschwerde ist unzulässig. Keiner der Revisionszulassungsgründe des § 160 Abs 2 SGG ist gemäß § 160a Abs 2 Satz 3 SGG ausreichend vorgetragen. Danach muß in der Begründung die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des LSG abweicht, oder der Verfahrensfehler bezeichnet werden.
1. Die Beschwerde rügt in Abschnitt I ihrer Begründung Verfahrensmängel und macht damit den Revisionszulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG geltend. Als verletzte Verfahrensvorschriften nennt sie die §§ 103, 106 SGG; das LSG habe nicht aufgeklärt, ob sie 1974 versicherungspflichtig gewesen sei oder nicht. Hiermit ist ein entscheidungserheblicher Verfahrensmangel nicht bezeichnet, weil das LSG seine Entscheidung nicht nur darauf gestützt hat, daß die Klägerin 1974 nicht versicherungspflichtig gewesen sei. Vielmehr hat es die Klageabweisung auch auf den selbständigen Grund gestützt, daß sie sich viele Jahre hindurch nicht um die Nachentrichtung gekümmert habe (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 38). Im übrigen wird wegen einer formgerechten Rüge einer Verletzung des § 103 SGG auf § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG verwiesen. Das darin genannte Erfordernis kann durch die Rüge einer Verletzung des § 106 SGG nicht ersetzt werden.
2. Die Beschwerde macht weiter in Abschnitt II ihrer Begründung die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und damit den Revisionszulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG geltend. In der Beschwerdebegründung hierzu wird jedoch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dargelegt. Dazu wäre notwendig gewesen, zumindest eine Rechtsfrage zu benennen, die grundsätzliche, dh über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat sowie klärungsbedürftig und klärungsfähig ist. Als Frage entnimmt der Senat der Beschwerdebegründung, es werde „nicht nur entschieden werden müssen, ob aufgrund der Bearbeitung die angeblich an die Klägerin versandten Vordrucke das Haus der Beklagten je verlassen haben, sondern insbesondere auch, ob unter Berücksichtigung der Besonderheiten des vorliegenden Falles die Klägerin überhaupt zu einer Rückmeldung oder gar zu einer Rückfrage verpflichtet war.” Die Frage, ob Vordrucke das Haus der Beklagten verlassen habe, ist Tatfrage und keine Rechtsfrage. Die Frage, ob die Klägerin „unter Berücksichtigung der Besonderheiten des vorliegenden Falles überhaupt zu einer Rückmeldung oder Rückfrage verpflichtet war”, ist keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung. Soweit die Beschwerdebegründung hier auf „Besonderheiten des vorliegenden Falles” abstellt, die sie im übrigen nicht erläutert, kann eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage, dh eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der Entscheidung unter Beachtung dieser Besonderheiten, nicht angenommen werden.
3. Schließlich beruft sich die Beschwerde in Abschnitt III der Begründung auf den Revisionszulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG). Eine solche Abweichung im Rechtssinne wird jedoch nicht bezeichnet. Eine Abweichung ist nur bezeichnet, wenn ein Rechtssatz in einer Entscheidung des BSG und ein hiervon abweichender Rechtssatz des LSG in der angefochtenen Entscheidung benannt werden und aufgezeigt wird, daß die Rechtssätze jeweils entscheidungserheblich sind. Behauptet wird hier eine Abweichung der Entscheidung des LSG vom Urteil des Senats vom 7. Dezember 1989 – 12 RK 6/88. In der Beschwerdebegründung wird dann zunächst darauf hingewiesen, daß der Senat dort von einem anderen Sachverhalt ausgegangen sei. Anschließend wird weder ein Rechtssatz des BSG genannt noch aufgezeigt, wie bei Entscheidungen über unterschiedliche Sachverhalte eine Divergenz vorliegen kann. Die Beschwerde führt aus: „Das – zumindest zeitweilige – Desinteresse des damaligen Klägers war somit eingestanden gewesen. Vorliegend aber wurde zum Nachteil der Klägerin ein solches Desinteresse lediglich mit einer nicht überzeugenden Begründung unterstellt.” Aus diesen beiden Sätzen wird erkennbar, daß die Beschwerde nicht unterschiedliche Rechtssätze von LSG und BSG rügt, sondern ihre Rüge sich gegen die Tatsachenfeststellungen und die Beweiswürdigung des LSG richtet. Auch soweit die Beschwerde ein Abweichen von der Entscheidung des Senats vom 4. Juni 1991 – 12 RK 35/90 – behauptet, wird keine Divergenz aufgezeigt. Als maßgeblichen Rechtssatz des BSG sieht die Beschwerde hier an: „offenbleiben kann, wie zu entscheiden wäre, wenn – anders als hier – feststünde, daß die BfA den Antrag des Klägers bewußt oder fahrlässig unbearbeitet gelassen hätte”. Sie macht geltend, diese Frage sei hier zu entscheiden. Gemeint ist damit anscheinend, es sei hier über einen Fall zu entscheiden, in welchem ein Antrag bewußt oder fahrlässig unbearbeitet geblieben sei. Mit einer Entscheidung dazu wäre das LSG jedoch nicht von einer Entscheidung des BSG abgewichen, sondern hätte allenfalls eine Frage entschieden, die das BSG bisher nicht beantwortet hat. Die Beantwortung einer bisher offenen Frage durch ein LSG begründet jedoch keine Divergenz. Im übrigen ergibt sich aus der Beschwerde, daß die vom BSG bisher offengelassene Frage vom LSG im vorliegenden Verfahren nicht entschieden worden ist. Die vom BSG offengelassene Entscheidung bezog sich auf eine fehlende Bearbeitung eines Antrags. Hier hat das LSG nach dem Vorbringen in der Beschwerde angenommen, der Nachentrichtungsantrag der Klägerin sei bearbeitet worden. Mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen ist dieses nicht angegriffen worden.
Die Beschwerde war entsprechend § 169 SGG als unzulässig zu verwerfen. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen