Verfahrensgang
SG Berlin (Entscheidung vom 27.08.2018; Aktenzeichen S 182 KR 987/18) |
LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 07.02.2020; Aktenzeichen L 9 KR 309/18) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 7. Februar 2020 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten über die Erhebung des allgemeinen Beitragssatzes auf die Versorgungsbezüge des Klägers.
Der Kläger ist Arzt im Ruhestand und bezieht neben einem Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit Versorgungsbezüge aus der Berliner Ärzteversorgung. Er ist bei der Beklagten zu 1. freiwillig krankenversichert und bei der Beklagten zu 2. pflegeversichert. Die Beklagte zu 1. erhebt die Beiträge zur Krankenversicherung aus dem Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit nach dem ermäßigten Beitragssatz, aus den Versorgungsbezügen nach dem allgemeinen Beitragssatz (Bescheide vom 12.3.2018 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 18.5.2018, 5.12.2018, 28.12.2018, 1.7.2019, 15.1.2020).
Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung des allgemeinen Beitragssatzes aus den Versorgungsbezügen, da er ohne Krankengeldanspruch versichert sei. Er ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben (Gerichtsbescheid des SG vom 27.8.2018, Urteil des LSG vom 7.2.2020). Das LSG hat zur Begründung ausgeführt, für Beiträge aus Versorgungsbezügen gelte - unabhängig vom Anspruch auf Krankengeld - grundsätzlich der allgemeine Beitragssatz. Dies habe der Gesetzgeber bewusst so geregelt. Die Verfassungsmäßigkeit der dies regelnden Vorschriften (§ 240 Abs 2 Satz 5 SGB V iVm § 248 Satz 1 SGB V) sei durch die höchstrichterliche Rechtsprechung bereits geklärt (BSG Urteil vom 10.5.2006 - B 12 KR 6/05 R - SozR 4-2500 § 240 Nr 7 RdNr 13 ff; BVerfG Beschluss vom 28.5.2008 - 1 BvR 2257/06 - SozR 4-2500 § 240 Nr 11).
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 SGG). Der Kläger hat entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG weder den geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) hinreichend dargelegt noch einen Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) hinreichend bezeichnet.
1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine abstrakt-generelle Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - allgemeine Bedeutung hat und aus Gründen der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung einer Klärung durch das Revisionsgericht bedarf und fähig ist. Mit der Beschwerdebegründung ist daher zunächst aufzuzeigen, welche rechtliche Frage sich zu einer bestimmten Norm des Bundesrechts iS des § 162 SGG stellt. Sodann ist anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums darzutun, weshalb deren Klärung erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und im angestrebten Revisionsverfahren zu erwarten ist (Klärungsfähigkeit). Schließlich ist aufzuzeigen, dass der angestrebten Entscheidung eine über den Einzelfall hinausgehende Breitenwirkung zukommt (BSG vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN).
Es kann dahinstehen, ob die in der Beschwerdebegründung aufgeführten zahlreichen Fragen die Anforderungen an eine konkret formulierte Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG) mit höherrangigem Recht erfüllen (vgl allgemein BSG Beschluss vom 6.4.2010 - B 5 R 8/10 B - juris = BeckRS 2010, 68786, RdNr 10; BSG Beschluss vom 21.7.2010 - B 5 R 154/10 B - juris = BeckRS 2010, 72088, RdNr 10; BSG Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 24/07 B - juris = BeckRS 2009, 50073, RdNr 7; BSG vom 22.8.1975 - 11 BA 8/75 - BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11 S 14). Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (Becker, SGb 2007, 261, 265; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX RdNr 181).
Selbst wenn aufgrund der geltend gemachten Verfassungswidrigkeit der Erhebung des allgemeinen Beitragssatzes auf die Versorgungsbezüge eines freiwillig Versicherten eine Rechtsfrage zur Vereinbarkeit von Bundesrecht mit höherrangigem Recht unterstellt würde, ist deren notwendige Klärungsbedürftigkeit nicht hinreichend dargetan.
a) Wird die Beschwerde mit einem Grundrechtsverstoß begründet, hat sie unter Einbeziehung der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung - insbesondere des BVerfG, aber auch des BSG - im Einzelnen aufzuzeigen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (BSG vom 22.8.1975 - 11 BA 8/75 - BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11 S 14; ferner zB BSG vom 8.12.2008 - B 12 R 38/07 B - juris RdNr 7 mwN). Dazu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe ihrer jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verfassungsverletzung dargelegt werden. Die Beschwerdebegründung darf sich im Fall einer aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Frage nicht darauf beschränken, die Verfassungswidrigkeit zu behaupten und die als verletzt angesehenen Normen des Grundgesetzes zu benennen (BSG vom 30.4.2015 - B 10 EG 17/14 B - juris RdNr 5 mwN).
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Das Vorbringen des Klägers erschöpft sich im Wesentlichen darin, einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz nach Art 3 Abs 1 GG zu behaupten. Er setzt sich aber nicht mit dem Inhalt des Gleichbehandlungsgrundsatzes und seiner Ausprägung durch das BVerfG auseinander. So wird schon nicht deutlich, welche Gruppen von Versicherten der Kläger konkret gegenüberstellt, um die geltend gemachte Ungleichbehandlung zu begründen. Die Darlegungen beschränken sich insoweit auf die vom Kläger repräsentierte Gruppe der freiwillig versicherten Bezieher einer berufsständischen Versorgung, die während ihrer (hauptberuflich) aktiven selbstständigen Tätigkeit nicht die Möglichkeit hatten, sich mit Anspruch auf Krankengeld zu versichern. Nicht dargelegt ist aber, zu welcher anderen Versichertengruppe sich eine im Verhältnis dazu ungerechtfertigte Gleich- oder Ungleichbehandlung ergeben soll und welche wesentlichen Sachverhaltsmerkmale für eine Gleich- bzw Ungleichbehandlung sprechen. Unabhängig davon fehlt es an einer Auseinandersetzung mit der zu dem vorliegenden Fragenkreis bereits ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung, auf die in der Berufungsentscheidung ausdrücklich Bezug genommen wird (BSG Urteil vom 10.5.2006 - B 12 KR 6/05 R - SozR 4-2500 § 240 Nr 7 RdNr 13 ff; BVerfG Beschluss vom 28.5.2008 - 1 BvR 2257/06 - SozR 4-2500 § 240 Nr 11). Soweit der Kläger sein Hauptargument zur Begründung einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung darauf stützt, dass er während seiner (hauptberuflich) aktiven Selbstständigkeit nicht die Möglichkeit gehabt habe, sich mit Anspruch auf Krankengeld zu versichern, hätte es zumindest einer Auseinandersetzung mit der Argumentation des BSG bedurft, dass das umlagefinanzierte und auf dem Prinzip der (aktuellen) wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit basierende System der gesetzlichen Krankenversicherung einen Transfer von beitragsrechtlichen Positionen in die Zukunft nicht zulasse (BSG Urteil vom 10.5.2006 - B 12 KR 6/05 R - SozR 4-2500 § 240 Nr 7 RdNr 32, 34).
b) Soweit sich die vom Kläger aufgeworfenen Fragen auf die Anwendbarkeit oder Auslegung der §§ 240 Abs 2 Satz 5, 248 Satz 1 SGB V bzw auf § 243 SGB V beziehen, fehlt es ebenfalls an hinreichenden Darlegungen dazu, inwieweit der Wortlaut der Vorschriften und die hierzu bereits ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung den vom Kläger für nötig gehaltenen Klärungsbedarf noch offenlassen. Es fehlt vielmehr auch diesbezüglich an jeglicher Auseinandersetzung mit der bereits ergangenen umfangreichen Rechtsprechung.
2. Einen Verfahrensmangel hat der Kläger nicht hinreichend bezeichnet. Soweit er im Urteil einen von ihm gestellten Beweisantrag vermisst, weil er darum gebeten habe, die Paragrafen zu benennen, die Grundlage für das zu erwartende ablehnende Urteil sein sollten, bleibt die Rüge unverständlich. Zum einen handelt es sich bei der Bitte um die genaue Benennung der Rechtsgrundlage nicht um einen Beweisantrag, zum anderen ist die Rechtsgrundlage im Berufungsurteil angegeben.
Auch die Rüge, das Sitzungsprotokoll sei nicht am Ende der mündlichen Verhandlung erstellt und so auch weder dem Beschwerdeführer vorgelesen worden noch habe dieser es genehmigt, ist nicht nachvollziehbar. Nicht dargelegt ist, auf welche Aussage im Sitzungsprotokoll sich diese Rüge beziehen soll. Darüber hinaus kann ein Verfahrensmangel nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG die Zulassung der Revision nur begründen, wenn die angefochtene Entscheidung auf ihm beruhen kann. Auch diesbezüglich fehlt es an jeglichen Darlegungen. Dasselbe gilt für die Rüge, bestimmte Sachverhalte aus dem Verhandlungsablauf seien weder im Sitzungsprotokoll noch im Urteil erwähnt.
3. Die vom Kläger selbst verfassten Schriftsätze vom 30.3.2020 und vom 19.8.2020 konnten zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht berücksichtigt werden, denn vor dem BSG müssen sich die Beteiligten grundsätzlich durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen (§ 73 Abs 4 Satz 1 SGG).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI14069862 |