Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. Juni 2018 wird als unzulässig verworfen.
Die Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens der Klägerin zu erstatten.
Gründe
I
Das LSG Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 15.6.2018 die Entscheidung des SG und den Anspruch der Klägerin auf Versorgung mit einem sogenannten Fußheber- und Oberschenkelsystem (Bioness L 300 und L 300 Plus) zum Ausgleich einer Behinderung nach § 33 Abs 1 S 1 Var 3 SGB V bestätigt: Bei der im Jahre 1978 geborenen, an Multipler Sklerose (MS) mit sekundär chronischem Verlauf leidenden Versicherten verbessere der Einsatz dieses Hilfsmittels das Gangbild und vergrößere ihren Bewegungsradius beim Gehen mit einem Rollator. Therapeutischen Zwecken im Sinne der Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung diene der Einsatz des Gerätes hingegen nicht; die primäre Zielsetzung des Hilfsmittels sei die Wiederherstellung der Mobilität.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem vorgenannten Urteil des LSG hat die Beklagte Beschwerde eingelegt. Sie beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die Beklagte den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht formgerecht dargelegt hat (§ 160a Abs 2 S 3 SGG). Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist.
Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).
Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Die Beklagte hält für grundsätzlich bedeutsam die Fragen,
"Greift bei der Versorgung mit einem Hilfsmittel, das sowohl dem Behinderungsausgleich dient als auch zu therapeutischen Zwecken im Rahmen einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode eingesetzt werden kann, der Vorbehalt des § 135 Abs. 1 SGB V?"
"Kommt es für die Beurteilung des Vorbehalts bei doppelfunktionalen Hilfsmitteln darauf an, ob der Schwerpunkt beim Behinderungsausgleich oder bei der Krankenbehandlung liegt?"
Zur Begründung führt sie aus, dass bislang keine Rechtsprechung dazu vorliege, ob der Vorbehalt von § 135 Abs 1 SGB V auch dann greife, wenn ein Hilfsmittel sowohl dem Behinderungsausgleich diene als auch im Rahmen der Krankenbehandlung eingesetzt werden könne bzw ob unterschiedliche Bewertungen angezeigt seien, je nachdem wo der Schwerpunkt des Einsatzes des Hilfsmittels liege. Zum Erfordernis der Beteiligung des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 135 SGB V bezieht sich die Beklagte auf die Senatsurteile vom 8.7.2015 (B 3 KR 6/14 R - BSGE 119, 180 = SozR 4-2500 § 139 Nr 7, CAM-Kniebewegungsschiene) und vom 11.5.2017 (B 3 KR 6/16 R - SozR 4-2500 § 33 Nr 51, Kopforthese).
Die von der Beklagten aufgeworfenen Fragen sind schon nach ihren eigenen Darlegungen (S 2 der Beschwerdebegründung) nicht entscheidungserheblich. Denn sie teilt die Urteilsgründe des LSG dahin mit, dass das Hilfsmittel "ausschließlich dem Behinderungsausgleich und nicht therapeutischen Zwecken im Sinne einer Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung" diene. Daher fehlt es ihrem Vortrag an hinreichender Plausibilität, aus welchem Grund über eine - behauptete - Doppelfunktionalität des Hilfsmittels im Rahmen eines Revisionsverfahrens zu entscheiden sein sollte. Wenn die Beklagte "im Gegensatz zu den Ausführungen der Vorinstanzen" (S 11 der Beschwerdebegründung) meint, das Hilfsmittel sei doppelfunktional konzipiert, weil es auch eine therapeutische Komponente zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung habe, stehen ihre Darlegungen den nicht mit Verfahrensrügen und daher den Senat bindenden Tatsachenfeststellungen des LSG (§ 163 SGG) entgegen, dass die primäre Zielsetzung des Hilfsmittels die Wiederherstellung der Mobilität zum Behinderungsausgleich sei.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 2 Halbs 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI12719957 |