Verfahrensgang

SG Hildesheim (Entscheidung vom 15.12.2022; Aktenzeichen S 24 AS 1321/18)

LSG Niedersachsen-Bremen (Beschluss vom 03.04.2023; Aktenzeichen L 7 AS 58/23)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 3. April 2023 - L 7 AS 58/23 - Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

 

Gründe

Dem Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH kann nicht stattgegeben werden. Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet; das ist hier nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass ein beim BSG zugelassener Prozessbevollmächtigter(§ 73 Abs 4 SGG ) in der Lage wäre, die vom Kläger angestrebte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG erfolgreich zu begründen. Da der Kläger keinen Anspruch auf Bewilligung von PKH hat, ist auch sein Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen( § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm§ 121 ZPO ) .

Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat(Nr 1) , der Beschluss des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht(Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann(Nr 3) . Ein solcher Zulassungsgrund ist weder nach dem Vorbringen des Klägers noch nach summarischer Prüfung des Streitstoffs aufgrund des Inhalts der beigezogenen Verfahrensakte ersichtlich.

Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache(§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) ist nur dann anzunehmen, wenn eine Rechtsfrage aufgeworfen wird, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Es ist nicht erkennbar, dass sich wegen der Entscheidung der Vorinstanz, der Kläger habe keinen weitergehenden Anspruch auf einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung für die Versorgung mit Trinknahrung, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen.

Die Entscheidung des LSG weicht auch nicht von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG ab, weshalb eine Divergenzrüge keine Aussicht auf Erfolg verspricht(§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) . Divergenz kommt ausschließlich in Betracht, wenn das LSG einen Rechtssatz in Abweichung von einem solchen des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter in der Lage sein könnte, derartige abweichende Rechtssätze, auf denen die Entscheidung beruht, zu benennen. Soweit der Kläger rügt, das LSG sei vom Urteil des BSG vom 27.2.2008( B 14/7b AS 64/06 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 2) abgewichen, ist nicht ersichtlich, dass das LSG, das sich insoweit auf die Begründung durch das SG gestützt hat, bei seiner Entscheidung einen von der Rechtsprechung des BSG abweichenden rechtlichen Maßstab zugrunde gelegt hat.

Schließlich ist nicht erkennbar, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter einen Verfahrensmangel geltend machen könnte, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann(§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG ) . Soweit der Kläger mit seinem PKH-Antrag rügt, das LSG habe seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs(Art 103 Abs 1 GG ,§ 62 SGG ) verletzt, liegt ein Verfahrensfehler, auf dem der Beschluss des LSG beruhen kann, nicht vor. Insbesondere war das LSG nicht verpflichtet, im Rahmen der Anhörung zu einer Entscheidung durch Beschluss - über den Hinweis auf die Unbegründetheit der Berufung hinaus - weitergehende Ausführungen zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage zu machen(vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl 2023, § 153 RdNr 19 mwN) . Ob das LSG verfahrensfehlerhaft gleichzeitig durch einen Beschluss die Berufung zurückgewiesen und die Bewilligung von PKH für das Berufungsverfahren abgelehnt hat, kann offenbleiben. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör folgt hieraus jedenfalls nur dann, wenn bei rechtzeitiger Entscheidung über die PKH ausgehend von dem damaligen Sach- und Kenntnisstand eine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung zu bejahen gewesen wäre(BSG vom 4.12.2007 - B 2 U 165/06 B - SozR 4-1500 § 62 Nr 9) . Dies ist angesichts der Ausführungen des SG, auf die das LSG Bezug genommen hat, nicht der Fall. Das SG hat im Einzelnen dargelegt, warum vor dem Hintergrund der krankenversicherungsrechtlichen Verordnungsfähigkeit der Trinknahrung ein zusätzlicher Bedarf, der über den vom beklagten Jobcenter bereits bewilligten Mehrbedarf in Höhe von 10 % des Regelbedarfs hinausgeht, nichts ersichtlich ist. Die vom Kläger in diesem Zusammenhang gerügte Überraschungsentscheidung liegt ebenfalls nicht vor. Insbesondere lässt sich der Anfrage des LSG bei den vormaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers, ob sie ihn im Berufungsverfahren vertreten, keine "PKH-Bewilligungs- und Beiordnungsabsicht" entnehmen. Zuletzt hat das LSG auch nicht deshalb den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, indem es über die Berufung durch Beschluss entschieden hat, obwohl das SG den Antrag des Klägers auf Terminverlegung abgelehnt hatte. Verfahrensfehler des SG bei der Ablehnung des Antrags auf Terminverlegung liegen nicht vor. Insbesondere war es nicht zu beanstanden, dass das SG die vom Kläger mit Schreiben vom 13.12.2022 vorgelegte Folgebescheinigung über seine Arbeitsunfähigkeit nicht hat ausreichen lassen(vgl nurBSG vom 13.10.2010 - B 6 KA 2/10 B - SozR 4-1500 § 110 Nr 1 RdNr 12 mwN) . Zudem ist nicht ersichtlich, warum die persönliche Anwesenheit des Klägers im Termin unerlässlich war, obwohl er durch seine damalige Prozessbevollmächtigte vertreten wurde(hierzuBSG vom 5.3.2004 - B 9 SB 40/03 B - RdNr 6 ) .

S. Knickrehm

Neumann

Harich

 

Fundstellen

Dokument-Index HI16283368

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