Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Hilfsmittelvertrag. Ausschreibung der Versorgung mit Elektrostimulationsgeräten. Ausschluss eines Bieters von der Wertung im Vergabeverfahren bei Abweichung von der Angebotsgrundlage mit einer bestimmten Anzahl von Erst- und Folgeversorgungen. Rechtsverletzung durch einen Beschluss der Vergabekammer. Beseitigung von Rechtsverletzungen durch die Vergabekammer und das Gericht. Darlegung der Antragsbefugnis für ein Nachprüfungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Das Angebot eines Bieters für eine Hilfsmittelversorgung (hier: Elektrostimulationsgeräte) ist von der Wertung im Vergabeverfahren auszuschließen, wenn die Krankenkasse in der Ausschreibung jeweils eine bestimmte Anzahl von Erst- und Folgeversorgungen als Angebotsgrundlage vorschreibt und der Bieter für die Folgeversorgungen einen besonders niedrigen Preis ansetzt, der auf Grundlage einer geringeren Zahl von Folgeversorgungen kalkuliert ist.
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Beschluss einer Vergabekammer, mit dem diese den Nachprüfungsantrag eines Konkurrenten zurückgewiesen und damit den Ausschluss von dessen Angebots aus dem Vergabeverfahren bestätigt hat, hat die Rechtsnatur eines feststellenden Verwaltungsakts (§ 114 Abs. 3 S. 1 GWB).
2. Bei der Entscheidung des BSG über die sofortige Beschwerde nach § 123 GWB sind die ehrenamtlichen Richter unabhängig von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht zuzuziehen. Dies folgt für Entscheidungen über sofortige Beschwerden gegen Entscheidungen der Vergabekammern, die Rechtsbeziehungen nach § 69 SGB V betreffen, aus der Neuregelung des § 142a Abs. 2 und Abs. 4 S. 2 SGG. Damit weicht die Besetzung der zuständigen Senate des BSG bei Entscheidungen über vergaberechtliche Beschwerden von der in § 40 S. 1 i.V.m. § 33 S. 1 SGG vorgesehenen Besetzung ab, wonach jeder Senat grundsätzlich mit einem Vorsitzenden, zwei Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig wird.
3. Der Antragsteller eines Nachprüfungsverfahrens nach § 107 Abs. 2 GWB muss nicht darlegen, dass er bei einem rechtmäßigen Vergabeverfahren den Zuschlag erhalten oder eine “echte Chance” auf den Zuschlag gehabt hätte (vgl BVerfG, 2 BvR 2248/03, NVwZ 2004, 1224 ff). Es genügt, dass das Interesse an dem konkreten Versorgungsauftrag durch die Abgabe eines Angebots auf die Ausschreibung dokumentiert wurde.
4. Ungewöhnlich niedrige Preise können gerade nicht damit gerechtfertigt werden, der Bieter gehe davon aus, betroffene Teilleistungen seien nicht erforderlich oder würden so nicht anfallen.
Normenkette
SGB 5 § 127 Abs. 1 Fassung: 2007-03-26; GWB §§ 97, § 97ff, § 106 Abs. 1, § 107 Abs. 2, § 114 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 3 S. 1, § 123; VOL A § 2 Nr. 1 Abs. 2, § 3a Nr. 4 Abs. 1, § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. a, d, Abs. 2 Buchst. c, Nr. 2 Abs. 2-3
Verfahrensgang
SG Rostock (Beschluss vom 16.06.2008; Aktenzeichen 17 Verg 2/08) |
Tatbestand
Die Antragsgegnerin (Ag) schrieb am 30.11.2007 die Versorgung ihrer Versicherten mit Elektrostimulationsgeräten (Produktuntergruppen 09.37.01, 09.37.02, 09.37.03 und 09.37.04 des Hilfsmittelverzeichnisses nach § 139 SGB V) in einem EU-weiten offenen Verfahren aus. Sie beabsichtigte, Verträge gemäß § 127 Abs 1 SGB V in zwei Gebietslosen für jeweils zwei Jahre (beabsichtigte Vertragslaufzeit: 15.2.2008 bis 14.1.2010) abzuschließen. Die Vergabeabsicht wurde im Dezember 2007 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft bekannt gemacht. Nach Nr II.1.9 der Bekanntmachung waren Varianten nicht zulässig. Nach den Verdingungsunterlagen waren Versorgungspauschalen für einen Erstversorgungszeitraum von sechs Monaten und einen Folgeversorgungszeitraum von 18 Monaten zu kalkulieren. Dabei waren beim ersten Los insgesamt 3.297 Erstversorgungen und 452 Folgeversorgungen sowie beim zweiten Los insgesamt 2.943 Erstversorgungen und 731 Folgeversorgungen zugrunde zu legen (vgl Abschnitte II E und III D der Verdingungsunterlagen) . Das Auftragsvolumen schätzte die Ag auf der Basis der Versorgungsstatistik der Vorjahre für den Vertragszeitraum auf circa 1.600.000 Euro. Die als Leistungserbringerin für Hilfsmittel zugelassene Antragstellerin (Ast) gab am 10.1.2008 ein Angebot für beide Lose ab, in dem sie für die Erstversorgung mit den Geräten der Hilfsmittelgruppen 09.37.01, 09.37.02 und 09.37.04 jeweils 31 Euro und bei der Gruppe 09.37.03 jeweils 120 Euro ansetzte. Die Folgeversorgung bot sie jeweils zu 1 Euro an. Dazu machte sie in dem ihrem Angebot beigefügten Begleitschreiben geltend, nach ihrer Erfahrung sei die Behandlung mit Elektrostimulationsgeräten in der Regel nach sechs Monaten abgeschlossen, sodass die Folgeversorgung kalkulatorisch vernachlässigt werden könne.
Die Ag schloss daraufhin die Ast aus dem Vergabeverfahren mit der Begründung aus, durch das Angebot von jeweils 1 Euro für die Folgeversorgung verstoße sie gegen § 25 Verdingungsordnung für Leistungen - ausgenommen Bauleistungen - Teil A: Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Leistungen (VOL/A) idF vom 6.4.2006 (Beilage zum BAnz Nr 100a vom 30.5.2006) , weil der Preis nicht dem tatsächlichen Aufwand für die Leistungserbringung entspreche und daher wesentliche Preisangaben fehlten. Es sei davon auszugehen, dass die Ast eine unzulässige Mischkalkulation vorgenommen habe. Jedenfalls stehe der angebotene Preis für die Folgeversorgungen in einem offenbaren Missverhältnis zum Aufwand für diese Leistung (Schreiben vom 17.1.2008). Das von der Ast vor der 2. Vergabekammer bei dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Mecklenburg-Vorpommern (Vergabekammer) betriebene Nachprüfungsverfahren, das auf die Neubewertung der abgegebenen Angebote unter Einbeziehung ihres Angebotes gerichtet war, blieb erfolglos (Beschluss vom 11.4.2008). Die Vergabekammer verwarf den Nachprüfungsantrag der Ast teilweise als unzulässig und wies ihn im Übrigen als unbegründet zurück, nachdem sie zuvor die Fa M. GmbH zu dem Verfahren beigeladen hatte (Beschluss vom 28.3.2008). Sie führte aus, die Ast sei in ihrem Angebot von den Kalkulationsvorgaben der Ag für die Preise abgewichen, sodass eine Vergleichbarkeit mit den anderen Angeboten nicht mehr gewährleistet sei. Die Beigeladene hat nach dem Vergabevermerk vom 17.1.2008 mit Preisen zwischen 20 und 100 Euro für die Erstversorgungen sowie 10 und 100 Euro für die Folgeversorgungen und daraus sich errechnenden Bewertungssummen von 78,81 Euro für das erste Los und 75,56 Euro für das zweite Los das günstigste Angebot abgegeben.
Gegen den Beschluss der Vergabekammer vom 11.4.2008 hat die Ast sofortige Beschwerde eingelegt und zugleich beantragt, die aufschiebende Wirkung des Rechtsmittels bis zur Entscheidung über die Beschwerde zu verlängern (§ 118 Abs 1 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen ≪GWB≫) . Zur Begründung ihrer Anträge hat sie vorgetragen, die Kosten für die Folgeversorgungen seien betriebswirtschaftlich zu vernachlässigen, weil die wesentlichen Ausgaben zu Beginn einer Versorgung anfielen und die Anzahl der Folgeversorgungen gering sei. Ein Missverhältnis zwischen den angebotenen Preisen und der Leistung liege nicht vor, weil nach der Ausschreibung der Angebotsendpreis für die Erst- und Folgeversorgung insgesamt maßgeblich sei. Schließlich fehle in ihrem Angebot auch nicht eine wesentliche Preisangabe, denn bei den Preisen für die Erst- und Folgeversorgungen handele es sich nur um Zwischensummen. Es sei vorgesehen, eine Wertungssumme je Regionallos zu bilden. Aus diesen Gründen könne (unter Bezugnahme auf BGHZ 159, 186 ff) auch nicht von einer unzulässigen Mischkalkulation ausgegangen werden. Betroffen sei nämlich nicht ein Einheitspreis iS des § 5 Nr 1 Buchst a) Verdingungsordnung für Bauleistungen Teil A: Allgemeine Bedingungen für die Vergabe von Bauleistungen (VOB/A) vom 20.3.2006 (BAnz Nr 94a vom 18.5.2006), sondern ein addierter Angebotsendpreis.
Das Oberlandesgericht (OLG) Rostock hat die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde im Wege einstweiliger Anordnung zunächst vorläufig bis zur Entscheidung über den Antrag nach § 118 Abs 1 Satz 3 GWB angeordnet, weil die Akten der Vergabekammer seinerzeit noch nicht eingegangen waren (Beschluss vom 7.5.2008), dann aber über diesen Antrag nicht mehr selbst entschieden, sondern ihn dem Bundesgerichtshof (BGH) zugeleitet (Beschluss vom 5.11.2008), nachdem das Beschwerdeverfahren bereits zuvor dem BGH gemäß § 124 Abs 2 Satz 1 GWB vorgelegt worden war (Beschluss vom 2.7.2008). Der BGH hat das Verfahren einschließlich des noch nicht beschiedenen Eilantrags gemäß § 207 SGG in der am 18.12.2008 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 15.12.2008 (GKV-OrgWG, BGBl I 2426) an das nunmehr zuständige Bundessozialgericht (BSG) abgegeben (Beschluss vom 18.12.2008, Eingang beim BSG am 12.1.2009). Mit Beschluss vom 23.2.2009 hat der erkennende Senat nach Anhörung aller Beteiligten den Antrag der Ast abgelehnt, die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde bis zur Entscheidung über die Beschwerde zu verlängern.
Die Ast beantragt,
den Beschluss der 2. Vergabekammer bei dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Mecklenburg-Vorpommern vom 11.4.2008 (2 VK 1/08) aufzuheben und die Ag zu verpflichten, die Ausschreibung zur Versorgung ihrer Versicherten mit Elektrostimulationsgeräten vom 30.11.2007 aufzuheben;
hilfsweise,
die Vergabekammer zu verpflichten, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats erneut über den Nachprüfungsantrag zu entscheiden.
Die Ag hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend und beantragt,
die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die sofortige Beschwerde der Ast hat keinen Erfolg. Die Beschwerde ist zulässig (dazu unter 1), prozessuale Hindernisse stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen (dazu unter 3). Nicht zu entscheiden war, in welchem Umfang das Vergaberechtsregime und seine Modernisierung zum 24.4.2009 (BGBl I 790, 798) im vorliegenden Fall zur Anwendung kommt (dazu unter 2 und 4). Denn selbst eine umfassende Geltung des Vergaberechts unterstellt, hat die Vergabekammer den Ausschluss des Angebots der Ast aus dem Vergabeverfahren zu Recht nicht beanstandet. Zwar war ihr Angebot nicht bereits deshalb von der Wertung gemäß § 25 Nr 1 Abs 1 Buchst a) VOL/A auszuschließen, weil wesentliche Preisangaben fehlen (dazu unter 5). Der Ausschluss war aber nach § 25 Nr 1 Abs 1 Buchst d) VOL/A gerechtfertigt, weil die Ast unzulässige Änderungen an den Verdingungsunterlagen vorgenommen hat (dazu unter 6). Wegen des offenbaren Missverhältnisses ihres Preisangebotes zu der ausgeschriebenen Leistung hätte auch der Zuschlag gemäß § 25 Nr 2 Abs 3 VOL/A nicht erteilt werden dürfen (dazu unter 7).
1. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist der Beschluss der Vergabekammer vom 11.4.2008, mit dem diese den Nachprüfungsantrag der Ast zurückgewiesen und damit den Ausschluss ihres Angebotes aus dem Vergabeverfahren bestätigt hat. Der Beschluss hat die Rechtsnatur eines feststellenden Verwaltungsaktes (vgl § 114 Abs 3 Satz 1 GWB) . Wird ein Antrag als unbegründet abgelehnt, ergibt sich die Feststellung, dass eine Rechtsverletzung nicht vorliegt, aus der Begründung der Entscheidung, ohne dass es eines feststellenden Ausspruches im Beschlusstenor bedarf (vgl dazu Dreher in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht - GWB, 4. Aufl 2007, § 114 RdNr 61; zur Verwaltungsaktqualität ferner BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 4 RdNr 27) .
Die Ast begehrt mit ihrem Rechtsmittel die Aufhebung dieses Beschlusses der Vergabekammer, verbunden mit dem weiteren Antrag, die Ausschreibung der Ag zur Versorgung ihrer Versicherten mit Elektrostimulationsgeräten vom 30.11.2007 aufzuheben. Die Verfahrenserklärung der Ast vor der Vergabekammer war dagegen ausdrücklich nur darauf gerichtet, ihr Angebot nicht von der Wertung im Vergabeverfahren auszuschließen, sondern die abgegebenen Angebote unter Einbeziehung ihres Angebotes neu zu bewerten. Bei wortgetreuer Auslegung des Antrages der Ast im Beschwerdeverfahren reicht das Begehren damit über jenes im Nachprüfungsverfahren hinaus, weil die dort beantragte Rücknahme des Ausschlusses ihres Angebotes aus der Wertung der Sache nach weniger weit geht als das Begehren, die Ausschreibung ganz zurückzunehmen, was - zumindest bis zu einer etwaigen künftigen Wiederholung der Ausschreibung - eine Rückkehr zur bisherigen Praxis der Versorgung der Versicherten mit Hilfsmitteln durch die zugelassenen Leistungserbringer allein auf der Basis frei ausgehandelter Versorgungsverträge - und damit die Wiederherstellung der bisherigen Rechtsposition der Ast - bedeuten würde. Diese wortgetreue Auslegung des Antrages ist aber nicht maßgeblich. Der Gesetzgeber hat sowohl der Vergabekammer als auch dem Gericht gemäß §§ 123, 114 Abs 1 Satz 1 GWB die Verpflichtung zugewiesen, geeignete Maßnahmen zu treffen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen. Dabei sind die Vergabekammer und das Gericht an die Anträge nicht gebunden, wie § 114 Abs 1 Satz 2 GWB und § 106 Abs 1 SGG zeigen, und können unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken (vgl OLG Celle, Beschluss vom 8.11.2001 - 13 Verg 9/01 -, OLGR Celle 2002, 57 ff = VergabeR 2002, 154 ff = ZfBR 2002, 293 ff; dazu auch Stockmann in: Immenga/Mestmäcker, aaO, § 123 RdNr 6 mwN) . Dem Vortrag der Ast im Beschwerdeverfahren ist eindeutig zu entnehmen, dass sie weiterhin eine Zuschlagserteilung an sich anstrebt. Ihr eigentliches Rechtsschutzziel besteht unverändert darin, die Ag zu verpflichten, die eingegangenen Angebote unter Einbeziehung ihres Angebotes neu zu bewerten. Sie führt kein Argument an, das geeignet wäre, die Unwirksamkeit der Ausschreibung insgesamt herbeizuführen. Damit steht im Wege sach- und interessengerechter Auslegung der Anträge der Ast fest, dass es auch im Beschwerdeverfahren nicht um die Aufhebung der Ausschreibung vom 30.11.2007 geht, sondern - nur - um eine Neubewertung aller eingegangenen Angebote einschließlich desjenigen der Ast mit dem Ziel einer späteren Zuschlagerteilung für ihr Angebot, das - rein rechnerisch - die günstigsten Preise enthält (§ 97 Abs 5 GWB) .
Vor diesem Hintergrund kann die Frage offenbleiben, ob eine solche Ausweitung des Begehrens im Beschwerdeverfahren überhaupt prozessual zulässig ist. Ferner braucht der Senat auch nicht darüber zu entscheiden, ob ein derartig ausgeweitetes Begehren - seine tatsächliche Beabsichtigung und seine grundsätzliche Zulässigkeit unterstellt - letztlich in der Sache Erfolg haben könnte. Es wäre nämlich zu beachten, dass eine sofortige Beschwerde nach § 117 Abs 2 GWB zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen ist. Dabei muss die Beschwerdebegründung die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird (Nr 1), und es sind die Tatsachen und Beweismittel anzugeben, auf die sich die Beschwerde stützt (Nr 2). An Letzterem würde es hier fehlen. Die Beschwerdebegründung der Ast enthält - wie bereits ausgeführt - kein Argument, das gegen die Unwirksamkeit der Ausschreibung vom 30.11.2007 selbst gerichtet ist. Die Sicherstellung der Versorgung der Versicherten mit Hilfsmitteln über Versorgungsverträge, die auf Ausschreibungen beruhen, ist seit dem 1.4.2007 zugelassen (§ 127 Abs 1 SGB V) . Insbesondere wird der Ag nicht vorgeworfen, ihren Spielraum bei der Beurteilung der Frage, ob eine Ausschreibung im vorliegenden konkreten Einzelfall überhaupt zweckmäßig ist (§ 127 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 Satz 1 SGB V) , überschritten zu haben. Sämtliche Argumente der Ast richten sich auf die Rechtswidrigkeit des Ausschlusses ihres Angebots aus der Wertung im Vergabeverfahren. Eine sofortige Beschwerde mit solchermaßen ausgeweitetem Beschwerdeantrag wäre deshalb mangels Formgerechtigkeit unzulässig, soweit das Begehren über jenes aus dem Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer hinausgeht. Auch dies spricht im Ergebnis dafür, dass es der Ast nicht um die Aufhebung der Ausschreibung selbst geht, sondern um die Neubewertung aller eingegangenen Angebote einschließlich ihres eigenen mit dem Ziel einer späteren Zuschlagserteilung an sie.
2. Offenbleiben kann, ob und inwieweit - bei Anwendbarkeit des Vergaberechts sowohl in prozessualer Hinsicht (§ 142a SGG) als auch materiell-rechtlich - der Entscheidung des Rechtsstreits die Bestimmungen des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.4.2009 (BGBl I 790) zugrunde zu legen sind. Dieses Gesetz ist am 24.4.2009 und damit erst nach der Beschlussfassung des erkennenden Senats (am 22.4.2009), aber vor Zustellung dieses Beschlusses an die Beteiligten in Kraft getreten. Die hierdurch bewirkten Gesetzesänderungen führen indes nicht zu einem anderen Ergebnis.
3. Prozessuale Hindernisse stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen (§ 142a Abs 1 SGG iVm §§ 116 ff GWB).
a. Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten ist eröffnet (vgl BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 4) . Diese bis früher zwischen den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und verschiedenen Zivilgerichten streitige Frage ist durch die mit dem GKV-OrgWG zum 18.12.2008 vorgenommenen Änderungen bzw Einfügungen bei den §§ 29, 142a, 207 SGG zwischenzeitlich geklärt (vgl Engelmann in: jurisPK-SGB V, Stand 10.2.2009 - juris-online, § 69 RdNr 276 ff) . Der Gesetzgeber hat damit die vom BSG vertretene Rechtsauffassung bestätigt. Nach der Übergangsregelung des § 207 SGG gehen Verfahren, die Rechtsbeziehungen nach § 69 SGB V betreffen und am 18.12.2008 anhängig sind, in dem Stadium, in dem sie sich befinden, in den Fällen des § 124 Abs 2 Satz 1 GWB auf das BSG über. Zu den Rechtsbeziehungen iS des § 69 SGB V gehören auch jene zwischen den Krankenkassen und Leistungserbringern nach § 127 SGB V. Das vorliegende Verfahren hat bei Inkrafttreten der Neuregelungen am 18.12.2008 wegen divergierender Ansichten über den zu beschreitenden Rechtsweg gemäß § 124 Abs 2 GWB dem BGH vorgelegen. Dieser hat die Sache daher zu Recht gemäß § 207 Satz 1 SGG an das BSG abgegeben (Beschluss vom 18.12.2008), das nunmehr - anstelle des Landessozialgerichts - abschließend in der Sache zu entscheiden hat (§ 142a Abs 4 Satz 2 und 3 SGG).
b. Der Senat konnte ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten mit einer solchen Vorgehensweise einverstanden erklärt haben (§ 142a Abs 1 SGG iVm § 120 Abs 2 und § 69 Abs 1 GWB) . Die Entscheidung des Senats über die sofortige Beschwerde nach § 123 GWB ergeht durch Beschluss (§ 142a Abs 1 SGG iVm § 120 Abs 2 und § 71 Abs 1 Satz 1 GWB). Bei der Entscheidung des Senats waren die ehrenamtlichen Richter unabhängig von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht zuzuziehen. Dies folgt für Entscheidungen über sofortige Beschwerden gegen Entscheidungen der Vergabekammern, die Rechtsbeziehungen nach § 69 SGB V betreffen, aus der Neuregelung des § 142a Abs 2 und Abs 4 Satz 2 SGG (vgl zu den Motiven des Gesetzgebers BT-Drucks 16/10609, S 82 zu § 142a SGG) . Damit weicht die Besetzung der zuständigen Senate des BSG bei Entscheidungen über vergaberechtliche Beschwerden von der in § 40 Satz 1 iVm § 33 Satz 1 SGG vorgesehenen Besetzung ab, wonach jeder Senat grundsätzlich mit einem Vorsitzenden, zwei Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern tätig wird.
c. Die sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer vom 11.4.2008 ist statthaft (§ 142aAbs 1 SGG iVm § 116 Abs 1 GWB) ; sie ist fristgemäß und - nach Maßgabe des oben dargestellten Streitgegenstandes - auch formgerecht eingelegt worden (§ 142a Abs 1 SGG iVm § 117 GWB).
d. Die Ast war auch hinsichtlich des Nachprüfungsverfahrens gemäß § 107 Abs 2 GWB antragsbefugt. Durch die Abgabe ihres Angebots auf die ausgeschriebenen Lose hat sie ihr Interesse an dem Versorgungsauftrag dokumentiert. Sie macht geltend, durch die behaupteten Vergaberechtsverstöße der Ag in ihrem Recht auf Einhaltung der Bestimmungen des Vergaberechts nach § 97 Abs 7 GWB verletzt zu sein. Hierfür legt sie dar, dass ihr durch die behaupteten Rechtsverletzungen ein Schaden in Form des entgangenen Gewinns zu entstehen droht, da sie bei Wertung ihres Angebots Zuschlagschancen hätte. Dies reicht aus. Ein Ast muss nicht darlegen, dass er bei einem rechtmäßigen Vergabeverfahren den Zuschlag erhalten oder eine "echte Chance" auf den Zuschlag gehabt hätte (vgl hierzu Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 29.7.2004 - 2 BvR 2248/03 -, NVwZ 2004, 1224 ff; ferner BGHZ 159, 186, 191f) .
e. Die Verfahrensbeteiligung der Ast, der Ag als Auftraggeberin der Ausschreibung sowie der Beigeladenen als Unternehmen, dessen Interesse durch die Entscheidung schwerwiegend berührt wird, weil es den Zuschlag erhalten soll, folgt aus § 142a Abs 1 SGG iVm §§ 119 und 109 GWB. Hiernach sind die am Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer Beteiligten auch am Beschwerdeverfahren zu beteiligen. Die Vergabekammer ist nicht beteiligt - und auch nicht beizuladen (Stockmann in: Immenga/Mestmäcker, aaO, § 119 RdNr 1).
4. Ohne Erfolg wendet sich die Ast gegen ihren Ausschluss aus dem Vergabeverfahren. Dabei kann offenbleiben, ob das Vergaberechtsregime der §§ 97 ff GWB und die Bestimmungen der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge ( Vergabeverordnung - VgV - vom 9.1.2001, BGBl I 110, neugefasst durch die Bekanntmachung vom 11.2.2003, BGBl I 169, im Jahre 2008 gültig in der Fassung der 3. Änderungsverordnung vom 23.10.2006, BGBl I 2334, in Kraft ab 1.11.2006) sowie auf der Verwaltungsebene die jeweilige Verdingungsordnung (sog "Normenkaskade") vorliegend überhaupt anwendbar sind. Auch in diesem Fall - was der Senat zu Gunsten der Ast unterstellt - liegt der von ihr geltend gemachte Verstoß nicht vor; das hat die Vergabekammer zutreffend entschieden. Maßgebend hierfür ist - soweit die nach § 127 SGB V abzuschließenden Verträge dem Vergaberechtsregime unterfallen - deren Qualifizierung als Liefer- und Dienstleistungsaufträge in Form von Rahmenvereinbarungen iS des § 3a Nr 4 Abs 1 VOL/A (so Vergabekammer ≪VK≫ Bund, Beschlüsse vom 16.12.2008 - VK 1-156/08 - und vom 9.1.2008 - VK 3-145/07 -) , für die der zweite Abschnitt der VOL/A einschlägig ist (§ 4 Abs 1 VgV) . Die insoweit maßgebende Regelung des § 25 VOL/A enthält umfangreiche Vorgaben zur Wertung der Angebote. Danach muss der Auftraggeber das wirtschaftlichste Angebot in einem negativen Ausleseverfahren ermitteln, wobei folgende vier Wertungsstufen zu durchlaufen sind: erste Stufe = Prüfung der formalen Anforderungen (§ 25 Nr 1 VOL/A) , zweite Stufe = Prüfung der Eignung der Bieter (§ 25 Nr 2 Abs 1 VOL/A) , dritte Stufe = Prüfung der Angemessenheit der Preise (§ 25 Nr 2 Abs 2 und 3 VOL/A) und vierte Stufe = Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots (§ 25 Nr 3 VOL/A) . Nach diesen Vorschriften - ihre Anwendbarkeit unterstellt - ist das Angebot der Ast zu Recht von der Wertung ausgeschlossen worden.
5. Das Angebot der Ast war allerdings nicht deshalb bereits auf der ersten Stufe der Angebotswertung (Prüfung der formalen Anforderungen) vom Verfahren auszuschließen, weil Preisangaben der Ast - wie von der Ag im Schreiben vom 17.1.2008 angenommen - fehlten, unklar oder unzutreffend waren.
a. Nach § 25 Nr 1 Abs 1 Buchst a) VOL/A sind Angebote zwingend auszuschließen, für deren Wertung wesentliche Preisangaben fehlen. Angebote genügen den Anforderungen des insoweit einschlägigen § 21 Nr 1 Abs 1 VOL/A nicht, wenn sie vom Auftraggeber geforderte Angaben und Erklärungen nicht enthalten und daher mit den anderen abgegebenen Angeboten nicht vergleichbar sind. Ein transparentes, auf Gleichbehandlung aller Bieter beruhendes Vergabeverfahren ist nur zu erreichen, wenn lediglich in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen ergebenden Hinsicht vergleichbare Angebote gewertet werden (vgl BGH, Urteil vom 7.1.2003 - X ZR 50/01 -, BGH-Report 2003, 830 f = ZfBR 2003, 503 f). Dabei begründet nicht schon ein wirtschaftlich nicht auskömmliches Angebot eine fehlende Preisangabe. Auch ein Preis von 0 Euro ist eine Preisangabe. Der Bieter ist grundsätzlich nicht verpflichtet, jede Kostenposition seiner internen Kalkulation in eine Preisangabe umzusetzen (vgl OLG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29.1.2009 - 1 Verg 10/08 -; vgl auch Kammergericht Berlin, Beschluss vom 26.2.2004 - 2 Verg 16/03 -, ZfBR 2004, 406 ff = VergabeR 2004, 330 ff).
b. Diesen Maßstäben wird das Angebot der Ast gerecht. Es enthält die von der Ag geforderten Angaben für die Erst- und Folgeversorgungen in den einzelnen Hilfsmittelgruppen. Denn selbst die Angebote in Höhe von 1 Euro für die Folgeversorgungen stellen hinreichend klare Preisangaben dar. Anhaltspunkte dafür, dass die Ast nicht bereit ist, etwa anfallende Folgeversorgungen zu dem angesetzten Preis von je 1 Euro auszuführen, sind nicht ersichtlich.
c. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von den Beteiligten in Bezug genommenen Rechtsprechung des BGH zu Bauleistungen (BGHZ 159, 186, 192, 193) . Hiernach ist vom Fehlen der geforderten Preise auszugehen, wenn ein Bieter für eine Leistungsposition ein besonders günstiges Angebot abgibt, weil er die von ihm tatsächlich für einzelne Leistungspositionen geforderten Preise auf verschiedene andere Leistungspositionen verteilt. Der BGH erachtet eine solche sog "Mischkalkulation" für unzulässig. Dies beruht auf der Annahme, der Bieter spekuliere bei seiner Kalkulation über Mengenänderungen im Leistungsvolumen und laufe daher bei einer möglichen Fehlkalkulation Gefahr, den Auftrag nicht zuverlässig ausführen zu können.
Eine in diesem Sinne unzulässige Mischkalkulation hat die Ast nicht vorgenommen. Sie hat die Preise für die Folgeversorgungen unstreitig nicht in der Weise gebildet, dass sie Teile der für die Folgeversorgung entstehenden Kosten bereits in den Preisen für die Erstversorgungen berücksichtigt hat. Die niedrigen Preise der Ast für die Folgeversorgungen beruhen vielmehr auf der eigenmächtigen Annahme, diese würden nur in zu vernachlässigender Anzahl anfallen; die Kosten einer Versorgung entstünden ganz überwiegend nur in den ersten sechs Monaten, also während der Erstversorgung. Die Ast sucht damit für die Folgeversorgungen keinen betriebswirtschaftlichen Ausgleich in den Preisen für die Erstversorgung, sondern hat vielmehr die Kalkulationsgrundlage nach eigener Vorstellung und Einschätzung abgeändert.
6. Im Hinblick auf die Änderung durch die Ast hat die Vergabekammer zu Recht angenommen, dass das Angebot deshalb aus formalen Gründen auf der ersten Stufe der Angebotswertung (Prüfung der formalen Anforderungen) auszuschließen war, weil es nicht den Erfordernissen des Leistungsverzeichnisses der Ag entspricht.
a. Ein Angebot ist zwingend nach § 25 Nr 1 Abs 1 Buchst d) VOL/A auszuschließen, wenn der Bieter Änderungen oder Ergänzungen an den Verdingungsunterlagen vorgenommen hat. Zu den Verdingungsunterlagen gehören die Leistungsbeschreibung und die Vertragsbedingungen. Änderungen oder Ergänzungen der Verdingungsunterlagen können in Form von Streichungen, Einfügungen oder durch Herausnahme von Einzelblättern erfolgen, aber auch inhaltlicher Natur sein, zB dadurch, dass dem Angebot ein leistungs- oder vertragsmodifizierendes Begleitschreiben beigefügt wird (vglStolz in:Willenbruch/Bischoff, Vergaberecht, 2008, § 21 VOL/A RdNr 15 mwN) . Mit dem Verbot von Änderungen der Verdingungsunterlagen soll die uneingeschränkte Vergleichbarkeit der Angebote gewährleistet werden (vglBGH, Urteil vom 8.9.1998 - X ZR 85/97 -, NJW 1998, 3634, 3635, und vom 16.4.2002 - X ZR 67/00 -, NJW 2002, 2558, 2558; vgl auch Daub/Meierrose/Eberstein, VOL/A, 5. Aufl 2000, § 21 RdNr 23; Kulartz/Portz/Düsterdiek/Röwekamp, VOL/A und VOL/B, 5. Aufl 2007, S 81 zu § 8 VOL/A sowie S 119 zu § 25 Nr 1 Abs 1 Buchst d VOL/A). Deshalb spielt es keine Rolle, ob die vom Bieter vorgenommenen Änderungen zentrale und wichtige oder eher nebensächliche Positionen betreffen. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Abweichungen letztlich irgendeinen Einfluss auf das Wettbewerbsergebnis haben können (vglOLG Frankfurt, Beschluss vom 21.4.2005 - 11 Verg 1/05 -, VergabeR 2005, 487 ff). Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die in der Ausschreibung geforderte Leistung ganz oder teilweise objektiv nicht erbracht werden kann (vglBGHZ 169, 131, 137 f mwN). Ob die Verdingungsunterlagen im Angebot geändert worden sind, ist durch einen Vergleich des Inhalts des Angebots mit den in den Verdingungsunterlagen geforderten Leistungen festzustellen (vgl OLG Frankfurt, Beschluss vom 25.7.2008 - 11 Verg 10/08) . Es steht nämlich im Ermessen des Auftraggebers, welche Anforderungen er an die ausgeschriebene Leistung stellen will (vgl hierzu OLG München vom 17.9.2007 - Verg 10/07 -, ZfBR 2007, 828 ff). Im Zweifel ist die Leistungsbeschreibung einer Auslegung nach allgemeinen Grundsätzen (§§ 133, 157 BGB) zugänglich.
b. Das Angebot der Ast entspricht nicht den Anforderungen der Leistungsbeschreibung. Die Ag hat in den Verdingungsunterlagen Folgendes vorgegeben: Die Bieter hatten Versorgungspauschalen für einen Erst- und einen Folgeversorgungszeitraum zu kalkulieren. Diese waren dabei getrennt nach den einzusetzenden Hilfsmitteln gemäß den angegebenen Produktgruppen zu berechnen. Die Erstversorgungspauschale war für einen Versorgungszeitraum von sechs Monaten zu kalkulieren, die Folgepauschale für einen Versorgungszeitraum von weiteren 18 Monaten (siehe Abschnitt II E - Kalkulationsgrundlage der Verdingungsunterlagen). Zur Bewertung der Angebotspreise sollte eine Wertungssumme je Regionallos errechnet werden. Dazu sollte der Angebotspreis für die Erst- und Folgeversorgungspauschale je Produktgruppe mit der entsprechenden Anzahl von Erst- und Folgeversorgungen aus den Jahren 2006/2007 multipliziert werden (Abschnitt III D - Wertung der Angebote/Zuschlag der Verdingungsunterlagen). Dabei waren beim ersten Los insgesamt 3.297 Erstversorgungen und 452 Folgeversorgungen sowie beim zweiten Los insgesamt 2.943 Erstversorgungen und 731 Folgeversorgungen zugrunde zu legen (siehe dazu die Tabelle in Abschnitt II E der Verdingungsunterlagen). Aus diesen Vorgaben der Ag ergibt sich, dass es den Bietern oblag, maßgebliche Angebote sowohl für die Erst- als auch für die Folgeversorgung aller Hilfsmittelgruppen abzugeben, welche sich in den zu bildenden Wertungssummen niederschlagen sollten. Die Vorgaben der Ag waren vom Empfängerhorizont der Bieter so zu verstehen, dass zwingende Kriterien für die Kalkulation der Wertungssummen der Regionallose vorgegeben wurden.
Von diesen Vorgaben ist die Ast mit ihrem Angebot abgewichen. In dem ihren Angebotsunterlagen beigefügten Begleitschreiben wies sie auf die ihrer Kalkulation zugrunde liegende Erfahrung hin, die Behandlung mit Elektrostimulationsgeräten sei in der Regel innerhalb der ersten sechs Monate abgeschlossen. Hierdurch modifizierte sie die von der Ag vorgegebenen Kalkulationskriterien, die Folgeversorgungen in einem Umfang von 452 für das erste Los und 731 für das zweite Los in Ansatz brachte. Entgegen der Annahme der Ast stellen die Folgeversorgungen, die beim ersten Los bei 13,71 % und beim zweiten Los bei 24,84 % der Erstversorgungen anfallen, insgesamt gerade keine zu vernachlässigende Größe dar. Schließlich ist es auch gleichgültig, ob die von der Ast vorgenommene Änderung der Verdingungsunterlagen nur geringfügig war. Denn darauf kommt es nicht an.
c. Der Einwand der Ast, es handele sich bei den Preisen für die Erst- und Folgeversorgungen nur um Zwischensummen, ist demgegenüber genauso unerheblich wie die Behauptung der Ast, nach ihren Erfahrungen könne die Folgeversorgung vernachlässigt werden. Die der Kalkulation der Ast zugrunde liegenden Erwägungen sind in aller Regel nicht von Bedeutung; die Angebote sollten gewertet werden. Geht einer der Bieter von anderen Gegebenheiten aus, fehlt es an einer Vergleichbarkeit der Angebote. Will der Auftraggeber ein Angebot für Erst- und Folgeversorgungen und schreibt er für die Bildung von Wertungssummen eine bestimmte Berechnungsweise vor, dann haben sich die Bieter bei der Erstellung der Angebote danach zu richten, wenn ihr Angebot in die Wertung gelangen soll. Dass die Erfüllung dieser Anforderungen möglich und die Ausschreibung hinreichend verständlich war, zeigen die von den übrigen Bietern abgegebenen und formal unbeanstandet gebliebenen Angebote.
d. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht, wenn das Angebot der Ast in ein Nebenangebot umgedeutet wird. Nebenangebote sind Angebote, die entweder von der ausgeschriebenen Leistung oder von den Vertragsbedingungen abweichen (vglStolz in: Willenbruch/Bischoff, Vergaberecht, 2008, § 21 VOL/A RdNr 19) . Diese müssen auf besonderer Anlage gemacht und als solche deutlich gekennzeichnet werden (§ 21 Nr 2 VOL/A) . Bei einer Umdeutung des Angebotes der Ast in ein Nebenangebot würde es an einem Hauptangebot der Ast fehlen. Die Ag wäre zudem wegen der fehlenden Bezeichnung des Angebotes als Nebenangebot weiterhin zum Ausschluss berechtigt (§ 25 Nr 1 Abs 2 Buchst c VOL/A) .
7. Das Angebot der Ast war auch nach § 25 Nr 2 Abs 2 und 3 VOL/A auf der dritten Stufe der Angebotswertung (Prüfung der Angemessenheit der Preise) vom Verfahren auszuschließen.
a. Nach der VOL/A darf der Zuschlag nicht auf ein Angebot mit einem unangemessen niedrigen Preis (§ 25 Nr 2 Abs 2, 3 VOL/A) oder auf ein Angebot erteilt werden, dessen Preis in einem offenbaren Missverhältnis zur Leistung steht (§ 25 Nr 2 Abs 3 VOL/A) . Die Bestimmungen dienen in erster Linie dem Schutz des Auftraggebers vor der Eingehung eines wirtschaftlichen Risikos. Dieser läuft bei Zuschlagserteilung auf ein Angebot mit einem unangemessen niedrigen Preis nämlich Gefahr, dass der Anbieter entweder in eine qualitativ schlechte Leistung oder aber in unberechtigte Nachforderungen auszuweichen versucht. Demgegenüber ist es nicht Sinn der Vorschrift, dem Bieter selbst oder den Mitbietern auskömmliche Preise zu garantieren. Es liegt im Verantwortungsbereich des Bieters, wie er seine Preise kalkuliert und zu welchen Preisen er welche Leistungen des Leistungsverzeichnisses anbietet (vgl BGH, NJW 1995, 737, 738) . Mangelnde Kostendeckung begründet deshalb nicht ohne weiteres ein offenbares Missverhältnis iS des § 25 Nr 2 Abs 3 VOL/A. Vielmehr geht es um die Verpflichtung des öffentlichen Auftraggebers aus § 2 Nr 1 Abs 2 VOL/A, wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweisen im Wettbewerb zu bekämpfen. Demnach ist nicht entscheidend, ob ein "Unterkostenangebot" vorliegt oder nicht. Maßgeblich ist vielmehr, ob ein solches Angebot der gezielten und vollständigen Verdrängung anderer Bieter vom Markt dient oder ob es den Bieter selbst im konkreten Fall so in Schwierigkeiten bringt, dass er den Auftrag nicht mehr ordnungsgemäß ausführen kann (vgl OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.6.2002 - Verg 18/02 -, NWVBl 2003, 192, 193 f; ferner VK Bund, Beschluss vom 7.9.2000 - VK 2-26/00 -, NZBau 2001, 167, 168 zu § 25 Nr 3 Abs 2 VOB/A). Ungewöhnlich niedrige Preise sind unproblematisch, wenn im Angebot eine plausible Erklärung für den betreffenden Preis enthalten ist, sodass davon ausgegangen werden kann, dass es sich um den für die betreffende Leistung tatsächlich geforderten Preis handelt und keine Kompensation in anderen Positionen erfolgt ist.
b. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze stehen die Angebote der Ast für die ausgeschriebenen Gebietslose nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung. Die Preise für die Folgeversorgungen (1 Euro) liegen 90 % unter dem günstigsten Angebot der Beigeladenen (10 Euro). Die Wertungssummen der Angebote der Ast liegen mit 28,62 Euro für das erste Los und 27,38 Euro für das zweite Los jeweils über 60 % unter den Bewertungssummen der Beigeladenen (78,81 Euro für das erste Los und 75,56 Euro für das zweite Los), die ausweislich der Bewertungsmatrix der Angebotswertung bereits selbst erheblich die Angebote der übrigen Anbieter unterschreiten. Das insoweit bestehende Missverhältnis zwischen den angeboten Preisen und der Leistung ist augenfällig. Bereits bei Preisdifferenzen von 10 % bis 20 % zu den Angeboten anderer günstiger Bieter wird eine weitere Prüfungspflicht nach § 25 Nr 2 Abs 2 VOL/A angenommen ( vgl VK Südbayern, Beschluss vom 14.9.2007 - Z3-3-3194-1-33-07/07 -, juris RdNr 159 mwN; ferner Weyand, Vergaberecht, 2. Aufl 2007, § 25 VOL/A RdNr 7495 ff unter Verweis auf § 25 VOB/A RdNr 5628, 5636 ff) . Hier hat die weitere Prüfung der Kalkulation der Ast durch die Ag ergeben, dass die Ast die in den Verdingungsunterlagen vorgegebene Anzahl an Folgeversorgungen eigenmächtig nicht in ihr Angebot einkalkuliert hat. Ungewöhnlich niedrige Preise können aber gerade nicht damit gerechtfertigt werden, der Bieter gehe davon aus, betroffene Teilleistungen seien nicht erforderlich oder würden so nicht anfallen (vgl Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 18.9.2003 - Verg 12/03 -, BayObLGZ 2003, 240 ff = ZfBR 2004, 95 ff). Die Ag konnte daher zu Recht besorgt sein, dass die Ast den Auftrag nicht ordnungsgemäß ohne weitere Schwierigkeiten ausführen würde.
8. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGG iVm § 154 Abs 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Da die Ast mit ihrer sofortigen Beschwerde erfolglos geblieben ist, hat sie die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Erstattungsfähig sind gemäß § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGG iVm § 162 Abs 3 VwGO auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, weil dies im vorliegenden Fall auch ohne entsprechende Antragstellung der Billigkeit entspricht. Die Beigeladene, deren wirtschaftliche Interessen durch den Ausgang dieses Verfahrens ganz wesentlich betroffen sind, hat das Beschwerdeverfahren durch eine schriftsätzliche Stellungnahme vom 16.6.2008 wesentlich gefördert (vgl auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 197a RdNr 29).
9. Es war festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Ast bereits im Verfahren vor der Vergabekammer notwendig war (§ 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGG iVm § 162 Abs 2 Satz 2 VwGO). Angesichts der Schwierigkeiten in der rechtlichen Beurteilung und des erheblichen Auftragswerts der ausgeschriebenen Aufträge war es der Ast nicht zu verwehren, unmittelbar externen anwaltlichen Rat in Anspruch zu nehmen. Für das Beschwerdeverfahren ergibt sich die Notwendigkeit einer anwaltlichen Vertretung schon aus § 142a Abs 1 SGG iVm § 120 Abs 1 Satz 1 GWB.
10. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 63 Abs 2 Satz 1, 52 Abs 1, 47, 50 Abs 2 Gerichtskostengesetz (GKG). Nach § 50 Abs 2 GKG beträgt der Streitwert in Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer (§ 116 GWB) einschließlich des Verfahrens über den Antrag nach § 115 Abs 2 Satz 2 und 3, § 118 Abs 1 Satz 3 und nach § 121 GWB 5 % der Bruttoauftragssumme. Der in der Ausschreibung vom 30.11.2007 enthaltenen Schätzung der Ag zufolge betrug die Auftragssumme für die zweijährige Vertragslaufzeit 1.600.000 Euro, sodass der Streitwert auf 80.000 Euro festzusetzen war.
Fundstellen