Leitsatz (redaktionell)
Der Senat hat beschlossen, über die Frage, ob RVO § 368a Abs 8 S 1 insofern GG Art 12 Abs 1 widerspricht, als die Beteiligung leitender Krankenhausärzte an der kassenärztlichen Versorgung (auf Grund von Überweisungen durch Kassenärzte) davon abhängt, daß die Beteiligung zur Sicherstellung einer ausreichenden ärztlichen Versorgung der Versicherten notwendig ist, gemäß GG Art 100 Abs 1 die Entscheidung des BVerfG einzuholen.
Normenkette
RVO § 368a Abs. 8 S. 1 Fassung: 1955-08-17; GG Art. 12 Abs. 1 Fassung: 1956-03-19, Art. 100 Abs. 1 Fassung: 1949-05-23
Tenor
1. Das Verfahren wird ausgesetzt.
2. Es ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Frage einzuholen, ob § 368a Abs. 8 Satz 1 Reichsversicherungsordnung insofern Art. 12 Abs. 1. Grundgesetz widerspricht, als die Beteiligung leitender Krankenhausärzte "an der kassenärztlichen Versorgung auf Überweisung durch Kassenärzte" davon abhängig ist, daß die Beteiligung notwendig ist, um eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten zu gewährleisten.
Gründe
I.
Der Kläger ist Facharzt für innere Krankheiten und seit 1. Mai 1957 Chefarzt der Inneren Abteilung des Kreiskrankenhauses .../Steige. Er stellte im März 1957 beim Zulassungsausschuß für Ärzte im Regierungsbezirk Nord-Württemberg (ZA) einen Antrag auf Beteiligung an der kassenärztlichen Versorgung. Mit Beschluß vom 10. Mai 1957 entsprach der ZA diesem Antrag nach § 21 der damals noch gültigen Zulassungsordnung für Baden-Württemberg vom 26. November 1953 - ZO 1953 - (GBl Baden-Württemberg S. 197).
Auf den Widerspruch der Kassenärztlichen Vereinigung Nord-Württemberg (KV) hob der beklagte Berufungsausschuß (BA) den Beschluß des ZA auf und wies den Beteiligungsantrag zurück (Beschluß vom 26. November 1957). Er stützte seine Entscheidung auf § 368a Abs. 8 Reichsversicherungsordnung (RVO) in der Fassung des Gesetzes über Kassenarztrecht (GKAR) und § 29 der Zulassungsordnung für Kassenärzte vom 28. Mai 1957 (ZO-Ärzte). Als ausschlaggebend sah der BA an, daß der Kläger nicht in der Lage sei, persönlich die ihm überwiesenen Fälle zu betreuen, da er nur im Notfall die Röntgeneinrichtung des Kreiskrankenhauses selbst benutzen dürfe, wenn nämlich der vom Krankenhaus angestellte Facharzt für Röntgenologie und Strahlenheilkunde nicht erreichbar sei. Ob ein Bedürfnis für die Beteiligung des Klägers gegeben sei, ließ der BA offen.
Gegen diesen Beschluß erhob der Kläger vor dem Sozialgericht (SG) Reutlingen Klage. Während dieses Verfahrens machte der beklagte BA vorsorglich noch geltend, daß eine Beteiligung des Klägers nicht notwendig sei, da eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten bereits durch die vorhandenen Kassenfachärzte gewährleistet sei. Das SG änderte den angefochtenen Beschluß des BA und verpflichtete diesen, den Kläger nach § 29 Abs. 2 Buchst. c und d ZO-Ärzte zu beteiligen; im übrigen wurde die Klage abgewiesen (Urteil vom 27. April 1959). Im Gegensatz zum BA ging das SG davon aus, daß der Kläger der Verpflichtung genügen könnte, die kassenärztlichen Leistungen selbst zu erbringen. Gleichwohl hielt das SG eine volle Beteiligung des Klägers nicht für gerechtfertigt. Es verneinte ein Bedürfnis für die Beteiligung des Klägers "zum Zwecke der Krankheitserkennung" (§ 29 Abs. 2 Buchst. a ZO-Ärzte) und zur "konsularischen Beratung eines Kassenarztes in der Behandlung" (§ 29 Abs. 2 Buchst. b ZO-Ärzte), da die beiden in .../Steige niedergelassenen Kassenfachärzte hierfür ausreichten. Jedoch sei ein Bedürfnis für die Beteiligung des Klägers zur "Durchführung besonderer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden" (§ 29 Abs. 2 Buchst. c ZO-Ärzte) und zur "ambulanten Nachbehandlung nach einer stationären Krankenhausbehandlung im Einvernehmen mit dem behandelnden Kassenarzt" (§ 29 Abs. 2 Buchst. d ZO-Ärzte) zu bejahen.
Gegen dieses Urteil legten der Kläger und die beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berufung ein. Das Landessozialgericht (LSG) wies die Berufung des Klägers zurück. Auf die Berufung der KV wurde die Klage in vollem Umfange abgewiesen; die Revision wurde zugelassen (Urteil vom 23. Juni 1960). Das LSG hat seiner Entscheidung nach Art. 4 § 11 Abs. 2, letzter Halbs. GKAR neues Recht (§ 368a Abs. 8 RVO, § 29 ZO-Ärzte) zugrunde gelegt, weil es nach seiner Auffassung für den Kläger günstiger als der noch vom ZA angewandte § 21 ZO 1953 ist. Es hat § 368a Abs. 8 RVO in der Fassung des GKAR als gültig angesehen.
Von dieser Rechtsauffassung ausgehend hat das LSG durch Vernehmung der beiden in ... zur Kassenpraxis zugelassenen Fachärzte Beweis darüber erhoben, ob die Beteiligung des Klägers notwendig ist, um eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten zu gewährleisten (§ 368a Abs. 8 Satz 1 RVO). Auf Grund der Beweisaufnahme ist das LSG zum Ergebnis gekommen, daß die beiden vorhandenen Kassenfachärzte für die Durchführung der in § 29 Abs. 2 ZO-Ärzte aufgeführten ärztlichen Leistungen ausreichten und ein Bedürfnis für die Beteiligung des Klägers daher nicht bestehe.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger Revision eingelegt mit dem Antrag,
das angefochtene Urteil aufzuheben und den beklagten BA zu verpflichten, den Kläger an der kassenärztlichen Versorgung auf Überweisung durch Kassenärzte in vollem Umfange zu beteiligen.
Er rügt, das LSG habe bei der Prüfung der Frage, ob die Beteiligung des Klägers notwendig sei, eine Reihe wesentlicher Stellungnahmen von Sachverständigen, Ärzten, der KV und von Verbänden der Krankenkassen unberücksichtigt gelassen und damit gegen seine Verpflichtung verstoßen, sich seine Überzeugung aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu bilden (§ 128 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Weiterhin habe das LSG seine Aufklärungspflicht verletzt (§ 103 SGG). Ob die Beteiligung des Klägers unter den gegebenen Umständen notwendig sei, hätte wegen der damit zusammenhängenden ärztlich-medizinischen Fragen nur unter Zuhilfenahme eines Sachverständigen-Gutachtens entschieden werden dürfen. Selbst der als ärztlicher Beisitzer in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG tätig gewesene Dr. W... (praktischer Arzt in Mannheim) habe nicht die für die Entscheidung der Bedürfnisfrage erforderliche Sachkunde gehabt, da er weder Krankenkassenarzt noch Internist sei.
In der Sache selbst sei das LSG bei der Beurteilung des Verhältnisses des § 368a Abs. 8 RVO zu § 368a Abs. 1 RVO zu Unrecht davon ausgegangen, die ambulante kassenärztliche Versorgung sei in erster Linie den frei praktizierenden Ärzten vorbehalten und die Beteiligung der leitenden Krankenkassenärzte habe demgegenüber nur subsidiäre Bedeutung. Vielmehr seien die leitenden Krankenhausärzte wegen ihrer besonderen Qualifikation für die bestmögliche ärztliche Versorgung der Versicherten unentbehrliche. - Ebenso unzutreffend sei die Auffassung des LSG, daß § 368a Abs. 8 RVO in Verbindung mit § 29 ZO-Ärzte durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 23. März 1960 nicht berührt werde. Die Vorschrift des § 368a Abs. 1 RVO bilde mit § 368a Abs. 8 RVO eine untrennbare Einheit, daß nach Feststellung der Nichtigkeit der ersten Vorschrift die Regelung des § 368a Abs. 8 RVO insofern keine selbständige Bedeutung mehr haben könne, als in ihr eine Bedürfnisprüfung vorgesehen sei. Hierbei sei auch als Ausdruck einer gewandelten Rechtsüberzeugung zu berücksichtigen, daß der Entwurf eines Krankenversicherungs-Neuregelungegesetzes (§ 387) die Bedürfnisprüfung für die Beteiligung leitender Krankenhausärzte fallengelassen habe (vgl. Bundesratsdrucksache 363/59).
Von den Beteiligten hat nur der beigeladene Landesverband de Ortskrankenkassen eine Stellungnahme abgegeben. Er tritt der Auffassung des Klägers insofern bei, als auch er das Bedürfnis für die Beteiligung des Klägers bejaht, verneint jedoch einen Zusammenhang zwischen der Entscheidung des BVerfG zu § 368a Abs. 1 RVO und der Regelung des § 368a Abs. 8 RVO.
II.
1.) Der Senat ist der Auffassung, daß § 368a Abs. 8 Satz 1 RVO insofern Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) widerspricht, als die Beteiligung leitender Krankenhausärzte an der kassenärztlichen Versorgung auf Überweisung durch Kassenärzte von einer Bedürfnisprüfung abhängig gemacht ist. Von der Gültigkeit der genannten Vorschrift der RVO hängt seine Entscheidung ab. Von seinem Standpunkt aus würde der Senat unter Aufhebung des angefochtenen Urteils des LSG und des angefochtenen Beschlusses des beklagten BA sowie in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils der Klage stattgeben und den beklagten BA verpflichten, den Kläger entsprechend seinem Klageantrag an der kassenärztlichen Versorgung auf Überweisung durch Kassenärzte zu beteiligen.
Hätte der Senat hingegen von der Gültigkeit des § 368a Abs. 8 Satz 1 RVO auszugehen, so würde er das Vorliegen der von der Revision gerügten Verfahrensmängel prüfen. Würde eine der Rügen durchgreifen, so würde der Senat den Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverweisen; andernfalls würde er in der materiellrechtlichen Beurteilung dem LSG beitreten und die Revision als unbegründet zurückweisen. Es würde sich also sowohl bei Begründetheit als auch bei Unbegründetheit der Verfahrensrügen eine andere Entscheidung ergeben als bei der vom Senat angenommenen teilweisen Verfassungswidrigkeit des § 368a Abs. 8 Satz 1 RVO.
Die Möglichkeit, daß bei Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG und nach neuer Beweisaufnahme auch das LSG zu einer Entscheidung im Sinne des Klageantrags käme, demnach unter Umständen auf einem anderen Wege dasselbe Ergebnis erzielt würde, wie es der Senat aus anderen Gründen für richtig hält, entbindet diesen nicht von seiner Verpflichtung nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG, das Verfahren auszusetzen und die Entscheiddung des BVerfG einzuholen; denn die Zurückverweisung einer vom Rechtsstandpunkt des Senats aus entscheidungsreifen Sache verstieße gegen die grundsätzliche Pflicht des Bundessozialgerichts (BSG), in der Sache selbst zu entscheiden (§ 170 Abs. 2 SGG). Daß die Sachentscheidung im konkreten Fall eine Vorabentscheidung des BVerfG erforderlich macht, befreit den Senat nicht vor seiner Pflicht zur Sachentscheidung; denn diese würde das gerichtliche Verfahren zum Abschluß bringen, während eine Zurückverweisung das endgültige Prozeßergebnis im Ungewissen ließe und nicht einmal eine erneute Revision an das BSG und die Anrufung des BVerfG ausschließen könnte. Wenn auch die Anrufung des BVerfG voraussetzt, daß sie zur Entscheidung eines konkreten gerichtlichen Verfahrens unerläßlich ist (BVerfG vom 25. Oktober 1960 in NJW 1961, 115), so bedeutet dies doch nur, daß das jeweils zur Entscheidung berufene Gericht alle ihm gegebenen Prozeßmöglichkeiten - etwa auch die einer Beweisaufnahme - ausschöpft, um darlegen zu können, daß es für seine Entscheidung auf die Gültigkeit der Norm ankommt. Wenn aber - wie im vorliegenden Fall - die Anrufung des BVerfG nur durch Zurückverweisung an das Vordergericht - also an ein anderes "Gericht" im Sinne des Art. 100 Abs. 1 GG (vgl. auch BVerfG 6. 222) - vermieden werden könnte, während das erkennende Gericht den Rechtsstreit im Falle der Verfassungswidrigkeit der anzuwendenden Vorschrift abschließend entscheiden könnte und nach § 170 Abs. 2 SGG grundsätzlich auch entscheiden müßte, so kommt es "bei der Entscheidung" (Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG) auf die Gültigkeit der Norm an.
2.) Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, daß der Anspruch des Klägers auf Beteiligung nach neuem Recht (§ 368a Abs. 8 RVO, § 29 ZO-Ärzte) zu prüfen ist. Das Verfahren ist bei den Zulassungsinstanzen zwar vor Inkrafttreten der ZO-Ärzte anhängig geworden. Nach Art. 4 § 11 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbs. GKAR wären somit die bisherigen Vorschriften anzuwenden, soweit sie für die beteiligten Ärzte günstiger sind. Die "bisherigen Vorschriften" (§ 21 der ZO Baden-Württemberg vom 26. November 1953 - GBl für Baden-Württemberg S. 197 -) waren aber für den die Beteiligung anstrebenden Arzt ungünstiger. Die Beteiligung lag nach diesem Landesrecht im Ermessen des Zulassungsausschusses und zwar nur zur Behebung eines Notstands zulässig, während § 368a Abs. 8 RVO dem Arzt einen Rechtsanspruch auf Beteiligung gibt, der keinen Notstand, sondern - allenfalls - ein Bedürfnis voraussetzt. Im vorliegenden Fall ist demnach § 368a Abs. 8 RVO in Verbindung mit § 29 ZO-Ärzte anzuwenden.
Dem LSG ist auch darin beizupflichten daß § 368a Abs. 8 Satz 1 RVO mit der dort vorgeschriebenen Bedürfnisprüfung -"sofern eine Beteiligung notwendig ist, um eine ausreichende ärztliche Versorgung des Versicherten zu gewährleisten" - nicht schon von der Feststellungswirkung des Urteils des BVerfG vom 23. März 1960 über die Verfassungswidrigkeit des § 368a Abs. 1 RVO ("BVerfG-Urteil") erfaßt ist. Nach diesem Urteil ist § 368a Abs. 1 Satz 1 RVO nichtig, soweit er sich auf Ärzte bezieht. Ferner werden "alle Vorschriften, die dem Vollzug des § 368a Abs. 1 Satz 1 RVO in seiner verfassungswidrigen Funktion als Mittel der Zulassungsbeschränkung dienen (zB § 368a Abs. 2 Nr. 11), insoweit mit der Entscheidung gegenstandslos" (BVerfG-Urteil S. 29). § 368a Abs. 8 RVO dient aber nicht dem Vollzug des § 368a Abs. 1 Satz 1 RVO. Diese Vorschrift handelt von der Verhältniszahl, die bei der Zulassung von Kassenärzten anzuwenden ist. Die Beteiligung leitender Krankenhausärzte hat mit der Durchführung eines durch Verhältniszahlen gesteuerten Zulassungssystems unmittelbar nichts zu tun. Vielmehr stehen Beteiligung und Zulassung als zwar demselben Ziel dienende, aber selbständig entwickelte Formen ärztlicher Versorgung der Versicherten nebeneinander. Beide Formen ergänzen sich, um in dem Zusammenwirken von zugelassenen und beteiligten Ärzten das gemeinsame Ziel zu erreichen, wie es sowohl in Abs. 1 (Zulassung) als auch in Abs. 8 (Beteiligung) des § 368a RVO zum Ausdruck gebracht ist: "eine ausreichende ärztliche Versorgung des Versicherten zu gewährleisten".
Ist somit § 368a Abs. 8 RVO von der Feststellungswirkung des BVerfG-Urteils auch nicht unmittelbar erfaßt, so kann doch bei Prüfung der Frage, ob § 368a Abs. 8 Satz 1 1 RVO in der Fassung des GKAR mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar ist, nicht unberücksichtigt bleiben, daß die Nichtigkeit des § 368a Abs. 1 Satz 1, soweit er sich auf Ärzte bezieht, vom BVerfG festgestellt ist und daß diese Feststellung wesentlich auf dem Gedanken beruht, die staatliche Organisationsgewalt stehe bei der freiberuflichen Tätigkeit der Kassenärzte im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Krankenversicherung dem Grundrecht der Berufsfreiheit nicht entgegen. Schon der Gedanke der Gleichbehandlung der Ärzte erfordert - ohne daß es einer Stellungnahme des Senats zu den Gründen des Urteils des BVerfG bedarf -, daß die vom BVerfG in den Gründen seines Urteils entwickelten Grundsätze über die Auslegung des Art. 12 GG auch bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 368a Abs. 8 Satz 1 RVO angewendet werden. Auch für die freiberufliche Tätigkeit leitender Krankenhausärzte muß demnach gelten, was das BVerfG als "innere Logik" des Kassenarztsystems (BVerfG-Urteil S. 16) bezeichnet hat: daß das Grundrecht der Berufsfreiheit nicht schon durch die staatliche Organisationsgewalt bei der Gestaltung der gesetzlichen Krankenversicherung eingeschränkt wird.
Für die Frage, welche Einschränkungen der Berufsfreiheit bei leitenden Krankenhausärzten zulässig sind, ist von besonderer Bedeutung das Berufsbild dieser Gruppe von Ärzten. Nach seinem Anstellungsvertrag (§ 6) war der Kläger berechtigt, als Nebentätigkeiten Sprechstundenpraxis, Gutachtertätigkeit und Konsiliartätigkeit auszuüben, soweit es die dienstlichen Verpflichtungen gestatten. Diese Regelung ist für das Anstellungsverhältnis leitender Krankenhausärzte typisch (vgl. die zwischen der Deutschen Krankenhausgesellschaft und dem Verband der Leitenden Krankenhausärzte vereinbarten "Grundsätze für die Gestaltung von Verträgen zwischen Krankenhausträgern und leitenden Abteilungsärzten (Chefärzten)" vom 12. Oktober 1956 [abgedruckt in Krankenhausarzt 1957, 89] und das nach diesen Grundsätzen vom Gesamtvorstand des Verbandes der Leitenden Krankenhausärzte empfohlene Muster eines Chefarztvertrages [abgedruckt in Krankenhausarzt 1959, 247]; vgl. ferner Hess/Venter, GKAR § 368a Anm. I, 110; Kuhns, Das gesamte Recht der Heilberufe, Stichwort "Chefarzt" [bearbeitet von Reinhard] S. I/337 ff, I/357; Schmelcher in Krankenhausarzt 1960, 11, 118; Hoepner in Krankenhausarzt 1960, 193). Regelmäßig besteht die ärztliche Tätigkeit des leitenden Krankenhausarztes nicht nur in der Erfüllung seiner sich aus dem Dienstvertrag ergebenden Verpflichtungen, sondern auch in freiberuflicher Tätigkeit, indem er Patienten ambulant oder - auf Grund besonderer Arztbehandlungsverträge - auch stationär behandelt. Auf die Abgrenzung der dienstvertraglich gebundenen und der freiberuflichen Tätigkeit im einzelnen braucht hier nicht näher eingegangen zu werden (vgl. dazu Schmelcher in Kuhns, Das gesamte Recht der Heilberufe Teil I, 572, 574 ff und 627 [mit weiteren Hinweisen]; Reinhard, ebenda S. 337, 340 ff, 357 ff; Nipperdey in seinem Rechtsgutachten "Chefarzt und Krankenhaus" [abgedruckt in Krankenhausarzt 4/1949, 4 ff]; BGH in BGHZ 5, 321; 7,1,12 ff und Krankenhausarzt 1958, 281; BFH in BStBl III 1955, 58). Jedenfalls ist für den Chefarzt ein regelmäßig nicht unwesentlicher Bereich freiberuflicher Tätigkeit typisch.
Zum Bereich der freiberuflichen Betätigung gehören auch die ärztlichen Leistungen, die der leitenden Krankenhausarzt auf Grund einer "Beteiligung an der kassenärztlichen Versorgung" zu erbringen hat. In diesen Fällen darf er nur auf Überweisung durch Kassenärzte hin tätig werden (§ 368a Abs. 8 Satz 1 RVO) und muß sich nach der Art seiner Beteiligung - jedenfalls nach der Vorschrift des § 29 Abs. 2 Satz 2 ZO-Ärzte, von deren Verfassungsmäßigkeit der Senat ausgeht - auf bestimmte ärztliche Leistungen beschränken; darin liegen wesentliche Beschränkungen seiner Tätigkeit im Hinblick sowohl auf den zu behandelnden Personenkreis als auch auf den Leistungsbereich. Entscheidend ist allein, daß dieser durch die Beteiligung eröffnete Wirkungsbereich der Sache nach zu der freiberuflichen Betätigung gehört, wie sie der Chefarzt auch sonst bei Nichtversicherten ("Privatpatienten") ausübt. Auch für diesen Bereich seiner Tätigkeit als "beteiligter Arzt" gilt entsprechend, was das BVerfG über das Verhältnis der kassenärztlichen zu der sonstigen freiberuflichen Betätigung eines Arztes festgestellt hat, daß nämlich "Kassenarzt" kein eigener Beruf ist, der dem Beruf des nicht zu den Kassen zugelassenen frei praktizierenden Arztes gegenübergestellt werden könnte (BVerfG-Urteil S. 17). Auch der an der kassenärztlichen Versorgung nur beteiligte Arzt "übt, wenn er zugleich Privatpatienten behandelt, nicht zwei Berufe aus". Vielmehr ist die Tätigkeit des "beteiligten" Chefarztes bei der ambulanten Behandlung von Kassenpatienten - wie die des Kassenarztes - nur eine Ausübungsform des Berufs des frei praktizierenden Arztes (BSG 2, 201, 215; BVerfG Urteil S. 18).
Allerdings besteht die Besonderheit, daß der Chefarzt neben der Tätigkeit des frei praktizierenden Arztes vor allem die des angestellten Krankenhausarztes ausübt. Der freiberufliche und der dienstvertraglich gebundene Tätigkeitsbereich des leitenden Krankenhausarztes lassen sich klar voneinander scheiden. Nimmt man an, daß der Zusammenhang zwischen der freiberuflichen Nebentätigkeit und der Haupttätigkeit nur äußerer Art ist, weil er sich darauf beschränkt, daß in der Regel die Nebentätigkeit im Krankenhaus ausgeübt und in wechselndem Umfang Einrichtungen, Räume, Personal und Material des Krankenhausträgers in Anspruch genommen werden (so Reinhard in Kuhns, Das gesamte Recht der Heilberufe Teil I, 357), mithin keine durch die besondere Stellung des Chefarztes der Sache nach bedingte Verbindung zwischen beiden Tätigkeitsbereichen besteht, so ließe sich die Auffassung vertreten, daß der Chefarzt, der auch eine freie Praxis (Privatpraxis und gegebenenfalls auch Kassenpraxis) betreibt, zwei Berufe ausübt. Für den zweiten Beruf - als frei praktizierender Arzt - würde dann grundsätzlich gelten, was auch für den allein ausgeübten Beruf des niedergelassenen Arztes nach Art. 12 Abs. 1 GG verbürgt ist. - Indessen ist fraglich, ob die Aufspaltung des Tätigkeitsbereichs leitender Krankenhausärzte in zwei selbständige Berufe - wie sie allerdings bei beamteten Chefärzten anzunehmen sein dürfte - den in der Regel gegebenen tatsächlichen Verhältnissen gerecht wird, ob nicht vielmehr die Verbindung von freiberuflicher und dienstvertragsgemäßer Tätigkeit der gesamten Berufsstellung so sehr entspricht, daß nach dem typischen Erscheinungsbild des Chefarztes richtiger nur von zwei Funktionen des - allein ausgeübten - Berufs des leitenden Krankenhausarztes gesprochen wird. Aber auch dann kann das freiberufliche Wirken des Chefarztes gegenüber der dienstvertraglich gebundenen Tätigkeit nicht als so unwesentlich angesehen werden, daß die für freiberufliche Betätigungen geltenden Verfassungsnormen nicht anzuwenden wären. Sowohl die Interessen der Krankenhäuser und ihrer leitenden Ärzte als auch die der Allgemeinheit an einem breiten Wirkungsfeld der - regelmäßig besonders qualifizierten - Chefärzte lassen es geboten erscheinen, daß sich diese Ärzte auch freiberuflich betätigen, wie es in der Regel geschieht und sogar in ihren Dienstverträgen regelmäßig vorgesehen ist. Demnach müssen auch insoweit die Verfassungsgrundsätze über die Zulässigkeit von Beschränkungen der Berufsfreiheit frei praktizierender Ärzte Anwendung finden.
Dabei besteht allerdings ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Beteiligungsverhältnis und dem Zulassungsverhältnis, der auch zu einer differenzierenden Beurteilung der verfassungsrechtlichen Schranken des gesetzgeberischen Ermessens zwingt. Das BVerfG ist davon ausgegangen, daß die Wirkung des § 368a Abs. 1 Satz 1 RVO, der die Zulassung von einer schematischen Verhältniszahl abhängig macht, einer "objektiven Zulassungsvoraussetzung" in Gestalt einer Bedürfnisklausel nahekommt, weil der frei praktizierende Arzt in aller Regel seinen Beruf wirtschaftlich gesehen ohne Kassenzulassung nicht erfolgreich ausüben könne (BVerfG-Urteil S. 22). Obwohl die angeführte Zulassungsregelung (§ 368a Abs. 1 Satz 1) der Sache nach nur eine "Berufsausübungsregelung" im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG darstellt (BVerfG-Urteil S. 18 f), werden im Ergebnis die das gesetzgeberische Ermessen wesentlich stärker einschränkenden Grundsätze über die Statthaftigkeit von Beschränkungen der freien Berufswahl angewendet, weil die konkrete Ausübungsregelung zugleich in erheblichem Umfange die Freiheit der Berufswahl berührt (vgl. dazu auch BVerfG 7, 400 ff). Das BVerfG hat deshalb die Beschränkung der freien Berufsausübung durch die Zulassungsregelung des § 368a Abs. 1 Satz 1 RVO deshalb für unzulässig erachtet, weil sie nicht "durch besonders wichtige Interessen der Allgemeinheit gefordert wird, die anders nicht geschützt werden können" (BVerfG-Urteil S. 22).
Demgegenüber kann die Regelung über die Beteiligung leitender Krankenhausärzte nicht als eine Beschränkung aufgefaßt werden, die zugleich die Freiheit der Berufswahl beeinträchtigt. In aller Regel kann der Chefarzt seinen Beruf auch ohne Beteiligung an der kassenärztlichen Versorgung erfolgreich ausüben; denn die freiberufliche Betätigung, von der die ambulante Behandlung von Kassenpatienten wiederum nur einen Ausschnitt darstellt, ist gegenüber der dienstvertraglich gebundenen Tätigkeit in der Regel nur Nebentätigkeit. Die "objektive Zulassungsvoraussetzung" in Gestalt der Bedürfnisklausel, wie sie § 368a Abs. 8 RVO für die Beteiligung leitender Krankenhausärzte enthält, beschränkt daher nicht den Zugang zum Beruf - die Berufswahl -, sondern nur die Berufsausübung. Sie ist der Sache nach "Berufsausübungsregelung", die auf die Freiheit der Berufswahl kaum zurückwirkt. Deshalb würden Beschränkungen der Beteiligung leitender Krankenhausärzte an der kassenärztlichen Versorgung verfassungsrechtlich schon dann zulässig sein, wenn vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls sie zweckmäßig erscheinen lassen (BVerfG 7, 405).
Selbst diesen verhältnismäßig bescheidenen Anforderungen aber genügt die Regelung des § 368a Abs. 8 Satz 1 RVO nicht. Es ist nicht ersichtlich, daß irgendwelchen Interessen der Allgemeinheit damit gedient ist, daß die Beteiligung leitender Krankenhausärzte an der kassenärztlichen Versorgung von einer Bedürfnisklausel abhängig gemacht wird.
So kann unter diesem Gesichtspunkt für die Subsidiarität der Chefarztbeteiligung nicht ins Feld geführt werden, daß die kassenärztliche Versorgung der Versicherten überwiegend Aufgabe der zugelassenen Kassenärzte sei und diese daher im Verhältnis zu den Chefärzten einen natürlichen Vorrang hätten. Zwar ist von den beiden Formen kassenärztlicher Versorgung - Zulassung und Beteiligung - die Zulassung, quantitativ gesehen, weitaus bedeutsamer. In dem hier maßgebenden Zusammenhang ist aber nur jener Ausschnitt ambulanter kassenärztlicher Tätigkeit (vgl. § 29 Abs. 2 ZO-Ärzte) von Bedeutung, in dem zugelassene und beteiligte Ärzte nebeneinander in Konkurrenz treten. Nur für diesen Bereich ist zu fragen, ob Interessen der Allgemeinheit für eine Beschränkung der Behandlung durch Chefärzte und damit für einen Vorrang der zugelassenen Ärzte sprechen. Das ist zu verneinen. Im Gegenteil fordert gerade das Allgemeininteresse die Beteiligung der leitenden Krankenhausärzte. Es bedarf keiner besonderen Darlegung, daß die leitenden Krankenhausärzte in der Regel besonders qualifizierte Ärzte sind und daß ihre Mitwirkung besonders bei schwierigen Behandlungen von Versicherten nicht nur erwünscht, sondern nicht selten notwendig ist, auch wenn der Zahl nach genügend andere Fachärzte den Versicherten zur Verfügung stehen. Das ist allgemein anerkannt (vgl. den Bericht des Vorsitzenden des Ausschusses für Sozialpolitik [Deutscher Bundestag, 2. Wahlperiode, Drucks. Nr. 1313, A IV b, 5]: "Die Ausschüsse waren sich darüber einig, daß eine Beteiligung von leitenden Krankenhausärzten an der kassenärztlichen Versorgung erforderlich sei, insbesondere um etwaige besondere Kenntnisse und Erfahrungen dieser Ärzte auch den Versicherten zugänglich zu machen"). Auch spricht für die Hinzuziehung der Chefärzte gerade zu den schwierigeren ärztlichen Leistungen, die in der Regel allein bei dem Beteiligungsverhältnis in Frage kommen (vgl. § 29 Abs. 2 ZO-Ärzte), daß sie vielfach umfangreiche Hilfsmittel und geschulte technische Hilfskräfte erfordern, wie sie in einem Krankenhaus dem Chefarzt regelmäßig auch für seine freiberufliche Betätigung zur Verfügung stehen. Wenn man die bestmögliche ärztliche Versorgung der Versicherten als das maßgebende Prinzip der Regelung in §§ 368 ff RVO ansieht, dann ist die ohnehin durch die Notwendigkeit der Überweisung schon eingeschränkte Beteiligung der Chefärzte an dieser Versorgung ein unabweisbares Bedürfnis. Dabei ist die spezifische Form, die das Beteiligungsverhältnis den Chefärzten für die Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung eröffnet, von besonderer Bedeutung. Wenn die Bedürfnisfrage in diesem Zusammenhang überhaupt gestellt werden darf, so ließe sich eine solche Beschränkung eher bei der Zulassung der Chefärzte als Kassenärzte rechtfertigen. (Daß die Zulassung auch leitender Krankenhausärzte nicht allgemein ausgeschlossen ist, zeigt § 368n Abs. 2 Satz 1, 2 RVO). Bei der Erstbehandlung von Kassenpatienten treten die mit Person und Stellung des Chefarztes verbundenen Vorzüge jedenfalls weniger in Erscheinung als bei der Behandlung in der zweiten Hand, nämlich auf Überweisung durch Kassenärzte, die gerade das besondere Können un die spezifischen Möglichkeiten des Chefarztes in Anspruch nehmen will (vgl. § 29 ZO-Ärzte). Das Beteiligungsverhältnis ist die typisch "chefarztgemäße” Form der Teilnahme leitender Krankenhausärzte an der ärztlichen Versorgung der Versicherten. Mag die Beschränkung der Chefärzte bei ambulanter Behandlung von Versicherten auf Überweisungsfälle sich noch im Rahmen zulässiger Regelung der Berufsausübung halten, so kann das jedenfalls nicht für einen mangels "Bedürfnisses gegebenen völligen Ausschluß der Chefärzte von der ambulanten Behandlung Versicherter gelten. Gerade die "Beteiligung auf Überweisung" als die - den Interessen der Kassenärzte besonders Rechnung tragende - Rechtsform, die die Mitwirkung der Chefärzte an der ärztlichen Versorgung des Hauptteils der Bevölkerung auf das geringste von der Sache her noch vertretbare Maß beschränkt, muß als besonders geschützt gegen weitere Beschränkungen der Berufsfreiheit angesehen werden, die nicht klar von Interessen der Allgemeinheit gefordert werden.
Ein solches Interesse wird jedenfalls nicht durch die Befürchtung begründet, die Chefärzte könnten wegen ihrer Inanspruchnahme aus dem Beteiligungsverhältnis nicht mehr ihrer Hauptaufgabe als Krankenhausarzt in erforderlichem Maße genügen. Das Verhältnis von Haupttätigkeit zu Nebentätigkeit ist so geregelt, daß die Nebentätigkeit nur ausgeübt werden darf, "soweit es die dienstlichen Verpflichtungen gestatten" (§6 Abs. 1 des Vertrags zwischen Kläger und Anstellungsbehörde; ebenso die schon zitierten "Grundsätze für die Gestaltung von Verträgen zwischen Krankenhausträgern und leitenden Abteilungsärzten [Chefärzten]"). Diese Einschränkung der Nebentätigkeit wird in § 6 Abs. 4 des Vertrages noch verdeutlicht ("Die Nebentätigkeitserlaubnis kann widerrufen werden, wenn triftige Gründe dafür vorliegen, vor allem dann, wenn zB nach Ansicht des Landkreises die Erfüllung der Dienstaufgaben wesentlich beeinträchtigt wird. Die Versorgung der stationären Kranken muß stets Schwerpunkt der Tätigkeit des Chefarztes sein, auch der allgemeine Dienstbetrieb des Krankenhauses darf durch die Nebentätigkeit des Chefarztes nicht leiden. Unter diesen Voraussetzungen ist die Genehmigung zur Ausübung der Nebentätigkeit erteilt."). Gewissenhafte Vertragserfüllung der Chefärzte einerseits und die Überwachung ihrer Krankenhaustätigkeit durch die verantwortlichen Organe des Krankenhausträgers andererseits sind ausreichende Garantien dafür, daß die Chefärzte in aller Regel ihre Nebentätigkeit auf das Maß beschränken werden, das ihnen die sachgerechte Erfüllung ihrer Hauptaufgabe gestattet. Daß jedenfalls von den Krankenhausträgern die Nebentätigkeit der Chefärzte, die den Kassenpatienten gilt, nicht mit Argwohn betrachtet, sondern als eine wertvolle, offensichtlich auch den Interessen des Krankenhauses dienende Ergänzung der Haupttätigkeit der Chefärzte begrüßt wird, geht schon daraus hervor, daß diesen zur Pflicht gemacht werden kann, ihre Zulassung oder Beteiligung zu betreiben (§ 6 Abs. 1 Satz 2 des Vertrages des Klägers sieht diese Verpflichtung vor; die "Grundsätze" besagen: "Sofern die Verhältnisse es erfordern, ist der Chefarzt gehalten, im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten seine Kassenzulassung (Kassenbeteiligung) zu beantragen und dementsprechende kassenärztliche Tätigkeit auszuüben. Dies gilt nicht, wenn diese Tätigkeiten entweder dem Krankenhausträger oder dem Chefarzt wegen der besonderen Verhältnisse nicht zugemutet werden können."). Somit ist eine - die Interessen der Allgemeinheit beeinträchtigende - Vernachlässigung der chefärztlichen Hauptaufgaben durch ihre Inanspruchnahme infolge ausdrücklich erlaubter und klar abgegrenzter Nebentätigkeit ernstlich nicht zu befürchten. Ihr im Interesse der Behandlung der "Krankenhauspatienten" entgegenzutreten, wäre im übrigen durch entsprechende vertragliche Regelungen (Verbot, Vertragsstrafe) möglich und würde nicht der Einschränkung eines Grundrechts (Art. 12 GG) durch den Gesetzgeber bedürfen. Es wäre auch kein sachgerechter Grund ersichtlich, eine etwa im Interesse der Patienten des Krankenhauses notwendige Beschränkung der freiberuflichen Tätigkeit der Chefärzte - im Wege der Gesetzgebung - auf den Kreis der Versicherten zu begrenzen und diese dadurch gegenüber anderen Kranken zu benachteiligen.
Als vernünftiger Grund für die Zurückdrängung der Chefarztbeteiligung kann nur angeführt werden, daß die im Hauptberuf frei praktizierenden Ärzte in ungleich stärkerem Maße als die Chefärzte auf die Einnahmen aus der kassenärztlichen Betätigung angewiesen sind. Dieser Gesichtspunkt ist vom Standpunkt des Gemeinwohls nicht unbeachtlich. Die Allgemeinheit hat ein Interesse an einem freiberuflichen Ärztestand, der wirtschaftlich so weit gesichert ist, daß seine Berufsmoral nicht durch übersteigerten Wettbewerb und die damit gegebene Existenzgefährdung ins Wanken kommt. Es kann jedoch keine Rede davon sein, daß eine uneingeschränkte Beteiligung der Chefärzte solche Gefahren heraufbeschwören würde. Wenn vom BVerfG festgestellt werden konnte, daß "die wirtschaftlichen Folgen einer unbeschränkten Kassenzulassung ... für die bereits zugelassenen Kassenärzte nicht so einschneidend wären, daß ihre Existenz gefährdet würde" (BVerfG-Urteil S. 24), so gilt das erst recht für die unbeschränkte Beteiligung der Chefärzte, die zum großen Teil bereits beteiligt - oder zugelassen - sind. In Wahrheit liegt nur eine - u.U. lästige - Konkurrenz, insbesondere für die Fachärzte, vor, ohne daß von einer Existenzgefährdung eines Berufsstandes gesprochen werden könnte. Die bloße Hintanhaltung der Konkurrenz liefe aber auf eine "zunftmäßige Abschirmung" hinaus (Hoepner in Krankenhausarzt 1960, 197; vgl. dazu besonders BVerfG in BVerfG 7, 377, 428 und JZ 1960, 739, 741), die jedenfalls angesichts des starken öffentlichen Interesses an der Heranziehung der leitenden Krankenhausärzte zur ärztlichen Versorgung der Versicherten den Eingriff in die freie Berufsausübung in Gestalt einer Bedürfnisklausel nicht rechtfertigt (im Ergebnis ebenso Schmelcher in Krankenhausarzt 1960, 116; Hoepner in Krankenhausarzt 1960, 193; Haueisen in Deutsche Medizinische Wochenschrift 1960, 1477, der mit Recht auf die Pflicht des beteiligten Chefarztes zu persönlicher Behandlung hinweist; - aA Poellinger in ÄM 1960, 2170; Francke in Ersatzkasse 1960, 83, 86; Leven in Krankenversicherung 1960, 119, 123). Von dieser Auffassung hat sich offenbar auch der Regierungsentwurf zum Krankenversicherungs-Neuregelungsgesetz (§ 387) - Bundesratsdrucksache 363/59 - leiten lassen, der die Beteiligung der Chefärzte auf Überweisung nicht mehr von einer Bedürfnisprüfung abhängig macht. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird dazu ausgeführt, es entspreche der - im Entwurf vorgesehenen - Auflockerung der Zulassung bei den frei praktizierenden Ärzten, die Beteiligung leitender Krankenhausärzte ebenfalls freier zu gestalten. Ihre Begrenzung auf das notwendige Maß finde die Beteiligung dadurch, daß sie nur auf Überweisung durch den behandelnden Arzt zulässig sei.
Demnach verstößt nach Auffassung des Senats § 368a Abs. 8 RVO gegen Art. 12 Abs. 1 GG insoweit, als die Beteiligung der leitenden Krankenhausärzte von einer Bedürfnisprüfung abhängig gemacht ist. Da es bei der Entscheidung des BSG im vorliegenden Rechtsstreit auf die Gültigkeit dieser Vorschrift ankommt, ist nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG das Verfahren ausgesetzt und die Entscheidung des BVerfG beantragt worden.
Fundstellen