Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20. August 1999 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat der Beklagten die außergerichtlichen Kosten auch für das Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Kläger, Internist und Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde, erhielt von der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung als Vergütung für seine Leistungen der ganzkörperplethysmographischen Lungenfunktionsdiagnostik in den Quartalen I und II/1996 je 610-mal 500 Punkte und für die weiteren 543 bzw 557 Leistungen nur je 210 Punkte. Dies beruhte auf der damaligen Bewertung der Geb-Nr 715 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für die ärztlichen Leistungen (EBM-Ä): „500 Punkte, aber ab Überschreitung der Abstaffelungsgrenze von 610 kurativ-ambulanten Leistungen je Quartal 210 Punkte”. Diese Abstaffelungsregelung bestand nur in diesen Quartalen. Davor betrug die Bewertung 440 Punkte und seit dem Quartal III/1996 500 Punkte ohne Abstaffelungsregelung.
Mit seinem Begehren nach höherer Vergütung ist der Kläger in den Verwaltungs- und Gerichtsinstanzen ohne Erfolg geblieben.
In dem Urteil des Landessozialgerichts (LSG) vom 20. August 1999 ist ausgeführt, die Bewertung sei nicht zu beanstanden. Die Abstaffelungsregelung sei durch das Ziel gerechtfertigt, bei technischen Leistungen die Ausweitung unattraktiv zu machen und damit steuernd auf das Verhalten der Ärzte einzuwirken. Derartige Abstaffelungsregelungen seien nunmehr ausdrücklich in § 87 Abs 2a Sätze 7 und 8 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch idF vom 23. Juni 1997 (BGBl I 1520) vorgesehen. Offenbleiben könne, ob – wie vom Kläger behauptet – die Bewertung der Leistungen zu niedrig sei. Denn Eingriffe in das System autonomer Leistungsbewertung seien den Gerichten nur in Ausnahmefällen möglich, die hier nicht vorlägen. Ein Anspruch auf höhere Vergütung lasse sich auch nicht aus dem Grundsatz angemessener Vergütung herleiten; vorliegend sei lediglich die Bewertung einzelner Leistungen betroffen, die nur einen – wenn auch wichtigen – Teil der Pneumologie ausmachten. Schließlich sei nicht zu beanstanden, daß die Abstaffelungsgrenze auch für den Kläger gelte, obgleich er eine Assistentin beschäftige und hierdurch anders als eine Gemeinschaftspraxis behandelt werde.
Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, die Abweichung von einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) und einen Verfahrensmangel geltend (§ 160 Abs 2 Nrn 1, 2 und 3 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫). Er fordert die grundsätzliche Klärung, ob die Abstaffelungsgrenze für Ärzte mit Assistenten gelte, bei Gemeinschaftspraxen aber großzügiger gehandhabt werden dürfe. Er rügt weiter, das LSG sei von einem BSG-Urteil abgewichen und habe sich mit seinem Vorbringen zu den Kosten für Leistungen nach Geb-Nr 715 EBM-Ä nicht befaßt.
Entscheidungsgründe
II
Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg. Die von ihm erhobenen Rügen sind teils unbegründet, teils unzulässig.
Die sog Grundsatzrüge (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) betrifft die Frage, ob bei Beschäftigung von Assistenten die Leistungen nach der Geb-Nr 715 ebenso wie in Gemeinschaftspraxen vergütet werden müßten, jedenfalls dann, wenn – wie im vorliegenden Fall – der Assistent zur Deckung eines besonderen Versorgungsbedarfs genehmigt worden sei.
Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist aber nicht gegeben. Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie klärungsbedürftig und in dem mit der Beschwerde angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist. Die Voraussetzung der Klärungsbedürftigkeit ist hier nicht erfüllt.
Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger im Hinblick darauf, daß die Beschwerde ausgelaufenes Recht betrifft (die in Frage stehende Regelung der Geb-Nr 715 EBM-Ä hat nur für die Quartale I und II/1996 gegolten), ausdrücklicher hätte geltend machen müssen, daß noch eine erhebliche Zahl von Fällen auf der Grundlage des außer Kraft getretenen Rechts zu entscheiden sei oder die Rechtsfrage aus anderen Gründen fortwirkende allgemeine Bedeutung habe (vgl hierzu BSG SozR 1500 § 160a Nr 19 und zB Senatsbeschlüsse vom 29. September 1999 – B 6 KA 34/99 B – und vom 25. November 1998 – B 6 KA 24/98 B – mwN).
Die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage der Ungleichbehandlung von Praxen mit einem Assistenten und von Gemeinschaftspraxen ist jedenfalls deshalb nicht klärungsbedürftig, weil die Antwort auf sie nicht zweifelhaft ist (s dazu Senatsbeschluß BSG SozR 3-2500 § 75 Nr 8 S 34; ebenso zB BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6; § 160a Nr 21 S 38). Die Ungleichbehandlung verletzt nicht den Grundsatz der Gleichbehandlung.
Nach der Rechtsprechung zu Art 3 Abs 1 Grundgesetz ist dem Normsetzer eine Gestaltungsfreiheit eingeräumt, sowohl bei der Bewertung, ob zwei Sachverhalte gleich oder ungleich sind, als auch bei der Frage, ob ggf die Ungleichheit so gewichtig ist, daß sie eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigt (vgl zB BVerfGE 100, 1, 46; 99, 165, 177 f). Eine Ungleichbehandlung ist gerechtfertigt, wenn ihr sachgerechte und hinreichend gewichtige Gründe zugrunde liegen (zB BVerfGE 100, 138, 174; 91, 346, 363). Solche Gründe sind hier gegeben.
Es unterliegt keinen rechtlichen Bedenken, daß die Abstaffelungsgrenze der Geb-Nr 715 EBM-Ä im Falle der Beschäftigung von Assistenten unverändert gilt, während bei Gemeinschaftspraxen die Zahl der Ärzte berücksichtigt wird. Diese Ungleichbehandlung beruht darauf, daß im Falle einer Gemeinschaftspraxis alle Ärzte mit je eigenem Zulassungsstatus an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, während im Falle einer Einzelpraxis mit einem Assistenten nur ein Arzt den Zulassungsstatus hat. Diesen Unterschied hat der Normsetzer als wesentlich bewerten dürfen. Eine Ausnahme für die besondere Situation, wie sie hier dergestalt gegeben ist, daß der Assistent einen speziellen Versorgungsbedarf bei diesen Leistungen decken soll, hat der Normsetzer nicht vorsehen müssen. Denn normative Regelungen dürfen grundsätzlich verallgemeinern, typisieren und pauschalieren. Der Normsetzer kann sich am Regelfall orientieren. Er ist nicht gehalten, allen Besonderheiten durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Etwaige damit verbundene Härten sind hinzunehmen (vgl BVerfGE 96, 1, 6; 97, 271, 296; 99, 280, 290).
Der Kläger dringt auch nicht mit seinen Rügen der Abweichung von einem BSG-Urteil und des Vorliegens eines Verfahrensmangels durch. Diese Rügen sind unzulässig. Weder die angebliche Rechtsprechungsabweichung noch den behaupteten Verfahrensmangel hat der Kläger entsprechend den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG „bezeichnet”.
Dem Erfordernis, daß bei einer sog Divergenzrüge die miteinander unvereinbaren Rechtssätze im Berufungsurteil und in einer höchstrichterlichen Entscheidung im Sinne des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG einander gegenübergestellt werden müssen, genügen die Ausführungen in der Beschwerdebegründung nicht. Auch wenn man davon ausgeht, der Kläger habe hinreichend deutlich einen Rechtssatz des BSG benannt, wird aber ein mit diesem unvereinbarer Rechtssatz des LSG nicht in ausreichender Weise bezeichnet. In der Beschwerdebegründung wird lediglich der Versuch unternommen, im Wege der Analyse des Berufungsurteils aus der darin enthaltenen Subsumtion einen Rechtssatz abzuleiten und diesen demjenigen des BSG-Urteils gegenüberzustellen. In diesem Vorgehen liegt indessen nur die Rüge fehlerhafter Subsumtion des Berufungsgerichts, was für eine Divergenzrüge iS des § 160 Abs 2 Nr 2 iVm § 160a Abs 2 Satz 3 SGG nicht ausreicht.
Im übrigen wird die angebliche Divergenz auch unter inhaltlichem Aspekt nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Denn miteinander unvereinbare Rechtsaussagen könnten sich aus dem BSG- und dem LSG-Urteil gar nicht ergeben, weil die Ausführungen dieser Entscheidungen in unterschiedlichem inhaltlichem Kontext stehen. Während das Urteil des BSG Bestimmungen betrifft, durch die die Vergütung für fast alle vertragszahnärztlichen Leistungen abgestaffelt wird, hat das LSG-Urteil eine Regelung zum Gegenstand, die die Vergütung nur für eine Gebührennummer absenkt. Mithin betreffen die angeblich abweichenden Rechtsaussagen Fälle, die nicht ohne weiteres miteinander vergleichbar sind, wie auch im Berufungsurteil ausgeführt wird. Darauf geht die Beschwerde nicht ein.
Damit genügt die Beschwerdebegründung nicht der Bezeichnungspflicht aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG.
Auch seine Rüge, daß das LSG sich mit seinem Vorbringen zu den Kosten für Leistungen nach Geb-Nr 715 EBM-Ä nicht befaßt habe, entspricht nicht den Anforderungen an die „Bezeichnung” des Verfahrensmangels iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG iVm § 160a Abs 2 Satz 3 SGG.
Dies erfordert die Darlegung, worin der Verfahrensmangel liegt und inwiefern die angefochtene Entscheidung auf ihm beruhen kann. Das Vorbringen muß berücksichtigen, daß dem LSG der Verfahrensmangel auf der Grundlage seiner materiell-rechtlichen Auffassung anzulasten sein muß. Schon hieran fehlt es.
Dem LSG-Urteil liegt die Auffassung zugrunde, es könne offenbleiben, ob die Bewertung der Geb-Nr 715 EBM-Ä zu niedrig sei, weil den Gerichten Eingriffe in das Bewertungsgefüge verwehrt seien (LSG-Urteil S 7/8). Dies zugrunde gelegt, kann dem LSG nicht vorgehalten werden, es hätte sich mit dem Vorbringen des Klägers zu den Kosten einer Leistung nach Geb-Nr 715 EBM-Ä auseinandersetzen müssen. Damit befaßt sich das Beschwerdevorbringen nicht.
Mithin ist ein Verfahrensmangel nicht iS des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG „bezeichnet”.
Nach alledem ist die Nichtzulassungsbeschwerde mit der Kostenfolge entsprechend § 193 Abs 1 und 4 SGG zurückzuweisen.
Fundstellen