Verfahrensgang
SG Frankfurt (Oder) (Entscheidung vom 08.03.2019; Aktenzeichen S 49 SF 517/18 DS) |
LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 19.10.2022; Aktenzeichen L 10 AS 64/19 DS) |
Tenor
Die Anträge der Kläger, ihnen zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 19. Oktober 2022 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, werden abgelehnt.
Gründe
Nach § 73a SGG iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet; das ist hier nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG) in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger erfolgreich zu begründen. Da kein Anspruch auf Bewilligung von PKH besteht, sind auch die sinngemäßen Anträge auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO).
Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Solche Zulassungsgründe sind nach summarischer Prüfung des Streitstoffs auf der Grundlage des Inhalts der Gerichtsakten sowie unter Berücksichtigung des Vorbringens der Kläger nicht erkennbar.
Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) ist nur anzunehmen, wenn eine Rechtsfrage aufgeworfen wird, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Dies ist hier nicht der Fall. Es ist auch nicht erkennbar, dass die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht, weshalb eine Divergenzrüge keine Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).
Nach Aktenlage ist schließlich nicht ersichtlich, dass ein Verfahrensmangel geltend gemacht werden könnte, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG). Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass ein Verfahrensmangel darin liegt, dass das LSG in Abwesenheit der Kläger verhandelt und entschieden hat. Das LSG hat die Kläger ordnungsgemäß geladen und in der Ladung darauf hingewiesen, dass auch im Falle ihres Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann. Dies ist zur Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ausreichend (vgl BSG vom 26.5.2015 - B 12 KR 67/13 B - juris RdNr 7; BSG vom 4.3.2020 - B 3 KR 5/19 BH - juris RdNr 10). Dass das LSG zugunsten der Kläger Maßnahmen vergleichbar einem "Zeugenschutz" hätte ergreifen müssen, um ihnen die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung zu ermöglichen, weil sie "Opfer eines Staatsverbrechens" geworden seien, ist fernliegend (so bereits Senatsbeschluss vom 6.1.2023 - B 4 AS 177/22 BH - RdNr 4). Daher ist nicht zu beanstanden, dass das LSG den mit der Notwendigkeit eines "Zeugenschutzes" begründeten Terminverlegungsantrag der Kläger vom 10.10.2022 mit Beschluss vom 11.10.2022 abgelehnt hat.
Einer förmlichen Entscheidung des LSG über den weiteren, mit gleicher Begründung vorgebrachten Terminverlegungsantrag vom 17.10.2022 bedurfte es nicht. Zwar verlangt das BSG in ständiger Rechtsprechung, dass jeder rechtzeitig bei Gericht eingegangene Verlegungsantrag grundsätzlich noch vor der Eröffnung der mündlichen Verhandlung beschieden werden muss (so BSG vom 3.7.2013 - B 12 R 38/12 B - juris RdNr 10 ff; BSG vom 12.5.2017 - B 8 SO 69/16 B - juris RdNr 7 f; BSG vom 10.10.2017 - B 12 KR 64/17 B - juris RdNr 8; BSG vom 27.10.2020 - B 1 KR 42/20 B - juris RdNr 11). Dies gilt jedoch in Fällen wiederholender Anträge mit gleichem Vorbringen nicht (vgl auch BSG vom 15.8.2022 - B 7 AS 15/22 B - juris RdNr 6). Der Gehörsanspruch ist nicht verletzt, wenn ein Gericht bei gleichem Sachverhalt missbräuchliche, offensichtlich wiederholende oder sinnlose Rechtsschutzbegehren nicht nochmals bescheidet (vgl zur Rechtsschutzgarantie BVerfG [Kammer] vom 19.4.2021 - 1 BvR 2552/18 ua - juris RdNr 8; vgl auch BVerfG [Kammer] vom 19.10.2020 - 1 BvR 2124/20 - juris RdNr 3 mwN).
Soweit die Kläger rügen, dass der Vorsitzende Richter am LSG befangen gewesen sei und deswegen nicht hätte mitwirken dürfen, stellt dies ebenfalls keinen Verfahrensmangel dar. Da Entscheidungen des LSG über Ablehnungsanträge gemäß § 177 SGG unanfechtbar sind, kann eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf die Rüge angeblich fehlerhafter Entscheidung über Ablehnungsanträge gestützt werden (§ 202 Satz 1 SGG iVm § 557 Abs 2 ZPO; BSG vom 6.8.2019 - B 9 V 14/19 B - juris RdNr 10 mwN; BSG vom 14.1.2020 - B 14 AS 98/19 B - juris RdNr 9). Ob etwas anderes gilt, wenn sich die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch als willkürlicher Verstoß gegen Verfahrensvorschriften darstellt und eine Verkennung der Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des gesetzlichen Richters in Rede steht (so BSG vom 6.8.2019 - B 9 V 14/19 B - juris RdNr 10 mwN; BSG vom 14.1.2020 - B 14 AS 98/19 B - juris RdNr 9), kann dahinstehen, denn hierfür ist im vorliegenden Fall nichts ersichtlich. Dies gilt insbesondere auch für die Beurteilung des LSG, dass das allein auf die Ablehnung des Terminverlegungsantrags und die Ablehnung von "Zeugenschutz" gestützte Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden Richter offensichtlich unzulässig ist. Werden Ablehnungsanträge allein deswegen gestellt, um eine Terminverlegung zu erreichen, handelt es sich regelmäßig um rechtsmissbräuchliche Anträge (vgl BSG vom 23.5.2018 - B 8 SO 1/18 BH - juris RdNr 8). Deswegen war das LSG auch berechtigt, über die Berufungen der Kläger unter Mitwirkung des abgelehnten Richters zu entscheiden, ohne vorab gesondert über die Ablehnungsanträge zu entscheiden.
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Fundstellen
Dokument-Index HI15641141 |