Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluß des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 10. September 1998 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Rechtsstreit betrifft die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 15. April bis 14. Juli 1996 sowie die Erstattung von Alg (3.910,70 DM) und Krankenversicherungsbeiträgen (1.884,03 DM).
Die Klagen gegen die Verwaltungsentscheidungen der beklagten Bundesanstalt (BA) sind in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das Landessozialgericht (LSG) ist davon ausgegangen, der Kläger sei für die Arbeitsvermittlung nicht erreichbar gewesen, weil er sich ab 21. März 1996 aus seiner Wohnung in H., … K. … -Straße, abgemeldet habe und nach Betzendorf umgezogen sei. Die Revision hat das LSG nicht zugelassen.
Mit der Beschwerde macht der Kläger die Zulassungsgründe grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und als Verfahrensfehler mangelnde Sachaufklärung geltend. Er hält die Rechtsfragen für klärungsbedürftig, ob wegen der unregelmäßigen Postzustellungen an der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), daß der Arbeitslose während der üblichen Zeit des Posteingangs an der im Leistungsantrag angegebenen Anschrift anwesend sein müsse, noch festgehalten werden könne, und ob aus einer polizeilichen Ummeldung auf eine Verlegung des Wohnsitzes als Lebensmittelpunkt geschlossen werden könne. Das LSG habe seine Sachaufklärungspflicht verletzt, indem es den Beweisantritten des Klägers dafür, daß er bis zum 30. Juni 1996 weiter seinen Lebensmittelpunkt in H. … gehabt habe und dort postalisch erreichbar gewesen sei, nicht nachgegangen sei.
Entscheidungsgründe
II
Die Beschwerde ist nicht zulässig, denn die geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gebotenen Weise dargelegt bzw bezeichnet.
1. Soweit der Kläger mit Hinweis auf die Entscheidung des BSG vom 14. März 1996 – 7 RAr 38/95 – die ständige Rechtsprechung zur Anwesenheitspflicht von Arbeitslosen während der üblichen Zeit der Postzustellung an der im Leistungsantrag angegebenen Wohnanschrift in Frage stellt, ist die Klärungsbedürftigkeit nicht dargelegt. Die Beschwerdebegründung setzt sich nicht mit der Regelung des § 1 der Aufenthalts-Anordnung vom 3. Oktober 1979 (ANBA 1388) auseinander, in der diese Frage eindeutig beantwortet wird. Im übrigen handelt es sich insoweit um ausgelaufenes Recht, weil die sog Residenzpflicht von Arbeitslosen nunmehr in § 2 Erreichbarkeits-Anordnung vom 23. Oktober 1997 (ANBA 1695) abweichend geregelt ist. Ausführungen dazu, inwiefern die für nicht mehr geltendes Recht aufgeworfene Rechtsfrage noch klärungsbedürftig sein sollte, enthält die Beschwerdebegründung nicht.
Auch die Klärungsbedürftigkeit der Frage nach der Bedeutung der polizeilichen Meldung für den vorliegenden Zusammenhang ist nicht dargelegt. Die Beschwerdebegründung setzt sich nicht mit der Regelung des § 1 Aufenthalts-Anordnung auseinander, die eindeutig von dem tatsächlichen Aufenthalt des Arbeitslosen während der üblichen Zeit des Eingangs der Briefpost unter der von ihm genannten, für die Zuständigkeit des Arbeitsamts maßgeblichen Anschrift ausging. Der polizeilichen Meldung kann allenfalls Indizcharakter für den Aufenthalt des Arbeitslosen zukommen. Ein zwingender Schluß von der polizeilichen Meldung auf den Aufenthalt ist nicht gerechtfertigt. Sollte das LSG dies anders beurteilt haben, enthält seine Entscheidung insoweit eine Gesetzesverletzung. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergibt sich daraus jedoch nicht, denn das LSG stellt die Merkmale, nach denen die Erreichbarkeit von Arbeitslosen zu beurteilen war, nicht in Frage. Es handelt sich um eine fehlerhafte Rechtsanwendung in einem Einzelfall.
2. Darin kann ein Verfahrensmangel liegen, weil der Aufenthalt des Klägers vom 15. April bis 30. Juni 1996 aufzuklären gewesen wäre. Einen Zulassungsgrund legt die Beschwerdebegründung insoweit jedoch nicht dar, weil sie nicht mitteilt, der Kläger habe im Berufungsrechtszug einen entsprechenden Beweisantrag gestellt (vgl § 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Nur wenn die Beschwerdebegründung ausführt, der Kläger habe mit einem Beweisantrag unmittelbar vor der Entscheidung des LSG (hier zB mit dem Schriftsatz vom 19. April 1998) die „Warnfunktion” des Beweisantrags wahrgenommen, ist die Verletzung der Amtsermittlungspflicht als Zulassungsgrund (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) bezeichnet (BSG SozR 3-1500 § 160 Nrn 9 und 20). Das ist nicht geschehen. Aus diesem Grunde sind die Ausführungen der Beschwerdebegründung nicht geeignet, eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht des LSG als Zulassungsgrund zu bezeichnen.
3. Erweist sich der Schluß von der polizeilichen Meldung auf den Aufenthalt des Klägers nicht als gerechtfertigt, ist es Pflicht der BA, nach § 44 Sozialgesetzbuch – Zehntes Buch Verwaltungsverfahren (SGB X), dem Vorbringen des Klägers nachzugehen, er habe sich bis zum 30. Juni 1996 an seiner im Leistungsantrag angegebenen Anschrift in H. … aufgehalten. Zwar kommt es für die Beurteilung seiner Erreichbarkeit für die Arbeitsvermittlung nicht darauf an, ob er an Tagen der Abwesenheit seine Erreichbarkeit durch Dritte sicherzustellen versucht hat. Die Erreichbarkeit wäre aber nicht durchgehend vom 15. April bis 30. Juni 1996 zu verneinen, wenn sich das Vorbringen des Klägers, er habe sich „fast ausschließlich in H. … aufgehalten” und „die gesamte Organisation zur Betriebseröffnung … weiterhin von H. …” aus betrieben (vgl Schreiben des Klägers an das Arbeitsamt H. … vom 24. August 1996) als zutreffend herausstellen sollte. Ergänzend wird darauf hingewiesen, daß der Zweck der Residenzpflicht es nicht erfordert, Arbeitslosenleistungen zu versagen, wenn sie – zumal zum Zweck der Begründung einer Existenz als Selbständiger und damit der Arbeitssuche – nur an einzelnen Tagen nicht zur Zeit der Postzustellung in ihrer Wohnung anwesend sind (vgl dazu: BSG SozR 3-4100 § 103 Nr 9).
Da die Beschwerdebegründung nicht den gesetzlichen Anforderungen genügt, ist die Beschwerde in entsprechender Anwendung des § 169 SGG als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen