Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der Revision. Verfahrensfehler. Übergehen eines Beweisantrags. Erfordernis der Wiederholung eines Beweisantrags in zweiter Instanz. Zustimmung zur Entscheidung am Terminstag

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Rüge, das LSG habe einen in erster Instanz gestellten Beweisantrag ohne hinreichende Begründung übergangen, kann grundsätzlich nur erfolgreich sein, wenn dargelegt wird, dass dieser Beweisantrag in der zweiten Instanz wiederholt wurde.

2. Ein Kläger kann im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde keinen erheblichen Beweisantrag vortragen, wenn er im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter am LSG keinerlei weitere Sachverhaltsaufklärung beantragt, sondern vielmehr einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter am Terminstag zugestimmt hat. Spätestens damit haben sich alle zuvor gestellten Beweisanträge erledigt.

 

Normenkette

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3, § 160a Abs. 2 S. 3, §§ 103, 153 Abs. 4, § 155 Abs. 4

 

Verfahrensgang

LSG Niedersachsen (Urteil vom 01.11.2001)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 1. November 2001 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen vom 1. November 2001. Er begründet die Nichtzulassungsbeschwerde wie folgt: Er sei vom 1. Oktober 1993 bis 30. September 1994 als kaufmännischer Angestellter beschäftigt gewesen. Das Arbeitsverhältnis sei durch Aufhebungsvertrag vom 27. Juli 1994 gegen Zahlung einer Abfindung von 20.000 DM ohne Einhaltung der Kündigungsfrist beendet worden. Nachdem er sich arbeitslos gemeldet habe, habe die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden den Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrfrist festgestellt, weil er sein Arbeitsverhältnis ohne wichtigen Grund gelöst habe. Er habe bereits im Klageverfahren vorgetragen, dass der Geschäftsführer der Firma bei den Besprechungen bezüglich des ihm vorgelegten Aufhebungsvertrags mitgeteilt habe, dass eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses in jedem Fall erfolgen werde, darüber hinaus sich seine restliche Arbeitszeit bis zum Ende der Kündigungsfrist äußerst negativ gestalten werde und er dann mit einer Abfindung nicht zu rechnen brauche. Er sei ferner aufgefordert worden, sein Büro zu räumen, da für dieses eine andere Verwendungsmöglichkeit vorgesehen gewesen sei. Dies sei unter Beweis gestellt worden durch das Zeugnis des Geschäftsführers H. … H. …. Hierzu werde verwiesen auf den Schriftsatz vom 30. März 1998 an das Sozialgericht Stade. Im Rahmen der Erörterung betreffend die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses habe sich ferner der Geschäftsführer wenig gesprächsbereit gezeigt. Gegenüber seinem Prozessbevollmächtigten, Herrn Rechtsanwalt S. …, habe Herr H. … erklärt, dass die Trennung der Firma von ihm – dem Kläger – beschlossen sei und es keinen Weg zurück gebe. Auch dies sei unter Beweis gestellt worden in dem vorgenannten Schriftsatz durch das Zeugnis des Herrn Rechtsanwalts J. … S. …. Diesen Beweisanträgen sei weder das Gericht erster Instanz noch das Gericht zweiter Instanz nachgekommen. Das LSG habe seinen entsprechenden Sachvortrag betreffend des auf ihn ausgeübten Drucks seitens seines damaligen Arbeitgebers, der es ihm unmöglich gemacht habe, sein Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der vereinbarten Kündigungsfrist am 31. Dezember 1994 fortzusetzen, für unglaubhaft gehalten. Angesichts der Beweisanträge gerade zu dem Sachvortrag, aus denen sich der Druck auf den Kläger ergeben habe, hätten die Vorgerichte, namentlich das Berufungsgericht, sich nicht auf den Standpunkt stellen dürfen, dass bei einem derartigen zeitlichen Ablauf es ihm nicht abgenommen werden könne, dass er sich durch das Verhalten seines ehemaligen Arbeitgebers im Sommer 1994 unter Druck gesetzt gefühlt habe. Er rüge daher als wesentlichen Verfahrensmangel die Verletzung des rechtlichen Gehörs aus Art 103 Abs 2 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit § 62 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Hätte das Gericht die Zeugen H. … und S. … gehört, wäre es nach deren Aussagen zu der Überzeugung gelangt, dass auf ihn sehr wohl Druck ausgeübt worden sei. Ferner werde als Verfahrensmangel gerügt, dass das LSG seine Pflicht zur Amtsermittlung gemäß § 103 SGG verletzt habe. Nach den Beweisangeboten im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 30. März 1998 habe sich das Gericht zu weiteren Ermittlungen und Erhebungen von Beweisen gedrängt fühlen müssen und zumindest Stellungnahme der Zeugen einholen müssen. Dies sei nicht geschehen.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Beschwerde ist unzulässig. Der Kläger hat den von ihm behaupteten Verfahrensmangel gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG iVm § 160a Abs 2 Satz 3 SGG nicht hinreichend bezeichnet.

Die Revision ist nur zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

Die Beschwerde ist nicht formgerecht begründet, denn der Kläger hat keinen Beweisantrag, den das LSG ohne hinreichende Begründung übergangen haben soll, bezeichnet. Er beruft sich vielmehr nur auf den erstinstanzlichen Schriftsatz vom 30. März 1998, ohne darzulegen, dass er seine Beweisanträge in der zweiten Instanz wiederholt hätte. Im Übrigen: Selbst dann, wenn der Kläger seine erstinstanzlichen Beweisanträge wiederholt hätte, hätte er keinen im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde erheblichen Beweisantrag im Verfahren zweiter Instanz vortragen können. Er hat im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter am LSG am 1. November 2001 keinerlei weitere Sachverhaltsaufklärung beantragt, sondern vielmehr einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter gemäß § 155 Abs 4 SGG am Terminstag zugestimmt; spätestens damit hatten sich alle etwa zuvor gestellten Beweisanträge erledigt (vgl für das Verfahren nach § 153 Abs 4 SGG: BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 31).

Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG) ergibt sich auch nach dem Beschwerdevorbringen nicht; sie kann insbesondere nicht daraus hergeleitet werden, dass das LSG dem Vorbringen des Klägers nicht gefolgt ist.

Die Beschwerde war daher entsprechend § 169 SGG ohne Heranziehung von ehrenamtlichen Richtern als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1176711

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