Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 20. September 2022 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger wendet sich gegen die in einem Überprüfungsverfahren ergangene Entscheidung der Beklagten, die frühere Feststellung von Pflichtbeitragszeiten aufgrund einer Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr 1 AAÜG) sei rechtswidrig erfolgt, und begehrt die Feststellung höherer Entgelte unter Berücksichtigung von Jahresendprämien.
Der 1937 geborene Kläger besuchte die Ingenieurschule in L. Nach seinem Abschluss im Juli 1959 studierte er an der Universität D mit Fachstudienrichtung Strömungstechnik. Mit Urkunde vom 26.6.1970 wurde ihm der akademische Grad "Diplom-Ingenieur" verliehen. Nach einer Umstrukturierung des VEB Kombinat Kraftwerksanlagenbau war der Kläger zuletzt beim VEB Bergmann-Borsig Stammbetrieb des Kombinats Kraftwerksanlagenbau bis zum 30.6.1990 tätig. Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 19.10.1999 zunächst die Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz für den Zeitraum vom 1.9.1959 bis zum 30.6.1990 und die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte mit der Begründung fest, der Kläger habe zum Stichtag am 30.6.1990 einen fiktiven Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage unter erweiternder Auslegung des § 1 Abs 1 Satz 1 AAÜG erworben.
Im Februar 2019 beantragte der Kläger die Überprüfung des Bescheids vom 19.10.1999 und begehrte die Feststellung von weiteren Arbeitsentgelten in Form von Jahresendprämien. Die Beklagte lehnte dies ab, weil der Kläger die betrieblichen Voraussetzungen für einen fiktiven Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage nicht erfüllt habe. Er sei am 30.6.1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb tätig gewesen. Bei dem VEB Bergmann-Borsig Stammbetrieb des Kombinats Kraftwerksanlagenbau habe es sich um einen Generalauftragnehmer für komplette Kraftwerksanlagen gehandelt, dessen Hauptzweck die Durchführung produktionsvorbereitender und produktionskoordinierender Aufgaben gewesen sei. Der Feststellungsbescheid vom 19.10.1999 sei rechtswidrig. Er könne aus Vertrauensschutzgründen zwar nicht mehr zurückgenommen werden, der Kläger könne daraus aber auch keine weiteren Rechte ableiten (Bescheid vom 18.11.2019; Widerspruchsbescheid vom 4.2.2020).
Das SG hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 5.8.2021). Das LSG hat die Berufung mit der Begründung zurückgewiesen, der Kläger habe keinen Anspruch auf Änderung des Bescheids vom 19.10.1999 und auf Feststellung von Jahresendprämien als weitere Entgelte nach dem AAÜG. Die Beklagte habe zu Recht festgestellt, dass der Feststellungsbescheid rechtswidrig ergangen sei. Der VEB Bergmann-Borsig Stammbetrieb des Kombinats Kraftwerksanlagenbau sei als Generalauftragnehmer kein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder ein gleichgestellter Betrieb gewesen. Wie auch der Kläger selbst im Klageverfahren vorgetragen habe, sei Hauptzweck seines Beschäftigungsbetriebes "die Gestaltung der Erzeugnisse im Prozess der Vorbereitung der Produktion, die Anfertigung von Konstruktionszeichnungen, die Aufstellung von Stücklisten und die Funktionserprobung des Erzeugnisses" gewesen, ohne dass damit unmittelbare Produktionstätigkeiten verbunden gewesen seien. Selbst für den Fall, dass Produktionsabläufe dem VEB Bergmann-Borsig Stammbetrieb Kombinat Kraftwerksanlagenbau zuzurechnen wären, fehle der Bezug zur industriellen Massenproduktion. Auch habe es sich bei dem Beschäftigungsbetrieb des Klägers weder um eine Vereinigung Volkseigener Betriebe (VVB) noch um ein Konstruktionsbüro als einem dem volkseigenen Produktionsbetrieb gleichgestellten Betrieb gehandelt. Dafür könne nur auf die sprachlich abstrakt-generellen und ihrem Wortlaut nach zwingenden Texte der Versorgungsordnungen und ihrer Durchführungsbestimmungen abgestellt werden. Maßgebend dafür sei das staatliche Sprachverständnis am Ende der DDR am 2.10.1990, im Regelfall dasjenige, das bei Schließung der Systeme am 30.6.1990 in staatlichen Regelungen verlautbart war (Urteil vom 20.9.2022).
Der Kläger hat gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Beschwerde zum BSG erhoben und macht als Zulassungsgrund eine Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung geltend (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Form begründet ist. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
Eine Rechtssache hat nur dann iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage zu revisiblem Recht (§ 162 SGG) aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Zur ordnungsgemäßen Bezeichnung dieses Revisionszulassungsgrundes (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 SGG) muss der Beschwerdeführer daher eine Rechtsfrage benennen und zudem deren (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 4 mwN; s auch Fichte in Fichte/Jüttner, SGG, 3. Aufl 2020, § 160a RdNr 32 ff). Diese Anforderungen erfüllt die Beschwerdebegründung nicht hinreichend.
Soweit sich dem Vortrag des Klägers die (Rechts-)Fragen entnehmen lassen, ob ein Generalauftragnehmer nicht als Konstruktionsbüro und damit nicht als gleichgestellte/r Einrichtung/Betrieb iS von § 1 Abs 2 der 2. Durchführungsbestimmung vom 24.5.1951 (GBl DDR 487, im Folgenden: 2. DB zur VO-AVItech) einzustufen sei, weil unter Zugrundelegung des Sprachverständnisses des Jahres 1990 "nur auf die sprachlich abstrakt-generellen und ihrem Wortlaut nach zwingenden Texte der Versorgungsordnungen und ihrer Durchführungsbestimmungen abgestellt werden (…)" könne und ob eine "historische Betrachtungsweise", wonach "Kombinate und deren Kombinatsbetriebe als (Rechts-)Nachfolger der Vereinigung volkseigener Betriebe (VVB)" als gleichgestellte Betriebe iS von § 1 Abs 2 der 2. DB zur VO-AVltech anzusehen seien, unzulässig sei, bestehen bereits Zweifel, ob er damit aus sich heraus verständliche abstrakt-generelle Rechtsfragen zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl § 162 SGG) mit höherrangigem Recht formuliert.
Wie insbesondere seine Konkretisierung zum Begriff des Generalauftragnehmers "hier der Beschäftigungsbetrieb des Klägers VEB Bergmann Borsig, Stammbetrieb des Kombinats Kraftwerksanlagenbau" zeigt, möchte der Kläger mit seinem Vorbringen eine Antwort darauf erhalten, ob er in erweiternder verfassungskonformer Auslegung des § 1 Abs 1 AAÜG bezogen auf den Stichtag 30.6.1990 eine (fiktive) Anwartschaft auf Versorgung erworben hat, indem er auch die betrieblichen Voraussetzungen dafür erfüllt hat (zu den Voraussetzungen im Einzelnen vgl ua BSG Urteil vom 18.12.2003 - B 4 RA 18/03 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 1, juris RdNr 18 ff). Entscheidend dafür ist, ob der Beschäftigungsbetrieb unter "Konstruktionsbüros" oder "Vereinigungen volkseigener Betriebe" iS von § 1 Abs 2 der 2. DB zur VO-AVltech zu subsumieren ist. Allein der Wunsch nach einer höchstrichterlichen Überprüfung der von der Vorinstanz vorgenommenen Rechtsanwendung ist jedoch nicht geeignet, die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache zu begründen (vgl BSG Beschluss vom 16.11.2022 - B 5 R 121/22 B - juris RdNr 15).
Ungeachtet dessen fehlt es an hinreichenden Darlegungen zur (abstrakten) Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Fragen. Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. In der Beschwerdebegründung muss deshalb unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG zu dem Problemkreis substantiiert vorgebracht werden, dass zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden Urteile und Beschlüsse die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet worden ist (stRspr; vgl ua BSG Beschluss vom 13.12.2022 - B 5 R 133/22 B - juris RdNr 10).
Das BSG hat bereits entschieden, dass zur Prüfung der persönlichen, sachlichen und auch betrieblichen Voraussetzungen eines Anspruchs auf nachträgliche (fiktive) Einbeziehung in die AVItech am 30.6.1990 an die Texte der einschlägigen Versorgungsordnungen und der sie ergänzenden Bestimmungen der ehemaligen DDR anzuknüpfen ist. Dadurch soll eine Verfestigung willkürlicher Vorgehensweisen der Stellen in der ehemaligen DDR (Instrumentalisierung von Versorgungszusagen zu politischen Zwecken) vermieden werden (vgl BSG Urteil vom 24.3.1998 - B 4 RA 27/97 R - SozR 3-8570 § 5 Nr 3 S 10; BSG Urteil vom 12.6.2001 - B 4 RA 117/00 R - SozR 3-8570 § 5 Nr 6 S 39 f; aus jüngerer Zeit vgl auch BSG Beschluss vom 21.10.2021 - B 5 RS 10/21 B - juris RdNr 6). Wie auch das LSG unter Bezugnahme auf Entscheidungen des BSG ausgeführt hat, ist maßgeblich der strikt zu beachtende Wortlaut der Versorgungsordnungen aus dem staatlichen Sprachgebrauch der DDR bei Schließung der Versorgungssysteme (zur Bestimmung eines VEB vgl ua BSG Urteil vom 15.6.2010 - B 5 RS 10/09 R - BSGE 106, 160 = SozR 4-8570 § 1 Nr 17, juris RdNr 32). Mit dieser Rechtsprechung befasst sich die Beschwerdebegründung nicht hinreichend. Auch mit den vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang zitierten Entscheidungen des BVerfG vom 4.8.2004 und vom 26.10.2005 setzt sich der Kläger nicht auseinander. Danach ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, dass das BSG das Bestehen eines fiktiven Anspruchs auf Einbeziehung in Zusatzversorgungssysteme vom Wortlaut der jeweiligen Versorgungsordnung abhängig macht und nicht an eine Praxis oder an diese Praxis möglicherweise steuernde unveröffentlichte Richtlinien der DDR anknüpft (vgl BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 4.8.2004 - 1 BvR 1557/01 - BVerfGK 4, 12, juris RdNr 13 und BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 26.10.2005 - 1 BvR 1921/04 ua - SozR 4-8560 § 22 Nr 1, juris RdNr 47).
Der Kläger stellt den Ausführungen des LSG unter Wiedergabe seines bereits im Berufungsverfahren erfolgten Vortrags die eigene Rechtsauffassung gegenüber, nach der er bei historischer Betrachtung unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte und des (sowjetisch geprägten) Sprachverständnisses der Fünfzigerjahre in einem Konstruktionsbüro beschäftigt gewesen sei. Auch der zeitliche Kontext der Entstehung und Verwendung des Begriffs "Konstruktionsbüro" müsse gesehen werden. Das LSG habe zudem die Annahme des Klägers, Kombinate und deren Kombinatsbetriebe müssten als (Rechts-)Nachfolger der VVB ebenfalls als gleichgestellte Betriebe iS von § 1 Abs 2 der 2. DB zur VO-AVltech angesehen werden, zu Unrecht als unzulässig erachtet. Auch insoweit gelte eine historische Betrachtungsweise und es sei auf die Praxis in der ehemaligen DDR abzustellen, wonach nach der Überführung der VVB-Strukturen in Kombinats-Strukturen Versorgungszusagen erteilt worden seien. Damit wendet er sich letztlich gegen eine vermeintlich fehlerhafte Rechtsanwendung des LSG im Einzelfall. Dies vermag die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache indes nicht zu begründen (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 30.11.2022 - B 5 R 162/22 B - juris RdNr 7).
Soweit der Kläger unter Bezugnahme auf ein zur Abgrenzung eines Konstruktionsbüros von einem Projektierungsbüro ergangenes Urteil vom 7.9.2006 (B 4 RA 39/05 R - juris RdNr 23 ff) geltend macht, das BSG selbst nehme eine historische Auslegung unter Heranziehung von bereits im Jahr 1949 ergangenen Regelungen vor, ergibt sich bereits unmittelbar aus dem zitierten Entscheidungstext, dass die früheren Regelungen nur als "Ausgangspunkte für die Feststellung des am 30. Juni 1990 maßgeblichen Sprachverständnisses der DDR" dienten. Indem er sich durch den Inhalt dieser Entscheidung darin bestätigt sieht, dass auch sein Beschäftigungsbetrieb VEB Bergmann-Borsig ein Konstruktionsbüro gewesen sei, macht er erneut nur eine vermeintlich fehlerhafte Rechtsanwendung des Berufungsgerichts in seinem Fall geltend.
Ebenfalls bereits entschieden hat das BSG im Fall eines Generalauftragnehmers zur Planung und Realisierung von Anlagen für Schlacht- und Verarbeitungsbetriebe, Werke für Kraftfahrzeugmontage und -instandsetzung sowie Gesundheitseinrichtungen, dass ein solcher volkseigener Betrieb kein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens und auch nicht einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens gleichgestellt war. Bestand die Aufgabe eines Generaltauftragnehmers im Wesentlichen in Dienstleistungen in Form der Projektierung von industriellen Anlagen in kleiner Stückzahl sowie der Überwachung und Planung von werthaltigen Investitionen, war dies nicht selbst Teil der (Massen-)Produktion. Auch die Gleichstellung nach § 1 Abs 2 der 2. DB zur VO-AVltech hat das BSG verneint (vgl BSG Urteil vom 23.8.2007 - B 4 RS 3/06 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 16, juris RdNr 25 ff). Auch zu dieser Rechtsprechung verhält sich die Beschwerdebegründung nicht.
Schließlich fehlt es auch an hinreichenden Darlegungen zur Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Fragen. Der Kläger begehrt letztlich die Feststellung von höheren Entgelten unter Berücksichtigung von Jahresendprämien. Er geht aber insbesondere nicht auf die Ausführungen des LSG ein, wonach selbst bei Anwendbarkeit des AAÜG kein Anspruch auf Anerkennung weiterer Entgelte besteht.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 183 Satz 1 iVm § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI15796699 |