Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 19.10.2017; Aktenzeichen L 7 SO 2271/17)

SG Reutlingen (Entscheidung vom 02.05.2017; Aktenzeichen S 2 SO 718/15)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19. Oktober 2017 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

 

Gründe

I

Der Kläger begehrt höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) für April und Mai sowie Oktober bis Dezember 2014, insbesondere unter Berücksichtigung von Absetzbeträgen wegen einer selbständigen Tätigkeit.

Der 1943 geborene Kläger erhält ergänzend zu seiner Altersrente Grundsicherungsleistungen vom Beklagten. Sein Begehren, "Betriebsausgaben" für seine selbständige Tätigkeit (Energie, Wasser, Telefon, Internet etc), aus der er im Jahr 2014 nur steuerrechtlich "negative Einkünfte" erzielte, die der Beklagte nicht bei der Berechnung der Grundsicherungsleistungen als Einkommen berücksichtigte, von seiner Altersrente abzusetzen und damit höhere Grundsicherungsleistungen zu erhalten, ist vor dem Sozialgericht (SG) Reutlingen ohne Erfolg geblieben (Urteil vom 2.5.2017); das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hat das Urteil des SG geändert und den Beklagten verurteilt, dem Kläger weitere Grundsicherungsleistungen für April und Mai 2014 von jeweils 1,10 Euro, für Oktober 2014 von 1 Euro und für November und Dezember 2014 von je 2,69 Euro zu gewähren (Urteil vom 19.10.2017). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ua ausgeführt, ein Verlustausgleich zwischen dem Renteneinkommen und dem negativen Einkommen aus selbständiger Tätigkeit sei nicht vorzunehmen. Zudem seien vom Renteneinkommen keine Absetzungen im Hinblick auf die selbständige Tätigkeit vorzunehmen, weil eine einkunftsartüberschreitende Absetzung nach § 12 der Verordnung zur Durchführung des § 82 SGB XII (VO zu § 82 SGB XII) ausgeschlossen sei. Auch ein Freibetrag nach § 82 Abs 3 Satz 1 SGB XII sei nicht anzusetzen, weil es sich bei dem Einkommen aus Altersrente nicht um solches aus selbständiger oder unselbständiger Tätigkeit handle. Ein Härtefall nach § 82 Abs 3 Satz 3 SGB XII liege nicht vor.

Der Kläger beantragt die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG.

II

Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung <ZPO>). An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg böte die Nichtzulassungsbeschwerde nur, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Die Revision darf danach nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Von diesen Zulassungsgründen kann nach Aktenlage unter Berücksichtigung des Vortrags des Klägers keiner mit Erfolg im Beschwerdeverfahren, verbunden auch mit einem möglichen Erfolg in der Hauptsache (vgl dazu nur BSG SozR 4-1500 § 73a Nr 2 mwN), geltend gemacht werden.

Anhaltspunkte dafür, dass ein Verfahrensmangel oder der Zulassungsgrund der Divergenz mit Erfolg gerügt werden könnte, bestehen nicht. Es stellen sich aber auch keine grundsätzlich bedeutsamen Rechtsfragen, die einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürfen. Die Antwort auf die Frage, ob ein Verlustausgleich zwischen dem Renteneinkommen und negativen Einkünften aus selbständiger Tätigkeit vorzunehmen ist, ergibt sich bereits aus § 10 Satz 1 VO zu § 82 SGB XII. Danach ist ein Verlustausgleich zwischen einzelnen Einkunftsarten nicht vorzunehmen. Soweit nach Satz 2 in Härtefällen die gesamtwirtschaftliche Lage des Beziehers des Einkommens berücksichtigt werden kann, ist nicht erkennbar, dass sich bei der Prüfung eines Härtefalls über den konkreten Einzelfall hinaus Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung stellen könnten. Dies gilt auch für die Absetzung von "Betriebsaufwendungen" für seine selbständige Tätigkeit von den Einkünften aus Altersrente. Nach § 82 Abs 2 Satz 1 Nr 4 SGB XII sind vom Einkommen nur die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben abzusetzen, dh auch insoweit sieht bereits das Gesetz eine auf die einzelne Einkunftsart beschränkte Berücksichtigung von Aufwendungen vor. Entsprechendes gilt für den Freibetrag nach § 82 Abs 3 Satz 1 SGB XII, der sich auf das durch Erwerbstätigkeit erzielte Einkommen beschränkt und die Altersrente des Klägers damit nicht erfasst. Dass dieser Freibetrag nicht bei Lohnersatzleistungen in Abzug gebracht werden kann, ist durch das Bundessozialgericht für den Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) im Übrigen bereits entschieden, worauf das LSG in seiner Entscheidung zutreffend Bezug genommen hat (BSG vom 27.9.2011 - B 4 AS 180/10 R). Normative oder systematische Unterschiede, die eine andere Beurteilung in Bezug auf Renteneinkommen im Bereich des SGB XII rechtfertigen könnten, bestehen nicht. Für sonstige Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung ist nichts ersichtlich.

Mit der Ablehnung von PKH entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI11669408

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