Verfahrensgang
SG Berlin (Entscheidung vom 28.09.2017; Aktenzeichen S 50 SO 412/17) |
LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 30.08.2018; Aktenzeichen L 15 SO 231/17) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. August 2018 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger hat am 20.3.2017 beim Sozialgericht (SG) Berlin Klage wegen Untätigkeit des Beklagten hinsichtlich Aufklärung und Beratung erhoben und vorgebracht, über seinen im Februar 2016 gestellten Antrag auf Aufklärung und Beratung zu gesunder Ernährung und ausreichender Bewegung sei nicht entschieden worden. Nach Hinweis, die Untätigkeitsklage sei unzulässig, hat das SG die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 28.9.2017). Die Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg hat keinen Erfolg gehabt (Urteil vom 30.8.2018). Zur Begründung hat das LSG auf die Gründe des SG verwiesen (§ 153 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
Dagegen wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde und macht die grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) der Sache geltend, wozu er die Frage aufwirft, ob ein Leistungsträger im Wege der Untätigkeitsklage gemäß § 88 Abs 1 SGG dazu verpflichtet sei, über einen Anspruch zu entscheiden, welcher lediglich in der behördlichen Handlungsform des Realakts umzusetzen sei. Außerdem macht der Kläger als Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG) geltend, das LSG-Urteil sei nicht mit Gründen versehen, weshalb eine Verletzung rechtlichen Gehörs vorliege.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil weder der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) noch ein Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG) in der gebotenen Weise dargelegt worden sind. Der Senat konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG entscheiden.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist (vgl etwa Bundessozialgericht ≪BSG≫ Beschluss vom 5.9.2018 - B 8 SO 33/18 B mwN). Um der Darlegungspflicht zu genügen, muss eine konkrete Rechtsfrage formuliert, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihr angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) dargelegt werden (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Der Kläger zeigt schon den (abstrakten) Klärungsbedarf zu der von ihm aufgeworfenen Frage nicht hinreichend auf. Er stellt zwar eine Rechtsfrage auf, erläutert aber nicht, weshalb angesichts der ständigen Rechtsprechung des BSG zur Statthaftigkeit einer Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG bei Ansprüchen auf Auskunft und Beratung (BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 27 RdNr 9; BSG SozR 4-1300 § 84 Nr 1 RdNr 24; SozR 4-2500 § 127 Nr 5 RdNr 9), mit der er sich nicht auseinandersetzt, eine Untätigkeitsklage entgegen dem Wortlaut des § 88 SGG nicht nur auf den Erlass eines Verwaltungsakts (vgl etwa BSGE 72, 118, 120 = SozR 3-7833 § 6 Nr 2; Ulmer in Hennig, SGG, Stand Oktober 2014 § 88 RdNr 3), sondern auch auf Vornahme von Realakten gerichtet sein kann. Dass das LSG seine Anträge nur nach dem Wortlaut und nicht nach seinem eigentlichen Begehren ausgelegt (vgl § 123 SGG) und nur die Voraussetzungen einer Untätigkeitsklage statt einer Leistungsklage geprüft hat, trägt der Kläger nicht vor.
Auch soweit der Kläger einen Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG) rügt und die Auffassung vertritt, das Urteil des LSG sei nicht mit Gründen versehen, genügt sein Vortrag nicht den Anforderungen an die Bezeichnung eines Verfahrensmangels, insbesondere hat er sich nicht mit der Rechtsprechung des BSG zu §§ 153 Abs 2, 136 Abs 1 Nr 6 SGG auseinandergesetzt. Eine Entscheidung enthält nicht schon dann keine Entscheidungsgründe iS von § 136 Abs 1 Nr 6 SGG, wenn die Begründung sachlich unvollständig, unzureichend, unrichtig oder sonst rechtsfehlerhaft ist, sondern erst, wenn entweder jegliche Begründung oder die hinsichtlich eines entscheidungserheblichen Grundes fehlt (BSG Beschluss vom 29.6.2015 - B 14 AS 33/15 B - juris RdNr 4). Das LSG kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 136 Abs 1 Nr 6 SGG) absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung - Urteil oder, wie vorliegend, Gerichtsbescheid (BSG Beschluss vom 29.6.2015 - B 14 AS 33/15 B - juris RdNr 4) - als unbegründet zurückweist (§ 153 Abs 2 SGG). Das Berufungsgericht kann auf § 153 Abs 2 SGG dann zurückgreifen, wenn die Entscheidung des SG ausreichende Entscheidungsgründe iS des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG enthält und es lediglich aus diesen Gründen die Berufung zurückweisen will (vgl BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/11b AS 3/07 R - juris RdNr 13). Dann vermeidet es, dem Normzweck der Vorschriften entsprechend, die Argumente der Vorinstanz schlicht zu wiederholen (BSG Beschluss vom 21.8.2017 - B 10 EG 1/17 B - juris RdNr 12). Dass der Gerichtsbescheid des SG keine ausreichenden Gründe enthält, hat der Kläger nicht vorgebracht. Dass es in der Berufungsinstanz neuen Vortrag rechtlicher oder tatsächlicher Art gab, mit dem das LSG sich hätte auseinandersetzen müssen (vgl BSG Urteil vom 31.8.2000 - B 3 KR 11/98 R - BSGE 87, 95, 100 = SozR 3-2500 § 35 Nr 1 S 6 mwN), hat der Kläger ebenfalls nicht vorgebracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13104329 |