Entscheidungsstichwort (Thema)

Revisionsnichtzulassungsbeschwerde. Grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage. Frage nach der Zulässigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem. Verfahrensmangel. Auferlegung von Mutwillenskosten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Grundsätzliche Bedeutung, die eine Revisionszulassungsbeschwerde zu begründen vermag, hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie geeignet ist, die Rechtseinheit zu erhalten oder die Fortbildung des Rechts zu fördern. Dass und warum dies der Fall ist, muss aus der Beschwerdebegründung ersichtlich sein. Der Beschwerdeführer muss also in der Beschwerdebegründung die zu entscheidende Rechtsfrage klar bezeichnen und ausführen, ob die Rechtsfrage klärungsbedürftig ist bzw. wieder klärungsbedürftig geworden ist und ob sie klärungsfähig, d.h. rechtserheblich in dem zu entscheidenden Revisionsverfahren ist (vgl. BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 1).

2. Für die Frage, ob die Tätigkeit bei einer bestimmten Einrichtung (hier: bei der Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB) “Bäuerliche Handelsgenossenschaft Groitzsch und Umgebung” bzw. bei der Zwischenbetrieblichen Einrichtung (ZBE) “Agrochemisches Zentrum”) eine Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem ergibt, muss der Kläger deren Klärungsbedürftigkeit unter Auseinandersetzung mit der umfangreichen Rechtsprechung des BSG zu § 1 AAÜG darlegen. Dabei wird offengelassen, ob es sich bei dieser Frage überhaupt um eine Rechtsfrage handelt.

3. Mit dem Vorbringen, das LSG habe zu Unrecht Mutwillenskosten auferlegt, ist kein Verfahrensmangel dargetan. Ein solcher liegt nur vor, wenn die angefochtene Entscheidung auf ihm beruhen kann; der Verfahrensmangel betrifft den Gang des Verfahrens und nicht den Inhalt der nach Abschluss des Verfahrens getroffenen Kostenentscheidung. Angriffe gegen diese sind mithin unabhängig von ihrer sachlichen Berechtigung für sich allein genommen kein die Zulassung der Revision rechtfertigender Grund (st.Rspr.; vgl. BSG, Beschluss vom 27.01.1999, Az. B 12 KR 58/98 B).

 

Normenkette

SGG § 160 Abs. 2 Nrn. 3, 1, § 192; AAÜG § 1

 

Verfahrensgang

Thüringer LSG (Urteil vom 18.08.2003)

 

Nachgehend

Thüringer LSG (Beschluss vom 05.04.2004; Aktenzeichen L 6 SF 255/04)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 18. August 2003 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Der Kläger begehrt in der Hauptsache die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben sowie der in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte.

Das LSG hat im Urteil vom 18. August 2003 ua ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz sowie der in diesem Zeitraum nachgewiesenen tatsächlichen Entgelte feststelle. Der Kläger werde nicht vom persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG erfasst. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes am 1. August 1991 habe er keine Versorgungsanwartschaft gehabt. Weder für die Zeiten der Tätigkeit bei der Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB) “Bäuerliche Handelsgenossenschaft Groitzsch und Umgebung” noch für die Zeiten bei der Zwischenbetrieblichen Einrichtung (ZBE) “Agrochemisches Zentrum” ergebe sich eine Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem. Der Kläger sei nämlich nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem diesem gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen. Der Begriff volkseigener Betrieb umfasse nach dem für die Auslegung maßgeblichen Sprachgebrauch der DDR am 30. Juni 1990 nur Produktionsbetriebe der Industrie und des Bauwesens. Die VdgB und ZBE seien auch keine gleichgestellten Betriebe gewesen. In § 1 Abs 2 der zweiten Durchführungsbestimmung zu dem Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz seien die den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellten Einrichtungen abschließend aufgeführt.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Beschwerde des Klägers ist in entsprechender Anwendung von § 169 Satz 2 und 3 SGG iVm § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG als unzulässig zu verwerfen, weil in der Begründung entgegen § 160a Abs 3 Satz 3 SGG ein Revisionszulassungsgrund (§ 160 Abs 2 SGG) nicht dargetan ist.

1. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) hat der Kläger nicht dargelegt.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie geeignet ist, die Rechtseinheit zu erhalten oder die Fortbildung des Rechts zu fördern. Dass und warum dies der Fall ist, muss aus der Beschwerdebegründung ersichtlich sein. Der Beschwerdeführer muss also in der Beschwerdebegründung die zu entscheidende Rechtsfrage klar bezeichnen und ausführen, ob die Rechtsfrage klärungsbedürftig ist bzw wieder klärungsbedürftig geworden ist und ob sie klärungsfähig, dh rechtserheblich in dem zu entscheidenden Revisionsverfahren ist (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 1). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

Der Kläger hat bereits keine Rechtsfrage bezeichnet. Er ist wohl der Ansicht, mit seiner Tätigkeit bei einer VdgB bzw bei einer ZBE erfülle er entgegen der Auffassung des LSG die betrieblichen Voraussetzungen für eine Zugehörigkeit zum Versorgungssystem der technischen Intelligenz. Selbst wenn man unterstellt, es handele sich insoweit um eine “Rechtsfrage” und nicht um eine “Tatsachenfrage”, so hat der Kläger jedenfalls deren Klärungsbedürftigkeit nicht dargetan. Mit der umfangreichen Rechtsprechung des Senats zu § 1 AAÜG (vgl BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 2 bis Nr 8) hat er sich nicht auseinander gesetzt und infolge dessen auch nicht dargelegt, dass sein Vorbringen im Hinblick auf die auch vom LSG aufgeführte Rechtsprechung des Senats vom 9./10. April 2002 neue, vom BSG noch nicht ausdrücklich oder sinngemäß erwogene Argumente enthält.

2. Der Kläger hat auch keinen Verfahrensmangel bezeichnet (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).

a) Sollte der Kläger den Verfahrensmangel mit einer Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 103 SGG) begründen wollen, so ist dieser Vortrag nicht ausreichend. Denn nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Hieran fehlt es.

b) Soweit der Kläger eine unvollständige rechtliche Würdigung des Sachverhalts rügen will, wendet er sich gegen die mit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht angreifbare sachlich rechtliche Würdigung durch das LSG. Im Übrigen hat er nicht dargelegt, womit sich das LSG, ausgehend von seiner Rechtsauffassung, es habe sich bei den in der zweiten Durchführungsbestimmung genannten gleichgestellten Betrieben um eine abschließende Aufzählung gehandelt, noch hätte auseinander setzen müssen.

c) Mit seinem Vorbringen, das LSG habe ihm zu Unrecht Mutwillenskosten auferlegt, hat der Kläger ebenfalls keinen Verfahrensmangel dargetan. Ein solcher liegt nur vor, wenn die angefochtene Entscheidung auf ihm beruhen kann; der Verfahrensmangel betrifft den Gang des Verfahrens und nicht den Inhalt der nach Abschluss des Verfahrens getroffenen Kostenentscheidung. Angriffe gegen diese sind mithin unabhängig von ihrer sachlichen Berechtigung für sich alleine genommen kein die Zulassung der Revision rechtfertigender Grund (vgl hierzu BSG Beschluss vom 24. Juni 1993 – 6 BKa 27/92 – und vom 27. Januar 1999 – B 12 KR 58/98 B –). Im Übrigen ersetzt der Hinweis des Klägers auf die Kommentierung zu § 192 SGG nicht eine ordnungsgemäße Beschwerdebegründung.

Die Beschwerde des Klägers ist mithin unzulässig. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 160a Abs 4 Satz 3 Halbsatz 2 SGG ab.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §§ 183, 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1576215

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