Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 2. Juni 2021 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 90 000 Euro festgesetzt.
Gründe
I
Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung einer Akontozahlung für Leistungen des ambulanten Operierens in den Jahren 2007 und 2008.
Der Kläger, der als Facharzt für Chirurgie an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt, führte auch ambulante Operationen durch, die die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) für die Quartale 1/2007 bis 4/2008 nach dem Kapitel 31 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) vergütete und nicht - extrabudgetär - nach dem von den regionalen Gesamtvertragspartnern auf der Grundlage des Vertrages "Ambulantes Operieren und stationsersetzende Eingriffe im Krankenhaus" (AOP-Vertrag) vereinbarten Punktwert. Die regionalen Gesamtvertragspartner hatten insofern für den Bezirk der Beklagten zunächst eine extrabudgetäre Vergütung nach Einzelleistungen zu einem Punktwert von 4,87 Cent ohne Mengenbegrenzung vereinbart. § 7 Abs 1 des Vertrages nach § 115b Abs 1 SGB V - Ambulantes Operieren und sonstige stationsersetzende Eingriffe im Krankenhaus - in der Fassung des Schiedsspruchs des Erweiterten Bundesschiedsamts vom 15.9.2006 (AOP-Vertrag 2006), der sie hierzu ermächtigt hatte, wurde jedoch im Anschluss für rechtswidrig erklärt und das Erweiterte Bundesschiedsamt insoweit zur Neubescheidung verpflichtet (SG Berlin Urteil vom 19.1.2011 - S 79 KA 977/06 - juris; vgl bereits im Eilverfahren LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 15.7.2009 - L 7 B 74/08 KA ER - juris). Dem kam das Erweiterte Bundesschiedsamt mit Schiedsspruch vom 25.10.2012 nach. Für die Jahre 2007 und 2008 sah er vor, dass die regionalen Gesamtvertragspartner weiterhin zur Festlegung eines Punktwerts berechtigt waren. Soweit mit dem festgelegten Punktwert das diesbezügliche Ausgabevolumen überschritten wurde, mussten die Gesamtvertragspartner aber zum Ausgleich Punktwertveränderungen vereinbaren. Für die Zeit ab dem 1.1.2009 regelte § 7 Abs 1 AOP-Vertrag, dass die Leistungen auf der Grundlage des EBM-Ä, seiner Abrechnungsbestimmungen, des Bewertungsmaßstabes für vertragsärztliche Leistungen und der Ersatzkassen-Gebührenordnung nach den für die Versicherten geltenden vertragsärztlichen Vergütungssätzen vergütet würden.
Die Beklagte schrieb dem Kläger am 23.1.2009 auf seinem Honorarkonto einen Betrag iHv 90 000 Euro mit der Bezeichnung "á Konto Zahlung" gut. Die Kontoübersicht zur Honorarabrechnung vom 26.5.2009 für das Quartal 4/2008 weist diesen Betrag aus als "c cto. Zahl. ambul. OP 23.01.2009" aus.
Mit Schreiben vom 13.12.2012 erklärte die Beklagte gegenüber dem Kläger,
"gem. des am 12.12.2012 geführten Telefonates werden wir Ihnen für die Leistungen des ambulanten Operierens (Kapitel 31 EBM) für die Quartale 1/2007 bis 4/2008 eine weitere á Kontozahlung in Höhe von € 17.000,-- gewähren. Somit haben Sie dann für die o.g. Leistungen insgesamt á Kontozahlungen in Höhe von € 107.000,- erhalten. Wir möchten Sie jedoch ausdrücklich darauf hinweisen, dass zur Umsetzung der Einzelleistungsvergütung für Leistungen des ambulanten Operierens noch Vereinbarungen mit den Gesamtvertragspartnern abzuschließen sind und wir den Betrag der á Kontozahlungen zurückfordern werden, wenn sich nach Abschluss einer Vereinbarung mit den Gesamtvertragspartnern ein geringeres Ergebnis ergibt".
Eine anschließende Klage des Klägers auf Zahlung von 46 249,05 Euro nebst Zinsen als weitere Vergütung für Leistungen des ambulanten Operierens in den streitgegenständlichen Quartalen blieb ohne Erfolg (SG-Urteil vom 12.3.2014; LSG-Urteil vom 16.12.2015; die anschließende Nichtzulassungsbeschwerde wies der Senat mit unveröffentlichtem Beschluss vom 4.5.2016 - B 6 KA 6/16 B - zurück).
Zwischenzeitlich hatte die Beklagte am 8.12.2014, 2.3.2015 und 27.4.2015 mit den übrigen Gesamtvertragspartnern Vereinbarungen "zur Bereinigung offener Posten für die Jahre 2006 bis 2008" geschlossen. Gegenstand dieser Vereinbarungen war auch die Abrechnung von Leistungen für das ambulante Operieren in den Jahren 2007 und 2008. Nach diesen Vereinbarungen erhielt die Beklagte wegen der Überschreitung des Ausgabevolumens keine weiteren Leistungen, sondern verpflichtete sich im Gegenteil zu Zahlungen an die anderen Gesamtvertragspartner.
Die Beklagte forderte die Akontozahlungen iHv 107 000 Euro von dem Kläger zurück (Bescheid vom 20.4.2015; Widerspruchsbescheid vom 3.12.2015), da diese in der Erwartung gezahlt worden seien, dass noch eine Nachvergütung der Krankenkassen aufgrund des AOP-Vertrages erfolge. Nach Abschluss der Verhandlungen stehe jedoch nunmehr fest, dass keine entsprechenden Nachzahlungen erfolgen würden. Der Kläger zahlte die Beträge - ohne Anerkennung einer Rechtspflicht - in Raten zurück. Das SG hat die Beklagte verpflichtet, einen Betrag iHv 90 000 Euro an den Kläger zurückzuzahlen und die Klage im Übrigen abgewiesen (Urteil vom 30.1.2019). Nur bei der weiteren Akontozahlung iHv 17 000 Euro habe die Beklagte einen wirksamen Vorbehalt ausgesprochen, sodass der Kläger nicht darauf habe vertrauen können, den Betrag behalten zu dürfen. Das LSG hat demgegenüber die Berufung des Klägers zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten das SG-Urteil geändert und die Klage vollumfänglich abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, Rechtsgrundlage für einen Rückzahlungsanspruch wegen der Überzahlung von Honorar für Leistungen des ambulanten Operierens sei der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (Hinweis auf BSG Urteil vom 11.9.2019 - B 6 KA 13/18 R - SozR 4-7610 § 812 Nr 9). Hinsichtlich der Endabrechnung verbleibe es bei den rechtskräftig gewordenen Honorarbescheiden, die Abschlagszahlungen überstiegen mithin den Honoraranspruch des Klägers und seien in voller Höhe unrichtig. Das Vertrauen des Klägers in die ohne rechtlichen Grund gewährte Zahlung wäre nur dann schützenswert, wenn ihn hinsichtlich der Rückgewähr nicht der Vorwurf des Vorsatzes oder der groben Fahrlässigkeit träfe. Dies sei vorliegend indes nicht der Fall, denn der Kläger habe gewusst oder zumindest grob fahrlässig nicht gewusst, dass ihm die Akontozahlung nicht zugestanden habe bzw er diese nicht oder nur unter gewissen Bedingungen würde behalten dürfen. Dass die Akontozahlungen sowohl zeitlich als auch der Höhe nach außerhalb der monatlichen Abschläge und auch außerhalb der üblichen Honorarzahlungen lagen und im Übrigen außerhalb der nach den Honorarbescheiden ihm zustehenden Zahlungen erfolgte, sei für den Kläger bei Anstellung aller einfachster Überlegungen ohne Weiteres erkennbar gewesen. Die Summe sei durch die Honorarbescheide im betreffenden Zeitraum nicht gedeckt gewesen und bereits deshalb ohne Rechtsgrundlage erfolgt. Es habe dem Kläger daher klar sein müssen, dass er die Beträge nur in dem Umfang würde behalten dürfen, in welchem am Ende der Vertragsverhandlungen sich die Honorare für ambulantes Operieren oberhalb des EBM-Ä bewegten. Die Forderung der Beklagten sei auch nicht verjährt. Bei einem Anspruch einer KÄV auf Erstattung von überzahltem Honorar handele es sich um eine eigenständige Forderung, die nicht bloß einen Rechnungsposten im Kontokorrent des Vertragsarztes darstelle, sodass die Verjährung ab erstmaliger Fälligstellung der Forderung beginne. Dies sei hier erstmals allenfalls mit dem Schreiben vom 13.12.2012 und den darin enthaltenen Hinweisen der Fall gewesen. Bei der Geltendmachung der Rückforderung am 20.4.2015 sei die hier geltende vierjährige Verjährungsfrist daher noch nicht abgelaufen gewesen. Das bloße in der Folge gut zweijährige Unterlassen der Rückforderung allein erfülle auch nicht den Tatbestand der Verwirkung. Es fehle schon an einem Verwirkungsverhalten. Das bloße Nichtstun sei hierfür jedenfalls nicht ausreichend, sodass es auch nicht darauf ankomme, ob die Beklagte den Kläger hier vor Erlass des Rückforderungsbescheides zum Ausgleich seines Honorarkontos aufgefordert habe. Im Übrigen spreche hier gegen eine Verwirkung bereits der Umstand, dass die Beklagte unverzüglich nach den von Dezember 2014 bis Ende April 2015 geschlossenen Vereinbarungen mit den Gesamtvertragspartnern hinsichtlich der offenen Posten der betreffenden Jahre die Rückforderung des überzahlten Betrages in die Wege geleitet habe.
Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG wendet sich der Kläger allein gegen die Rückforderung der Akontozahlung iHv 90 000 Euro und macht insofern die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) geltend.
II
Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.
1. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 29.11.2006 - B 6 KA 23/06 B - SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13 mwN; BSG Beschluss vom 28.10.2015 - B 6 KA 12/15 B - SozR 4-2500 § 116 Nr 11 RdNr 5; BSG Beschluss vom 15.10.2020 - B 6 KA 16/20 B - juris RdNr 8). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt, wenn die aufgeworfene Frage bereits geklärt ist und/oder wenn sich die Antwort ohne Weiteres aus den Rechtsvorschriften und/oder aus schon vorliegender Rechtsprechung klar beantworten lässt (BSG Beschluss vom 11.10.2017 - B 6 KA 29/17 B - juris RdNr 4). Klärungsfähigkeit ist nicht gegeben, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage nicht im Revisionsverfahren zur Entscheidung anstünde oder wenn die Bedeutung über den Einzelfall hinaus fehlt, weil eine weitergehende Bedeutung der Rechtsfrage für weitere Fälle nicht erkennbar ist oder die Rechtsfrage aufgrund besonderer Gestaltung des Rechtsstreits einer verallgemeinerungsfähigen Beantwortung nicht zugänglich ist (vgl zB BSG Beschluss vom 13.2.2019 - B 6 KA 17/18 B - juris RdNr 7).
a) Der Kläger sieht zunächst die folgenden Rechtsfragen als klärungsbedürftig an:
(1) "Sind die §§ 45 und 48 SGB X auch bei einer auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gestützten Rückforderung entsprechend anwendbar mit der Folge, dass die Verjährung am 1. des auf das Verstreichen-Lassen der Frist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X vorgesehenen Zeitraums beginnt?
Hilfsweise:
Wenn die analoge Anwendung der §§ 45 und 48 SGB X auf eine Rückforderung aus dem Gesichtspunkt des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs keine Bedeutung für die Entstehung der Forderung und den Beginn der Verjährung hat, ist dann in analoger Anwendung dieser Vorschriften eine gesetzliche Ausschlussfrist für die Rückforderung in analoger Anwendung von § 45 Abs. 4 SGB X auf eine Rückforderung aus dem Gesichtspunkt des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs herzuleiten?"
Diese Rechtsfragen sind jedoch bereits geklärt. Der Senat hat in seinem Urteil vom 11.9.2019 (B 6 KA 13/18 R - SozR 4-7610 § 812 Nr 9 RdNr 18, 24), auf das auch der Kläger Bezug nimmt, entschieden, dass Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Erstattung überhöhter Abschlagszahlungen auf das zu erwartende Honorar für Leistungen des ambulanten Operierens der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch ist, der grundsätzlich einer Verjährungsfrist von vier Jahren - beginnend mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist (entsprechend § 45 Abs 1 SGB I) - unterliegt. Damit ist geklärt, dass Verjährungsbeginn in diesem Fall gerade nicht - wie in der Hauptfrage formuliert - der erste Tag nach Verstreichen der Jahresfrist des § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X ist. Darüber hinaus lässt sich der Entscheidung auch ohne Weiteres entnehmen, dass allein die vierjährige Verjährungsfrist und nicht - wie vom Kläger hilfsweise gefragt - zusätzlich noch eine gesetzliche Ausschlussfrist in analoger Anwendung des § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X greift. Denn der Senat hat, obwohl der Kläger des damaligen Verfahrens ausdrücklich eine Verletzung der Frist des § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X gerügt hatte, im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs allein die Wahrung der vierjährigen Verjährungsfrist geprüft und eine entsprechende Anwendung der Jahresfrist nicht einmal erwogen.
b) Im Übrigen hat der Kläger den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht in der erforderlichen Form dargelegt.
aa) Der Kläger möchte außerdem geklärt wissen:
(2) "Genügt es für die Bejahung eines Anspruchs aus dem Gesichtspunkt des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs auch dann, dass die Behörde mehr gezahlt hat, als sie hätte bezahlen müssen, wenn dieses Ergebnis - Mehrzahlung - ausschließlich aufgrund von Verhandlungen erzielt wurde, in denen die Behörde die von ihr selbst jahrelang genährten Erwartungen der Vertragsärzte einer bestimmten Gruppe unterläuft bzw. aufgibt, um Vergütungsregelungen ganz anderer Arztgruppen vertraglich zu regeln?"
Der Kläger formuliert damit bereits keine Frage, deren Beantwortung nicht von den Umständen des Einzelfalles abhängt, sondern die mit einer verallgemeinerungsfähigen Aussage beantwortet werden könnte (vgl BSG Beschluss vom 12.9.2018 - B 6 KA 12/18 B - juris RdNr 5 mwN; BSG Beschluss vom 26.1.2022 - B 6 KA 9/21 B - juris RdNr 21). Aber selbst wenn man die Frage darauf reduzierte, dass der Kläger lediglich geklärt wissen möchte, ob die Rückforderung einer Akontozahlung auf eine Nachvergütung auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs auch dann gerechtfertigt ist, wenn die Behörde an den Verhandlungen über die Nachvergütung selbst beteiligt war, wäre diese nicht geeignet, eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zu begründen. Insbesondere fehlt es an rechtlichen Ausführungen zum Hintergrund der von ihm gestellten Frage. Der Kläger spricht in diesem Zusammenhang nur allgemein von "widersprüchlichem Verhalten" (S 16 der Beschwerdebegründung), will die Frage somit wohl im Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB; "venire contra factum proprium"; vgl hierzu etwa BSG Urteil vom 23.9.2020 - B 5 RE 6/19 R - SozR 4-2600 § 231 Nr 9 RdNr 17) verorten, ohne dies näher zu erläutern.
bb) Weiterhin sieht der Kläger die folgende Frage als klärungsbedürftig an:
(3) "Ist ein Vertragsarzt 'bösgläubig' im Sinne der Anwendung bereicherungsrechtlicher Vorschriften, dem das ambulante Operieren durch entsprechende Pressemitteilungen der Beschwerdegegnerin jahrelang schmackhaft gemacht worden war, der zwei Abschlagszahlungen erhalten hat, der ferner eine Leistungsübersicht der ihm geschuldeten Zahlungen ausgehändigt bekommt und dem gegenüber die Beschwerdegegnerin bis zuletzt zum Ausdruck bringt, dass Verhandlungen in seinem Sinne geführt werden würden, oder liegen in diesem Fall die Voraussetzungen einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Nichtkenntnis vor, sodass er auch hinsichtlich der ohne Vorbehalt geleisteten Akontozahlung nicht wissen musste, dass er diese nicht oder nur unter diesen Bedingungen würde behalten dürfen?"
Auch diese Frage hängt allein von den Umständen des Einzelfalls ab. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (vgl § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 SGB X). Die Frage, wann danach grobe Fahrlässigkeit gegeben ist, ist einer generalisierenden Beantwortung nicht zugänglich, sondern in Abhängigkeit von den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen (vgl BSG Beschluss vom 24.10.2011 - B 14 AS 45/11 B - juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 31.8.2018 - B 6 KA 25/18 B - juris RdNr 8) und die Entscheidung über das Vorliegen grober Fahrlässigkeit nur in engen Grenzen revisionsrechtlich nachprüfbar (BSG Beschluss vom 13.3.2019 - B 8 SO 85/18 B - juris RdNr 6 mwN). Der Kläger trägt nicht vor und es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass das LSG den revisionsrechtlich nicht überprüfbaren Entscheidungsspielraum bei der Feststellung der groben Fahrlässigkeit überschritten hätte. Vielmehr kritisiert der Kläger nur die Bewertung des LSG als "rein floskel- und formelhaft", "falsch" (S 19 der Beschwerdebegründung) und "eklatant rechtswidrig" (S 20 der Beschwerdebegründung) und macht damit nur einzelfallbezogen die Unrichtigkeit der Entscheidung des LSG geltend.
cc) Der Kläger hält schließlich die Frage für klärungsbedürftig:
(4) "Sind im Hinblick auf den Tatbestand der Verwirkung die in § 45 SGB X ersichtlichen Maßstäbe ebenfalls von Bedeutung, oder kann - bei entsprechender oder analoger Anwendung des § 45 SGB X - die jahrelange Untätigkeit der Beschwerdeführerin - verbunden mit der öffentlichen und deutlichen Abgabe von vielfachen Anzeichen, die auf einen erfolgreichen Abschluss der Honorarverhandlungen mit den Gesamtvertragspartnern hindeuten - ebenfalls den Eintritt der Verwirkung begründen?"
Insoweit genügt er ebenfalls nicht den Darlegungsanforderungen. Der Kläger erläutert schon nicht, was er unter den "in § 45 SGB X ersichtlichen Maßstäben" versteht. Außerdem räumt er selbst ein, die Frage sei in dem Urteil des BSG vom 11.9.2019 (B 6 KA 13/18 R - SozR 4-7610 § 812 Nr 9) in "juris Rz. 46" (gemeint ist wohl juris RdNr 26) "erschöpfend unter Bezugnahme auf die einschlägige Rechtsprechung des BSG abgehandelt worden" und kritisiert in der Folge lediglich Begründungsmängel ("keinen Bezug zum Sachverhalt", "Begründung des Urteils … hat mit dem Tatbestand nichts zu tun", S 20 f der Beschwerdebegründung) sowie - seiner Auffassung nach - unzutreffende Feststellungen des LSG ("… dass die Beklagte den Kläger hier vor Erlass des Rückforderungsbescheids zum Ausgleich des Honorarkontos aufforderte. Das ist nicht wahr …", S 21 der Beschwerdebegründung). Ferner würdigt er den Sachverhalt anders, als das LSG dies getan hat (Der Beschwerdeführer durfte durchaus darauf vertrauen, dass ein Rückforderungsrecht nicht geltend gemacht würde …", S 21 der Beschwerdebegründung). Damit macht der Kläger letztlich erneut nur einzelfallbezogen die Unrichtigkeit der zweitinstanzlichen Entscheidung geltend.
c) Soweit der Kläger im Übrigen im Zusammenhang mit der 4. Frage meint, das LSG scheine "hier aus anderen Urteilen standardmäßig - pflichtwidrig - einfach etwas übernommen zu haben" und hierin liege "ein schwerwiegender Verfahrensmangel" (S 21 der Beschwerdebegründung), genügen seine Darlegungen nicht den Anforderungen, die an die Darlegung des Zulassungsgrundes nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG gestellt werden. So lässt sich der Beschwerde schon nicht entnehmen, welche Verfahrensnorm das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang verletzt haben soll. Sollte der Kläger etwa einen Verfahrensmangel wegen des Fehlens von Entscheidungsgründen (§ 128 Abs 1 Satz 2, § 136 Abs 1 SGG) geltend machen wollen, setzt dies die Darlegung voraus, dass, ausgehend von der Rechtsauffassung des LSG, wesentliche entscheidungserhebliche Gesichtspunkte, insbesondere die Tatsachenfeststellungen, in den Entscheidungsgründen nicht behandelt worden sind (BSG Beschluss vom 30.9.2020 - B 6 KA 12/20 B - juris RdNr 18 mwN). Hierfür ist es nicht ausreichend, lediglich allgemein zu behaupten, "dass der Text des Urteils keinen Bezug zum Sachverhalt hat" und die "Begründung des Urteils des Landessozialgerichtes Hamburg hat mit dem Tatbestand nichts zu tun" (vgl S 20 f der Beschwerdebegründung), zumal der Kläger hiermit ersichtlich nicht die vom LSG festgestellten Tatsachen, sondern den seiner Meinung nach zutreffenden Sachverhalt anspricht. Nicht nachvollziehbar ist insofern insbesondere, wenn der Kläger behauptet, das LSG habe in seinem Urteil (Umdruck S 12 Abs 2) festgestellt, "dass die Beklagte den Kläger hier vor Erlass des Rückforderungsbescheids zum Ausgleich des Honorarkontos aufforderte". Dies trifft nicht zu. Vielmehr hat das LSG an der zitierten Stelle ausgeführt: "Hier fehlt es schon an einem Verwirkungsverhalten. Das bloße Nichtstun ist hierfür jedenfalls nicht ausreichend, so dass es, anders als der Kläger meint, auch nicht darauf ankommt, ob die Beklagte den Kläger hier vor Erlass des Rückforderungsbescheides zum Ausgleich seines Honorarkontos aufgefordert hat." Im Ergebnis nimmt der Kläger auch hier lediglich eine andere Wertung des Sachverhalts vor als das LSG und wendet sich gegen eine vermeintlich falsche Entscheidung des LSG.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Kläger die Kosten des von ihm ohne Erfolg durchgeführten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).
3. Die Festsetzung des Streitwerts entspricht dem von dem Kläger im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde allein noch angegriffenen Rückforderungsbetrag von 90 000 Euro (§ 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG).
Oppermann Loose Just
Fundstellen
Dokument-Index HI15274627 |