Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerdebegründung. rechtliches Gehör
Orientierungssatz
1. Die Beschwerde ist nicht formgerecht begründet, wenn die Beschwerdeführerin es als klärungsbedürftig ansieht, "welche" Hinweise ein Sozialgericht bzw ein Landessozialgericht einer Klägerin geben müsse, um dieser eine Beweislosigkeit anzulasten, wenn sie sich geweigert hat, sich einer weiteren medizinischen Untersuchung zu unterziehen.
2. Ein Verfahrensfehler der Verletzung des rechtlichen Gehörs ist nicht hinreichend dargetan, wenn die Klägerin geltend macht, das LSG hätte sie über die Punkte informieren müssen, die mit Hilfe ärztlicher Begutachtungen oder Untersuchungen zu klären seien.
Normenkette
SGG § 160 Abs 2 Nr 1, § 160 Abs 2 Nr 3, § 160a Abs 2 S 3, § 62
Verfahrensgang
Hessisches LSG (Entscheidung vom 03.09.1987; Aktenzeichen L 5 Vsb 784/86) |
Gründe
Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde entspricht nicht der in §§ 160 Abs 2 und 160a Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) festgelegten gesetzlichen Form. Sie war deshalb entsprechend §§ 169, 193 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (vgl BVerfG SozR 1500 § 160a Nr 30).
Die Beschwerdeführerin weist zwar auf Zulassungsgründe hin, die in § 160 Abs 2 SGG aufgeführt sind. Sie behauptet, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG und das angegriffene Urteil beruhe auf einem Verfahrensfehler iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG. Damit sind aber die behaupteten Zulassungsgründe nicht so "dargelegt" und "bezeichnet", wie dies §160a Abs 2 Satz 3 SGG verlangt. Nach der ständigen Rechtsprechung verlangt diese Vorschrift, daß die Zulassungsgründe schlüssig dargetan werden: Zur Begründung der Grundsätzlichkeit der Rechtssache muß erläutert werden, daß und warum in dem angestrebten Revisionsverfahren eine Rechtsfrage erheblich sein würde, die über den Einzelfall hinaus allgemeine Bedeutung hat (vgl BVerfG SozR 1500 § 160a Nr 44; BSG SozR 1500 § 160a Nr 39). Eine vorschriftsmäßig begründete Verfahrensrüge liegt nur dann vor, wenn die sie begründenden Tatsachen im einzelnen genau angegeben sind und in sich verständlich den behaupteten Verfahrensfehler ergeben (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14). Diese Erfordernisse betreffen die gesetzliche Form iS des § 169 Satz 1 SGG (vgl BVerfG SozR 1500 § 160a Nr 48).
Die Beschwerde ist in diesem Sinne nicht formgerecht begründet. Die Beschwerdeführerin sieht es als klärungsbedürftig an, "welche" Hinweise ein Sozialgericht bzw ein Landessozialgericht (LSG) einer Klägerin geben müsse, um dieser eine Beweislosigkeit anzulasten, wenn sie sich geweigert hat, sich einer weiteren medizinischen Untersuchung zu unterziehen. Damit wird aber nicht die Beantwortung einer Rechtsfrage begehrt, sondern Auskunft über die Anwendung des Rechts erstrebt. Ferner fehlt es an der Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der gestellten Frage. Dazu hätte die Beschwerdeführerin aufzeigen müssen, weshalb ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Das wäre der Fall, wenn die Entscheidung der Frage im allgemeinen Interesse liegt, weil das Recht fortentwickelt oder vereinheitlicht wird. Zur Darlegung dieser Grundsätzlichkeit sind Ausführungen erforderlich, inwiefern die Beantwortung der Frage zweifelhaft und im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60).
Die Klägerin rügt aber nur konkret, daß das LSG die Bestimmungen der §§ 60 ff Sozialgesetzbuch (Allgemeiner Teil -SGB 1-) und § 96 Sozialgesetzbuch (Verwaltungsverfahren -SGB 10-) verkannt habe, indem es zu Lasten der Klägerin entschieden habe, ohne alle anderen Möglichkeiten der Aufklärung des Sachverhaltes auszuschöpfen. In Wahrheit rügt damit die Klägerin die Verletzung der §§ 103, 106 SGG, wonach das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen und dabei die Beteiligten heranzuziehen sowie auf die Abgabe der für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen hinzuwirken hat. Über den Umfang der gerichtlichen Aufklärungs- und Hinweispflicht im Fall fehlender Mitwirkung existiert jedoch eine umfangreiche Rechtsprechung (vgl nur BSG SozR 1500 § 103 Nrn 23 und 27). Zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage hätte sich die Klägerin damit näher auseinandersetzen müssen. Mit dem Hinweis auf die §§ 60 ff SGB 1 und 96 SGB 10, die schon nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin auf das gerichtliche Verfahren nicht unmittelbar anwendbar sind, wird dieser Darlegungspflicht nicht genügt.
Einen Verfahrensfehler sieht die Klägerin darin, daß ihr nicht hinreichend rechtliches Gehör (§ 62 SGG) gewährt worden sei. Sie macht geltend, das LSG hätte sie über die Punkte informieren müssen, die mit Hilfe ärztlicher Begutachtungen oder Untersuchungen zu klären seien. Damit ist ein Verfahrensfehler der Verletzung des rechtlichen Gehörs ebenfalls nicht hinreichend dargetan. Dazu hätte es schon einer näheren Darlegung bedurft, welche Frage das LSG gestellt oder welchen Hinweis es unterlassen hat und inwiefern dies zu der Erklärung der Prozeßbevollmächtigten der Klägerin geführt hat, daß die Klägerin mit weiteren ärztlichen Untersuchungen nicht einverstanden sei. Es fehlt aber vor allem an der Darlegung, daß sie sich bei hinreichender Aufklärung mit dieser ärztlichen Untersuchung einverstanden erklärt hätte. Diese eindeutige Erklärung hat sie auch im Beschwerdeverfahren noch nicht abgegeben. Der Verfahrensmangel einer Verletzung des rechtlichen Gehörs ist aber dann nicht hinreichend bezeichnet, wenn nicht angegeben wird, welches Vorbringen verhindert worden ist und inwiefern die angefochtene Entscheidung darauf beruhen kann (BSG SozR 1500 § 160a Nr 36). Das LSG hat die von der Klägerin immer noch alternativ angebotene - erneute - Anhörung von Dr.C. gerade nicht als ausreichend angesehen. Deshalb reichen auch die Ausführungen der Klägerin dazu, daß das LSG den Hinweis bereits vor der mündlichen Verhandlung habe geben müssen, und ihre Prozeßbevollmächtigte sei in der Verhandlung von der Frage "überrascht" worden, nicht aus, eine Verletzung des rechtlichen Gehörs schlüssig darzutun.
Fundstellen