Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 13. Juli 2017 wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Das Schleswig-Holsteinische LSG hat mit Urteil vom 13.7.2017 einen Anspruch des Klägers auf Weitergewährung von Krankengeld über den 30.9.2011 hinaus bis zum Ablauf der Höchstbezugsdauer verneint.
Gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er rügt eine Rechtsprechungsabweichung und die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Kläger die geltend gemachten Zulassungsgründe der Divergenz und der grundsätzlichen Bedeutung nicht formgerecht dargetan hat (§ 160a Abs 2 S 3 SGG). Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
1. Divergenz liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn das Urteil des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass das angefochtene Urteil auf der Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG). Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet dies: Die Beschwerdebegründung muss erkennen lassen, welcher abstrakte Rechtssatz in der in Bezug genommenen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht. Ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das BSG die oberstgerichtliche Rechtsprechung im Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird (stRspr, vgl zum Ganzen: BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 17; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 10 RdNr 4; BSG SozR 1500 § 160a Nr 67 S 89 ff; BSG SozR 1500 § 160a Nr 14 S 22).
Der Kläger ist der Ansicht, das Berufungsurteil weiche vom Urteil des BSG vom 11.5.2017 (B 3 KR 22/15 R - SozR 4-2500 § 46 Nr 8, für BSGE vorgesehen) ab. Dort habe der Senat die bisher schon anerkannten Ausnahmen um den Fall der aus nicht medizinischen Gründen irrtümlich nicht zeitgerecht erstellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erweitert im Hinblick auf dem Krankengeldanspruch entgegenstehende zeitliche Lücken bei der ärztlichen Feststellung von Arbeitsunfähigkeit. Anders als das LSG angenommen habe, lägen die Voraussetzungen, die der Senat für die anerkannten Ausnahmen aufgestellt habe, aufgrund des hier vorliegenden Sachverhalts im Fall des Klägers vor.
Darüber hinaus weiche das Berufungsurteil von dem Urteil des BSG vom 8.11.2005 (B 1 KR 30/04 R - BSGE 95, 219 = SozR 4-2500 § 46 Nr 1) ab. Das LSG habe die Mitwirkungsobliegenheit des Klägers überspannt und übersehen, dass nach der vorgenannten Entscheidung des BSG die Mitwirkung des Versicherten auf das Zumutbare beschränkt sei. Nach dem hier vorliegenden Sachverhalt habe der Kläger aber alles Zumutbare getan, um sich seine Arbeitsunfähigkeit attestieren zu lassen.
Mit diesem Vortrag hat der Kläger eine Divergenz nicht hinreichend aufgezeigt. Denn es fehlt bereits an einer Gegenüberstellung von sich einander widersprechenden abstrakten Rechtssätzen aus den zitierten Urteilen des BSG einerseits und aus dem Berufungsurteil andererseits. Anstelle dessen subsumiert der Kläger die Sachverhaltskonstellation seines Falls anhand der vorgenannten Rechtsprechung des BSG und zieht daraus den Schluss, dass das LSG auf der Basis dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung seinen Fall falsch entschieden habe. Eine sog "Subsumtionsrüge" erfüllt aber grundsätzlich nicht die Darlegungsanforderungen an das Vorliegen einer Rechtsprechungsabweichung iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG (stRspr, vgl nur BSG Beschluss vom 17.6.2009 - B 6 KA 6/09 B - Juris RdNr 16 mwN). Denn es fehlt an der Nichtübereinstimmung und Widersprüchlichkeit der Urteile im Grundsätzlichen.
2. Der Kläger hat auch die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht hinreichend dargelegt.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).
Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Der Kläger hält für grundsätzlich bedeutsam die Fragen,
"1) Führt eine nachträgliche Zahlung von Urlaubsabgeltung für vergangene Zeiträume dazu, dass für die gesamte Zeit diese vergangenen Zeiträume von einer 'Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt' auszugehen ist im Sinne von § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V bzw § 7 Abs 3 Satz 1 SGB IV?
2) Liegt auch dann eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt vor, wenn Ansprüche auf Urlaubsabgeltung teilweise verjährt oder verfallen sind und insoweit es tatsächlich nicht zu einer Auszahlung durch den Arbeitgeber kommt?"
Der Kläger führt hierzu aus, dass das BSG zu diesen Rechtsfragen noch keine Entscheidung getroffen habe. Die Fragen seien aber auch über den Einzelfall hinaus von Bedeutung, weil das BAG mit Urteil vom 7.8.2012 (9 AZR 353/10) seine Rechtsprechung zum Urlaubsanspruch bei krankheitsbedingtem Ruhen des Arbeitsverhältnisses infolge einer Entscheidung des EuGH (NJW 2012, 290) geändert habe. Auch weitere Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 20.1.2009 - C-350/6; C-520/06) zum arbeitsrechtlichen Anspruch auf Urlaubsabgeltung stellen jetzt und zukünftig grundsätzliche Fragen, inwieweit die nachträglichen Zahlungen noch Auswirkungen auf das Sozialversicherungsverhältnis hätten.
Mit diesem Vortrag hat der Kläger insbesondere die Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Fragen nicht hinreichend aufgezeigt. Denn es nicht nachvollziehbar, inwieweit Fragen der Urlaubsabgeltung im angestrebten Revisionsverfahren zu klären wären. Hierzu führt der Kläger lediglich aus, dass das LSG trotz der Angabe, dass der Kläger Urlaubsabgeltung erhalten habe, die Auffassung vertrete, dass es an dem Element der Entgeltlichkeit fehle und eine Versicherungspflicht des § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V nicht mehr bestehe. Dieser Vortrag ist aber nicht hinreichend, um beurteilen zu können, ob das LSG sein die Gewährung von Krankengeld betreffendes Urteil entscheidungserheblich auf die aufgeworfenen Fragen gestützt hat, zumal sich der Kläger hierfür auch nicht erkennbar auf tragende Urteilsgründe des LSG bezieht, sondern lediglich ausführt, dass es nach Auffassung des LSG an der Entgeltlichkeit für eine Versicherungspflicht nach dem SGB V gefehlt habe.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI11554107 |