Verfahrensgang
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 27. November 2023 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu bewilligen, wird abgelehnt.
Gründe
I
Der Kläger begehrt von dem Beklagten in der Hauptsache die Gewährung weiterer Versorgungsleistungen.
Der 1986 geborene Kläger wurde am 19.5.2014 Opfer einer Gewalttat. Auf seinen Antrag stellte der Beklagte als Folgen einer Schädigung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) eine "Knochennarbe Nasenbein" und eine "Narbe Nasenwurzel" sowie für die Zeit vom 19.5.2014 bis zum 31.1.2015 eine akute Belastungsreaktion fest. Für die Monate Mai 2014 bis Januar 2015 habe der Grad der Schädigungsfolgen (GdS) 10 betragen; ab 1.2.2015 sei kein GdS mehr festzustellen. Eine Rente nach dem OEG iVm dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) stehe dem Kläger daher nicht zu(Bescheid vom 1.10.2015; Widerspruchsbescheid vom 1.6.2016) .
Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Das LSG hat zur Begründung ausgeführt, auf der Grundlage des von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens seien keine weiteren Schädigungsfolgen nachgewiesen, insbesondere nicht die vom Kläger geltend gemachten dauerhaften psychischen Beeinträchtigungen(Urteil vom 27.11.2023) .
Der Kläger hat wegen der Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung des LSG beim BSG zur Durchführung des beabsichtigten Beschwerdeverfahrens die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt.
II
1. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens ist abzulehnen. Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt es hier. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter(§ 73 Abs 4 SGG ) in der Lage wäre, die vom Kläger angestrebte Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen. Hinreichende Erfolgsaussicht hätte die Nichtzulassungsbeschwerde nur, wenn einer der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe mit Erfolg geltend gemacht werden könnte. Die Revision darf danach nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat(§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) , das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht(§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann(§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG ) .
Nach Durchsicht der Akten und der im PKH-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung fehlen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass ein vor dem BSG zugelassener Prozessbevollmächtigter einen der in § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe mit Erfolg darlegen oder bezeichnen könnte.
a) Die Sache bietet keine Hinweise für eine über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache(§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) , denn die Entscheidung des LSG beruht auf seiner Würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls.
b) Auch ist nicht ersichtlich, dass das LSG entscheidungstragend von der Rechtsprechung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abgewichen sein könnte(§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) .
c) Schließlich fehlt ein ausreichender Anhalt dafür, dass ein die Revisionszulassung rechtfertigender Verfahrensfehler des LSG vorliegen könnte. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG (Anhörung eines bestimmten Arztes) und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Vor diesem Hintergrund könnte ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht(§ 103 SGG ) schon deshalb nicht mit Erfolg gerügt werden, weil dafür ein für das BSG ohne Weiteres auffindbarer und bis zuletzt - zumindest hilfsweise - aufrechterhaltener Beweisantrag bezeichnet werden müsste, dem das LSG nicht gefolgt ist. Ein solcher Beweisantrag des im Berufungsverfahren anwaltlich vertretenen Klägers ist indes weder dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27.11.2023 noch dem Urteil des LSG zu entnehmen.
Soweit der Kläger mit der vom LSG vorgenommenen Aus- und Bewertung des von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens nicht einverstanden ist, wendet er sich gegen die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts(§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG ) . Hiermit kann er jedoch nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG von vornherein keine Revisionszulassung erreichen.
Schließlich ließe sich die beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde nicht mit Erfolg auf den absoluten Revisionsgrund( § 202 Satz 1 SGG iVm§ 547 Nr 1 ZPO ) stützen, das LSG habe mit seiner Entscheidung durch den sog "kleinen Senat"(§ 153 Abs 5 SGG ) das grundrechtsgleiche Recht des Klägers auf den gesetzlichen Richter(Art 101 Abs 1 Satz 2 GG ) verletzt. Zwar ist der dieser Vorgehensweise zugrundeliegende Übertragungsbeschluss des LSG vom 10.10.2023 verfahrensfehlerhaft ergangen, ohne dass die Beteiligten zuvor angehört worden sind, wie es erforderlich gewesen wäre(siehe dazu nur Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl 2023, § 153 RdNr 25 mwN) . Dieser Mangel ist indes gemäß § 202 Satz 1 SGG iVm §§ 295 Abs 1, 556 ZPO durch rügelose Einlassung in der mündlichen Verhandlung geheilt worden(siehe zu dieser MöglichkeitBSG Beschluss vom 19.7.2022 - B 1 KR 10/21 BH - juris RdNr 23 mwN) . Denn der Kläger und seine Prozessbevollmächtigte sind im Termin vom 27.11.2023 erschienen und haben zur Sache verhandelt und einen Sachantrag gestellt, obwohl ihnen der Mangel bekannt war oder bekannt sein musste.
2. Da dem Kläger keine PKH zusteht, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht in Betracht( § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm§ 121 Abs 1 ZPO ) .
Kaltenstein |
|
|
Othmer |
|
|
B. Schmidt |
Fundstellen
Dokument-Index HI16339099 |