Leitsatz (amtlich)
Durch die Bezeichnung eines Leidens mit "Herzmuskelschaden nach Diphtherie" in einem Bescheid ist nicht rechtsverbindlich anerkannt, daß eine Diphtherie vorgelegen hat; der Zusatz "nach Diphtherie" bezeichnet nur den schädigenden Vorgang, der nach der damaligen ärztlichen Beurteilung zu der Anerkennung des Herzmuskelschadens geführt hat; die Anerkennung umfaßt aber nur die Schädigungsfolge, also den Herzmuskelschaden.
Normenkette
BVG § 1 Fassung: 1950-12-20; SGG § 77 Fassung: 1953-09-03
Tenor
Die Revision des Klägers vom 30. Januar 1957 gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 22. Oktober 1956 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
1.) Das Landessozialgericht (LSG.) hat die Revision nicht zugelassen (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -). Sie ist daher nur statthaft, wenn gerügt wird, das Verfahren des LSG. leide an einem wesentlichen Mangel und wenn dieser Mangel auch tatsächlich vorliegt (§ 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG; BSG. 1 S. 150), oder wenn bei der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs einer Gesundheitsstörung mit einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) das Gesetz verletzt ist (§ 162 Abs. 1 Nr. 3 SGG). Soweit Verfahrensmängel gerügt werden, muß die Revision nicht nur die verletzte Rechtsnorm, sondern auch die Tatsachen und Beweismittel bezeichnen, die den Mangel ergeben.
2.) Das LSG. hat festgestellt, daß das Bronchialasthma des Klägers durch den Wehrdienst weder hervorgerufen noch verschlimmert worden ist. Diese Feststellung ist für das Bundessozialgericht (BSG.) bindend, zulässige und begründete Revisionsgründe sind gegen sie nicht geltend gemacht (§ 163 SGG). Der Kläger rügt zu Unrecht wesentliche Mängel des Verfahrens bei der Feststellung des Sachverhalts durch das LSG. Das LSG. hat die Frage, ob das Bronchialasthma eine Schädigungsfolge ist, zunächst unter dem Gesichtspunkt geprüft, ob dieses Leiden die Folge einer fieberhaften Erkältungskrankheit während des Wehrdienstes ist; es hat festgestellt, daß der Kläger zwar im Februar 1944 eine Grippe - Angina gehabt hat, daß es sich dabei aber nach dem Ergebnis der Ermittlungen nicht um eine bedeutungsvolle Erkrankung gehandelt hat und daß diese Erkrankung auf die Entstehung oder Verschlimmerung des Asthmas keinen Einfluß gehabt hat. Diese Feststellung hat der Kläger mit der Revision auch nicht angegriffen. Er wendet sich vielmehr ausschließlich dagegen, daß das LSG. auch den Zusammenhang des Asthmas mit einer Diphtherie verneint hat. Das LSG. hat aber auch bei dieser Feststellung die Grenzen seines Rechts, das Gesamtergebnis des Verfahrens frei zu würdigen (§ 128 SGG; BSG. 2 S. 236 ff.) nicht überschritten. Es ist davon ausgegangen, daß es nicht wahrscheinlich ist, daß der Kläger, wie er vorbringt, im September 1944 eine Diphtherie gehabt hat, weil das sorgfältig geführte Soldbuch keinen Eintrag über eine solche Krankheit enthält - obwohl aus der Zeit des damaligen Lazarettaufenthalts andere Vermerke eingetragen sind -, und weil auch sonstige Nachweise für eine solche Erkrankung fehlen; das LSG. hat damit nicht, wie der Kläger behauptet, gegen Gesetze der Logik verstoßen; es hat nicht davon ausgehen müssen, daß durch die Bezeichnung des Leidens mit "Herzmuskelschaden nach Diphtherie" in dem angefochtenen Bescheid vom 13. März 1952 bereits rechtsverbindlich anerkannt ist, daß der Kläger eine Diphtherie gehabt hat; der Zusatz "nach Diphtherie" bezeichnet nur den schädigenden Vorgang, der nach der damaligen ärztlichen Beurteilung zu der Anerkennung des Herzmuskelschadens geführt hat, die Anerkennung umfaßt aber nur die Schädigungsfolge, also den Herzmuskelschaden. Wenn es aber das LSG. aus den von ihm dargelegten Gründen schon nicht für wahrscheinlich gehalten hat, daß der Kläger eine Diphtherie gehabt hat, hat es von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus auch keinen Anlaß gehabt (vergl. Beschluß des BSG. vom 7.6.1956, SozR., Nr. 7 zu § 103 SGG), noch weitere ärztliche Gutachten zu der Frage einzuholen, ob eine Diphtherie überhaupt auf die Entstehung oder Verschlimmerung eines Asthmaleidens von Einfluß sein kann; es hat dies aber vor allem deshalb nicht tun müssen, weil, wie es weiter zutreffend festgestellt hat, keiner der im Verfahren gehörten Ärzte einen solchen Zusammenhang im Falle des Klägers auch nur in Erwägung gezogen hat und weil schon nach allgemeiner ärztlicher Erfahrung ein solcher Zusammenhang nicht wahrscheinlich ist; es hat damit nicht etwa, wie der Kläger behauptet, seine eigene Ansicht an die Stelle einer nur dem Facharzt möglichen Beurteilung gesetzt, sondern es hat die allgemeine ärztliche Erfahrung, die Ergebnisse der mehrfachen Untersuchungen des Klägers, die vom Kläger beigebrachten ärztlichen Bescheinigungen und die besonderen Umstände des Falles gegeneinander abgewogen. Da Verfahrensmängel sonach nicht vorliegen, ist die Revision nicht nach § 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG statthaft.
3.) Die Revision ist aber auch nicht nach § 162 Abs. 1 Nr. 3 SGG statthaft. Bei der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs eines Leidens mit dem Wehrdienst im Sinne dieser Bestimmung ist das Gesetz nur dann verletzt, wenn die für das Gebiet der Kriegsopferversorgung geltende Kausalitätsnorm verletzt ist (BSG. 1 S. 268 ff.); es muß sich also um einen Verstoß bei der Unterordnung von Tatsachen unter eine Rechtsnorm handeln. Zu einer solchen rechtlichen Beurteilung ist das LSG. aber gar nicht gekommen, weil es schon in tatsächlicher Hinsicht den Zusammenhang des Asthmas mit dem Wehrdienst nicht für wahrscheinlich gehalten hat.
Die Revision ist deshalb als unzulässig zu verwerfen (§ 169 Satz 2 SGG).
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen