Leitsatz (amtlich)
Der Antrag, einen bestimmten Arzt gutachtlich zu hören (SGG § 109 Abs 1), kann, noch bevor der Betrag des Kostenvorschusses bestimmt und bekanntgegeben worden ist, abgelehnt werden, wenn der Antragsteller unmißverständlich erklärt hat, daß er keinen Kostenvorschuß leisten könne oder leisten werde (Ergänzung BSG 1964-03-31 4 RJ 169/63 = BSGE 2, 258).
Normenkette
SGG § 109 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03
Tenor
1) Der Antrag der Klägerin, ihr für das Verfahren vor dem Bundessozialgericht das Armenrecht zu bewilligen und ihr ihren derzeitigen Rechtsanwalt als Prozeßbevollmächtigten beizuordnen, wird abgelehnt.
2) Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 4. März 1963 wird als unzulässig verworfen.
3) Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Das Armenrecht muß versagt werden, weil die Revision ohne Erfolg bleibt.
Die Revision ist nicht zugelassen und auch nicht wegen der durchgreifenden Rüge eines wesentlichen Verfahrensmangels zulässig (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
Die Revision wendet sich zunächst dagegen, daß das Landessozialgericht (LSG) in der Sache selbst entschieden habe, obgleich es an einer Prozeßvoraussetzung, nämlich der Prozeßfähigkeit der Klägerin, gefehlt habe. Den Revisionsausführungen ist jedoch nicht zu entnehmen, welche Veranlassung für das Berufungsgericht bestanden habe, an der Prozeßfähigkeit der Klägerin zu zweifeln. Das Revisionsvorbringen, schon früher habe ein Facharzt die Frage aufgeworfen, ob die Klägerin wegen paranoider Erscheinungen etwa geschäftsunfähig sei, ist zu unbestimmt gehalten, um den an eine Revisionsbegründung zu stellenden Anforderungen (§ 164 Abs. 2 SGG) zu genügen. Es läßt die genaue Bezeichnung der Umstände vermissen, aus denen der Berufungsrichter einen entsprechenden Verdacht hätte schöpfen müssen.
Um dies auszusprechen, braucht das Revisionsgericht selbst der Frage der Prozeßfähigkeit der Klägerin nicht weiter nachzugehen; denn bei einer nicht zugelassenen Revision ist zunächst nur zu untersuchen, ob der Mangel der Prozeßfähigkeit ordnungsgemäß gerügt worden ist, und erst, wenn dies bejaht wird, ob der Mangel auch vorliegt. Fehlt es daran, dann ist das Rechtsmittel nicht wirksam angebracht und dem übergeordneten Gericht nicht die Befugnis verliehen, auf die Sache einzugehen und in den Bestand des angefochtenen Urteils einzugreifen.
Die Statthaftigkeit der Revision wird auch nicht durch das Vorbringen begründet, das LSG habe die Vorschrift des § 109 SGG verletzt, indem es den von der Klägerin bestimmten Arzt - Prof. Dr. Döring, Hamburg - nicht gutachtlich gehört habe. Der von der Klägerin angenommene Verstoß gegen § 109 SGG liegt nicht vor. Es trifft nicht zu, daß das LSG die Klägerin vor Ablehnung des auf § 109 SGG gestützten Antrags zur Zahlung einer genau festgelegten Geldsumme hätte auffordern müssen. Der Antragsteller hat zwar in der Regel ein Recht darauf zu erfahren, wie hoch der von ihm zu leistende Kostenvorschuß sein wird (BSG 2, 258); gibt er aber rundweg, ohne die Frage nach dem Betrag zu stellen, die Erklärung ab, er werde keinen Kostenvorschuß leisten, dann ist das Gericht zur Ablehnung des Antrags ohne weiteres befugt. So liegt der Fall hier, wie sich aus der Sitzungsniederschrift des LSG vom 4. März 1963 ergibt.
Es ist weiter nicht richtig, daß das LSG den Antrag abgelehnt habe, weil die Klägerin arm sei. Ein Kostenvorschuß kann auch von einem finanziell unvermögenden Antragsteller verlangt werden (BSG SozR SGG § 109 Bl. Da 13 Nr. 21). Das LSG durfte mithin die Beweisanordnung von der Bereitschaft der Klägerin, die Kosten des Gutachtens vorzuschießen, abhängig machen.
Dem LSG kann ferner nicht zur Last gelegt werden, daß es nicht genügend auf die Eigenart des Leidens der Klägerin eingegangen und sich nicht fachärztlich nach dem neuesten Stand der medizinischen Wissenschaft habe beraten lassen. Die Vielzahl der in diesem Rechtsstreit und in den unmittelbar vorausgegangenen Verfahren befragten Sachverständigen, zu denen auch solche des Fachgebiets der Neurologie und Psychiatrie gehörten, gestattete es dem Berufungsgericht, davon überzeugt zu sein, daß seine Tatsachenfeststellung auf zureichenden Unterlagen beruhte.
Die Revision bleibt deshalb unzulässig und ist zu verwerfen (§§ 169, 193 Abs. 4 SGG).
Eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist im Sozialgerichtsverfahren nicht vorgesehen und damit unstatthaft.
Fundstellen