Orientierungssatz
Nichtzulassungsbeschwerde - Beweisantrag - Beweisanregung: 1. Zur Darlegung, es sei ein Beweisantrag gestellt worden, dem das LSG nicht gefolgt sei (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) gehört auch die Darlegung, daß es sich um einen echten Beweisantrag gehandelt hat, nicht um eine bloße Beweisanregung, mit der das Gericht veranlaßt werden sollte, im Rahmen der ihm obliegenden Amtsermittlung von sich aus einen Beweis zu erheben.
2. Eine bloße Beweisanregung liegt vor, wenn der Beteiligte es dem Gericht überläßt, ob es seiner Anregung folgen will oder nicht. Ein Antrag ist gegeben, wenn das Gericht vor die Alternative gestellt wird, entweder die von ihm für sachdienlich erachteten Beweise zu erheben oder dies abzulehnen und die Gründe hierfür darzutun.
3. Wegen eines übergangenen Beweisantrages ist die Revision nach § 160 Abs Nr 3 SGG nur dann eröffnet, wenn es sich um ein echtes Beweisverlangen und nicht um eine bloße Anregung an das Gericht gehandelt hat (vgl Beschluß des Senats vom 8.10.1985 - 5b/1 BJ 52/85 -).
4. Ist jedoch zweifelhaft, ob der Beteiligte lediglich eine Anregung an das Gericht geben wollte, von sich aus Beweis zu erheben oder ob er einen echten Beweisantrag stellen wollte, so kann auch im Einzelfall der Umstand rechtserheblich sein, daß er in der letzten mündlichen Verhandlung - als sichtbar wurde, das Tatsachengericht werde nicht weiteren Beweis erheben - den Antrag nicht wiederholt hat.
Normenkette
SGG § 160 Abs 2 Nr 3, § 160a Abs 2 S 3
Verfahrensgang
LSG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 06.11.1987; Aktenzeichen L 6 J 61/87) |
Gründe
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz (LSG) vom 6. November 1987 ist unzulässig, weil der Kläger die Beschwerde nicht substantiiert begründet hat. Die Revision kann nur aus den in §§ 160 Abs 2 Nrn 1 bis 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) genannten Gründen - grundsätzliche Bedeutung, Divergenz oder Verfahrensfehler - zugelassen werden. Der Kläger hat sich auf Verfahrensfehler berufen. In der Beschwerdebegründung muß jedoch der Verfahrensfehler "bezeichnet" werden (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
Zur substantiierten Rüge, das LSG sei einem Beweisantrag zu Unrecht nicht gefolgt, gehört einmal der Vortrag, mit welchem Schriftsatz und in welcher Sitzung der Antrag gestellt worden ist und sodann die Angaben der Gründe, aus denen sich das LSG von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus hätte gedrängt fühlen müssen, den von ihm abgelehnten Beweis zu erheben (BSG SozR 1500 § 160a Nr 34). Zur Darlegung, es sei ein Beweisantrag gestellt worden, dem das LSG nicht gefolgt sei (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) gehört auch die Darlegung, daß es sich um einen echten Beweisantrag gehandelt hat, nicht um eine bloße Beweisanregung, mit der das Gericht veranlaßt werden sollte, im Rahmen der ihm obliegenden Amtsermittlung von sich aus einen Beweis zu erheben. Eine bloße Beweisanregung liegt vor, wenn der Beteiligte es dem Gericht überläßt, ob es seiner Anregung folgen will oder nicht. Ein Antrag ist gegeben, wenn das Gericht vor die Alternative gestellt wird, entweder die von ihm für sachdienlich erachteten Beweise zu erheben oder dies abzulehnen und die Gründe hierfür darzutun. Wegen eines übergangenen Beweisantrages ist die Revision nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG nur dann eröffnet, wenn es sich um ein echtes Beweisverlangen und nicht um eine bloße Anregung an das Gericht gehandelt hat (Beschluß des Senates vom 30. September 1985 - 5b/1 BJ 52/85 -). Ein Hinweis darauf, um was es sich gehandelt hat, kann darin gefunden werden, ob der Beteiligte in der letzten mündlichen Verhandlung den Beweisantrag wiederholt hat. Zwar genügt es für einen Beweisantrag iS des § 160 Abs 2 Nr 3 letzter Halbsatz SGG, wenn er in einem vorbereitenden Schriftsatz gestellt worden ist, es sei denn, aus den näheren Umständen ist zu entnehmen, daß er in der letzten mündlichen Verhandlung nicht mehr aufrecht erhalten wurde (BSG SozR 1500 § 160 Nr 12). Ist jedoch zweifelhaft, ob der Beteiligte lediglich eine Anregung an das Gericht geben wollte, von sich aus Beweis zu erheben oder ob er einen echten Beweisantrag stellen wollte, so kann auch im Einzelfall der Umstand rechtserheblich sein, daß er in der letzten mündlichen Verhandlung - als sichtbar wurde, das Tatsachengericht werde nicht weiteren Beweis erheben - den Antrag nicht wiederholt hat.
Der Kläger hat hier lediglich vorgetragen, er habe auf den Umstand, über den das LSG nach seiner Meinung Beweis hätte erheben müssen, "unter Beweisangebot hingewiesen". Damit hat der Kläger seiner Darlegungslast (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG), es habe sich um einen echten Beweisantrag gehandelt, nicht genügt.
Auch soweit der Kläger den Grundsatz des rechtlichen Gehörs durch das LSG verletzt sieht, hat er den Verfahrensmangel nicht hinreichend bezeichnet. Angesichts des Umstandes, daß das LSG die Verweisungstätigkeit einem Tarifvertrag entnommen hat, in dem diese Tätigkeit - wie das LSG ausgeführt hat - eingehend beschrieben ist, und daß bereits die Beklagte den Kläger auf diese Tätigkeit hingewiesen hatte, ist es nicht zu beanstanden, wenn das LSG im Wege der Beweiswürdigung festgestellt hat, welche Anforderungen diese Tätigkeit stellt. Es wäre Sache des Klägers gewesen, rechtzeitig Beweis dafür anzubieten, daß die Tätigkeit höhere Anforderungen stellt, als die Beklagte vorgetragen hatte.
Die Beschwerde des Klägers ist damit unzulässig und durch Beschluß ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§§ 202 SGG iVm 574 der Zivilprozeßordnung und 169 SGG analog; vgl BSG SozR 1500 § 160a Nrn 1, 5; BVerfG aaO Nr 30).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen