Verfahrensgang
LSG Niedersachsen (Urteil vom 30.11.1995) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 30. November 1995 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Der Kläger ist mit seinem Begehren, ihm wegen der Folgen eines am 19. November 1987 erlittenen Arbeitsunfalls (Sturz auf einem Baugerüst) Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren, ohne Erfolg geblieben (Bescheid vom 23. März 1992 idF des Widerspruchsbescheides vom 28. April 1993; Urteile des Sozialgerichts vom 20. Juli 1994 und des Landessozialgerichts ≪LSG≫ vom 30. November 1995). Das LSG ist zu dem Ergebnis gelangt, daß der Kläger bei dem Arbeitsunfall am 19. November 1987 außer den von dem Zeugen J. … S. … mitgeteilten Schürfwunden am rechten Oberschenkel alsbald nach dem Unfall folgenlos verheilte Frakturen der 10. und 11. Rippe rechts erlitten habe. Erst zwei Jahre nach dem Arbeitsunfall habe der Kläger geltend gemacht, daß auch Beschwerden im Brustkorb und dem Hüftgelenk Unfallfolgen seien. Die nach dem Unfall bis in die jüngste Zeit durchgeführten röntgenologischen und computertomographischen Untersuchungen hätten allerdings keinerlei Anhalt dafür gegeben, daß es bei dem Arbeitsunfall neben den Rippenfrakturen zu weiteren knöchernen Läsionen gekommen sei.
Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde ist zurückzuweisen. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen teils nicht vor, teils entsprechen sie nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) festgelegten Form.
Der vom Beschwerdeführer gerügte Verfahrensfehler, das LSG sei seinem Beweisantrag auf Vernehmung des Zeugen J. … S. … ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt, entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 SGG festgelegten Form, weil der Kläger insoweit keinen vom LSG übergangenen Beweisantrag auf Vernehmung dieses Zeugen schlüssig dargetan hat (s BSG SozR 1500 § 160a Nrn 34, 47, 54 und 58; vgl hierzu auch Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 1991, IX, RdNr 177 mwN). Dazu hat der Senat in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß es jedenfalls rechtskundig vertretenen Beteiligten obliegt, in der für die Entscheidung maßgebenden mündlichen Verhandlung alle diejenigen Anträge zur Niederschrift des Gerichts zu stellen, über die das Gericht entscheiden soll (vgl ua Beschluß des Senats vom 26. Februar 1996 – 2 BU 7/96 – sowie Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Februar 1992 – 1 BvR 1935/91 – SozR 3-1500 § 160 Nr 6). Es ist der Sinn der erneuten Antragstellung, zum Schluß der mündlichen Verhandlung auch darzustellen, welche Anträge nach dem Ergebnis der für die Entscheidung maßgebenden mündlichen Verhandlung noch abschließend gestellt werden, mit denen sich das LSG dann im Urteil befassen muß, wenn es ihnen nicht folgt. Der Kläger hätte deshalb in der mündlichen Verhandlung vom 30. November 1995 einen entsprechenden Beweisantrag auf Vernehmung des Zeugen J. … S. … zumindest hilfsweise stellen müssen. Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 30. November 1995 ist dies nicht geschehen.
Der Beschwerdeführer rügt ferner, das LSG sei seinem Beweisantrag, eine Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. R. … zu den Ausführungen von Dr. H. … vom 4. Oktober 1995 einzuholen, ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt. Diese Rüge ist unbegründet. Der Antrag ist zwar ebenfalls nicht in der Sitzungsniederschrift enthalten; das LSG hat sich jedoch in seinem Urteil mit ihm auseinandergesetzt. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers hätte sich das LSG nicht gedrängt fühlen müssen, insoweit weiteren Beweis zu erheben. Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hätte nur dann eine zwingende Veranlassung bestanden, wenn nach den dem LSG vorliegenden Beweismitteln, insbesondere den im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachten, Fragen zum medizinischen Sachverhalt aus der rechtlichen Sicht des LSG erkennbar offengeblieben wären (s ua Beschluß des Senats vom 5. Juli 1994 – 2 BU 94/94 – mwN). Das ist hier nicht der Fall. Das LSG hat vielmehr eine zumindest hinreichende Begründung dafür gegeben, warum es keinen Anlaß sah, eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. R. … einzuholen. Das LSG ist auf Grund seiner im Beschwerdeverfahren nicht nachprüfbaren Beweiswürdigung zu der Feststellung gelangt, daß nach dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. R. … vom 19. Juli 1995 keine neuen Gesichtspunkte aufgetreten seien, die eine erneute Befragung dieses Sachverständigen geboten erscheinen ließen. Das LSG hat weiter ausgeführt, hierfür bestehe insbesondere auch nicht dadurch Anlaß, daß die Beklagte eine Stellungnahme von Dr. H. … vom 4. Oktober 1995 zu dem Sachverständigengutachten von Prof. Dr. R. … eingereicht habe, weil Dr. H. … im wesentlichen lediglich darauf hingewiesen habe, daß sich aus der Argumentation des Sachverständigen keine Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs ergebe. Dies ist eine zumindest hinreichende Begründung des LSG für die Ablehnung dieses Beweisantrags. Allein unterschiedliche gutachterliche Schlußfolgerungen ohne wesentliche neue Gesichtspunkte begründen keine zwingende Veranlassung zu einer weiteren Beweiserhebung in dem begehrten Sinne (Meyer-Ladewig, SGG, 5. Aufl, § 118 RdNr 12b).
Das gleiche gilt für die weitere Rüge des Beschwerdeführers, das LSG habe es verfahrensfehlerhaft unterlassen, entsprechend seinem Antrag Prof. Dr. R. … „zum Termin zu laden zwecks Erläuterung seines Gutachtens”. Der Ladung eines Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens bedarf es im sozialgerichtlichen Verfahren nur, wenn dies nach Lage der Dinge sachdienlich ist. Das kann insbesondere der Fall sein, wenn der Sachverständige von falschen tatsächlichen Annahmen ausgegangen ist oder sein Gutachten Lücken oder Widersprüche enthält, die durch eine mündliche Befragung ausgeräumt werden müssen (vgl BSG SozR 1750 § 411 Nr 2; Meyer-Ladewig aaO § 118 RdNr 12b; s auch Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozeßordnung, 54. Aufl, § 411 RdNr 9). Von diesem Rechtsgrundsatz ausgehend hat das LSG festgestellt, daß diese Voraussetzungen hier ersichtlich nicht gegeben sind. Eine persönliche Anhörung des Sachverständigen zur Erläuterung seiner Ausführungen ist nicht allein deswegen notwendig, weil sich – wie hier – sein Gutachten mit einem anderen widerspricht (Meyer-Ladewig aaO).
Soweit sich der Beschwerdeführer in seinem Schriftsatz vom 22. März 1996 auf eine Abweichung zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 24. Oktober 1995 (NJW 1996, 788) beruft, kann dies schon deshalb nicht zur Zulassung der Revision führen, da nach § 160 Abs 2 Nr 2 SGG eine Abweichung von einer Entscheidung eines anderen obersten Gerichtshofs des Bundes keine Zulassung der Revision rechtfertigt (s auch Meyer-Ladewig aaO § 160 RdNr 10 mwN).
Die Beschwerde war daher insgesamt zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen