Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Beigeladenen zu 1) gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 1. Dezember 1976 wird zurückgewiesen.
Die Beigeladene zu 1) hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
I
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger gemäß § 168 Abs. 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) beitragspflichtig zur Bundesanstalt für Arbeit (BA) ist.
Der am 9. April 1942 geborene Kläger ist wegen eines geistig-seelischen Entwicklungsrückstandes als Schwerbeschädigter anerkannt. Der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ist seit 1973 wieder auf 50 vH festgesetzt, nachdem er zwischendurch seit Juli 1966 auf 70 vH heraufgesetzt worden war. Der Kläger arbeitete nach dem Besuch der Sonderschule zunächst kurzfristig bei der Stadtreinigung. Seit dem 1. September 1969 ist er auf Grund eines Arbeitsvertrages in einer Behindertenwerkstätte der Beigeladenen zu 2) beschäftigt und führt dort Bohr-, Senk-, Reib-, Gewindeschneid- sowie Montage- und Entgratungsarbeiten aus. Am 3. September 1969 wurde er zu allen Zweigen der Sozialversicherung angemeldet.
Am 28. April 1972 meldete die Beigeladene zu 2) den Kläger als versicherungspflichtigen Beschäftigten wieder ab, nachdem ihr von der Beklagten mit Schreiben vom 22. März 1972 mitgeteilt worden war, daß die in Werkstätten für Behinderte beschäftigten Personen nicht versicherungspflichtig seien, wenn die ihnen gezahlte Vergütung nicht die Hälfte des nach § 149 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) festgesetzten Ortslohnes erreiche. Der Kläger verdiente damals monatlich 266,40 DM. Über die hieraus zu folgernde Versicherungs- und Beitragsfreiheit des Klägers erteilte die Beklagte dem Kläger am 20. Juni 1972 einen Bescheid. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 14. November 1972). Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) Berlin die Bescheide der Beklagten aufgehoben und festgestellt, daß der Kläger über den 31. März 1972 hinaus der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterliege (Urteil vom 18. Januar 1974). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten und der Beigeladenen zu 1), die auf die Frage der Beitragspflicht des Klägers zur BA beschränkt war, zurückgewiesen (Urteil vom 1. Dezember 1976). Gestützt auf ein Gutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. E. E. vom 14. April 1976 hat das LSG den Kläger für fähig erachtet, unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes einfache Hilfsarbeiten – wie in der Behindertenwerkstätte – und darüber hinaus gröbere manuelle Tätigkeiten, wie zB im Gartenbau, als Friedhofsarbeiter, am Lager oder als Transportarbeiter, zu verrichten. Auch komme für ihn eine Tätigkeit als Bote in Betracht. Es dürften nur keine besonderen Anforderungen an Tempo und selbständige Entscheidung gestellt werden. Eine für einfache Arbeiten ausreichende Selbständigkeit sei aber vorhanden. Trotz der vorhandenen Leistungsbeschränkungen entspreche das Leistungsvermögen des Klägers daher in körperlicher, geistiger und psychischer Hinsicht den Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes. Es treffe auch nicht zu, daß leistungsgeminderte Arbeitnehmer, wie der Kläger, nur in Ausnahmefällen, etwa bei guten Bekannten und Verwandten, beschäftigt würden. Sie seien vielmehr auf Grund der Bemühungen staatlicher Stellen, Behinderte in Arbeit und Beruf einzugliedern, auch auf dem allgemeinen Arbeitsfeld beschäftigt. Im übrigen sei aus der Regelung der §§ 4 und 5 des Schwerbehindertengesetzes idF vom 29. April 1974 (BGBl I 1005) – SchwbG – zu entnehmen, daß der Gesetzgeber von den Arbeitgebern ein gewisses Entgegenkommen gegenüber dem Behinderten erwarte. Dies müsse auch bei der Frage der Verfügbarkeit berücksichtigt werden. Der Hinweis der BA, daß für den Kläger geeignete Arbeitsplätze nur in geringerem Umfange vorhanden seien, sei demgegenüber unbeachtlich, denn sie habe keine überzeugenden Gründe dafür dargetan, daß er nach seinem Leistungsvermögen die bezeichneten Tätigkeiten nicht mehr zufriedenstellend ausüben könne. Die Entscheidung widerspreche auch nicht den Vorstellungen, die der Begründung des Entwurfs der Bundesregierung zu dem Gesetz über die Sozialversicherung Behinderter (SVBG) vom 7. Mai 1975 (BGBl I 1061) zu entnehmen sind. Dort werde zwar dargelegt, daß eine Einbeziehung aller in Werkstätten beschäftigten Behinderten in die Arbeitslosenversicherung über das geltende Recht hinaus gegenwärtig mit dem Zweck der Arbeitslosenversicherung noch nicht zu vereinbaren sei (BT-Drucksache 7/1992 A 1 Abschnitt II 1 a). Damit werde jedoch nicht ausgeschlossen, daß der Behinderte im Einzelfall nach dem geltenden Recht beitragspflichtig sein könne.
Gegen dieses Urteil hat die Beigeladene zu 1) Revision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung der §§ 103, 168 ff AFG. Das LSG habe sich auf eine rechtliche Würdigung des subjektiven Leistungsvermögens des Klägers beschränkt, die Tatsache, daß für den Kläger geeignete Arbeitsplätze nicht in nennenswertem Umfang vorhanden seien, jedoch völlig außer Betracht gelassen. Die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) stelle den „üblichen Bedingungen” iS des § 103 AFG Einzel- oder Ausnahmefälle gegenüber. Eine „Übung” sei danach nur dann anzunehmen, wenn Arbeitsverhältnisse nach diesen Bedingungen in nennenswertem Umfang eingegangen zu werden pflegten.
Die Beigeladene zu 1) beantragt,
das Urteil des LSG und das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 2) haben keine Anträge gestellt.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beigeladenen zu 1) ist nicht begründet.
Das LSG hat zutreffend entschieden, daß der Kläger der Beitragspflicht in der Arbeitslosenversicherung unterliegt, weil er im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses gegen Entgelt tätig ist (§ 168 Abs. 1 AFG) und er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht (§ 169 Nr. 4 AFG), dh in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes auch außerhalb der Werkstätte für Behinderte tätig zu werden (§ 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG).
Zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 2) besteht ein Beschäftigungsverhältnis. Maßgebend für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses ist die persönliche Abhängigkeit des Beschäftigten, dh seine Weisungsunterworfenheit und seine Eingliederung in einen Betrieb (BSGE 20, 6, 8; BSG SozR 2200 § 1227 Nr. 8, beide mit weiteren Nachweisen). Der Kläger verrichtet in der Behindertenwerkstätte der Beigeladenen zu 2) verschiedenartige Metallarbeiten und ist insoweit in den Produktionsbetrieb dieser Werkstätte eingegliedert. Er unterliegt nach den Feststellungen des Berufungsgerichts dem Direktionsrecht der Beigeladenen zu 2), dh er ist an Weisungen hinsichtlich Art, Umfang und Ausführung der Arbeit sowie des zeitlichen Ablaufs und des Arbeitsortes im Rahmen des bestehenden Arbeitsvertrages gebunden. Der Umstand, daß der Arbeitsvertrag mit einer Einrichtung abgeschlossen worden ist, die ihrer Zwecksetzung nach nicht in erster Linie der Gewinnerzielung und Gütererzeugung, sondern der Rehabilitation und damit der Betreuung und Förderung der dort Beschäftigten dient, ändert an der persönlichen Abhängigkeit nichts. Selbst wenn – was hier nicht zu erörtern ist – das Direktionsrecht in Werkstätten für Behinderte anderen Begrenzungen unterliegt als in Arbeitsverhältnissen des allgemeinen Arbeitsmarktes und auch sonst arbeitsrechtliche Normen nicht uneingeschränkt angewendet werden können (vgl. dazu Fabricius/Gammelin in: Die Werkstatt für Behinderte, Veröffentlichung des Instituts für Sozialrecht an der Ruhr-Universität Bochum, 1972, S. 185 ff; Pünnel, ArbuR 1978, 44), so wird damit die persönliche Abhängigkeit allenfalls modifiziert, nicht aber beseitigt. Auch nimmt der Rehabilitationszweck den Werkstätten für Behinderte nicht den Charakter eines Betriebes. Als Betrieb ist nämlich eine organisatorische Einheit anzusehen, innerhalb derer ein Unternehmer allein oder mit seinen Mitarbeitern mit Hilfe sachlicher oder sonstiger Mittel bestimmte arbeitstechnische Zwecke verfolgt (Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, 7. Aufl, Bd. I § 16 II – S. 93; BAG, Urteil vom 3. Dezember 1954 – 1 ABR 7/54 – AP Nr. 1 zu § 88 BetrVG – Bl 703). Diese Voraussetzungen sind auch bei den Werkstätten für Behinderte der Beigeladenen zu 2) gegeben, da ungeachtet des Rehabilltationszweckes arbeitstechnische Zwecke verfolgt werden.
Der Kläger erbringt auch eine Leistung, die der Befriedigung eines Bedürfnisses dient und im Wirtschaftsleben als Arbeit qualifiziert wird (BSGE 10, 94, 96; 16, 98, 1000; Schaub, Arbeitsrecht-Handbuch, 3. Aufl. 1977, S. 28 zu II 1; Hanau/Adomeit, Arbeitsrecht, 5. Aufl, 1978, E 3 S. 118). Diese Voraussetzungen sind nämlich regelmäßig erfüllt, sofern nur das Produkt wirtschaftlichen Wert hat, ohne daß es auf die Wirtschaftlichkeit der Erzeugung, den Umfang der Leistung oder sonstige Gesichtspunkte ankäme. Dies verkennt Wallerath (in: Die Werkstatt für Behinderte, S. 437 ff), wenn er meint, daß diese Voraussetzung an einer durchschnittlichen Rentabilitätsberechnung der Werkstätte zu orientieren sei (Wallerath aaO S. 447 ff). Die Versicherung des Behinderten würde bei einer solchen Auffassung nicht von der Leistung oder Tätigkeit des einzelnen abhängen, sondern davon, wie hoch der Prozentsatz der Schwerbehinderten in der Werkstätte ist, die einen großen Aufwand an Betreuung – objektiv oder nach Auffassung der Werkstätte – erfordern und wenig Leistung erbringen. Die mithin allein erforderliche Voraussetzung, daß wirtschaftlich verwertbare Arbeit geleistet wird, ist hier nach den Feststellungen des LSG gegeben. Die vom Kläger miterstellten Produkte werden auf dem Markt abgesetzt.
Die Arbeit des Klägers dient auch dem Zweck, Mittel für den Lebensunterhalt zu erwerben oder jedenfalls dem Ziel des Gelderwerbs (BSGE 10, 94, 96; 16, 98, 100). Obwohl beim Kläger therapeutische und soziale Gründe für die Beschäftigung vorhanden sind, ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, daß für den Kläger der Gelderwerb etwa kein wesentlicher Grund für die Ausübung der Tätigkeit ist, zumal er sonstige Möglichkeiten nicht hat, sich aus eigenen Mitteln zu unterhalten
Die Höhe des Entgelts ist demgegenüber grundsätzlich kein wesentliches Merkmal für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses (BSGE 16, 289, 292; BSG SozR Nr. 14 zu § 539 RVO, Aa 19). Die Gewährung eines gegenüber dem üblichen Lohn wesentlich geringeren Barlohns kann zwar als Anhalt für familienhafte Mitarbeit gewertet werden (BSGE 3, 30; 12, 153; 17, 1). Ein solcher Fall liegt aber hier nicht vor. Es ist zwar denkbar, diese Überlegung auch dann heranzuziehen, wenn zwischen Verhältnissen, die der Therapie oder der Betreuung dienen, und Beschäftigungsverhältnissen zu unterscheiden ist. Es wäre dann aber nicht die absolute Höhe des gewährten Lohnes entscheidend, sondern lediglich, ob der gewährte Lohn erheblich unter oder über dem Wert der geleisteten Arbeit liegt. Das ist hier jedoch nicht der Fall, denn nach den Feststellungen des LSG entspricht der dem Kläger gezahlte Lohn dem Wert seiner Arbeitsleistung.
Gesetze und sonstiges Recht enthalten ebenfalls keinen Hinweis, daß das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses von der Höhe des Entgelts abhängt. Durch § 168 Abs. 2 Buchst b RVO aF (vgl. jetzt § 8 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches – SGB IV –) wird nur die Versicherungspflicht begrenzt. Die Vorschrift sagt aber nichts darüber aus, daß unterhalb dieser Grenze kein Beschäftigungsverhältnis vorliegen könne. In § 1247 Abs. 2 RVO ist lediglich die Grenze der Einkünfte festgelegt, von der ab eine Rente zu zahlen ist. Das heißt aber nicht, daß Tätigkeiten, die zu geringeren Einkünften führen, etwa kein Beschäftigungsverhältnis sein könnten. Die Regelung des § 3 Abs. 2 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die Arbeits- und Berufsförderung Behinderter vom 2. Juli 1970 – A-Reha – (ANBA 1970, 637) enthielt die Bestimmung, daß eine Tätigkeit in einer Werkstätte für Behinderte nur dann eine Eingliederung sei, wenn der Betreffende mindestens den Sozialhilfesatz für einen Haushaltsvorstand verdiene (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 26. Mai 1976 – 12/7 RAr 41/75 – SozR 4100 § 56 Nr. 4 – S. 8). Diese Grenze sagt aber nur etwas über die vollständige Eingliederung in den Arbeitsmarkt aus. Damit ist noch nichts darüber festgestellt, ob ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt.
Die Beurteilung, daß die Voraussetzungen eines Beschäftigungsverhältnisses vorliegen, wird auch nicht dadurch verändert, daß wegen des besonderen Betreuungscharakters nicht alle Rechtsverhältnisse Behinderter in einer Werkstatt für Behindert Insgesamt in den Schutzbereich der Sozialversicherung einbezogen sind. Daß ein Bedürfnis nach dem Schutz durch die Sozialversicherung in gleicher Weise wie bei Arbeitsverhältnissen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehen kann, zeigt schon die Tatsache, daß das SVBG die in diesen Werkstätten Tätigen ausdrücklich in die gesetzliche Kranken- und Rentenversicherung einbezogen hat. Ein gleiches Schutzbedürfnis besteht – sofern überhaupt Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in Betracht kommen – auch für den Bereich der Arbeitslosenversicherung, weil bei einem Überwechseln auf den allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitslosigkeit eintreten kann.
Aus dem Gesetz über die Sozialversicherung Behinderter kann auch nicht rückgeschlossen werden, daß die Behinderten vor Erlaß des Gesetzes nicht versicherungspflichtig waren und eine Beitragspflicht in der Arbeitslosenversicherung ausgeschlossen ist. Das Gesetz bezieht in bestimmten Grenzen der Leistungsfähigkeit alle Behinderten, die in Werkstätten für Behinderte oder Blindenwerkstätten beschäftigt werden, in die gesetzliche Kranken- und Rentenversicherung ein. Dadurch wird eine Differenzierung zwischen solchen dort tätigen Behinderten, die in einem Beschäftigungsverhältnis stehen und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist, überflüssig. Eine Aussage über die Verhältnisse vor Erlaß des Gesetzes ist damit nicht verbunden. Gleiches gilt für die Aussparung der Arbeitslosenversicherung. Die Motive (BT-Drucks 7/1992 S. 10 II 1 a) lassen zwar nicht ganz klar erkennen, ob davon ausgegangen wurde, daß schon ein Teil der Behinderten in der Arbeitslosenversicherung beitragspflichtig ist oder ob angenommen wurde, daß alle in Werkstätten für Behinderte Beschäftigten nicht beitragspflichtig sind. Jedenfalls kommt an keiner Stelle zum Ausdruck, daß bisher Beitragspflichtige von der Beitragspflicht ausgeschlossen werden sollten.
Richtig ist allerdings, daß es sich bei dem Verhältnis von Behinderten zu der Werkstatt für Behinderte wegen des Rehabilitationszweckes und dem damit verbundenen Betreuungs- und Förderungscharakter, unabhängig von der Gestaltung der Vertragsbeziehung im einzelnen, um ein Verhältnis eigener Art. handelt, das nicht ohne weiteres arbeits- und sozialrechtlichen Normen unterworfen werden kann. Da eine gesetzliche Regelung fehlt, ist stets im einzelnen zu prüfen, inwieweit diese Normen anzuwenden sind. Sofern jedoch – wie hier – alle Merkmale eines Beschäftigungsverhältnisses erfüllt sind und sogar ein Arbeitsvertrag abgeschlossen worden ist, bestehen gegen die Anwendung der Vorschriften über die Beitragspflicht in der Arbeitslosenversicherung keine Bedenken. Auch das SchwbG geht davon aus, daß in Behindertenwerkstätten Beschäftigungsverhältnisse möglich sind; denn es erwähnt in § 52 Abs. 1 und 2 den Begriff des Arbeitsplatzes, in Abs. 2 den Begriff des Arbeitsentgelts und in Abs. 3 den Begriff der Arbeitsleistung. Dabei kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob bei einem sehr geringen Umfang des Leistungsergebnisses und entsprechend sehr niedriger leistungsgerechter Entlohnung eine unterste Grenze zu ziehen ist. Im vorliegenden Fall bedarf diese Frage keiner Entscheidung, da jedenfalls die – leistungsgerechte – Entlohnung des Klägers die Grenzen des § 168 RVO aF nicht unterschreitet und für andere Begrenzungen nach der Höhe der Leistungsfähigkeit oder des Entgelts keine gesetzliche Grundlage besteht.
Der Kläger ist auch nicht nach § 169 Nr. 4 AFG wegen mangelnder Verfügbarkeit (§ 103 Abs. 1 AFG) beitragsfrei. Nach § 169 Nr. 4 AFG tritt Beitragspflicht nicht ein, wenn der Arbeitnehmer wegen Minderung der Leistungsfähigkeit der Arbeitsvermittlung gemäß § 103 Abs. 1 AFG dauernd nicht zur Verfügung steht. Dabei spielen nur Einschränkungen der Verfügbarkeit eine Rolle, die auf ein eingeschränktes Leistungsvermögen zurückgehen. Die Vorschrift des § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG bestimmt, daß der Arbeitsvermittlung nur zur Verfügung steht, wer eine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben kann. Zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes rechnet auch der Umfang der Arbeitsleistung (BSG SozR Nr. 12 zu § 76 AVAVG, Ba 12 Rücks). Der Umfang der Arbeitsleistung entspricht üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, wenn Arbeitsplätze für eine derartige Tätigkeit mit den vorhandenen Einschränkungen in beachtlicher Zahl gegeben sind, aus der eine entsprechende Übung entnommen werden kann. Entscheidend ist dabei, in welchem zahlenmäßigen Umfang derartige Arbeitsplätze überhaupt vorhanden sind, seien sie frei oder besetzt (BSG SozR 4100 § 134 Nr. 3 – S. 8; BSG Urteil vom 22. November 1977 – 7 RAr 53/75 –). In der älteren Rechtsprechung wird bei im übrigen im wesentlichen gleichen Formulierungen von Arbeitsplätzen in „nennenswertem Umfang” gesprochen (BSGE 11, 16, 20 f; BSG SozR Nr. 12 zu § 76 AVAVG). Außerdem ist stets die voraussehbare Entwicklung des Arbeitsmarktes zu berücksichtigen (BSGE 11, 16, 20 f; Urteil vom 11. Februar 1976 – 7 RAr 20/74 –).
Das LSG hat – von der Revision nicht angegriffen und damit für das Revisionsgericht bindend (§ 163 Sozialgerichtsgesetz – SGG –) – festgestellt, daß der Kläger mit einfachen Hilfsarbeiten in Gärtnereibetrieben, als Lagerarbeiter oder auch als Bote ohne zeitliche Einschränkungen, also vollschichtig, beschäftigt werden kann, daß die durch seine geistig-seelische Behinderung bedingte Leistungsminderung (Konzentrationsminderung, Ablenkbarkeit und Antriebsschwäche) durch entsprechende Aufmunterung und bei den einfachen manuellen Arbeiten im Gartenbau und auf Friedhöfen durch Arbeit in der Kolonne ausgeglichen werden kann und daß seine Behinderung dem Einsatz auf dem allgemeinen Arbeitsfeld nicht entgegensteht. Daß für vollschichtig ausführbare einfache Hilfsarbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsplätze in nicht nur bedeutungsloser Anzahl vorhanden sind, durfte das LSG ohne weiteres annehmen. Im übrigen hat die Revision gegen die vom LSG festgestellte Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt keine wirksame Verfahrens rüge vorgebracht. Hierzu wäre es erforderlich gewesen darzulegen, warum sich das LSG zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen, welche Ermittlungen es hätte anstellen sollen und zu welchen Ergebnissen diese Ermittlungen geführt hätten (BSG SozR Nr. 28 zu § 164 SGG). Dazu hätte dargetan werden müssen, welche durch Erfahrung erhärteten Erkenntnisse über die Unterbringung von Behinderten die Beigeladene zu 1) besitzt, wie diese belegt werden können und welche Folgerungen sich daraus für die Unterbringung des Klägers ergeben. Der bloße Hinweis, daß ihrer Auffassung nach Arbeitsplätze nicht in nennenswertem Umfang vorhanden seien, reicht hierfür nicht aus, zumal nicht einmal vorgetragen worden ist, welche konkreten, durch Erfahrung erhärteten Erkenntnisse die Beigeladene zu 1) besitzt.
Nach alledem kann die Revision der Beigeladenen zu 1) keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen