Leitsatz (amtlich)
§ 141n AFG erstreckt sich auch auf die Verzugszinsen, die bis zum Zeitpunkt der Zahlung der Beiträge durch die Bundesanstalt für Arbeit aus diesen erwachsen sind.
Normenkette
AFG § 141n Fassung: 1974-12-21; RVO § 28 Abs 3 Fassung: 1974-07-17, § 397a Abs 2 Fassung: 1969-06-25
Verfahrensgang
LSG Hamburg (Entscheidung vom 20.01.1983; Aktenzeichen V ARBf 28/82) |
SG Hamburg (Entscheidung vom 19.03.1982; Aktenzeichen 6 Ar 1093/79) |
Tatbestand
Streitig ist, ob und für welchen Zeitraum die beklagte Bundesanstalt für Arbeit (BA) aus der Konkursausfallversicherung Verzugszinsen aus rückständigen Sozialversicherungsbeiträgen an die klagende Ersatzkasse zu entrichten hat.
Am 26. Februar 1975 beantragte die Klägerin als zuständige Einzugsstelle bei der Beklagten, rückständige Pflichtbeiträge der insolventen Firmengruppe W. aus der Konkursausfallversicherung zu entrichten. Zu dieser Firmengruppe gehörten 5 Firmen, über deren Vermögen die Eröffnung der Vergleichs- und Anschlußkonkursverfahren mit Beschlüssen vom 19. August 1974 und 3. März 1975 mangels Masse abgelehnt worden ist. Nachdem die Beklagte diesen Antrag zunächst abgelehnt hatte (Bescheide vom 21. Februar 1979 und 31. August 1979, Widerspruchsbescheid vom 9. November 1979), erkannte sie mit Bescheid vom 5. Januar 1981 während des gegen die Ablehnungsbescheide angestrengten Klageverfahrens die Verpflichtung zur Entrichtung der rückständigen Beiträge in Höhe von 142.059,22 DM an, lehnte jedoch die Erfüllung der geltend gemachten Zinsforderung ab. Nachdem die Beklagte am 14. Januar 1981 die Beiträge entrichtet hatte, beschränkte die Klägerin ihre Klage auf den Zinsanspruch, den sie für die Zeit vom 16. Mai 1974 bis zum 14. Januar 1981 in Höhe von 58.360,15 DM geltend machte.
Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin Verzugszinsen in Höhe von insgesamt 58.316,15 DM zu zahlen (Urteil des SG Hamburg vom 19. März 1982). Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg (Urteil des Landessozialgerichts -LSG- Hamburg vom 20. Januar 1983). Das LSG hat zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, die Beklagte sei verpflichtet, auch den Zinsanspruch, dessen Höhe unstreitig sei, zu erfüllen. Dies ergebe sich aus dem Sicherungszweck der hier einschlägigen Vorschriften über die Konkursausfallversicherung und ihrem Zusammenhang mit den konkursrechtlichen Regelungen. Dort zählten nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu den in den Rang von Masseschulden erhobenen Beitragsrückständen auch die Verzugszinsen, und zwar auch insoweit, als sie erst nach Konkurseröffnung angefallen seien. Die Privilegierung der Nebenforderungen im Konkurs spreche dafür, daß sie auch im Rahmen des § 141n des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) (hier idF vom 21. Dezember 1974) aus der Konkursausfallversicherung zu entrichten seien. Denn die bei Masselosigkeit oder nicht ausreichender Masse entstehenden Ausfälle seien das typische Risiko der Konkursausfallversicherung, die die Beklagte abzudecken habe, weil sie in die Rechtsposition des Beitragsschuldners eintrete. Dem stehe auch nicht entgegen, daß die Beitragsforderung mit dem am 26. Februar 1975 von der Klägerin gestellten Antrag gemäß § 141n Satz 3 AFG 1974 iVm § 141m Abs 1 AFG auf die Beklagte übergegangen sei. Der Sinn dieser hier noch anzuwendenden Regelung habe lediglich darin bestanden, der Beklagten die Möglichkeit zu eröffnen, die Forderung frühzeitig im Konkursverfahren anzumelden oder sonst gegen den Beitragsschuldner geltend zu machen. Sie könne aber nicht dazu dienen, den Umfang der Haftung der Solidargemeinschaft der Konkursausfallversicherung zu mindern.
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte einen Verstoß gegen § 141n AFG (in der bis 31. Juli 1979 gültig gewesenen Fassung) iVm § 141m AFG. Nebenforderungen, insbesondere Verzugszinsen, seien gemäß § 141n AFG nur insoweit von ihr zu erstatten, als sie auf die Beiträge für den Beitragsentrichtungszeitraum entfielen und vor der Antragstellung entstanden seien. Diese Beschränkung auf die Zeit vor Antragstellung ergebe sich nicht nur daraus, daß nur mit der Beitragsnachentrichtung verbundene - also nicht später entstandene - Nebenforderungen zu entrichten seien, sondern insbesondere daraus, daß mit der Antragstellung durch die Einzugsstelle der Anspruch gegen den Arbeitgeber kraft Gesetzes auf sie, die beklagte BA, übergegangen sei. Seit dem Zeitpunkt der Antragstellung sei die Einzugsstelle nicht mehr Inhaber der Forderung, so daß nicht mehr sie, sondern allenfalls die BA gegenüber dem Arbeitgeber Nebenforderungen geltend machen könne. Daß Zinsen bzw Säumniszuschläge im Konkurs als Masseschulden geltend gemacht werden könnten, sei demgegenüber unerheblich.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 20. Januar 1983 und das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 19. März 1982 aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie zu entscheiden, daß außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Beklagte ist verpflichtet, die von der Klägerin geltend gemachten Verzugszinsen aus Mitteln der Konkursausfallversicherung zu entrichten. Anspruchsgrundlage ist § 141n AFG, der hier in der bis zum 31. Juli 1979 gültig gewesenen Fassung durch das Einführungsgesetz zum Einkommensteuer-Reformgesetz (EG-EStRG) vom 21. Dezember 1974 (BGBl I 3656) anzuwenden ist.
Danach werden Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur gesetzlichen Rentenversicherung sowie Beiträge zur BA, die auf Arbeitsentgelte für die letzten der Eröffnung des Konkursverfahrens vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses entfallen und bei Eröffnung des Konkursverfahrens noch nicht entrichtet worden sind, auf Antrag der zuständigen Einzugsstelle vom Arbeitsamt entrichtet (§ 141n Satz 1 AFG). Die §§ 141c, 141e, 141h Abs 1 und 3 sowie § 141m Abs 1 gelten entsprechend (§ 141n Satz 3 AFG). Daß danach die Beklagte verpflichtet war, die rückständigen Beiträge an die Einzugsstelle auf deren Antrag vom 26. Februar 1975 zu entrichten, hat sie im Klageverfahren bereits anerkannt und die Beiträge am 14. Januar 1981 ausgezahlt. Darüber besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.
Die hier allein streitige Frage, ob die Verzugszinsen, die auf die genannten Beitragsforderungen in der Zeit vom 16. Mai 1974 bis zum 14. Januar 1981 angefallen sind, ebenfalls von der BA im Rahmen des § 141n AFG zu entrichten sind, ist von den Vorinstanzen zu Recht bejaht worden. Dabei sind sie zutreffend davon ausgegangen, daß der Zinsanspruch der Klägerin gegen den Arbeitgeber für die hier streitige Zeit auf § 397a Abs 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) in der Fassung des § 246 AFG vom 25. Juni 1969 (BGBl I 582) beruht, der auch für die Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung galt (§§ 1400 RVO, 122 Angestelltenversicherungsgesetz -AVG- und 179 AFG, jeweils idF durch das AFG vom 25. Juni 1969). Danach haben die zuständigen Krankenkassen Zinsen in Höhe von 2 vH über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank von den Arbeitgebern zu erheben, die mit der Zahlung der Beiträge länger als drei Monate in Verzug sind. Nach dem insoweit anzuwendenden § 284 Abs 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) kommt der Schuldner ohne Mahnung in Verzug, wenn für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist und er nicht zu der bestimmten Zeit leistet (BSGE 35, 78, 79). Da die laufend geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge jeweils zu einem kalendermäßig bestimmten Zeitpunkt zu zahlen waren, befand sich der Arbeitgeber nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des LSG mit der Erfüllung der Beitragsforderungen seit 16. Mai 1974 länger als drei Monate in Verzug, so daß er von diesem Zeitpunkt an Verzugszinsen nach § 397a Abs 2 RVO aF zu zahlen hatte. Diese Vorschrift ist zwar mit dem 30. Juni 1977 außer kraft getreten (Art II § 1 Nr 1 Buchst b, § 21 Abs 1 des Sozialgesetzbuches - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) vom 23. Dezember 1976, BGBl I, 3845) und seit 1. Juli 1977 durch die Regelung des Art I § 24 SGB IV über die Erhebung von Säumniszuschlägen ersetzt worden. Sie ist jedoch nach der Übergangsregelung des Art II § 14 SGB IV für solche Beitragsansprüche weiterhin anzuwenden, die vor dem 1. Juli 1977 entstanden sind. Beitragsansprüche in diesem Sinne sind auch diejenigen, die im Rahmen der Konkursausfallversicherung nach § 141n AFG gegen die BA gerichtet werden.
Obwohl § 141n AFG ausdrücklich nur die Beiträge nennt, sind auch die auf die Beitragsansprüche entfallenden Nebenforderungen, insbesondere die Verzugszinsen des § 397a Abs 2 RVO aF von dieser Bestimmung erfaßt. Das ergibt sich aus dem Sicherungszweck der Konkursausfallversicherung, insbesondere ihrem Regelungszusammenhang mit dem Konkursrecht. Dort zählen zu den in den Rang von Masseschulden erhobenen Beitragsrückständen auch die darauf entfallenden Verzugszinsen, und zwar auch insoweit, als sie erst nach Konkurseröffnung angefallen sind. Dies hat das BSG zu dem hier noch anzuwendenden § 28 Abs 3 RVO (idF des Gesetzes über Konkursausfallgeld vom 17. Juli 1974, BGBl I 1481) in ständiger Rechtsprechung entschieden (BSGE 52, 42, 43 mwN = SozR 4100 § 186a Nr 10 = ZIP 1981, 1108; BSG Urteile vom 5. Juni 1981 - 10/8b RAr 12/80 und 13/80; und vom 29. Oktober 1981 - 10/8b RAr 14/81 und 17/81 -) und darauf hingewiesen, daß diese Rechtslage durch die erneute Änderung des § 28 Abs 3 RVO bzw dessen Streichung und Übernahme in die Konkursordnung (KO) (§ 59 Abs 1 Nr 3 Buchst e KO, angefügt durch Art II § 10 Nr 1 Buchst a SGB IV) nicht geändert, sondern bestätigt worden ist. Denn der Wortlaut des § 59 Abs 1 Nr 3 KO bringt nunmehr deutlicher als § 28 Abs 3 RVO zum Ausdruck, daß mit der Bezeichnung der "Rückstände" für die letzten sechs Monate vor der Konkurseröffnung nur die Hauptforderung der Einzugsstelle zeitlich begrenzt wird, während darauf entfallende Nebenforderungen, insbesondere auch die Verzugszinsen nach § 397a Abs 2 RVO aF, zu den Masseschulden auch dann gehören, wenn sie erst für Zeiten nach der Konkurseröffnung wegen der Beitragsrückstände angefallen sind. Denn mit der Konkurseröffnung wird der Verzug des Gemeinschuldners nicht beseitigt; vielmehr können auch während des Konkursverfahrens Verzugszinsen anfallen (BSGE 35, 78, 83 f). Die allein wesentliche Frage, ob wegen der systemwidrig zu Masseschulden erklärten Ansprüche des § 59 Abs 1 Nr 3 KO die für Konkursforderungen geltenden Regelungen der §§ 62, 63 KO entsprechend anzuwenden sind mit der Folge, daß die seit der Konkurseröffnung laufenden Zinsen im Konkursverfahren nicht geltend gemacht werden können, hat der erkennende Senat in dem bereits genannten Urteil vom 5. Juni 1981 (BSGE 52, 42 = SozR 4100 § 186a Nr 10) in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung verneint. Davon abzugehen sieht der Senat keinen Anlaß. Da der Gesetzgeber die Ansprüche der Versicherungsträger ausdrücklich zu Masseschulden erklärt hat und nicht ersichtlich ist, daß er die damit verbundene Besserstellung nicht auf die Nebenforderungen erstrecken wollte, ist für eine entsprechende Anwendung der für Konkursforderungen geltenden Vorschriften der §§ 62, 63 KO kein Raum (so auch Gagel, Kaug, zugleich 2. Lieferung zu Gagel/Jülicher, AFG, § 141b Anm 14).
Sind mithin die Nebenforderungen uneingeschränkt von § 28 Abs 3 RVO (jetzt § 59 Abs 1 Nr 3 Buchst e KO) erfaßt, also die Verzugszinsen auch insoweit, als sie nach Konkurseröffnung anfallen, bedeutet dies für die Konkursausfallversicherung, daß sie sich ebenfalls - uneingeschränkt - auf die Nebenforderungen erstreckt. Die Konkursausfallversicherung der §§ 141a bis 141n AFG bezweckt neben den konkursrechtlichen Schutzvorschriften eine alternative Sicherung der - für die 3 letzten Monate des Arbeitsverhältnisses vor Konkurseröffnung rückständigen - Arbeitsentgelt- und Beitragsforderungen, weil in vielen Fällen die konkursrechtlichen Sicherungen nicht ausreichen (vgl die Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Gesetzes über Konkursausfallgeld, BT-Drucks 7/1750, Allgemeiner Teil, S 10). Insbesondere kann durch sie nicht garantiert werden, daß bei einem Konkurs in jedem Fall ausreichende Mittel zur Erfüllung der rückständigen Forderungen zur Verfügung stehen oder bei ausreichender Konkursmasse eine sofortige Befriedigung dieser Forderungen erfolgen kann. Erst recht versagt der konkursrechtliche Schutz dort, wo eine Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse nicht in Betracht kommt. Deshalb sollen Ansprüche der Arbeitnehmer auf Arbeitsentgelt und in gleicher Weise die Beitragsansprüche der Einzugsstellen, die ihrem Charakter nach Masseschulden iS der konkursrechtlichen Bestimmungen sein können, auch einen Anspruch aus der Konkursausfallversicherung begründen (vgl BT-Drucks, aaO, S 12 zu § 141b Abs 2 und S 14 zu § 141n AFG). Die Konkursausfallversicherung, die insoweit auf dem Konkursrecht aufbaut, knüpft deshalb hinsichtlich des Umfangs der Versicherung an die konkursrechtlichen Regelungen an. Das ist zwar für die Beitragsansprüche in § 141n AFG nicht ausdrücklich geregelt, denn diese Vorschrift enthält - anders als § 141b Abs 2 AFG, der hinsichtlich des Umfangs der geschützten Arbeitsentgeltansprüche uneingeschränkt auf § 59 Abs 1 Nr 3 Buchst a KO verweist - keine entsprechende Verweisung auf § 59 Abs 1 Nr 3 Buchst e KO (bzw zuvor § 28 Abs 3 RVO aF) noch sind in § 141n AFG die Säumniszuschläge (früher Verzugszinsen), die in § 59 Abs 1 Nr 3 Buchst e KO ausdrücklich genannt sind, erwähnt. Gleichwohl rechtfertigen die Gründe, die vor der Übernahme des § 28 Abs 3 RVO in die KO dazu führten, sie auch ohne ausdrückliche Erwähnung im Gesetz zu den Masseschulden zu rechnen (BSGE 38, 213), auch ihre Berücksichtigung im Rahmen von § 141n AFG. Der Gesetzgeber wollte mit der Privilegierung der Beitragsforderungen im Konkurs erreichen, daß die Einzugsstellen die ihnen für ihre Zwecke nach Gesetz und Satzung geschuldeten Zahlungen möglichst umfassend erhalten. Da die Verzugszinsen neben dem Zweck, der Säumnis bei der Erfüllung von Beitragspflichten entgegenzuwirken, vornehmlich dazu dienen, daß die Träger der Sozialversicherung und die BA für die Säumnis des Beitragspflichtigen einen gesetzlich standardisierten Mindestschadensausgleich erhalten (vgl BSGE 35, 78, 81), erscheint es wegen dieser engen Verbindung mit dem Beitrag gerechtfertigt, sie uneingeschränkt nicht nur zu den Masseschulden iS des § 28 Abs 3 RVO, sondern auch zu den konkursausfallrechtlich gesicherten Beitragsansprüchen des § 141n AFG zu rechnen (so - wenn auch ohne nähere Begründung - Urteil des erkennenden Senats vom 30. April 1981 - 10/8b RAr 10/80; Schönefelder/Kranz/Wanka, AFG, § 141n RdNr 4, Stand Mai 1975; Hennig/Kühl/Heuer, AFG, § 141n Anm 7, Stand März 1980; Heß, GK-AFG, § 141n Anm 6; Gagel, aaO, § 141n AFG Anm 7 und § 141b AFG Anm 14/15; Wanke, MittLVA Oberfranken 1977, 96, 99; aA Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, S 200; Müller, DOK 1976, S 378, 381). Auch die BA selbst erkennt für den Fall, daß sie Beitragsgläubigerin ist, an, daß die Nebenforderungen aus den Sozialversicherungsbeiträgen konkursausfallrechtlichen Schutz genießen (vgl die Durchführungsanweisungen der BA zu den §§ 141a bis n AFG vom 5. Oktober 1976, zuletzt geändert durch Runderlaß vom 17. Juli 1979, abgedruckt in ZIP 1980, S 137 ff, 218 ff, 233, Anm 6.02; ferner das Gemeinsame Rundschreiben der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger und der BA vom 6. August 1974, DOK 1975, 181, 183). Hierbei ist unerheblich, ob die Beitragsforderungen im Konkurs Masseschulden wären bzw auf die letzten sechs Monate vor dem Insolvenzereignis entfallen; denn der Gesetzgeber hat nunmehr klargestellt, daß auch Ansprüche, die für länger als sechs Monate vor dem Insolvenzereignis liegende Zeiten geschuldet werden, einen Anspruch aus der Konkursausfallversicherung begründen (vgl zu § 141b Abs 2 idF des Fünften Gesetzes zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes -5. AFG-ÄndG- vom 23. Juli 1979, BGBl I 1989 die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks 8/2624).
Der Erstreckung des § 141n AFG auf die Verzugszinsen steht insbesondere nicht entgegen, daß in dem später eingefügten § 59 Abs 1 Nr 3 Buchst e KO (und § 61 Abs 1 Nr 1 Buchst e KO) die Säumniszuschläge besonders erwähnt sind. Dies hat - entgegen der Auffassung von Brackmann (aaO) - nicht die Bedeutung, daß andere Nebenforderungen, zB die Verzugszinsen des § 397a Abs 2 RVO aF, aus der konkursrechtlichen - und damit auch der konkursausfallrechtlichen - Sicherung ausgeschlossen wären. Denn da die Säumniszuschläge des § 24 SGB IV - anders als die früheren Verzugszinsen des § 397a Abs 2 RVO - nicht kraft Gesetzes entstehen, sondern von der Einzugsstelle nach ihrem Ermessen festgesetzt werden, wäre es ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung nicht zweifelsfrei gewesen, ob sie an den für Beiträge geltenden Rangvorteilen im Konkurs teilnehmen (s dazu auch Gagel, aaO, § 141b Anm 14; § 141n Anm 7). Dies war für die Verzugszinsen des § 397a Abs 2 RVO aF aber unbestritten.
Vor allem sprechen auch die Motive des Gesetzgebers und die gesetzliche Konstruktion des § 141n Satz 1 (jetzt Abs 1) AFG dafür, daß mit dieser Bestimmung nicht nur die unmittelbar bezeichneten Beitragsansprüche geschützt werden sollen, sondern daß auch die darauf entfallenden Nebenansprüche aus Verzug aus Kaug-Mitteln zu erfüllen sind. Denn mit § 141n AFG soll erreicht werden, daß den Versicherungsgemeinschaften, deren Mittel aus Beiträgen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber aufgebracht werden, durch den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers "keine Nachteile entstehen" (BT-Drucks 7/1750, S 15 zu § 141n AFG). Sie werden daher durch § 141n Satz 1 AFG wirtschaftlich so gestellt, als stünde ihnen ein weiterhin solventer Arbeitgeber gegenüber, dessen Verzug fortdauert. Die BA tritt wirtschaftlich in die Stellung des Arbeitgebers derart ein, daß sie in gleichem Umfang wie der Arbeitgeber zur Beitragsleistung verpflichtet wird. Sie hat daher auch für den Verzug des Arbeitgebers einzustehen. Wenn nämlich der Einzugsstelle insoweit keine Nachteile entstehen sollen, müssen auch die auf die geschuldeten Beitragsforderungen entfallenden Verzugszinsen aus Kaug-Mitteln erstattet werden, denn die Zinsen des § 397a Abs 2 RVO aF sind der gesetzliche Nachteilsausgleich für verspätete Beitragszahlungen (BSGE 35, 78, 81). Da die Versicherungsträger zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben auf den pünktlichen Eingang der Beiträge angewiesen sind, sollen sie für ihren Zinsverlust einen Nachteilsausgleich auch aus der Konkursausfallversicherung erhalten. Dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers. Für eine Beschränkung auf die bei der Antragstellung bereits entstandenen Zinsansprüche bietet weder der Zweck des Gesetzes noch die gesetzliche Konstruktion des § 141n AFG einen Anhalt.
Dem kann die beklagte BA insbesondere nicht entgegenhalten, daß ihre Verpflichtung aus § 141n Satz 1 AFG auf Übernahme auch der Verzugszinsen jedenfalls mit dem Zeitpunkt geendet habe, zu dem die klagende Ersatzkasse bei ihr - am 26. Februar 1975 - den konkursausfallrechtlichen Übernahmeantrag (§ 141e AFG) gestellt habe. Dies ergibt sich weder aus § 141e AFG noch aus dem Umstand, daß die BA auf den Antrag der Einzugsstelle über ihre Verpflichtung aus § 141n AFG durch Verwaltungsakt entscheidet. Damit ist nicht ausgeschlossen, daß sich die geltend gemachten Forderungen auf zukünftige Zinsansprüche erstrecken. Die Beklagte beruft sich insoweit auch vornehmlich auf § 141n Satz 3 AFG (in der ursprünglichen, bis 31. Juli 1979 gültig gewesenen Fassung), wonach die den Forderungsübergang bei Stellung des Kaug-Antrages regelnde Bestimmung des § 141m AFG entsprechend anzuwenden war. Die Verweisung auf § 141m AFG ist zwar mit dem Inkrafttreten des 5. AFG-ÄndG (BGBl I, 1183) am 1. August 1979 weggefallen; jedoch gilt die Neufassung, wonach die Ansprüche der Einzugsstelle auf die von § 141n AFG erfaßten Beiträge gegenüber dem Arbeitgeber bestehenbleiben, nur für Insolvenzereignisse, die nach dem 31. Juli 1979 eingetreten sind (§ 141n Abs 3 idF des 5. AFG-ÄndG iVm § 141d Abs 3 AFG), so daß hier noch § 141m AFG entsprechend anzuwenden ist. Danach gehen die Beitragsansprüche der Einzugsstelle, die den Anspruch aus § 141n Satz 1 (jetzt Abs 1) AFG begründen, bereits mit der Stellung des Antrags auf Beitragsübernahme auf die BA über. Dieser gesetzliche Forderungsübergang kann aber nicht zur Folge haben, daß bezüglich der Verzugszinsen, die nach der Antragstellung entstehen, der Anspruch der Einzugsstelle gegen die BA aus § 141n Satz 1 AFG untergeht. Wie das LSG mit Recht ausgeführt hat, kann es nicht Sinn des Forderungsübergangs sein, den Umfang der Haftung der Solidargemeinschaft der Konkursausfallversicherung nach § 141n Satz 1 AFG zu mindern.
Zwar hatte der Rechtsübergang zur Folge, daß die BA mit der Antragstellung Inhaberin der Hauptforderung (Beitragsforderung) wurde, die Einzugsstelle ihre Gläubigerstellung gegenüber dem Arbeitgeber verlor. Hierbei kann die in der Literatur umstrittene Frage, ob der in § 141m Satz 1 AFG vorgesehene Rechtsübergang sich überhaupt auf die Verzugszinsen erstreckte, letztlich offengelassen werden (ablehnend Hennig/Kühl/Heuer, aaO, § 141m Anm 2 aE, Stand Dezember 1982; bejahend Gagel, aaO, § 141m Anm 1 für zukünftige Zinsforderungen; zum Übergang von Zinsansprüchen bei gesetzlichem Forderungsübergang vgl BGHZ 35, 172 ff). Denn auch wenn der Senat davon ausgeht, daß der Anspruch auf zukünftige Verzugszinsen wegen seiner Funktion, der Säumnis bei der Erfüllung der Beitragspflichten entgegenzuwirken, zu den die Hauptforderung "verstärkenden Nebenrechten" iS des § 401 BGB iVm § 412 BGB gehört (BGH NJW 1972, 437, 439), so daß er zusammen mit der Hauptforderung kraft Gesetzes - also bereits bei Antragstellung - auf die BA überging, konnte dies auf den Umfang der konkursausfallrechtlichen Sicherung nach § 141n Satz 1 AFG keine Auswirkungen haben. Dies hatte zwar zur Folge, daß der Einzugsstelle die erst nach dem Rechtsübergang entstehenden Verzugszinsen aus § 397a Abs 2 RVO gegen den Arbeitgeber nicht mehr zustehen konnten. Hätte dies gleichzeitig zur Folge gehabt - wie die Beklagte meint -, daß mangels eines der Einzugsstelle noch zustehenden Zinsanspruchs die Voraussetzungen für die weitere Übernahmepflicht der BA aus § 141n Satz 1 AFG entfallen wären, bedeutete dies, daß durch den Rechtsübergang der konkursausfallrechtliche Schutz - der Anspruch der Einzugsstelle gegen die BA aus § 141n Satz 1 AFG - hinsichtlich der zukünftigen Zinsen weggefallen bzw untergegangen wäre.
Daß der Gläubigerwechsel des § 141n Satz 3 iVm § 141m Abs 1 AFG diese Folgen gehabt haben soll, läßt sich weder mit dem Zweck der genannten Bestimmungen noch mit den konkursausfallrechtlichen Schutzzielen vereinbaren. Der Forderungsübergang regelte nicht den Umfang der konkursausfallrechtlichen Sicherung, der sich allein aus § 141n Satz 1 AFG ergibt. Das ergibt sich für die seit 1. August 1979 bestehende Rechtslage aus der Neufassung des § 141n Abs 2 AFG durch das 5. AFG-ÄndG, wonach die kaug-rechtlich geschützten Beitragsforderungen der Einzugsstelle gegenüber dem Arbeitgeber neben dem Übernahmeanspruch aus § 141n Abs 1 AFG bestehen bleiben. Der bis zu diesem Stichtag normierte Anspruchsübergang hatte nicht den Zweck, diese Sicherung zu verkürzen. Mit dem Anspruchsübergang sollte nur verhindert werden, daß die Einzugsstelle durch die Zahlung der Beitragsforderungen aus Kaug-Mitteln bereichert wird, nämlich daß sie doppelt - sowohl aus Mitteln der Kaug-Versicherung als auch aus der Konkursmasse - befriedigt wird, oder daß - durch einen Verzicht auf Geltendmachung der Beitragsansprüche - die Konkursmasse bereichert wird (BT-Drucks 7/1750, S 14 zu § 141m Abs 1 AFG). Daß hierbei der Rechtsübergang - anders als in sonstigen Fällen des gesetzlichen Forderungsübergangs, zB § 115 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - -SGB X- (vgl dazu die Neufassung des § 141m AFG durch Art II § 2 SGB X vom 4. November 1982, BGBl I S 1450) - nicht erst mit der Zahlung aus Kaug-Mitteln eintrat, sondern bereits mit der Beantragung der konkursausfallrechtlichen Leistung, sollte der BA nur ermöglichen, möglichst frühzeitig (also auch schon vor Prüfung des Kaug-Antrages) die übergegangene Forderung im Konkurs oder sonst geltend zu machen. Dies ist erforderlich, weil nach der besonderen konkursrechtlichen Konstruktion des § 59 Abs 2 KO bzw der entsprechenden früheren Regelung in § 28 Abs 3 RVO die übergegangene Forderung, die in der Hand der Einzugsstelle Masseschuld ist, nach dem Übergang auf die BA zur bevorrechtigten Konkursforderung iS des § 61 Abs 1 Nr 1 KO zurückgestuft wird, also rechtzeitig im Konkursverfahren angemeldet werden muß (§ 138 KO; vgl dazu BAG AP Nr 4 zu § 59 KO).
Wäre die Ansicht der Beklagten richtig, daß mit dem auch die künftigen Verzugszinsen erfassenden Rechtsübergang auf die BA gleichzeitig auch der Anspruch der Einzugsstelle gegen die BA aus § 141n Satz 1 AFG entfällt, wäre der Sinn dieser Regelung in ihr Gegenteil verkehrt: Die Einzugsstelle würde, obwohl sie bis zur Befriedigung ihrer Forderungen weiterhin durch den Verzug des Arbeitgebers (wirtschaftlich) geschädigt wird, ihr Recht auf zukünftige Verzugszinsen sowohl gegenüber dem Arbeitgeber als auch gegenüber der BA aus der Konkursausfallversicherung nach § 141n Satz 1 AFG verlieren, würde also nicht nur nicht doppelt, sondern überhaupt nicht entschädigt. Die BA hingegen hätte kraft Forderungsübergangs einen Zinsanspruch gegen den Arbeitgeber, obwohl sie - solange sie die Einzugsstelle nicht befriedigt hat - aus dessen Verzug (wirtschaftlich) keinen Schaden erleidet; die Einzugsstelle hätte den Schaden, aber keinen Anspruch. Die BA (als Träger der Kaug-Versicherung) würde dafür, daß sie die Ansprüche aus § 141n Satz 1 AFG nicht - wie vom Gesetz beabsichtigt - unverzüglich, sondern verspätet erfüllt, gleichsam belohnt werden, indem sie gegen den Arbeitgeber bzw Gemeinschuldner einen Zinsanspruch kraft Rechtsübergangs erwirbt, ohne ihrerseits der Einzugsstelle gegenüber zur Übernahme der Verzugszinsen verpflichtet zu sein. Dies zwingt zu der Annahme, daß im Rahmen des § 141n Satz 1 AFG von der BA Verzugszinsen auch für die Zeit nach Antragstellung bis zur Befriedigung der Hauptforderung zu entrichten sind. Damit wird nicht ein eigener Verzug der BA sanktioniert, sondern sie hat, da sie nach § 141n Satz 1 AFG in die Rechtsstellung des Arbeitgebers eintritt, dessen Verzug bis zur Befriedigung der Beitragsforderung zu vertreten. Für eine eigene Zinsverpflichtung der BA (ab Antragstellung) besteht daneben kein Raum, wobei dahingestellt bleiben kann, ob eine solche aus § 44 SGB I begründet sein könnte (so Heß in GK-AFG, § 141n Anm 6).
Daß im übrigen die BA wegen der Umwandlung der übergehenden Ansprüche in Konkursforderungen (§ 28 Abs 3 RVO aF, § 59 Abs 2 KO) nur die bis zur Konkurseröffnung angelaufenen Verzugszinsen im Konkurs geltend machen kann (§ 62 Nr 3 KO), während sie die Nebenforderungen für die Zeit nach Konkurseröffnung nur durch Vollstreckung in konkursfreies Vermögen befriedigen kann (BSGE 35, 78), begründet kein anderes Ergebnis. Es entspricht dem konkursausfallrechtlichen Sicherungszweck, daß den Einzugsstellen aus Mitteln der von den Arbeitgebern aufzubringenden Konkursausfallversicherung Nachteilsausgleich dafür gewährt wird, daß ihnen die geschuldeten Beiträge nicht rechtzeitig zufließen. Hierbei macht es für die Solidargemeinschaft der Arbeitgeber wirtschaftlich gesehen keinen Unterschied, ob sie - bei rechtzeitiger Erfüllung ihrer Verpflichtung aus § 141n AFG - mit den danach entstehenden Verzugszinsen gegenüber dem insolventen Arbeitgeber (regelmäßig) ausfällt oder ob sie - bei späterer Entrichtung der Beiträge - die bis dahin angefallenen Verzugszinsen aus Kaug-Mitteln befriedigt; in jedem Fall trägt die Solidargemeinschaft der Arbeitgeber das Risiko des durch den Konkurs bedingten Verzug des Arbeitgebers bis zur Zahlung der Beiträge nach § 141n AFG.
Die Beklagte ist nach alledem zutreffend verurteilt worden, der Klägerin die hier streitigen Verzugszinsen aus Kaug-Mitteln zu zahlen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Fundstellen
ZIP 1984, 1366 |
Breith. 1984, 1003 |