Entscheidungsstichwort (Thema)

Entziehung der Bergmannsrente

 

Leitsatz (amtlich)

Die auf dem Boden angeborener Wesensmerkmale und Charaktereigenschaften erworbenen Berufserfahrungen nicht fachtechnischer Art, die zur vollwertigen Verrichtung einer Tätigkeit erforderlich sind, können neue Kenntnisse und Fertigkeiten iS von RKG § 86 Abs 2 S 1 sein, nicht aber allein die naturgegebenen Wesensmerkmale und Charaktereigenschaften.

 

Orientierungssatz

1. Das Merkmal der "neuen Kenntnisse und Fertigkeiten" soll gewährleisten, daß es sich um eine Tätigkeit handelt, die zwar nicht unbedingt von Personen mit ähnlicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten iS des RKG § 45 Abs 2 verrichtet wird, die aber - auch mit Rücksicht auf das erzielte Einkommen - gewissen qualitativen Mindestansprüchen genügt (vgl BSG 1976-09-29 5 RKn 2/76 = SozR 2600 § 86 Nr 3).

2. Neue Kenntnisse und Fertigkeiten in geringfügigem Umfang, wie sie bei einer Einarbeitung und Einweisung von weniger als drei Monaten erworben werden, genügen nicht (BSG 1967-10-19 5 RKn 29/65, BSG 1973-07-31 5 RKn 34/72 = SozR Nr 40 zu § 45 RKG, BSG 1974-01-31 5 RKn 25/72 = SozR 2600 § 86 Nr 1). Die erforderliche Zeitdauer ist jedoch nicht in jedem Fall allein maßgebend. Es kann als Kriterium die Frage in Betracht kommen, ob ein Versicherter auf die Tätigkeit auch dann verwiesen werden könnte, wenn er die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten noch nicht hat (vgl BSG 1978-11-29 5 RKn 18/77).

3. Ein Versicherter kann schon von vornherein auf solche Tätigkeiten verwiesen werden, die entweder keine besonderen oder nur solche Kenntnisse und Fertigkeiten voraussetzen, die in einer kurzen Einarbeitung und Einweisung von weniger als drei Monaten erworben werden können (vgl BSG 1973-07-31 5 RKn 34/72 = SozR Nr 40 zu § 45 RKG). Dabei gilt als Einarbeitungszeit auch die Zeit, die der Versicherte - ohne von einem anderen eingewiesen zu werden - benötigt, um die für die vollwertige Ausübung der Tätigkeit notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten zu erwerben.

4. Das Erfordernis der "neuen" oder "anderen" Kenntnisse und Fertigkeiten kann nicht durch eine freie und nur schwer abgrenzbare Würdigung der Qualität der ausgeübten Tätigkeit ersetzt und dadurch überflüssig werden. Der Wegfall des Versicherungsfalles der verminderten bergmännischen Berufsfähigkeit wird normalerweise nur durch die Fähigkeit zur Verrichtung einer knappschaftlichen Tätigkeit begründet, so daß die Rentenentziehung wegen Ausübung einer nicht knappschaftlichen Tätigkeit systemfremd ist und als Ausnahme streng gehandhabt werden muß.

 

Normenkette

RKG § 86 Abs 2 S 1 Fassung: 1967-12-21, § 45 Abs 1 Nr 1 Fassung: 1957-05-21

 

Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 27.09.1977; Aktenzeichen L 15 Kn 110/75)

SG Düsseldorf (Entscheidung vom 26.02.1975; Aktenzeichen S 24 Kn 23/74)

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1655775

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