Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitgegenstand bei Verurteilung des Beigeladenen. Nachprüfung im Rechtsmittelverfahren. Erstattungspflicht gegenüber Sozialhilfeträger
Orientierungssatz
1. Auf das Rechtsmittel des vom Sozialgericht nach § 75 Abs 2 SGG beigeladenen und nach § 75 Abs 5 SGG verurteilten Versicherungsträgers hat das Rechtsmittelgericht auch über den gegen den beklagten Versicherungsträger geltend gemachten Anspruch zu entscheiden.
2. § 75 Abs 5 SGG eröffnet den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit die Möglichkeit, in allen Fällen, in denen gegen einen in Wahrheit nicht passiv legitimierten Versicherungsträger Klage erhoben worden ist, den tatsächlich leistungsverpflichteten, aber nicht verklagten Versicherungsträger nach Beiladung zu verurteilen, ohne daß dadurch eine Klageänderung vorgenommen oder bewirkt würde (vgl BSG 15.1.1959 4 RJ 111/57 = BSGE 9, 67).
3. Um dem in § 75 Abs 5 SGG zum Ausdruck gebrachten Rechtsgedanken voll gerecht werden zu können, muß zur Vermeidung einander widersprechender Entscheidungen selbst noch das Revisionsgericht über alle in Frage kommenden Ansprüche entscheiden können, auch dann, wenn nur der verurteilte Versicherungsträger ein Rechtsmittel eingelegt hat (vgl BSG 11.9.1980 1 RA 47/79 = SozR 2200 § 1237a Nr 10). Entsprechend enthält ein vom Kläger im Rechtsmittelverfahren gestellter Antrag, hilfsweise anstelle des in der Vorinstanz verurteilten beigeladenen Trägers den Beklagten zu verurteilen, keine der Verwerfung zugängliche Anschlußberufung (§ 202 iVm §§ 521, 522 ZPO).
Normenkette
SGG § 75 Abs 2, § 75 Abs 5, § 202; ZPO §§ 521-522; SGB 10 § 104; BSHG § 2 Abs 2; SGB 1 § 39
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 31.01.1984; Aktenzeichen L 13 J 33/82) |
SG Münster (Entscheidung vom 25.11.1981; Aktenzeichen S 8 J 74/77) |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Erstattung der Kosten, die dem klagenden Landschaftsverband für eine Berufsausbildung des zu 2) beigeladenen Behinderten Achim N (N.) entstanden sind.
Mit Bescheid vom 9. Februar 1976 hatte die beklagte Landesversicherungsanstalt (LVA) einen Antrag des 1955 geborenen, seit Kindheit geistig behinderten Achim N. auf berufliche Rehabilitation abgelehnt, weil sie aus medizinischer Sicht nicht erfolgversprechend sei. Der Widerspruch hiergegen blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 1976); einen weiteren Rechtsbehelf hat N. nicht eingelegt. Auch die Gegenvorstellungen der zu 1) beigeladenen Bundesanstalt für Arbeit (BA) sind ohne Erfolg geblieben.
Dagegen erteilte der klagende Landschaftsverband als vorläufig verpflichteter Träger der Sozialhilfe mit dem (Abhilfe-)Bescheid vom 10. September 1976 eine Kostenzusage für die Ausbildung N's zum Bäcker. Mit Bescheid vom 25. Januar 1977 bewilligte die BA zwar Berufsausbildungsbeihilfe (§ 40 des Arbeitsförderungsgesetzes -AFG-), lehnte aber eine individuelle Förderung nach §§ 56 ff AFG ab. Auch hiergegen ist kein Rechtsbehelf eingelegt worden.
Die von N. am 1. Oktober 1976 begonnene Ausbildung endete am 4. August 1979 ohne Abschluß, weil er die vorgeschriebenen Prüfungen nicht bestand.
Auf die Klage des Landschaftsverbands hat das Sozialgericht (SG) die beigeladene BA verurteilt, dem Kläger die Kosten für die Ausbildung von N. für die Zeit vom 1. Oktober 1976 bis 4. August 1979 zu erstatten. Dagegen hat die BA Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren beantragte der Kläger neben der Zurückweisung des Rechtsmittels der BA hilfsweise, die beklagte LVA zur Kostenerstattung zu verurteilen.
Mit dem angefochtenen Urteil vom 31. Januar 1984 hat das Landessozialgericht (LSG) auf das Rechtsmittel der BA das Urteil des SG abgeändert und die Klage auch insoweit abgewiesen, als die Beigeladene zu 1) verurteilt worden ist; ferner hat das LSG die "Anschlußberufung" des Klägers als unzulässig verworfen. Eine im Verhältnis zum Kläger vorrangige Pflicht, Achim N. Leistungen zur beruflichen Rehabilitation zu erbringen, habe nicht die BA, sondern "an sich" nur die LVA (§ 57 AFG; § 1236 der Reichsversicherungsordnung -RVO-). Die Anschlußberufung des Klägers, die in dessen Hilfsantrag liege, halte sich nicht im Rahmen des Berufungsbegehrens der BA. Die Klageabweisung gegenüber der LVA sei rechtskräftig geworden, weil sie die die Berufung führende BA nicht angegriffen habe.
Gegen dieses Urteil hat der Senat die Revision zugelassen.
Der Kläger hat die Revision eingelegt. Er rügt die Verletzung der §§ 75 Abs 1, 173 und 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) iVm § 521 der Zivilprozeßordnung (ZPO) und trägt dazu vor: Das SG habe seiner Zahlungsklage zwar nicht gegen die beklagte LVA, wohl aber gegen die zu 1) beigeladene BA im vollen Umfang stattgegeben, so daß er durch das Ersturteil nicht beschwert gewesen sei und er es mit der selbständigen Berufung nicht habe anfechten können. Hierzu habe er im übrigen keinen Anlaß gehabt; letztlich habe es ihm gleichgültig sein können, ob die Beklagte oder ob die Beigeladene zu 1) die von ihm für den Beigeladenen zu 2) aufgewendeten Ausbildungskosten erstatte. Die Berufungsschrift der Beigeladenen zu 1) sei ihm erst nach Ablauf der Berufungsfrist zugestellt worden, so daß ihm als einziges Mittel, auf das Berufungsverfahren Einfluß zu nehmen, die unselbständige Anschlußberufung verblieben sei. Diese hätte nicht als unzulässig verworfen werden dürfen. Hierin liege ein Verfahrensmangel, auf dem das angefochtene Urteil beruhe. In materiell-rechtlicher Hinsicht komme in erster Linie die beklagte LVA als kostenpflichtig in Betracht. Seit dem Urteil des erkennenden Senats in SozR 2200 § 1236 Nr 5 stehe fest, daß eine ins Erwerbsleben eingebrachte Behinderung die sachliche Zuständigkeit der Beklagten für die Gewährung einer Maßnahme zur Rehabilitation nicht entfallen lasse. Ob die ablehnende Entscheidung der LVA frei von Ermessensfehlern gewesen sei, habe das Berufungsgericht nicht geprüft. Bei pflichtgemäßer Ermessensausübung hätte die Beklagte die Ausbildung durchführen lassen müssen. Der nicht erfolgreiche Abschluß ändere daran nichts. Die Nachrangigkeit der BA nach § 57 AFG beziehe sich auf das Verhältnis zur Beklagten, nicht auf das Verhältnis zu ihm, da er iS des Gesetzes zur Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (RehaAnglG) kein Rehabilitationsträger sei. Er sei materiell-rechtlich nur für die Ersteingliederung junger Behinderter nach § 43 Abs 1 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) zuständig (Hinweis auf das Urteil des 1. Senats des Bundessozialgerichts -BSG- in SozR 2200 § 1237a Nr 19). Bei dem strengen Nachrang des Sozialhilfeträgers sei die Leistungspflicht der BA im Verhältnis zu ihm vorrangig. § 57 AFG könne dann nicht einschlägig sein, wenn bei der BA Leistungen beantragt würden, die von einem anderen Rehabilitationsträger nicht erbracht werden könnten. Deshalb könne sich die beigeladene BA auch nicht auf die Subsidiarität ihrer Leistungen gegenüber den Leistungen anderer Rehabilitationsträger berufen, wenn von ihr verlangt werde, gemäß § 56 Abs 1 AFG "die Erwerbsfähigkeit der körperlich, geistig oder seelisch Behinderten entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit ... herzustellen". Eine derartige Leistung könne zB von der Beklagten als Träger der Rehabilitation nicht erbracht werden, da § 1236 RVO lediglich die Besserung oder Wiederherstellung der wegen Krankheit oder näher bezeichneter Behinderung beeinträchtigten Erwerbsfähigkeit zum Ziel habe.
Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des Urteils des LSG die Beklagte, hilfsweise die Beigeladene zu 1) zu verurteilen, ihm die Kosten für die Ausbildung des Beigeladenen zu 2) für die Zeit vom 1. Oktober 1976 bis 4. August 1979 zu erstatten.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, daß das LSG die Anschlußberufung des Klägers "gegen die Beklagte" zutreffend verworfen habe. In der Sache stehe dem Kläger ein Erstattungsanspruch nach §§ 102 ff des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB 10) nicht zu, weil der Beigeladene zu 2) gegen sie, Beklagte, mangels der medizinischen Voraussetzungen keinen Anspruch auf Rehabilitation gehabt habe. Wenn der Versicherte aus medizinischen Gründen nur Hilfsarbeiten verrichten könne, sei seine Erwerbsfähigkeit iS der §§ 1236, 1237a RVO nicht gefährdet, solange er diese Arbeiten weiter ausüben könne. Für eine etwa wünschenswerte bessere Integration in die Arbeitswelt sei die Beigeladene zu 1) zuständig, bei der es nicht auf die Gefährdung der Erwerbsfähigkeit ankomme. Zutreffend weise der Kläger im übrigen darauf hin, daß der Erstattungsanspruch des Sozialhilfeträgers auch gegenüber der Beigeladenen zu 1) nachrangig sei, so daß die Rechtsprechung des BSG zu § 57 Abs 1 AFG aF hier keine Bedeutung habe. Sie, die Beklagte, komme als leistungsverpflichtet jedenfalls nicht in Betracht.
Die Beigeladene zu 1) beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen, soweit mit ihr hilfsweise die Verurteilung der Beigeladenen zu 1) begehrt wird.
Sie betont, daß sie nur für Leistungen zuständig sei, die nicht berufsfördernde oder ergänzende Leistungen zur Rehabilitation seien. Irrig sei die Auffassung des Klägers, daß § 57 AFG die Zuständigkeit der Beigeladenen zu 1) nicht auch mit Wirkung gegen den Sozialhilfeträger regele. Der Sozialhilfeträger könne nicht mehr Rechte haben als der Rentenversicherte. Er könne sich mit seinem Erstattungsanspruch nur an den zuständigen Träger halten. Dies sei hier unstreitig die Beklagte. Sie, die Beigeladene, verkenne für den Fall der Erstausbildung eines Behinderten mit in das Erwerbsleben eingebrachter Behinderung nicht, daß sie wegen der gesetzlichen Änderung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Zuständigkeit der Rentenversicherungsträger für die Rehabilitation vom 1. Juli 1978 an zuständiger Träger für die Rehabilitation des Beigeladenen zu 2) gewesen sein dürfte.
Der Beigeladene zu 2) ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.
Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung für einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist zulässig und iS der Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz begründet.
Rechtsirrig hat das LSG angenommen, daß das Urteil erster Instanz mangels einer zulässigen Anschlußberufung der beklagten LVA rechtskräftig und daher insoweit nicht mehr sachlich nachprüfbar sei, als das SG darin den Erstattungsanspruch gegen die Beklagte abgewiesen habe. Das LSG hatte jedoch abgesehen davon, daß das Urteil des SG vom 25. November 1981 keinen Ausspruch über eine Abweisung der Klage enthält, sondern nur eine Verurteilung der Beigeladenen zu 1), auf das Rechtsmittel der vom SG ua nach § 75 Abs 2 SGG Beigeladenen und nach Abs 5 aaO verurteilten Beigeladenen zu 1) auch über den gegen die Beklagte gerichteten Anspruch zu entscheiden (allgemeine Meinung, vgl zB BSGE 9, 67, 69; BSG SozR 4100 § 57 Nr 9 S 30; zustimmend zB Meyer-Ladewig, SGG, 2. Aufl, § 75 RdNr 18). § 75 Abs 5 SGG eröffnet den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit die Möglichkeit, in allen Fällen, in denen gegen einen in Wahrheit nicht passiv legitimierten Versicherungsträger Klage erhoben worden ist, den tatsächlich leistungsverpflichteten, aber nicht verklagten Versicherungsträger nach Beiladung zu verurteilen, ohne daß dadurch eine Klageänderung vorgenommen oder bewirkt würde (BSGE aaO und 14, 86, 89; BSG SozR Nr 26, 27 zu § 75 SGG). Um dem in § 75 Abs 5 SGG zum Ausdruck gebrachten Rechtsgedanken voll gerecht werden zu können, muß selbst noch das Revisionsgericht über alle in Frage kommenden Ansprüche entscheiden können, auch dann, wenn nur der verurteilte Versicherungsträger ein Rechtsmittel eingelegt hat; sonst könnten einander widersprechende Entscheidungen ergehen mit der Folge, daß der Kläger zB mit seinem Begehren in erster Instanz nicht gegen den einen, in der weiteren Instanz auch nicht gegen den anderen Träger durchdringt, obschon feststeht, daß jedenfalls gegen einen von ihnen ein Anspruch besteht (BSG SozR 2200 § 1237a Nr 16). Entsprechend enthält der vom Kläger im Rechtsmittelverfahren gestellte Antrag, hilfsweise anstelle des in der Vorinstanz verurteilten beigeladenen Trägers den Beklagten zu verurteilen, keine der Verwerfung zugängliche Anschlußberufung (§ 202 iVm §§ 521, 522 ZPO). Die Zulässigkeit eines solchen Hilfsantrags entspricht voll der dem Gericht der Sozialgerichtsbarkeit durch § 75 Abs 5 SGG eingeräumten Befugnis, im gegliederten System der Sozialversicherung jeden am Rechtsstreit beteiligten Versicherungsträger zur Leistung zu verurteilen.
Nach allem ist der Erstattungsanspruch des Klägers sehr wohl auch im Verhältnis zur Beklagten zu prüfen.
Rechtsgrundlage des gegen die LVA gerichteten Anspruchs des klagenden Sozialhilfeträgers auf Kostenerstattung kann nur § 104 Abs 1 Satz 1 SGB 10 sein. Nach dieser Vorschrift richtet sich der Erstattungsanspruch des Sozialhilfeträgers, wenn er - wie hier - auch noch nach dem Inkrafttreten dieser Vorschrift am 1. Juli 1983 (Art II § 25 Abs 1 des Gesetzes vom 4. November 1982 - BGBl I S 1450) Gegenstand eines sozialgerichtlichen Verfahrens ist (vgl die Entscheidungen des erkennenden Senats in SozR 1300 Art II § 21 Nr 1; BSG SozR 1300 § 104 Nr 6). Der Leistungsträger, dem gegenüber der Berechtigte vorrangig vor dem - nach § 2 Abs 1 BSHG auch in bezug auf Leistungen, die nur nach Ermessen zu gewähren sind (Abs 2 aaO) - nur nachrangig zuständigen Träger der Sozialhilfe einen Leistungsanspruch oder doch in bezug auf eine nach Ermessen mögliche Sozialleistung einen Anspruch auf fehlerfreie Ausübung des Ermessens hat (§ 39 SGB 1), ist hiernach dem Sozialhilfeträger für die von ihm bereits erbrachten Sozialleistungen erstattungspflichtig. Zu einem solchen Erstattungsanspruch hat der erkennende Senat in seiner Entscheidung vom 14. Mai 1985 (SozR 1300 § 104 Nr 6) bereits klargestellt, daß er - zwar selbständig und unabhängig von einem Anspruch des Berechtigten gegen den erstattungspflichtigen vorrangigen Leistungsträger besteht, so daß - selbst die bindende Ablehnung des Leistungsanspruchs des Berechtigten durch den erstattungspflichtigen vorrangigen Träger (wie hier durch den Bescheid der Beklagten vom 9. Februar 1976 in der Gestalt des nicht angefochtenen Widerspruchsbescheids vom 14. Oktober 1976) ihm rechtlich nicht entgegensteht, andererseits - notwendig ist, daß in der Person des Berechtigten wenn schon nicht alle, so doch die wesentlichen Voraussetzungen des Anspruchs auf eine gleichartige und zeitgleiche Leistung gegen den angeblich ausgleichspflichtigen beklagten Träger vorliegen, wobei aber - der rechtliche Charakter der vom angeblich erstattungspflichtigen Leistungsträger zu erbringenden Sozialleistung (Pflichtleistung, Soll-Leistung, Kann-Leistung) nicht ausschlaggebend ist.
Der zu 2) beigeladene Versicherte Achim N. kann gegen die beklagte LVA in bezug auf die Bewilligung einer Berufsausbildung, wie sie der Kläger bei ihm in der streitigen Zeit hat durchführen lassen, einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung noch nach § 1236 Abs 1 Satz 1 RVO in der Fassung vor dem Inkrafttreten des Art 2 § 1 Nr 5 des Zwanzigsten Rentenanpassungsgesetzes (20. RAG) vom 27. Juni 1977 (BGBl I S 1040) am 1. Juli 1977 bzw am 1. Juli 1978 haben. Die vom Kläger dem Beigeladenen bewilligte und durchgeführte Berufsausbildung ist bereits am 1. Oktober 1976 begonnen worden. Nach § 1236 Abs 1 Satz 1 RVO in der genannten - alten - Fassung (aF) kann der Träger der Rentenversicherung Leistungen zur Rehabilitation in dem in §§ 1237 bis 1237b RVO bestimmten Umfang einem Versicherten (Abs 1a aaO) gewähren, dessen Erwerbsfähigkeit infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte gefährdet oder gemindert ist, voraussichtlich aber erhalten, wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann. Die berufsfördernden Leistungen zur Rehabilitation umfassen nach § 1237a Nr 3 und 4 RVO aF ua berufliche Ausbildung und sonstige Hilfen der Arbeits- und Berufsförderung, um den Betreuten eine angemessene und geeignete Erwerbs- und Berufstätigkeit ua auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Eine solche Berufsausbildung könnte die Beklagte auch nicht etwa deshalb ablehnen, weil die Behinderung des Beigeladenen zu 2) bereits bei Eintritt in das Erwerbsleben bestanden hat (BSGE 45, 183, 186 f = SozR 2200 § 1236 Nr 5). Die Beklagte könnte auch nicht auf eine Zuständigkeit der beigeladenen Bundesanstalt verweisen; nach § 57 Satz 1 AFG idF des RehaAnglG darf die Bundesanstalt berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation nämlich nur dann gewähren, sofern nicht ein anderer Träger, zB ein Träger der Rentenversicherung, zuständig ist (vgl dazu auch BSG SozR 4100 § 57 Nr 9).
Nach allem hängt der gegen die Beklagte gerichtete Erstattungsanspruch des Klägers davon ab, ob in der Person des Beigeladenen zu 2) - unabhängig von dem ihm bereits am 9. Februar/14. Oktober 1976 erteilten Ablehnungsbescheid - seinerzeit die wesentlichen Voraussetzungen der §§ 1236, 1237b RVO aF gegeben waren. Hierzu ist im angefochtenen Urteil nichts festgestellt, weil das LSG unzutreffend der Meinung war, das SG habe den Anspruch des Klägers gegen die Beklagte bereits rechtskräftig und unanfechtbar abgewiesen; nur die Leistungszuständigkeit der Beklagten "an sich" habe im Rahmen der Berufung der Beigeladenen geprüft und bejaht werden dürfen (vgl Bl 24 des angefochtenen Urteils).
Damit fehlen für eine abschließende Entscheidung bereits die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen über Art und Umfang einer Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit des Beigeladenen und damit zusammenhängend, ob und aufgrund welcher Umstände die Voraussicht begründet war, daß die Erwerbsfähigkeit des Beigeladenen durch eine Berufsausbildung der hier durchgeführten Art gebessert werden würde. Weiter ist von Bedeutung, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die Erfüllung der Voraussetzungen des Begriffs des Versicherten in § 1236 Abs 1a RVO gegeben waren.
Alle diese tatsächlichen Feststellungen kann der Senat nicht treffen. Zur ihrer Nachholung mußte daher auf die Revision des Klägers das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen werden.
Über die außergerichtlichen Kosten ist in der das Verfahren abschließenden Entscheidung zu befinden.
Fundstellen