Leitsatz (amtlich)
SVA 11 Nr 26 ermächtigte die mit der Versorgung der Kriegsopfer betrauten Stellen in der ehemaligen britischen Besatzungszone, rechtskräftige Bescheide, die auf Grund der SVD 27 erlassen worden waren, unter den in SVA 11 Nr 26 genannten Voraussetzungen aufzuheben. Dies galt auch dann, wenn die Bescheide nur gegenüber dem Träger der Versorgungslasten Rechtskraft erlangt hatten.
Normenkette
AVAVG Nr. 26; AVAVG 1927 Nr. 26; SVD 27
Tenor
1.) Die Revision gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 18. Mai 1954 wird zurückgewiesen.
2.) Außergerichtliche Kosten des Verfahrens sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
Der im Jahre 1955 verstorbene Ehemann der Klägerin, im folgenden als der Beschädigte bezeichnet, trat im Jahre 1906 im Alter von 17 Jahren als Schiffsjunge bei der Schiffsjungendivision ein. Im Jahre 1907 wurde er als dienstunbrauchbar entlassen, nachdem sein Ohrenleiden, das schon vor seiner Einstellung bestand, sich verschlimmert hatte. Dafür wurde eine Dienstbeschädigung mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE.) um 40 v.H. anerkannt, die später auf 10 v.H. herabgesetzt wurde.
Im ersten Weltkrieg war der Beschädigte vom August 1915 bis November 1916 als Matrose eingezogen. Während dieser Zeit war er wegen seines Ohrenleidens öfter in Lazarettbehandlung, zuletzt lag er wegen eines Nervenleidens in der Nervenklinik in Königsberg, von wo er wegen angeborenen Schwachsinns als dienstunbrauchbar entlassen wurde. Im März 1918 wurde er endgültig aus dem Militärdienst entlassen. Das Nervenleiden des Beschädigten wurde zunächst nicht als Kriegsdienstbeschädigung anerkannt. Das Militärversorgungsgericht ( MilVersGer .) Düsseldorf erkannte dann aber in seiner Entscheidung vom 21. Januar 1921 den Schwachsinn des Beschädigten als Kriegsdienstbeschädigung an und sprach ihm die Vollrente vom 1. April 1918 an zu. Mit dem Umanerkennungsbescheid vom 21. Dezember 1921 stellte das Versorgungsamt (VersA.) Neuß die Rente vom 1. Oktober 1921 an mit 80 v.H. für folgende Versorgungsleiden fest:
1) chronischer Mittelohrkatarrh beiderseits,
2) schwerer psychischer (psychogener) Hemmungszustand mit Erregungszuständen,
verschlimmert durch Dienstbeschädigung - Kriegseinwirkungen.
Auf seinen späteren Antrag, ihm die Vollrente und Pflegezulage zu gewähren, wurde dem Beschädigten durch Urteil des Versorgungsgerichts ( VersGer .) Düsseldorf vom 1. Oktober 1927 die Vollrente ab 1. März 1925 zugesprochen.
Nach dem Zusammenbruch im Jahre 1945 wurde diese Rente eingestellt. Mit einem als Benachrichtigung bezeichneten Schreiben vom 26. September 1947 gewährte die Landesversicherungsanstalt (LVA.) Rheinprovinz - Außenstelle Düsseldorf - dem Beschädigten sodann ohne Antrag nach den Vorschriften der Sozialversicherungsdirektive (SVD) Nr. 27 eine Versorgungsrente nach einer MdE. um 100 v.H. für die nach den bisherigen Feststellungen auf den Kriegsdienst zurückzuführenden Leiden: "chronischer Mittelohrkatarrh beiderseits, Verschlimmerung des bereits vor der Einstellung bestandenen Ohrenleidens, schwerer psychischer (psychogener) Hemmungszustand mit Erregungszuständen". Durch Bescheid vom 6. Juni 1950 hob die LVA. Rheinprovinz - Außenstelle Düsseldorf - diese "Benachrichtigung" wieder auf und gewährte dem Beschädigten für dessen "chronische Mittelohrentzündung mit hochgradiger Schwerhörigkeit beiderseits im Sinne der Verschlimmerung" vom 1. August 1950 ab nur noch eine Rente nach einer MdE. um 40 v.H.. In der Begründung dieses Bescheides ist ausgeführt, daß die im Jahre 1936 in der Heilanstalt Grafenberg gefundenen organischen Ausfallserscheinungen nach den inzwischen eingeholten ärztlichen Gutachten nicht mehr nachweisbar seien und als abgeklungen angesehen werden müßten. Für die bestehenden psychogenen Störungen und die deutlich erkennbare neurotische Entwicklung könne eine Wehrdienstbeschädigung (WDB) nicht mehr angenommen werden, da diese Störungen auf eine anlagebedingte seelische Fehlhaltung zurückzuführen seien. Durch die Sozialversicherungsanordnung (SVA) Nr. 11 könne in Anwendung des § 608 Reichsversicherungsordnung (RVO) der bisher gültige rechtskräftige Bescheid aufgehoben werden, da sich die Voraussetzungen der Bescheiderteilung als unzutreffend erwiesen hätten und eine MdE. in der bisher angenommenen Höhe nicht bestehe.
Den Einspruch des Beschädigten gegen diesen Bescheid wies der Beschwerdeausschuß II Düsseldorf der LVA. Rheinprovinz mit der Entscheidung vom 28. November 1950 zurück, nachdem der Beschädigte vom leitenden Arzt der Alexianer-Anstalt in Neuß, dem Facharzt Dr. M, begutachtet worden war. Auf die Berufung des Beschädigten ließ ihn das Oberversicherungsamt (OVA.) Düsseldorf nach stationärer Beobachtung in der städtischen Nervenklinik in Essen durch Prof.Dr. L begutachten. Mit Urteil vom 5. Januar 1953 wies es die Berufung als unbegründet zurück.
Gegen dieses Urteil, das keine Rechtsmittelbelehrung enthielt, legte der Beschädigte zunächst Rekurs ein, erhob dann aber Klage vor dem Landesverwaltungsgericht ( LVerwGer .) Düsseldorf. Dieses holte ein Gutachten über die Art und die Ursache des Nervenleidens des Beschädigten von dem Privatdozenten Dr. W, Oberarzt der Nervenklinik der Universität Köln, ein. Nach diesem Gutachten besteht beim Beschädigten ein vom Wehrdienst unabhängiger psychogener Zustand im Sinne einer Pseudodemenz, der auch nicht auf das als WDB-Folge anerkannte Ohrenleiden zurückzuführen sei. Mit Schreiben vom 31. Dezember 1953 übersandte das LVerwGer . die Akten an das Landessozialgericht (LSG.) Nordrhein-Westfalen, da mit dem Inkrafttreten des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) der Rechtsstreit auf dieses Gericht übergegangen sei.
Das LSG. wies mit Urteil vom 18. Mai 1954 die Berufung des Beschädigten gegen die Entscheidung des OVA. Düsseldorf vom 5. Januar 1953 zurück. Es ließ die Revision zu. In den Gründen führt es aus, daß mit dem Inkrafttreten des SGG der Rechtsstreit, der vorher beim LVerwGer . als Klage rechtshängig gewesen war, gemäß § 215 Abs. 7 Halbs. 1 SGG als Berufung auf das zuständige LSG. Essen übergegangen sei. Die Berufung sei zwar zulässig, jedoch nicht begründet. Der angefochtene Berichtigungsbescheid vom 6. Juni 1950 bestehe zu Recht. Er stütze sich auf Ziffer 26 SVA Nr. 11, wonach unter den dort genannten Voraussetzungen frühere rechtskräftige Bescheide aufgehoben werden könnten, und zwar auch solche, die nach dem Recht der SVD Nr. 27 ergangen waren. Die gegenteilige Ansicht, daß jene Vorschrift nur die Möglichkeit gebe, Bescheide aufzuheben, die nach dem vor der SVD Nr. 27 geltenden Recht ergangen waren, müsse abgelehnt werden. Die vor der SVD Nr. 27 erlassenen versorgungsrechtlichen Gesetze seien aufgehoben und die auf Grund dieser Gesetze ergangenen Bescheide damit gegenstandslos geworden. Dies ergebe sich aus § 14 Abs. 1 SVD Nr. 27. Die Ziffer 26 SVA Nr. 11 könne daher nicht erlassen worden sein, damit bereits gegenstandslos gewordene Bescheide aufgehoben werden können. Aus der Überschrift des Abschnitts VIII zu den Ziffern 24 bis 26 SVA Nr. 11, die von der Gültigkeit der Entscheidungen nach früheren Vorschriften spricht, könne demgegenüber keine andere Folgerung für die Auslegung der Ziffer 26 SVA Nr. 11 gezogen werden. Die Bedenken gegen die Rechtswirksamkeit der Ziffer 26 SVA Nr. 11 überhaupt, aus denen heraus das OVA. Hannover in seiner Entscheidung vom 30. Januar 1952 die Rechtswirksamkeit verneint hat (ZfS. 1952 S. 124), seien nicht durchgreifend; denn die SVA Nr. 11 sei vom Präsidenten des Zentralamts für Arbeit in der britischen Zone gemäß § 22 der SVD Nr. 27 im Rahmen der ihm erteilten Ermächtigung erlassen worden. Wenn aber gemäß Ziffer 26 SVA Nr. 11 auch die Aufhebung von Bescheiden möglich sei, die nach den Vorschriften der SVD Nr. 27 ergangen waren, so sei auch der in der äußeren Form einer Benachrichtigung ergangene Bescheid vom 26. September 1947 mit Recht aufgehoben worden. Die psychogenen Störungen im Sinne einer Pseudodemenz seien beim Beschädigten weder im Sinne der Entstehung noch der Verschlimmerung auf den abgeleisteten Wehrdienst zurückzuführen. Sie hingen auch nicht mit dem als WDB-Folge anerkannten Ohrenleiden ursächlich zusammen. Die Voraussetzungen der Bescheiderteilung hätten sich somit als unzutreffend erwiesen. Eine MdE. habe in der bisher angenommenen Höhe nicht mehr bestanden.
In der Rechtsmittelbelehrung führt das LSG. hinsichtlich des Vertretungszwangs vor dem Bundessozialgericht (BSG.) aus, daß sich die Beteiligten, soweit es sich nicht um Behörden oder Körperschaften des öffentlichen Rechts oder Anstalten des öffentlichen Rechts handelt, "durch Prozeßbevollmächtigte nach § 166 SGG" vertreten lassen müssen.
Gegen dieses Urteil, das den Beteiligten am 24. Juni 1954 zugestellt worden ist, hat der Beschädigte mit Schriftsatz vom 8. Juli 1954, beim BSG. eingegangen am 10. Juli 1954, Revision eingelegt. Dieser Schriftsatz enthält noch keinen bestimmten Antrag, sondern erst die Revisionsbegründung vom 3. August 1954, die beim BSG. am 5. August 1954 eingegangen ist. Der Beschädigte führt darin aus, die "Benachrichtigung" vom 26. September 1947 könne nicht als ein Bescheid im Sinne des § 14 Abs. 2 der SVD Nr. 27 aufgefaßt werden. Wenn man dies aber annehme, so hätte der Bescheid nicht aufgehoben werden können, da für das Feststellungsverfahren nach der SVD Nr. 27 und der SVA Nr. 11 die früheren Urteile der VersGer .e bindend seien. Außerdem hätte ein solcher Bescheid nicht auf Grund der Ziffer 26 SVA Nr. 11 aufgehoben werden können, da sich diese Bestimmung nur auf die Aufhebung von Bescheiden beziehe, die vor dem Inkrafttreten der SVD Nr. 27 erlassen waren, in keinem Fall aber auf die Aufhebung von Urteilen. Der Bescheid vom 6. Juni 1950 sei daher ungesetzlich ergangen. Im übrigen, so führt der Beschädigte im Schriftsatz vom 14. März 1955 aus, bestehe auch der Sachlage nach sein Versorgungsanspruch zu Recht. Er leide weder an einer Schizophrenie noch an einem angeborenen Schwachsinn, sondern an einer organischen Gehirnschädigung, die auf das Ohrenleiden zurückzuführen sei. Zu dieser Annahme sei bereits Dr. M von der Alexianer-Anstalt in seinem Gutachten für das VersGer . Düsseldorf und später im Jahre 1936 Dr. S in seinem Gutachten für das Erbgesundheitsgericht gekommen. Selbst Professor L habe offengelassen, ob sich nicht doch hinter der psychogenen Pseudodemenz eine organische Gehirnerkrankung verberge. Somit bestünden selbst im Hinblick auf die entgegenstehenden Gutachten anderer Ärzte Zweifel über das Vorliegen einer organischen Hirnerkrankung. Bei diesen Zweifeln hätten die früheren Feststellungen nach dem Satz in dubio pro reo aufrechterhalten werden müssen.
Der Beschädigte ist während des Revisionsverfahrens am 15. Oktober 1955 verstorben. Seine Witwe hat als Rechtsnachfolgerin das durch den Tod des Beschädigten unterbrochene Verfahren aufgenommen und die Rechtsnachfolge durch Vorlage des Erbscheins des Amtsgerichts Neuß vom 23. Juni 1956 nachgewiesen.
Sie beantragt,
das Urteil des LSG. Nordrhein-Westfalen vom 18. Mai 1954, das Urteil des OVA. Düsseldorf vom 5. Januar 1953, die Einspruchsentscheidung des Beschwerdeausschusses II Düsseldorf der LVA. Rheinprovinz vom 28. November 1950 und den Bescheid der Außenstelle Düsseldorf der LVA. Rheinprovinz vom 6. Juni 1950 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, der Revisionsklägerin für die in dem Bescheid vom 26. September 1947 für ihren verstorbenen Ehemann anerkannten Versorgungsleiden weiterhin vom 1. August 1950 ab bis zum 31. Oktober 1955 Versorgungsrente nach einer MdE. um 100 v.H. in der jeweiligen gesetzlichen Höhe zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er trägt vor, daß mit der Aufhebung des der SVD Nr. 27 vorhergehenden Versorgungsrechts auch die auf jenem Recht fußenden Entscheidungen außer Kraft getreten seien. Die Benachrichtigung vom 26. September 1947 sei kein Bescheid nach der SVD Nr. 27 gewesen, sondern lediglich eine Grundlage für die vorläufige Zahlung der SVD-Bezüge unter Übernahme früherer Feststellungen. Daher sei es möglich und erforderlich gewesen, einen Bescheid zu erteilen, ohne daß die frühere Benachrichtigung aufgehoben werden mußte. Selbst wenn aber die Benachrichtigung vom 26. September 1947 als ein Bescheid nach der SVD Nr. 27 zu gelten habe, so hätte er gemäß Ziffer 26 SVA Nr. 11 aufgehoben werden können. Folge man der Auffassung des Beschädigten, nach der die Benachrichtigung nur die Fortgeltung der früheren versorgungsrechtlichen Entscheidung bestätige, so räume gleichwohl der § 14 SVD Nr. 27 der Versorgungsbehörde das Recht ein, von früheren Entscheidungen, also auch von Urteilen abzuweichen. Bei dieser Auffassung sei auch das Recht der Versorgungsbehörde, gemäß § 14 SVD Nr. 27 von früheren Feststellungen abzuweichen, bei Erlaß des Bescheides vom 6. Juni 1950 noch nicht verwirkt gewesen. Die Ziffer 26 SVA Nr. 11 habe diese Möglichkeit auch für spätere Jahre nach der vorläufigen Übernahme früherer Feststellungen schaffen wollen, gleichgültig ob es sich dabei um frühere Bescheide oder frühere Urteile handelt. Zwar spreche Ziffer 26 SVA Nr. 11 von Bescheiden, jedoch müßten darunter im weiteren Sinn auch Urteile verstanden werden.
Im übrigen weist der Beklagte noch darauf hin, daß nach den letzten Gutachten organische Veränderungen bei dem Beschädigten nicht mehr vorhanden gewesen seien, so daß der Bescheid vom 6. Juni 1950 sich auch nach dem damals geltenden § 608 RVO rechtfertige.
Die Revision ist frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden. Da die Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Urteil hinsichtlich des Vertretungszwangs vor dem BSG. nur einen Hinweis auf § 166 SGG enthält, nicht aber anführt, wer zugelassener Prozeßbevollmächtigter im Sinne dieser Vorschrift ist, kann die Rechtsmittelbelehrung nicht als ordnungsmäßige "Belehrung über den Rechtsbehelf" angesehen werden. Gemäß § 66 Abs. 2 SGG betrug daher die Revisionsfrist ein Jahr. Damit ist der gemäß § 164 Abs. 2 SGG innerhalb der Revisionsfrist zu stellende bestimmte Antrag noch rechtzeitig in der Revisionsbegründung vom 3. August 1954 gestellt worden.
Die Revision ist auch statthaft. Das LSG. hat im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung, die es der Auslegung der Ziffer 26 SVA Nr. 11 beimißt, die Revision zugelassen (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Die Revision ist daher zulässig. Auch gegen die Aufnahme des Verfahrens durch die Revisionsklägerin nach dem Tode ihres Ehemannes bestehen keine Bedenken.
Die Revision ist aber nicht begründet. Das LSG. hat zutreffend angenommen, daß die Außenstelle Düsseldorf der LVA. Rheinprovinz auf Grund der Ziffer 26 SVA Nr. 11 berechtigt war, den Bescheid vom 6. Juni 1950 zu erlassen.
Bei der SVA Nr. 11 handelt es sich um Recht, welches durch das Revisionsgericht nachprüfbar ist. Der Geltungsbereich dieser Bestimmungen erstreckt sich auf das ganze Gebiet der ehemals britischen Zone und damit über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus (§ 162 Abs. 2 SGG).
Die Nachprüfung der richtigen Anwendung der SVA Nr. 11 ist dem Revisionsgericht auch nicht deshalb entzogen, weil etwa Art. 3 des Gesetzes Nr. 13 der Alliierten Hohen Kommission (AHK) über die Gerichtsbarkeit auf den vorbehaltenen Gebieten vom 25. November 1949 (Amtsbl. der AHK 1949 S. 54) i.d.F. des Gesetzes der AHK Nr. 58 vom 12. Juli 1951 (Amtsbl. der AHK 1951 S. 989) dem entgegenstünde. Dieses Gesetz ist nämlich inzwischen durch das Gesetz der AHK Nr. 37 A vom 5. Mai 1955 (Amtsbl. der AHK 1955 S. 3267) aufgehoben worden. Aber auch dem Berufungsgericht war die Auslegung der Vorschriften der SVA Nr. 11 nicht durch den im Augenblick seiner Entscheidung noch geltenden Art. 3 Abs. 2 des Gesetzes der AHK Nr. 13 entzogen. Es lag kein Verstoß gegen diese Vorschrift vor, der die Nichtigkeit der Entscheidung gemäß Art. 4 des Gesetzes der AHK Nr. 13 herbeigeführt hätte und damit die Unmöglichkeit für das Revisionsgericht, das Urteil überhaupt nachzuprüfen. Bei der SVA Nr. 11 handelt es sich nicht um eine Anordnung der Besatzungsbehörde, der Besatzungsstreitkräfte oder einer von ihnen abgelösten Behörde, deren Inhalt nur durch die zuständige Besatzungsbehörde ausgelegt werden konnte (Art. 3 Abs. 2 des Gesetzes der AHK Nr. 13). Sie ist vielmehr eine vom Präsidenten des Zentralamts für Arbeit erlassene Vorschrift (Arb Bl. für die britische Zone 1947 S. 234). Wenn sie auch ihre Grundlage im Besatzungsrecht hat (§ 22 SVD Nr. 27) und mit Ermächtigung der Kontroll-Kommission für Deutschland ergangen ist, so ist sie damit nicht selbst zu einer Anordnung der Besatzungsbehörde geworden. Vielmehr geht aus dem Wortlaut des § 22 SVD Nr. 27 hervor, daß die Besatzungsbehörde selbst keine Durchführungs- und Ergänzungsvorschriften zur SVD Nr. 27 treffen wollte, sondern dies bewußt einer deutschen Stelle, nämlich dem Präsidenten des Zentralamts für Arbeit, überließ. Ist aber die Auslegung der SVA Nr. 11 nicht den deutschen Gerichten entzogen, weil es sich um deutsches Recht handelt, so bestehen auch unter dem Gesichtspunkt des Art. 4 des Gesetzes der AHK Nr. 13 keine Bedenken gegen die Gültigkeit der im bisherigen Verfahren getroffenen Entscheidungen.
Das LSG. ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Benachrichtigung der Außenstelle Düsseldorf vom 26. September 1947 ein Bescheid im Sinne der Ziffer 26 SVA Nr. 11 war. Der übereinstimmenden Ansicht der Beteiligten, daß es sich bei dieser "Benachrichtigung" nicht um einen rechtskräftigen Bescheid im Sinne der Ziffer 26 SVA Nr. 11 handele, - aus welcher die Beteiligten dann allerdings verschiedene Folgerungen ziehen - konnte sich der Senat nicht anschließen. Zwar war nach der damaligen Rechtslage nicht sofort ein neuer Bescheid erforderlich, damit Versorgungsbezüge an den Beschädigten mit dem Inkrafttreten der SVD Nr. 27 (1.8.1947) gezahlt werden konnten, da über die Versorgung des Beschädigten bereits nach früheren Gesetzen entschieden war (§ 14 Abs. 2 SVD Nr. 27). Jedoch war es keineswegs ausgeschlossen, daß die damals zuständige Außenstelle Düsseldorf der LVA. Rheinprovinz durch einen Bescheid die neuen Bezüge festsetzte. Von dieser Möglichkeit machte sie Gebrauch und erließ den Bescheid vom 26. September 1947, durch den sie für den Beschädigten die Versorgungsrente nach den Vorschriften der SVD Nr. 27 unter Anerkennung bestimmter Versorgungsleiden der Höhe und dem Beginn nach feststellte. Dieses als "Benachrichtigung" bezeichnete Schreiben enthielt somit alle wesentlichen Merkmale eines Bescheids. An seiner Rechtsnatur als Bescheid kann der Umstand nichts ändern, daß es als Benachrichtigung überschrieben ist. Aus der Überschrift kann auch nicht etwa auf den Vorbehalt eines Widerrufsrechts geschlossen werden, das die Außenstelle später etwa mit dem Bescheid vom 6. Juni 1950 ausgeübt habe. Der § 14 Abs. 2 SVD Nr. 27 sah allerdings die Möglichkeit einer Benachrichtigung über die Zahlung von Versorgungsbezügen nach der SVD Nr. 27 unter "vorläufiger" Übernahme der früheren Entscheidung über den Zusammenhang der Beschädigung mit unmittelbaren Kriegseinwirkungen oder militärischem Dienst sowie den Grad der MdE. "vorbehaltlich weiterer Anordnungen" vor. In dem maßgeblichen Bescheid vom 26. September 1947 sind aber keinerlei Vorbehalte nach dieser Richtung gemacht worden.
Auch das Fehlen einer Rechtsmittelbelehrung ändert nichts daran, daß der Benachrichtigung vom 26. September 1947 die Bedeutung eines Bescheides zukommt. Zwar müssen Bescheide nach der SVD Nr. 27 eine Rechtsmittelbelehrung enthalten (§ 2 SVD Nr. 27 i. Vbdg. mit § 1590 RVO). Jedoch berührte das Fehlen der Rechtsmittelbelehrung nicht die Rechtsnatur und die Gültigkeit des Bescheides, sondern hinderte lediglich, daß der Bescheid zum Nachteil des Beschädigten rechtskräftig wurde.
Die mangelnde formelle Rechtskraft des Bescheides vom 26. September 1947 schloß nicht aus, daß der Bescheid auf Grund der Ziffer 26 SVA Nr. 11 aufgehoben wurde, obwohl diese Bestimmung von der Aufhebung "rechtskräftiger" Bescheide spricht. In diesem Zusammenhang ist nicht nur die formelle Rechtskraft (Unanfechtbarkeit) gemeint, sondern auch die relative. Diese bewirkt schon vor Eintritt der formellen Rechtskraft, daß die den Bescheid erlassende Stelle an ihre eigene Entscheidung gebunden ist und sie nicht mehr zu Ungunsten des Berechtigten ändern darf. Da aber Ziffer 26 SVA Nr. 11 sich gerade mit den Zuungunstenbescheiden befaßt, muß dort auch die Aufhebung relativ rechtskräftiger Bescheide gemeint sein. Diese Bestimmung wäre unverständlich, wenn sie zwar die Aufhebung formell rechtskräftiger Bescheide, nicht aber die Aufhebung lediglich relativ rechtskräftiger Bescheide zuließe. Das Schreiben vom 26. September 1947 ist demnach als ein Bescheid, und zwar als ein rechtskräftiger Bescheid im Sinne der Ziffer 26 SVA Nr. 11 anzusehen.
Die Ansicht der Revision, daß durch die Ziffer 26 SVA Nr. 11 lediglich die Aufhebung von Bescheiden ermöglicht worden sei, die nach dem der SVD Nr. 27 vorhergehenden Recht erlassen worden waren, nicht aber die Aufhebung solcher Bescheide, die während der zeitlichen Geltung der SVD Nr. 27 selbst ergangen sind, wie der Bescheid vom 26. September 1947, konnte sich der Senat nicht zu eigen machen. Mit Recht weist das LSG. darauf hin, daß die Bescheide, die sich auf das der SVD Nr. 27 vorhergehende Versorgungsrecht stützen, gegenstandslos geworden waren. Die Ziffer 26 SVA Nr. 11 kann deshalb nicht den Sinn gehabt haben, die Möglichkeit zu schaffen, gegenstandslose Bescheide aufzuheben. Durch Art. III des Kontrollratsgesetzes (KRG) Nr. 34 vom 20. August 1946 (Amtsbl. des Kontrollrats in Deutschland S. 172) sind alle Gesetze, welche die rechtliche und wirtschaftliche Stellung von Angehörigen oder ehemaligen Angehörigen der Wehrmacht und deren Familien betreffen, mithin alle bis dahin geltenden Versorgungsgesetze, aufgehoben worden. Damit brachte dieses Gesetz, nachdem in der ehemals britischen Zone bereits gemäß Ziffer 9 SVD Nr. 1 die früheren Versorgungsgesetze praktisch jede Bedeutung verloren hatten, die Aufhebung dieser Gesetze in eine gesetzgeberische Form (vgl. Dobbernack, ArbBl. für die britische Zone 1947 S. 326). In der durch die Außerkraftsetzung der früheren Versorgungsgesetze geschaffenen Rechtslage hat sich auch nichts durch das Gesetz der AHK Nr. 16 vom 16. Dezember 1949 (Amtsbl. der AHK 1949 S. 72) geändert. Zwar hat durch Art. 2 Abs. 1 dieses Gesetzes das KRG Nr. 34 seine Wirksamkeit verloren. Jedoch ist im Abs. 3 dieses Artikels bestimmt, daß die Rechtsfolgen von Maßnahmen, die auf Grund der aufgehobenen Rechtsvorschriften getroffen worden sind, unberührt bleiben. Es verblieb also bei der durch das KRG Nr. 34 herbeigeführten Aufhebung der früheren Versorgungsgesetze.
Mit dem Außerkrafttreten der früheren Versorgungsgesetze waren aber auch alle auf Grund dieser Gesetze ergangenen Entscheidungen hinfällig geworden. Dem stand nicht die Rechtskraft früherer Entscheidungen entgegen. Auch im Versorgungsrecht kam nicht nur den Urteilen nach allgemeinen prozeßrechtlichen Grundsätzen, sondern auch den Bescheiden eine materielle Rechtskraftwirkung zu. In früheren Gesetzen war teils den Bescheiden ausdrücklich eine bindende Wirkung beigelegt, teils war vorgesehen, daß nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen rechtskräftige Bescheide aufgehoben oder geändert werden durften (§§ 30, 31 des Mannschaftsversorgungsgesetzes v. 31.5.1906 - MVG 06 - i.d.F. des Art. 1 der VO der Reichsregierung v. 1.2.1919 über Änderung des Verfahrens in Militärversorgungssachen, § 28 Abs. 3 des Militärhinterbliebenengesetzes v. 17.5.1907 i.Vbdg. mit § 31 MVG 06, § 19 Abs. 2 des Offizierspensionsgesetzes v. 31.5.1906 - OPG - i. Vbdg. mit § 31 MVG 06, § 57 des Reichsversorgungsgesetzes v. 12.5.1920 - RVG -, § 65 des Gesetzes über das Verfahren in Versorgungssachen v. 10.1.1922, § 89 des Wehrmachtsversorgungsgesetzes v. 19.9.1925, § 147 Abs. 2, § 155 des Wehrmachtsfürsorge- und Versorgungsgesetzes v. 26.8.1938, § 62 des Bundesversorgungsgesetzes v. 20.12.1950 - BVG -, § 24 Abs. 2, § 41 des Gesetzes über das Verfahren der Kriegsopferversorgung v. 2.5.1955).
In Versorgungsangelegenheiten hängt die Wirksamkeit von Entscheidungen, seien es Verwaltungsbescheide oder gerichtliche Urteile, von dem Fortbestand ihrer gesetzlichen Grundlage ab, soweit sich nicht aus dem Gesetz etwas anderes ergibt. Fällt durch Änderung der Gesetzgebung die Rechtsgrundlage eines festgestellten Versorgungsanspruchs fort, so wird damit in der Regel der künftigen Versorgung der Rechtsgrund entzogen. In ähnlichem Sinn hat der 9. Senat hinsichtlich des zeitlichen Geltungsbereichs versorgungsrechtlicher Vorschriften das Verhältnis des BVG zu den ihm vorausgegangenen Versorgungsgesetzen beurteilt (BSG. 1 S. 210 (215)). Für das Versorgungsrecht besteht insoweit eine Besonderheit im Verhältnis zu dem allgemeinen prozeßrechtlichen Grundsatz, daß eine Änderung der Gesetzgebung die Rechtskraft der nach früherem Recht ergangenen Entscheidungen unberührt läßt.
Eine Besonderheit wie die, welche durch die Eigenart der versorgungsrechtlichen Ansprüche bedingt ist, gibt es auch im bürgerlichen Recht und ist für diesen Bereich vom Reichsgericht (RG.) anerkannt worden. So hat das RG. den Unterhaltsurteilen zwischen Ehegatten keine Rechtskraftwirkung mehr beigemessen, wenn die Ehe inzwischen geschieden wurde, da hiermit der Rechtsgrund für die Unterhaltsansprüche entfallen ist (RGR Komm. 9. Aufl. § 1361 Anm. 5 und Warneyer 1914 Nr. 192, Nr. 293 und Warneyer 1919 Nr. 175). Bereits nach den Grundgedanken dieser Rechtsprechung müßten auch Urteile über Versorgungsansprüche ihre Rechtskraftwirkung verlieren, wenn der Rechtsgrund für die gewährte Versorgung, nämlich das entsprechende Versorgungsgesetz, entfallen ist. Gegen die Übertragung dieser im Zivilrecht entwickelten Grundsätze auf Versorgungsangelegenheiten könnte eingewendet werden, jene Rechtsprechung gelte nur dann, wenn sich ein tatsächlicher Zustand, der bisher Rechtsgrundlage für die zuerkannten Ansprüche war, wie dort die Ehe, fortgefallen sei. Sie gelte dagegen nicht, wenn das Gesetz, das unmittelbare Grundlage der zuerkannten Ansprüche war, fortfalle. Dieser Einwand trifft jedoch nicht zu. Gerade die Entscheidungen des RG. (RGZ. 46, 67 und RGZ. 147, 385 - 390), die gelegentlich für das Fortbestehen der Rechtskraftwirkung von versorgungsrechtlichen Entscheidungen trotz Änderung der Gesetze angeführt werden, nehmen die Fälle von dem Grundsatz des Fortwirkens der Rechtskraft aus, in denen es sich um dauernde, in jedem Augenblick neue Ansprüche erzeugende Rechtsverhältnisse handelt. Um solche Ansprüche handelt es sich auch im Versorgungsrecht. Hier werden durch die jeweils geltenden Gesetze zwischen bestimmten Personen und dem Träger der Versorgungslasten Rechtsverhältnisse geschaffen, auf Grund deren für den Berechtigten wiederkehrende Ansprüche von neuem entstehen. In einem den versorgungsrechtlichen Ansprüchen ähnlich liegenden Fall, in welchem nach früherem Recht durch rechtskräftige Entscheidung die Unterhaltspflicht von Geschwistern festgestellt worden war, führt das RG. (RGZ. 46, 67) aus:
"Entzieht ein neues Gesetz der Tatsache der Familienzugehörigkeit die Kraft, Quelle für die Erzeugung von Unterhaltsansprüchen zu sein, so wird damit jene Feststellung vom Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gesetzesänderung ab hinfällig, da nunmehr eine neue Begebenheit eingetreten ist, der gegenüber den zuerkannten Unterhaltsanspruch aufrechtzuerhalten nicht in der Absicht der rechtskräftigen Entscheidung lag." Ebenso müssen mit dem Wegfall eines Versorgungsgesetzes - womit den bisher anerkannten Tatsachen die Kraft, Quelle für die Erzeugung von Versorgungsansprüchen zu sein, entzogen ist - auch die bisherigen Feststellungen hinfällig werden, da nunmehr neue Begebenheiten eingetreten sind - eine Neugestaltung des Versorgungsrechts -, denen gegenüber den zuerkannten Versorgungsanspruch aufrechtzuerhalten nicht in der Absicht der rechtskräftigen Entscheidung lag. Eine andere Auffassung würde zu dem unbilligen Ergebnis führen, daß ein und derselbe Tatbestand zu verschiedenen versorgungsrechtlichen Folgen führt, je nach dem Zeitpunkt, in welchem über einen Anspruch unter den jeweils verschiedenen Versorgungsgesetzen entschieden wird.
Die Versorgungsgesetzgebung ist auch ständig von dem Grundsatz ausgegangen, daß mit der Aufhebung alter und der Schaffung neuer Versorgungsgesetze die auf Grund der alten Versorgungsgesetze ergangenen Entscheidungen hinfällig geworden sind. Darum finden sich in den verschiedenen Versorgungsgesetzen immer wieder Vorschriften über die Neufeststellung oder die Umanerkennung bisheriger Versorgungsansprüche (§ 45 MVG 06, § 41 OPG 06, § 102 RVG, § 86 BVG). Die Neufeststellungen oder Umanerkennungen wären überflüssig, wenn die Gesetze von der Weitergeltung der nach bisherigen Versorgungsgesetzen ergangenen Entscheidungen ausgegangen wären. Daran ändert auch nichts der Umstand, daß in den neuen Versorgungsgesetzen die vorläufige Weiterzahlung der Versorgungsbezüge auf Grund früherer Entscheidungen angeordnet worden ist (§§ 102 ff. RVG, § 86 BVG). Hierin liegt eine Bestätigung der Auffassung, daß die bisherigen Entscheidungen ihre Wirkung verloren haben. Diese Vorschriften wurden nur deshalb getroffen, um keine Unterbrechung der Versorgungsbezüge eintreten zu lassen, weil damit gerechnet wurde, daß es auch bei der Neufeststellung in den meisten Fällen zu einer Gewährung von Versorgungsbezügen kommen werde. Auch die Vorschriften, nach denen bisherige Entscheidungen gewisse Wirkungen für die Neufeststellung äußern (§ 2 des Altrentnergesetzes v. 18.7.1921, § 14 SVD Nr. 27, § 85 BVG), bestätigen ebenfalls, daß grundsätzlich die früheren Entscheidungen hinfällig geworden sind. Bei diesen für die Neufeststellung aus früheren Entscheidungen zu entnehmenden Wirkungen kann nicht von einer Rechtskraftwirkung früherer Entscheidungen gesprochen werden. Es handelt sich hierbei, wie z.B. bei § 85 BVG, nicht um die Rechtskraftwirkung der Entscheidung über den Anspruch als solchen, sondern nur um die Wirkung eines Teiles der Entscheidung, der in den meisten Fällen nicht einmal in der Entscheidungsformel, sondern nur in den Gründen zum Ausdruck gekommen ist.
Haben daher mit der Außerkraftsetzung des früheren Versorgungsrechts durch das KRG Nr. 34 nach dem allgemein vom Gesetzgeber auf dem Gebiet des Versorgungsrechts befolgten Grundsatz die unter dem früheren Recht ergangenen Entscheidungen keine Rechtskraftwirkung mehr, so kann sich die Ziffer 26 SVA Nr. 11, die von der Aufhebung rechtskräftiger Bescheide spricht, nicht auf die Aufhebung von Bescheiden nach früherem Recht beziehen. Diese konnten ohnehin keine Rechtskraftwirkung mehr äußern. Die Ziffer 26 SVA Nr. 11 gilt demnach gerade für Bescheide, die nach der SVD Nr. 27 ergangen sind.
Der Einwand, daß die Ziffer 26 SVA Nr. 11 diese Bedeutung nicht haben könne, weil damit ein Einbruch in die Rechtskraftwirkung erfolge, der auf jeden Fall für Bescheide bei gleichbleibendem Recht abgelehnt werden müsse, ist nicht begründet. Es trifft zwar zu, daß grundsätzlich bei bestehenbleibendem Recht rechtskräftige Bescheide nur unter besonderen Voraussetzungen, so bei wesentlicher Veränderung der Verhältnisse, aufgehoben oder geändert werden können. Das schließt jedoch nicht aus, daß u.U. das Recht, rechtskräftige Bescheide aufzuheben, erleichtert wird. Das Versorgungsrecht hat solche Eingriffe in die Rechtskraftwirkung bei gleichbleibendem Recht auch schon früher unter besonderen Verhältnissen erlaubt (vgl. § 65 Abs. 2 des Gesetzes über das Verfahren in Versorgungssachen v. 10.1.1922, eingefügt durch Art. 21 Ziff. V Nr. 5 der Personalabbauverordnung v. 27.10.1923 - RGBl. I S. 999 -, Art. 2 des Fünften Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Versorgungssachen v. 3.7.1934 - RGBl. I S. 544 -). Derartige besondere Verhältnisse lagen auch bei der Einführung des neuen Versorgungsrechts durch die SVD Nr. 27 im Jahre 1947 vor. Einerseits waren bei der Notwendigkeit, für alle Versorgungsberechtigten deren Versorgungsbezüge in kurzer Zeit festzustellen, Fehlentscheidungen nicht zu vermeiden. Andererseits sollten die Träger der Versorgungslasten bei ihrer bedrängten finanziellen Lage nicht auf die Dauer mit Bezügen belastet werden, die nicht mehr begründet waren. Um eine solche Belastung auf die Dauer zu vermeiden, wurde die Bestimmung der Ziffer 26 SVA Nr. 11 erlassen, deren Gültigkeit aus diesem Grund bis zum 31. Dezember 1952 befristet war.
Es war damit zu rechnen, daß von diesem Zeitpunkt ab der Gesetzgeber wieder zu dem Rechtszustand zurückkehren könne, der es ermöglicht, rechtskräftige Bescheide nur unter ganz bestimmten erschwerenden Voraussetzungen aufzuheben.
Aus ähnlichen Erwägungen, wie sie das Zustandekommen der Ziffer 26 SVA Nr. 11 für das Versorgungsrecht erklären, sind zu jener Zeit auch auf dem Gebiet der gesetzlichen Rentenversicherung Vorschriften geschaffen worden, nach denen rechtskräftig festgesetzte Renten ohne wesentliche Änderung der Verhältnisse entzogen werden konnten. Dies geschah in der amerikanischen Zone durch entsprechende Ländergesetze, in der britischen Zone durch Ziffer 1 SVD Nr. 3 vom 14. Oktober 1945, welche den § 1293 Abs. 2 RVO wieder in Kraft setzte (Eckert-Sauerborn, Die Sozialversicherungsgesetze, Anm. 2 zu § 1293 RVO). Der Vergleich des Versorgungsrechts mit dem Recht der Rentenversicherung bestätigt die Auffassung, daß auch auf dem Gebiet des Versorgungsrechts die damaligen Verhältnisse die Einführung einer in ihrer Geltung befristeten Vorschrift erforderten - wie die der Ziffer 26 SVA Nr. 11 -, wonach rechtskräftige, auf Grund des geltenden Rechts erlassene Bescheide ohne besondere erschwerende Voraussetzungen aufgehoben werden konnten.
Mit dem Grundsatz, daß mit einer Neuordnung des Versorgungswesens ältere Entscheidungen hinfällig werden, stehen auch die in der SVD Nr. 27 getroffenen Einzelregelungen in Einklang.
Wenn in diesem Zusammenhang auf die Vorschriften der SVD Nr. 27 einzugehen ist und auch von den Vorinstanzen zur Begründung der Entscheidung die Vorschriften der SVD Nr. 27 herangezogen worden sind, so handelt es sich dabei nicht um eine Entscheidung über den Inhalt einer Anordnung der Besatzungsbehörde im Sinne des Art. 3 Abs. 2 des AHK-Gesetzes Nr. 13 vom 25. November 1945 (Amtsbl. AHK 1949 S. 54), sondern lediglich um eine Heranziehung der SVD Nr. 27 zur Auslegung der Ziffer 26 SVA Nr. 11.
Mit Recht weist das LSG. darauf hin, daß nach Abs. 1 des § 14 SVD Nr. 27 zur Gewährung von Leistungen grundsätzlich ein Antrag erforderlich ist und daß diese Vorschrift überflüssig wäre, wenn den Bescheiden nach früherem Recht eine Rechtskraftwirkung zukäme. Etwas anderes kann auch nicht aus Abs. 2 des § 14 SVD Nr. 27 gefolgert werden. Diese Vorschrift schafft die Möglichkeit, dann, wenn schon eine Entscheidung vorliegt, ohne Antrag Leistungen zu gewähren und hierbei die Entscheidung über den Zusammenhang und den Grad der MdE. vorläufig als maßgebend anzunehmen. Diese Regelung ist ebenfalls nur verständlich, wenn man unterstellt, daß die Direktive grundsätzlich von der Wirkungslosigkeit der Entscheidungen nach früherem Recht ausgeht. Aus § 14 Abs. 2 SVD Nr. 27 kann auch deshalb nicht geschlossen werden, daß die Rechtskraft früherer Bescheide fortwirkt, weil nicht die Entscheidung über den Versorgungsanspruch als solchen, die allein in Rechtskraft übergehen konnte, aufrechterhalten ist, sondern weil der Verwaltungsbehörde nur die Befugnis eingeräumt wurde, einzelne Anspruchsvoraussetzungen nach freiem Ermessen der Neufeststellung der Versorgungsleistungen zugrundezulegen. Ist aber die Übernahme der im § 14 Abs. 2 SVD Nr. 27 erwähnten Teilwirkungen früherer Entscheidungen in das Ermessen der Versorgungsbehörden gestellt, so widerspricht dies dem Wesen der Rechtskraft und zwingt zu der Auslegung, daß Ziffer 26 SVA Nr. 11 sich auf Bescheide nach geltendem Recht bezieht. Anderenfalls wäre diese Bestimmung entbehrlich, weil sie nicht zu wiederholen brauchte, was § 14 Abs. 2 SVD Nr. 27 enthält, nämlich die Zulässigkeit, von Bescheiden nach früherem Recht abzuweichen. Sie wäre außerdem widerspruchsvoll insofern, als § 14 Abs. 2 SVD Nr. 27 ohne jede Einschränkung Abweichungen von früheren Entscheidungen zuläßt, dagegen nach Ziffer 26 SVA Nr. 11 von früheren Entscheidungen nur abgewichen werden dürfte, wenn sich die Voraussetzungen der Bescheiderteilung als unzutreffend erwiesen hatten oder eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in der bisher angenommenen Höhe nicht mehr bestand. Eine sinnvolle Bedeutung läßt sich dem § 14 Abs. 2 SVD Nr. 27 und der Ziffer 26 SVA Nr. 11 nur beimessen, wenn man zu der Ansicht gelangt, daß § 14 SVD Nr. 27 an die Wirkungslosigkeit der Entscheidungen nach früherem Recht anknüpft und § 14 Abs. 2 SVD Nr. 27 für die Feststellung der Versorgungsbezüge nach neuem Recht nur gewisse Erleichterungen schafft, daß Ziffer 26 SVA Nr. 11 dagegen es ermöglicht, die auf Grund der SVD Nr. 27 ergangenen Bescheide aufzuheben.
Die gegenteilige Meinung, nämlich daß Ziffer 26 SVA Nr. 11 auf Bescheide nach dem Recht der SVD Nr. 27 nicht anwendbar sei, läßt sich aus anderen Vorschriften nicht herleiten. Der Hinweis auf die SVD Nr. 24 vom 4. Dezember 1946, die in ihrem Abschnitt II Nr. 6 für die Gewährung von Heilbehandlung eine Bindung an frühere Entscheidungen der Versorgungsbehörden vorschreibt, geht schon deshalb fehl, weil die SVD Nr. 24 durch die SVD Nr. 27 aufgehoben worden ist und deshalb zur Auslegung von Vorschriften der SVD Nr. 27 oder der SVA Nr. 11 nicht herangezogen werden kann. Aber selbst wenn der Hinweis auf jene Vorschrift der SVD Nr. 24 nur in dem Sinne gemeint sein sollte, daß sich aus ihr der allgemeine, von den Besatzungsbehörden in den SVD'en zum Ausdruck gebrachte Gedanke von der Fortgeltung früherer Entscheidungen widerspiegele, so kann dem nicht zugestimmt werden. Durch die SVD Nr. 24 wurden nicht die alten Entscheidungen aufrechterhalten. Vielmehr geht aus ihr gerade hervor, daß grundsätzlich die alten Entscheidungen nicht fortgelten, sondern nur ausnahmsweise für das Gebiet der Heilbehandlung nachwirken sollten (SVD Nr. 24 Abschnitt II Ziffer 6). Gegen die Fortwirkung früherer Entscheidungen sprechen außerdem die Überschriften zu den SVD'en Nr. 11, 19 und 24, die lauten: "Abschaffung von Versorgungsrenten".
Ebensowenig kann aus Ziffer 40 Satz 3 SVA Nr. 11 auf die Fortgeltung der Entscheidungen nach früherem Recht geschlossen werden. Nach dieser Vorschrift können die gemäß § 3 der VO über das Versorgungswesen vom 2. September 1939 sofort unanfechtbar gewordenen ablehnenden Bescheide auf Antrag durch den Beschwerdeausschuß nachgeprüft werden. Da die Nachprüfbarkeit auf ablehnende Bescheide beschränkt ist, kann hieraus nicht gefolgert werden, daß alle alten Bescheide grundsätzlich fortwirken. Die in der Ziffer 40 Satz 3 SVA Nr. 11 getroffene Sonderregelung erklärt sich damit, daß die Folgen mangelnder Rechtsstaatlichkeit aus der Zeit des Erlasses jener VO vom 2. September 1939 beseitigt werden sollten. Sie war notwendig, weil § 14 Abs. 2 SVD Nr. 27 den Versorgungsbehörden die Möglichkeit gab, Teilwirkungen früherer Entscheidungen zu Ungunsten der Beschädigten zu übernehmen.
Die Überschrift des Abschnitts VIII vor den Ziffern 24 bis 26 SVA Nr. 11 "Gültigkeit der Entscheidungen nach früherem Recht" scheint allerdings darauf hinzudeuten, daß Ziffer 26 SVA Nr. 11 sich nur auf Entscheidungen nach früherem Recht bezieht. Dieser Schluß kann aber nicht gezogen werden. Die nach dem Zusammenbruch 1945 erlassenen Gesetze und Verordnungen wiesen oft so erhebliche Mängel in ihrem Aufbau und in ihrer sprachlichen Formulierung auf, daß aus den Überschriften maßgebende Rückschlüsse auf den Inhalt der unter ihnen zusammengefaßten Vorschriften nicht gezogen werden dürfen. Auch in der SVA Nr. 11 sind Mängel dieser Art unverkennbar. Die Ziffern 7 und 8, die im Abschnitt II stehen, gehören nicht dorthin, sondern in den Abschnitt I. Der Halbsatz 2 des Satzes 2 der Ziffer 32, der das Zusammentreffen von Ansprüchen behandelt, paßt offensichtlich nicht unter die Überschrift des Abschnitts X "Schadensersatzansprüche gegen Dritte". Ebensowenig bezieht sich die Ziffer 26 SVA Nr. 11 trotz ihrer Einordnung in den Abschnitt VIII auf Entscheidungen nach früheren Vorschriften. Dies ergibt sich aus ihrer unterschiedlichen Fassung im Vergleich mit den Ziffern 24 und 25 desselben Abschnitts. Während die Ziffern 24 und 25 ausdrücklich die Nachwirkungen von Entscheidungen auf Grund der bisherigen versorgungsrechtlichen Vorschriften behandeln, spricht Ziffer 26 vorbehaltlos von der Aufhebung rechtskräftiger Bescheide. Der unterschiedliche Gebrauch des Wortes "Entscheidungen" in den Ziffern 24 und 25 und der Gebrauch des Wortes "Bescheide" in der Ziffer 26 läßt ebenfalls den Schluß zu, daß hier unterschiedliche Materien geregelt werden sollten. Die Ziffern 24 und 25 wollten gewisse Teilwirkungen von Entscheidungen nach früherem Recht regeln, wobei es belanglos ist, ob es sich um Bescheide oder Urteile handelt und weshalb der Oberbegriff "Entscheidungen" im Text steht. Dagegen mußte in der Ziffer 26 das Wort "Bescheide" gewählt werden, weil diese Vorschrift es den Versorgungsbehörden ermöglichen sollte, eigene, nach dem Recht der SVD Nr. 27 ergangene Bescheide aufzuheben. Der Gebrauch des Wortes "Entscheidungen" hätte sonst die bestehende Rechtskraftwirkung von Urteilen nach geltendem Recht durchbrochen. Den Verwaltungsbehörden konnte aber nach rechtsstaatlichen Grundsätzen - im Gegensatz zu Art. 2 des Gesetzes vom 3. Juli 1934 (RGBl. I S. 544) - nicht die Befugnis eingeräumt werden, Entscheidungen der Spruchbehörden aufzuheben oder zu ändern.
Ein Vergleich mit dem seinerzeit in der früheren amerikanischen Zone geltenden Körperbeschädigten-Leistungsgesetz (KBLG) stützt ebenfalls nicht die Ansicht, daß die Entscheidungen früheren Rechts fortgegolten haben und daß sich daher die Ziffer 26 SVA Nr. 11 auf Bescheide früheren Rechts beziehe. Im KBLG ist zwar im Art. 1 Abs. 4 gesagt, daß Leistungen nach Abs. 1 gewährt werden, sofern auf Grund der bisherigen gesetzlichen Vorschriften nicht bereits rechtskräftig über den Versorgungsanspruch entschieden worden ist. Wenn auch diese Fassung darauf hinzudeuten scheint, daß die Rechtskraftwirkung früherer Entscheidungen grundsätzlich aufrechterhalten wurde, so sprechen doch gegen diese Auffassung die Vorschriften, daß in allen Fällen Versorgungsleistungen beantragt werden mußten und daß hierüber ein schriftlicher Bescheid zu erteilen war (Art. 8 und 30). Vor allem spricht gegen diese Annahme der dem KBLG selbst zu entnehmende Grundsatz, daß nur die vom KBLG als Versorgungsgrund anerkannten Tatbestände zu einer Versorgung nach neuem Recht führen können. Daher war stets zu prüfen, ob dem einer früheren Entscheidung zugrundeliegenden Versorgungstatbestand eine Norm des KBLG entspricht. Andernfalls konnten frühere Entscheidungen Rechtskraftwirkungen nicht äußern. Mithin ist auch in der amerikanischen Zone der Gesetzgeber davon ausgegangen, daß ältere Entscheidungen durch die Neuordnung des Versorgungswesens grundsätzlich hinfällig geworden sind, sonst hätte er nicht ausdrücklich anzuordnen brauchen in welchem Umfang frühere Entscheidungen bindend sind, sondern anordnen müssen, in welchem Umfang sie es nicht sind.
Wenn überhaupt zur Auslegung der Ziffer 26 SVA Nr. 11 Vorschriften des KBLG vergleichsweise herangezogen werden können, so liegt ein Vergleich mit Art. 30 Abs. 4 Satz 1 KBLG nahe. Nach dieser Vorschrift können unter den dort genannten Voraussetzungen rechtskräftige Bescheide, die unter der Herrschaft des KBLG ergangen sind, aufgehoben werden. Mit Recht haben Verwaltung und Rechtsprechung den Art. 30 Abs. 4 Satz 1 KBLG in diesem Sinne ständig angewendet (vgl. Breith. 1946/49 S. 372; 1950 S. 194, 591, 697, 1097, 1229; 1951 S. 361, 356, 858; 1952 S. 407, 815, 924; 1953 S. 109; 1954 S. 430). Ziffer 26 SVA Nr. 11 stimmt mit Art. 30 Abs. 4 Satz 1 KBLG nahezu wörtlich überein und muß daher, zumal die Vorschrift der amerikanischen Zone als ihr Vorbild anzusehen ist, wie diese verstanden werden.
Bei dieser Auffassung über den Inhalt der Ziffer 26 SVA Nr. 11 bestehen auch keine Bedenken gegen ihre formale Gültigkeit. Es kann nicht eingewendet werden, ihr fehle die erforderliche Rechtsgrundlage dafür, daß sie den Verwaltungsbehörden das Recht gab, rechtskräftige Bescheide aufzuheben, die auf Grund der SVD Nr. 27 erlassen worden waren. Durch § 22 SVD Nr. 27 war der Präsident des Zentralamts für Arbeit ermächtigt, nicht nur Verwaltungsvorschriften, sondern auch Ergänzungsvorschriften zur Durchführung dieser Direktive zu erlassen. Er war damit nicht daran gebunden, nur die unter den Buchstaben a bis i des § 22 SVD Nr. 27 genannten Punkte zu regeln. Diese sind nur Beispiele für zulässige Anordnungen, wie sich aus dem Gebrauch des Wortes "insbesondere" vor der Aufzählung ergibt. In der SVA Nr. 11 konnten daher nicht nur Anordnungen getroffen werden, die sich auf die Gültigkeit von Entscheidungen nach früherem Recht beziehen, sondern auch Anordnungen, die es der Verwaltungsbehörde ermöglichten, rechtskräftige Bescheide aufzuheben, die auf Grund der SVD Nr. 27 ergangen waren.
Der Einwand gegen die Gültigkeit der Ziffer 26 SVA Nr. 11, sie verstoße gegen §§ 1, 2 SVD Nr. 27, welche für die Gewährung der Leistungen die Grundsätze der gesetzlichen Unfallversicherung für maßgebend erklären, ist nicht begründet. Das Recht der Unfallversicherung kennt allerdings keine der Ziffer 26 SVA Nr. 11 entsprechende Vorschrift, sondern läßt eine Aufhebung der nach geltendem Recht ergangenen Bescheide nur bei einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse gemäß § 608 RVO zu. Trotzdem war der Präsident des Zentralamts für Arbeit berechtigt, durch die Ziffer 26 SVA Nr. 11 eine von der RVO verschiedene Regelung zu treffen, ohne damit gegen die SVD Nr. 27 zu verstoßen. Der § 1 SVD Nr. 27 schreibt nur die Anwendung der "Grundsätze" der gesetzlichen Unfallversicherung vor, und der § 2 enthält einen ausdrücklichen Vorbehalt für weitere Anweisungen außerhalb der Direktive, die von der RVO abweichen können.
War somit die Ziffer 26 SVA Nr. 11 gültig und konnten hiernach Bescheide aufgehoben werden, die auf Grund der SVD Nr. 27 erlassen waren, so könnte die Außenstelle Düsseldorf ihren Bescheid vom 26. September 1947 durch den Bescheid vom 6. Juni 1950 aufheben, sofern die Voraussetzungen der ersten Bescheiderteilung sich als unzutreffend erwiesen hatten. Nach den Feststellungen des LSG. war dies der Fall.
Die dem Bescheid vom 26. September 1947 zugrundeliegende Annahme, der schwere psychische (psychogene) Hemmungszustand mit Erregungszuständen des Beschädigten sei auf den Wehrdienst im Sinne der Entstehung oder Verschlimmerung zurückzuführen, hat sich nachträglich als unrichtig herausgestellt. Auf Grund der Gutachten der Fachärzte Dr. D, Dr. M ..., Prof. L und Dr. W sah das LSG. jenes Leiden des Beschädigten als anlagebedingt an, nicht aber als eine Folge des Wehrdienstes. An diese Feststellung ist der erkennende Senat gebunden (§ 163 SGG), da in bezug auf sie begründete Revisionsgründe nicht vorgebracht sind. Soweit die Revisionsbegründung die Feststellungen des LSG. mit der Behauptung bekämpft, es habe die abweichenden Gutachten des Facharztes Dr. M ... aus dem Jahre 1920 und des im Verfahren vor dem Erbgesundheitsgericht gehörten Facharztes Dr. S nicht genügend berücksichtigt, wird nicht schlüssig dargetan, daß das LSG. die Vorschriften über die freie Beweiswürdigung (§ 128 SGG) verletzt hat. Das Gutachten des Dr. M ... ist in dem Gutachten Dr. D erörtert und damit auch vom LSG. gewürdigt. Dadurch, daß das LSG. sich nicht der Auffassung von Dr. M ... und Dr. S anschloß, hat es nicht gegen gesetzliche Verfahrensvorschriften über die Bildung der richterlichen Überzeugung verstoßen.
Auch die Angriffe der Revision gegen die Bewertung des Gutachtens des Prof. Dr. L durch das LSG. gehen fehl. Prof. L war allerdings der Meinung, ohne Encephalographie lasse sich nicht genügend klären, ob sich hinter der zweifellos bestehenden psychogenen Pseudodemenz und dem negativistischen Verhalten nicht doch ein organischer Kern, etwa im Sinne eines abgelaufenen entzündlichen Prozesses oder auch eines allmählich fortschreitenden arterio-sklerotischen hirnatrophischen Prozesses, verberge. Bei seiner Untersuchung im Jahre 1952 war aber nur noch ein psychogenes Zustandsbild mit einer deutlichen persönlichkeitseigenen psychopathischen Grundlage "ohne jeden Hinweis auf WDB-bedingte Verursachung" nachzuweisen. Wenn das LSG. durch dieses Gutachten nicht bestimmt werden konnte, den streitigen ursächlichen Zusammenhang zu bejahen, so hat es hierbei die Rechtsgrundsätze der Beweiswürdigung einwandfrei befolgt. Einen Rechtssatz, daß im sozialgerichtlichen Verfahren die anspruchsbegründenden Tatsachen im Zweifel als bewiesen anzusehen sind, gibt es nicht.
Die Aufhebung des Bescheides vom 26. September 1947 ist deshalb auf Grund der Ziffer 26 SVA Nr. 11 zu Recht erfolgt. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Aufhebung auch auf Grund der §§ 1, 2 SVD Nr. 27 in Verbindung mit § 608 RVO möglich war. Zwar führt die Außenstelle Düsseldorf in ihrem Bescheid vom 6. Juni 1950 den § 608 RVO an. Jedoch nimmt sie ausdrücklich auch auf die SVA Nr. 11 Bezug und gibt in der Begründung wörtlich den Inhalt der Ziffer 26 SVA Nr. 11 wieder. An anderer Stelle der Begründung ist allerdings der Bescheid mehr auf den § 608 RVO zugeschnitten, weil dort ausgeführt ist, daß die seelischen Veränderungen als Wehrdienstbeschädigung "nicht mehr" zu Recht bestehen und der Krankheitsprozeß, der 1936 bestanden habe, heute als abgeklungen angesehen werden müsse. Demgegenüber ist in dem Bescheid aber auch ausgeführt, daß die bestehenden psychogenen Störungen anlagebedingt sind, also von Anfang an nicht auf den militärischen Dienst zurückzuführen waren. Ob die Außenstelle damit eine Eventualbegründung oder eine zusätzliche Begründung für ihren Bescheid vom 6. Juni 1950 geben wollte, ist unerheblich. Selbst wenn die von ihr gegebene Begründung nicht zweifelsfrei eine Begründung des Bescheides gemäß Ziffer 26 SVA Nr. 11 erkennen lassen sollte, so berührt dies die Gültigkeit des Bescheides nicht, wenn dieser sich tatsächlich gemäß Ziffer 26 SVA Nr. 11 rechtfertigt. Dies trifft aber zu, denn die Voraussetzungen, unter denen der Bescheid vom 26. September 1947 erteilt worden war, hatten sich als unzutreffend erwiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen