Leitsatz (amtlich)
Bei Familienheimfahrten iS des BVG § 4 Abs 1 S 2 steht ein Soldat stets unter Versorgungsschutz, wenn er den Weg vom Dienstort zur räumlich entfernten Familienwohnung zurücklegt, um diese aufzusuchen. Es ist dabei nicht erforderlich, daß der Weg in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Dienst steht und im Anschluß an das Dienstende angetreten wird.
Orientierungssatz
1. Zum Verhältnis der SVG §§ 80 ff zu SVG § 27.
2. Zur Frage des Versorgungsschutzes während einer "Familienheimfahrt" nach BVG § 4 idF des 1. NOG iVm SVG §§ 80, 81.
Normenkette
BVG § 4 Abs. 1 S. 2 Fassung: 1960-06-27; SVG § 27 Fassung: 1957-07-26, § 80 Abs. 1 Fassung: 1957-07-26, § 81 Abs. 1 Fassung: 1957-07-26
Tenor
Auf die Revision der Klägerinnen wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 16. Februar 1966 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.
Gründe
Der Sohn der Klägerin zu 1), E W (W.), leistete beim 5. Panzergrenadierbataillon in E Wehrdienst. Er erhielt am 30. Oktober 1963 ab 17 Uhr bis zum 3. November 1963, 24 Uhr, Urlaub zu seinen Eltern nach S. Um 18.15 Uhr verließ er mit seinem Pkw den Kasernenbereich; in dem Pkw befanden sich noch zwei Kameraden, die ebenfalls zum Wochenendurlaub nach Hause fahren wollten und wegen der Nähe ihres Heimatortes zu S mitgenommen wurden. Zunächst fuhr W. nach B, das nicht auf der Fahrtstrecke E-S, sondern etwa 18 km südwestlich von E in Richtung B liegt. Dort besuchten die drei Soldaten die Tochter eines Gastwirts. Sie verließen B gegen 22 Uhr, fuhren nach E zurück, ohne den Kasernenbereich zu betreten, suchten in E noch das Café K auf und fuhren dann auf der kürzesten Wegstrecke in Richtung S weiter. Gegen 00.45 Uhr stießen sie bei H gegen einen Baum; hierbei fing das Fahrzeug sofort Feuer. W und der eine Kamerad verbrannten, während sich der Panzergrenadier E retten konnte.
Die Klägerin zu 1) und ihr Ehemann H W stellten im November 1963 einen Antrag auf Gewährung von Hinterbliebenenrente, den die Versorgungsbehörde mit Bescheid vom 29. April 1964 ablehnte. Der Widerspruch war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 28. Juli 1964). Das Sozialgericht (SG) hat die Klage mit Urteil vom 6. Mai 1965 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Kläger gegen das Urteil des SG mit Urteil vom 16. Februar 1966 zurückgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, daß der Weg von der Truppenunterkunft zum Familienwohnort gemäß §§ 80, 81 des Soldatenversorgungsgesetzes (SVG) in Verbindung mit § 4 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) nur geschützt sei, wenn zwischen dem Unfallereignis und dem Wehrdienst ein enger zeitlicher und örtlicher Zusammenhang besteht. Im vorliegenden Fall sei zwar zuzugeben, daß der Unfall sich auf der kürzesten Verbindung zwischen E und S ereignet habe; jedoch habe im Zeitpunkt des Unfalls kein Versorgungsschutz mehr bestanden, weil W. bei dieser Fahrt nicht auf dem Heimweg vom Dienst, sondern auf einem unversicherten Heimweg von einem seinem persönlichen Lebensbereich zuzurechnenden Aufenthalt in Gaststätten gewesen sei. Er habe mit seinen Kameraden um 18.15 Uhr den Kasernenbereich verlassen, um die Tochter eines Gastwirts in B zu besuchen. Dort habe er sich bis gegen 22 Uhr aufgehalten und sodann erst die Rückfahrt angetreten, ohne nochmal den Kasernenbereich zu betreten. Vielmehr hätten W. und seine beiden Kameraden das Café K in E aufgesucht und seien von dort in Richtung S losgefahren. Damit hätten sie die Fahrt nicht von der Truppenunterkunft aus angetreten, sondern vom Café K. Durch diese "privatwirtschaftliche Tätigkeit" seien W. und seine Kameraden nicht mehr auf einer Heimfahrt von einer dienstlichen, sondern von einer privatwirtschaftlichen Tätigkeit gewesen. Irgendeine dienstliche Notwendigkeit, die Heimfahrt erst gegen 24 Uhr anzutreten, habe nicht bestanden. Die Verzögerung der Heimfahrt sei ausschließlich durch persönliche Gründe bedingt gewesen, die in keinem ursächlichen Zusammenhang mit der Ausübung des Wehrdienstes gestanden hätten. Der Versorgungsschutz sei daher nicht nur unterbrochen, sondern gelöst gewesen.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Gegen das am 15. März 1966 zugestellte Urteil haben die damaligen Kläger mit Schriftsatz vom 18. März 1966, der beim Bundessozialgericht (BSG) am 21. März 1966 eingegangen ist, Revision eingelegt und diese nach Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist bis zum 15. Juni 1966 mit einem am 25. März 1966 eingegangenen Schriftsatz vom 24. März 1966 begründet. H W ist am 24. Dezember 1967 verstorben und von den Klägerinnen zu 1) und 2) beerbt worden, die das Verfahren aufgenommen haben.
Sie beantragen,
1. das Urteil des Bayerischen LSG vom 16. Februar 1966 und das Urteil des SG Würzburg vom 6. Mai 1965 sowie den Bescheid des Versorgungsamts W vom 29. April 1964 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Landesversorgungsamts Bayern, Außenstelle W, vom 28. Juli 1964 aufzuheben;
2. den Klägerinnen als Rechtsnachfolgern des H W die Elternrente für ein Elternpaar für die Zeit ab 1. November 1963 bis 31. Dezember 1967 zu zahlen;
3. der Klägerin zu 1) eine Elternrente ab 1. Januar 1968 zu gewähren;
4. die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten aufzuerlegen;
5. hilfsweise,
die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Die Klägerinnen rügen eine Verletzung der §§ 80 Abs. 1 und 81 Abs. 1 SVG sowie der §§ 4 Abs. 1 Buchst. c und 49 BVG durch das LSG. Sie meinen, W. habe sich bei der Fahrt nach Schweinfurt auf einem versorgungsrechtlich geschützten Weg im Sinne des § 4 Abs. 1 Buchst. c BVG befunden. Es sei unschädlich, daß er die Urlaubsfahrt nicht unmittelbar nach Urlaubsbeginn am 30. Oktober 1963 um 17 Uhr angetreten habe, ebenso unschädlich sei, daß er noch die Tochter eines Gastwirts in B besucht habe und von dort aus nochmals in ein Café am Standort eingekehrt sei. Dadurch sei - im Gegensatz zur Auffassung des LSG - keine Lösung vom Wehrdienst eingetreten. Die Rechtsprechung zur Frage des Versicherungsschutzes bei Wegeunfällen in der gesetzlichen Unfallversicherung könne nicht unmittelbar angewandt werden, weil insoweit in den verschiedenen gesetzlichen Regelungen erhebliche Unterschiede bestünden. Aus dem Wortlaut des § 4 BVG könne nicht geschlossen werden, daß zwischen dem Unfallereignis und dem Wehrdienst ein enger zeitlicher und örtlicher Zusammenhang bei Familienheimfahrten bestehen müsse. Ein solches Erfordernis sei mit den Besonderheiten des militärischen oder militärähnlichen Dienstes nicht zu vereinbaren. Zeitlich bleibe der Versorgungsschutz auch dann noch erhalten, wenn der beurlaubte Soldat die Familienheimfahrt nicht an demselben Tage, sondern erst später, auch noch am nächsten Tage, antrete. Örtlich könne es nur darauf ankommen, daß der Unfall sich tatsächlich auf dem üblichen Heimweg vom Standort zur Familienwohnung ereignet habe. Von einer Lösung vom Dienst könne solange nicht gesprochen werden, bis der Wehrpflichtige im Falle eines Urlaubs seine Familienwohnung erreicht habe. Auch das Verhalten des W. vor Antritt der Familienheimfahrt habe zu keiner Unterbrechung des Heimwegs geführt, und zwar deshalb nicht, weil W. die ursprüngliche Absicht, zur Familie zu fahren, zu keinem Zeitpunkt aufgegeben habe. Selbst bei Annahme einer Unterbrechung des Heimweges sei diese aber spätestens in dem Zeitpunkt beendet gewesen, in dem W. den üblichen Weg vom Dienstort zur Familienwohnung wieder erreicht hatte. Dies sei aber ohne Zweifel an der Unfallstelle schon wieder der Fall gewesen.
Im übrigen wird zur Darstellung des Vorbringens der Klägerinnen auf die Revisionsbegründung vom 24. März 1966 verwiesen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision der Kläger gegen das Urteil des 18. Senats des Bayerischen LSG vom 16. Februar 1966 - L 18/Bw 10/65 - zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, daß im angefochtenen Urteil aus den dort angeführten Gründen zu Recht ein Versorgungsanspruch verneint worden ist.
Im übrigen wird wegen des Vorbringens des Beklagten auf dessen Schriftsatz vom 31. Mai 1966 verwiesen.
Die durch Zulassung gemäß § 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 164, 166 SGG). Sie ist somit zulässig. Die Revision ist auch begründet.
Streitig ist die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 29. April 1964 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juli 1964, mit dem ein Anspruch auf Elternrente versagt worden ist. Das LSG hat die Rechtmäßigkeit dieser Bescheide bestätigt, es ist dabei jedoch von einer Auslegung der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften ausgegangen, der nicht gefolgt werden kann.
Nach § 80 Abs. 1 SVG idF des Gesetzes vom 26. Juli 1957 (BGBl I 785), der ebenso wie § 81 Abs. 1 SVG von späteren Änderungen des Gesetzes unberührt geblieben ist, erhält ein Soldat, der eine Wehrdienstbeschädigung erlitten hat, nach Beendigung des Dienstverhältnisses wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung des BVG, soweit in diesem Gesetz nichts Abweichendes bestimmt ist. In gleicher Weise erhalten Hinterbliebene eines Beschädigten auf Antrag Versorgung. Wehrdienstbeschädigung ist nach § 81 Abs. 1 SVG eine gesundheitliche Schädigung, die durch eine Dienstverrichtung, durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist. Sowohl der Abs. 1 des § 80 als auch der Abs. 5 des § 81 weisen auf die entsprechende Anwendung der Vorschriften des BVG hin. Das bedeutet, daß die Vorschriften des BVG über den militärischen Dienst und die Schädigung im Sinne des BVG grundsätzlich auch für die im SVG verwendeten Begriffe Wehrdienst und Wehrdienstbeschädigung gelten, soweit sich nicht aus dem Sinn und Zweck des SVG eine Anwendung verbietet. Danach ist aber der § 4 BVG bei der Beschädigtenversorgung nach dem SVG anwendbar, insofern er bestimmte Wege - richtiger das Zurücklegen bestimmter Wege - zum militärischen Dienst, d. h. zum Wehrdienst nach den §§ 80 ff SVG, rechnet. Es ist kein Grund ersichtlich, der die entsprechende Anwendung des § 4 BVG verböte. Ein solcher Grund ist nicht etwa der § 27 SVG, in dem ebenfalls bestimmte Wege zum Dienst gerechnet werden. Der § 27 SVG gilt ausdrücklich nur für die Dienstzeitversorgung der Berufssoldaten und nicht für die Beschädigtenversorgung; auf ihn ist auch nicht bei der Beschädigtenversorgung Bezug genommen, was nahe gelegen hätte, wenn das Gesetz jeden Dienstunfall auch als Wehrdienstbeschädigung und den Begriff Dienst in beiden Fällen in gleichem Sinne hätte verstanden wissen wollen. Vielmehr muß angenommen werden, daß das SVG in den §§ 80 ff die Begriffe Wehrdienst und Wehrdienstbeschädigung völlig selbständig und losgelöst von den in § 27 SVG gebrauchten Begriffen - die ja auch nicht wörtlich übereinstimmen (Dienstunfall und Wehrdienstbeschädigung) - hat bestimmen wollen, was zudem noch durch die Tatsache bestätigt wird, daß in § 27 SVG zum Teil wörtlich und inhaltlich die gleichen Tatbestände als Dienst bzw. Dienstunfall bezeichnet werden, die in den §§ 80 ff als Wehrdienst bzw. Wehrdienstbeschädigung erklärt sind. Soweit in den §§ 80 ff selbst Tatbestände fehlen, die im § 27 SVG erfaßt sind und die sinngemäß auch bei den Vorschriften der §§ 80 ff SVG zu erwarten wären, sind diese Tatbestände in die Beschädigtenversorgung durch den Hinweis auf die entsprechende Anwendung der Vorschriften des BVG, insbesondere des § 4 BVG, einbezogen. Dieses Verhältnis von § 27 SVG zu den §§ 80 ff i. V. m. § 4 BVG wird besonders deutlich, wenn dabei der § 4 BVG idF des Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts vom 21. Februar 1964 - 2. NOG - (BGBl I 85) berücksichtigt wird. Damit finden die §§ 80 ff durch die Anwendung des § 4 BVG auch ihre sinngemäße Ergänzung.
Das LSG hat daher an sich zutreffend den § 4 BVG für anwendbar gehalten. Das LSG ist dabei jedoch von § 4 BVG idF des 2. NOG ausgegangen, der aber erst nach dem Unfall, nämlich am 1. Januar 1964, in Kraft getreten ist. Dem LSG ist zuzugeben, daß im vorliegenden Fall der Anspruch der Klägerinnen auf Elternrente auch unter den Voraussetzungen des § 4 BVG idF des 2. NOG zu prüfen war, weil dieser Anspruch auch für die Zeit nach dem Inkrafttreten des 2. NOG, dem 1. Januar 1964, geltend gemacht wird. Für die Zeit vorher, nämlich für die Zeit vom 1. November bis 31. Dezember 1963, ist der Anspruch der Klägerinnen nach demjenigen materiellen Recht zu prüfen, das vor dem Inkrafttreten des 2. NOG gegolten hat. Das streitige Rechtsverhältnis, hier der Anspruch der Klägerinnen auf Gewährung einer Rente vom Antragsmonat an, ist nämlich unter allen rechtlichen Gesichtspunkten, und bei einer Gesetzesänderung nach allen gesetzlichen Vorschriften zu beurteilen, von denen es zeitlich erfaßt wird (siehe dazu BSG 3, 95, 103; 3, 234, 237 und Urteil vom 8. März 1966 - 10 RV 708/65 - in KOV 1966, 228 und Urteil vom 20. Juni 1967 - 10 RV 99/65 -).
Vor dem 1. Januar 1964, dem Inkrafttreten des 2. NOG, enthielt das BVG keine besondere gesetzliche Regelung für den Versorgungsschutz eines Soldaten bei Fahrten vom Dienstort zur Familienwohnung. Der § 4 BVG in der vor Inkrafttreten des 2. NOG gültigen Fassung behandelte nur den Weg des Einberufenen zum Gestellungsort und den Heimweg nach Beendigung des Dienstes, richtiger nach Beendigung des Dienstverhältnisses, wie aus dem Sinnzusammenhang und auch aus dem Gebrauch des Wortes "Entlassene" hervorgeht. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Soldat auf einer Urlaubsfahrt zu seiner Familie unter dem Schutz des Versorgungsrechts steht, ist - mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung - unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 BVG bzw. hier des § 81 Abs. 1 SVG zu prüfen. Das BSG hat hierzu ausgesprochen, daß die Hin- und Rückfahrt eines Soldaten zu einem Ziel außerhalb des Standortes während eines Urlaubs grundsätzlich nicht als "Ausübung militärischen Dienstes" anzusehen ist. Das Wesen des Urlaubs besteht gerade in der Befreiung vom militärischen Dienst, die mit dem Beginn des Urlaubs einsetzt. Daraus muß gefolgert werden, daß eine im Urlaub ausgeübte Tätigkeit, also das Zurücklegen der Fahrt oder das Verhalten auf der Fahrt nach und von einem außerhalb des Standortes gelegenen Urlaubsziels, grundsätzlich nicht Ausübung militärischen Dienstes sein kann. Das schließt allerdings nicht aus, daß im Einzelfall eine Urlaubsfahrt oder eine Tätigkeit während des Urlaubs dann eine Ausübung militärischen Dienstes darstellen kann, wenn durch besondere Umstände dennoch die Fahrt oder Tätigkeiten auf der Fahrt durch eine gesetzliche Vorschrift als Dienstausübung qualifiziert werden (siehe dazu Urteil des 11. Senats des BSG vom 14. Januar 1958 - 11/8 RV 887/55 -); dies kann dann angenommen werden, wenn der Urlaubsfahrt oder einer Tätigkeit des Soldaten im Urlaub ein besonderer Befehl zugrunde liegt (BSG 7, 75, 76). Im vorliegenden Fall war die Urlaubsfahrt des W. nicht durch besondere Umstände als Wehrdienst qualifiziert, so daß die gesundheitliche Schädigung nicht auf eine Wehrdienstverrichtung oder auf einen Unfall während der Ausübung des Wehrdienstes zurückgeführt werden kann.
Abgesehen von den erwähnten Fällen gewährt das SVG - wie entsprechend auch das BVG - dann auch Versorgungsschutz, wenn die gesundheitliche Schädigung "durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist", was durchaus auch im Urlaub eingetreten sein kann. Dem Wehrdienst eigentümlich sind u a auch Urlaubsfahrten, die ein Soldat vom Dienstort zum Wohnort seiner Familie unternimmt. Fast ausnahmslos sind Soldaten zur Ableistung ihres Wehrdienstes gezwungen, sich während ihrer Dienstzeit ausnahmsweise und vorübergehend an ihrem Dienstort aufzuhalten, der außerhalb ihres Familienwohnortes liegt. Wenn ein Soldat sich für die Dauer seines Wehrdienstes nicht an seinem bisherigen Familienwohnort aufhalten kann, dann muß ihm zugestanden werden, daß er - sei es aus familiären, wirtschaftlichen oder sonstigen Gründen - seinen Familienwohnort gelegentlich aufsucht, wo er sich aufgehalten haben würde, wenn er nicht Wehrdienst zu leisten hätte. Diese Fahrten eines Soldaten zwischen seinem Dienstort und seinem Familienwohnort sind somit typisch für den Soldaten im Gegensatz zu seinen zivilen Verhältnissen, sie beruhen demnach auf den dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnissen im Sinne des § 81 Abs. 1 SVG. Zu der dieser Vorschrift im BVG entsprechenden Vorschrift des § 1 Abs. 1 hat das BSG in ständiger Rechtsprechung die Ansicht vertreten, daß Urlaubsfahrten von Soldaten in die Heimat, sei es zur Erholung von den Strapazen des Krieges oder zum Besuch der Familie, zu den dem militärischen Dienst eigentümlichen Verhältnissen gehören und gesundheitliche Schädigungen durch Unfälle bei Zurücklegung dieses Weges Ansprüche auf Versorgung begründen (vgl. BSG 7, 75, 77; 12, 78, 79; 20, 266, 268). Der Versorgungsanspruch ist demnach begründet, wenn der Soldat durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse (§ 81 Abs. 1 SVG), im vorliegenden Fall durch die Urlaubsfahrt von seinem Dienstort zum Ort der Familienwohnung einen Unfall erleidet, der zu einer Gesundheitsstörung führt.
Entgegen der Auffassung des LSG setzt der Versorgungsschutz bei solcher Fahrt nicht voraus, daß die Fahrt vom Dienstort zum Ort der Familienwohnung in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Dienst angetreten wird; der Versorgungsschutz entfällt also nicht etwa dann - wie das LSG meint -, wenn die zum Aufsuchen der Familienwohnung beabsichtigte Fahrt nicht unmittelbar im Anschluß an den Dienst angetreten wird. Wenn der Sinn und Zweck des Versorgungsschutzes für diesen Weg der ist, daß der Soldat zum Zurücklegen dieses Weges durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse, nämlich das Auseinanderfallen von Dienstort und Familienwohnort veranlaßt ist, dann kann es nicht von Bedeutung sein, wann der Weg angetreten wird, ob am Anfang oder während eines Urlaubs, ob im Anschluß an die letzte Dienstverrichtung oder erst später. Zwar geht die herrschende Meinung über den Versicherungsschutz bei Wegeunfällen in der gesetzlichen Unfallversicherung dahin, daß der Weg in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zur Arbeit angetreten sein muß, wenn er Versicherungsschutz gemäß § 543 der Reichsversicherungsordnung (RVO) aF bzw. § 550 RVO nF genießen soll. Auch im Versorgungsrecht gibt es Wege, für die ein Versorgungsschutz - entsprechend der Regelung in der RVO - nur besteht, wenn sie in einem zeitlichen Zusammenhang mit dem Wehrdienst bzw. militärischen Dienst stehen. In diesem Sinne hat der 8. Senat des BSG in seiner Entscheidung vom 17. August 1967 (BSG 27, 114), in der es sich um die Frage handelte, ob der Weg des Einberufenen zum Gestellungsort und der Heimweg nach Beendigung des Dienstes oder der Kriegsgefangenschaft versorgungsrechtlich geschützt ist, zutreffend darauf hingewiesen, daß diese Frage in sinngemäßer Anwendung der zu § 543 RVO aF bzw. § 550 RVO nF entwickelten Grundsätze zu entscheiden ist (vgl. auch Urteil des erkennenden Senats vom 24. Juni 1958 in BSG 7, 243, 245). Daß der 8. Senat nicht für jeden versorgungsrechtlich geschützten Weg die in der gesetzlichen Unfallversicherung von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum zeitlichen Zusammenhang mit der Arbeit angewendet wissen will, geht aus einer späteren Entscheidung hervor, in welcher er Bedenken gegen die Anwendung dieser Grundsätze bei einem Wegeunfall in Anwendung des § 4 BVG aF geäußert hat (BSG 27, 114, 117). Im vorliegenden Fall kann dahinstehen, ob immer bei anderen versorgungsrechtlich geschützten Wegen die entsprechende Anwendung versicherungsrechtlicher Grundsätze erforderlich ist, denn der vorliegende Fall der Heimfahrt zum Familienwohnort weist zu den versicherungsrechtlich geschützten Wegen im Sinne des § 543 RVO aF und § 550 RVO nF einen grundlegenden Unterschied auf, der es verbietet, den Versorgungsschutz bei einer Urlaubsfahrt des Soldaten vom Dienstort zur räumlich entfernten Familienwohnung auf die Fälle zu beschränken, in denen der Beschädigte diese Fahrt unmittelbar oder in angemessener Zeit nach Dienstschluß angetreten hat. Nach § 543 RVO aF und § 550 RVO nF gelten nur solche Unfälle als Arbeitsunfälle, die durch einen "mit der Tätigkeit in dem Unternehmen zusammenhängenden Weg nach und von der Arbeits- oder Ausbildungsstätte" bedingt sind. Schon aus dem Wortlaut dieser Bestimmung, daß nur der "mit der Tätigkeit in dem Unternehmen zusammenhängende Weg nach und von der Arbeitsstätte" versicherungsrechtlich geschützt ist, ergibt sich, daß allein der zur Erfüllung der Arbeitsverpflichtung des Arbeitnehmers notwendige - also der betriebs- oder arbeitsbedingte - Weg versichert ist. Insoweit ist es auch aus dem Zweck der gesetzlichen Unfallversicherung folgerichtig, einen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Tätigkeit im Betriebe und der Zurücklegung des Weges von und nach der Arbeitsstätte zu fordern. Gleichermaßen verhält es sich auch mit dem Versorgungsschutz nach § 4 Abs. 1 BVG aF, der den Weg des Einberufenen "zum Gestellungsort" und den Heimweg "nach Beendigung des Dienstes oder der Kriegsgefangenschaft" erfaßt. Auch dieser Versorgungsschutz bezieht sich allein auf den Weg zum und vom Dienst, er wird nur gewährt, weil der Weg zum und vom Dienst führt; deshalb und insoweit dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung entsprechend wird für diesen Weg ein zeitlicher Zusammenhang mit dem Dienst gefordert, weil es sich um einen "dienstbedingten" Weg des Soldaten handelt. Demgegenüber wird der Versorgungsschutz bei einem Soldaten bei Zurücklegung des Weges vom Dienstort zur räumlich entfernten Familienwohnung wegen der insoweit bestehenden, dem militärischen Dienst oder dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse, nicht aber wegen des Dienstes und des damit zwangsweise verbundenen Weges zum und vom Dienst gewährt; dieser Weg ist also gerade nicht "dienstbedingt", sondern "familienbedingt". Wenn aber in einem Falle ein "familienbedingter" Weg versorgungsrechtlich geschützt ist, und zwar deshalb, weil es zu den dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnissen gehört, den Weg vom Dienstort zum Familienwohnort zurückzulegen, dann erscheint es sinnwidrig, als Voraussetzung für den Versorgungsschutz zu fordern, daß die Familienheimfahrt unmittelbar oder in angemessener Zeit nach Beendigung des Dienstes angetreten sein muß. Die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse, durch die der Soldat gezwungen ist, an seinem Dienstort Dienst zu leisten und von dort aus die Fahrt zur Familienwohnung anzutreten, bestehen nicht nur unmittelbar nach Ende des Dienstes, sondern auch später im Verlauf des Urlaubs, sofern der Urlaub ganz oder teilweise zur Familienheimfahrt benutzt wird. Der Zeitpunkt des Antritts der Fahrt zu dem Zweck und mit dem Ziel, den Familienwohnort zu erreichen, ist nur insofern von Bedeutung, als erst damit der Versorgungsschutz beginnt. Im übrigen besteht auch weder eine gesetzliche noch dienstliche Verpflichtung für den Soldaten, im unmittelbaren Anschluß an das Ende des Dienstes den ihm gewährten Urlaub in bestimmter Weise zu gestalten; es liegt vielmehr gerade im Wesen des Urlaubs - als Befreiung vom Dienst -, daß der Beurlaubte über die ihm gewährte Freizeit nach eigenem Willen verfügen darf. Das gilt auch für den Fall, daß der Soldat wegen und für einen bestimmten Zweck Urlaub erhalten hat. Erfüllt er diesen Zweck im Urlaub nicht, so kann er u. U. wegen der Begründung des Urlaubsgesuchs zur Verantwortung gezogen werden, nicht aber deshalb, daß er den Urlaub nicht zu dem angegebenen Zweck benutzt hat und vielleicht auch gar nicht benutzen konnte. Liegt es aber in der Befugnis des Soldaten, einen ihm gewährten Urlaub nach seinem Willen zu gestalten, so besteht für ihn auch keine Verpflichtung, zu einem bestimmten Zeitpunkt, insbesondere unmittelbar nach Ende des Dienstes, die Familienheimfahrt anzutreten. Mithin durfte das LSG den Versorgungsschutz für die Familienheimfahrt des W. und damit die Ansprüche der Klägerinnen auf Hinterbliebenenversorgung - soweit diese zunächst für die Zeit vom 1. November bis 31. Dezember 1963 unter der Geltung des SVG i. V. m. den Vorschriften des BVG (§ 1) idF des 1. NOG erhoben sind - nicht deshalb verneinen, weil W. die Familienheimfahrt nicht im zeitlichen Zusammenhang mit dem Ende des Dienstes angetreten hatte.
An dieser Rechtslage hat sich auch nach dem Inkrafttreten des 2. NOG am 1. Januar 1964, durch das § 4 BVG neu gefaßt worden ist, nichts geändert, obwohl nunmehr im § 4 BVG eine Spezialvorschrift über den Weg vom Dienstort zum Familienwohnort enthalten ist. Für die Zeit vom 1. Januar 1964 an ist also diese Vorschrift des BVG gem. dem in § 80 Abs. 1 und § 81 V SVG gegebenen Hinweis entsprechend für die Beurteilung der Frage, ob W. auf seiner Fahrt Wehrdienst geleistet und eine Wehrdienstbeschädigung erlitten hat, anzuwenden. Nach § 4 Abs. 1 BVG idF des 2. NOG (nF) gehören zum militärischen oder militärähnlichen Dienst auch der Weg des Einberufenen zum Gestellungsort und der Heimweg nach Beendigung des Dienstes (Buchst. a), Dienstreisen, Dienstgänge und die dienstliche Tätigkeit am Bestimmungsort (Buchst. b), das Zurücklegen des mit dem Dienst zusammenhängenden Weges nach und von der Dienststelle (Buchst. c) und die Teilnahme an dienstlichen Veranstaltungen (Buchst. d); hatte der Beschädigte wegen der Entfernung seiner ständigen Familienwohnung vom Dienstort an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft, gilt Satz 1 Buchst. c auch für den Weg von und nach der Familienwohnung. Nach dieser Vorschrift gehören also zum militärischen oder militärähnlichen Dienst zwei Gruppen von Tatbeständen, die ihrem Inhalt nach unterschieden werden müssen, und zwar einerseits dienstliche und mit dem Dienst unmittelbar zusammenhängende, also dienstbedingte Handlungen (§ 4 Abs. 1 Buchst. a bis d BVG nF), und andererseits nichtdienstbedingte Handlungen, also solche, die der Beschädigte aus anderen als dienstbedingten Gründen vornimmt (§ 4 Abs. 1 letzter Satz BVG nF). Bei den in § 4 Abs. 1 Buchst. b BVG nF aufgeführten Dienstreisen, Dienstgängen und dienstlichen Tätigkeiten am Bestimmungsort, wie bei der im Buchst. d angeführten Teilnahme an dienstlichen Veranstaltungen handelt es sich um die Ausübung des Dienstes selbst. Bei diesen Tatbeständen unterliegt es keinem Zweifel, daß ein Versorgungsschutz nur gewährt wird, wenn die Entstehung der Schädigung zeitlich mit der in den Buchstaben b und d näher bezeichneten Dienstausübung zusammenfällt. Zu den weiteren dienstbedingten Handlungen, die selbst zwar nicht Dienstausübung sind, die aber dennoch mit dem Dienst in einem engen ursächlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen, gehören die in § 4 Abs. 1 Buchst. a und c BVG nF aufgeführten Tatbestände, nämlich der Weg des Einberufenen zum Gestellungsort und der Heimweg nach Beendigung des Dienstverhältnisses sowie das Zurücklegen des mit dem Dienst zusammenhängenden Weges nach und von der Dienststelle. Bei diesen Tatbeständen bezeichnet das Gesetz "den Gestellungsort" und die Dienststelle als Ziel oder Ausgangspunkt des versorgungsrechtlich geschützten Weges oder verlangt, daß der Weg "nach Beendigung des Dienstverhältnisses" zurückgelegt wird. Der Versorgungsschutz, der bei der Zurücklegung dieser Wege vom Gesetz gewährt wird, hat somit seine wesentliche Ursache im Dienst (siehe dazu auch BVerwG Bd. 16, 103, 105, 106). Verdeutlicht wird dies noch dadurch, daß § 4 Abs. 1 Buchst. c BVG nF nur die Zurücklegung des "mit dem Dienst zusammenhängenden Weges" nach und von der Dienststelle als zum militärischen oder militärähnlichen Dienst gehörend bezeichnet. Aus dieser engen Verknüpfung des Zurücklegens des Weges mit dem Dienst, der Dienststelle, dem Gestellungsort und der Beendigung des Dienstverhältnisses ergibt sich zwanglos und folgerichtig, daß nicht jeder Weg, der die Dienststelle oder den Gestellungsort zum Ziel oder die Dienststelle als Ausgangspunkt hat oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses zurückgelegt wird, zu den versorgungsrechtlich geschützten Wegen gehört; vielmehr greift der Versorgungsschutz insoweit nur dann ein, wenn das Zurücklegen dieser Wege mit der Aufnahme oder Beendigung des Dienstes in einem zeitlich engen Zusammenhang steht. Dieser Gruppe von Tatbeständen (dienstbedingten Wegen) steht der Tatbestand des § 4 Abs. 1 letzter Satz BVG nF gegenüber, nach dem Satz 1 Buchst. c auch für den Weg von und nach der Familienwohnung gilt, wenn der Beschädigte wegen der Entfernung seiner ständigen Familienwohnung vom Dienstort an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft hatte. Schon seinem Wortlaut nach unterscheidet sich diese Bestimmung von denen des Satzes 1 Buchst. a bis d des § 4 BVG nF. Während für diese die Dienstausübung selbst (Buchst. b und d) oder der Dienst (Buchst. a und c) der Anknüpfungspunkt ist, aus dem sich der Versorgungsschutz ergibt, ist Anknüpfungspunkt für jene Bestimmung, durch die die Familienheimfahrt versorgungsrechtlich geschützt wird, weder die Dienstausübung noch eine sonst dienstbedingte Handlung, noch der Dienstort sondern die vom Dienstort räumlich entfernte Familienwohnung. Ausgangspunkt und Ziel des versorgungsrechtlich geschützten Weges ist demnach - bereits nach der Wortfassung des § 4 Abs. 1 letzter Satz BVG nF - die Familienwohnung des Beschädigten; das Zurücklegen des Weges vom Dienstort zu dieser räumlich davon entfernten Familienwohnung hängt nur insoweit mit dem Dienst zusammen, als der Beschädigte wegen seiner Dienstausübung gezwungen ist, an einem vom Ort der Familienwohnung entfernten Dienstort seinen Dienst zu verrichten. Der Unterschied zwischen der Regelung in § 4 Abs. 1 Buchst. c BVG nF und der des letzten Satzes dieser Bestimmung besteht gerade darin, daß nach Buchst. c der "dienstbedingte Weg" zur Dienststelle am Dienstort - der regelmäßig nicht der Ort der Familienwohnung ist - geschützt wird, während nach § 4 Abs. 1 letzter Satz BVG nF der "familienbedingte" Weg zum militärischen oder militärähnlichen Dienst gehört. Daß es sich hierbei nicht um einen gegenüber dem Buchst. c erweiterten Schutz eines "dienstbedingten Weges" handelt - wie aus der Bezugnahme auf Satz 1 Buchst. c entnommen werden könnte -, ergibt sich schon daraus, daß der Weg von und nach der Familienwohnung unter Versorgungsschutz gestellt wird, obwohl der Beschädigte am Dienstort eine Unterkunft besitzt, der von ihm notwendigerweise vorzunehmende "dienstbedingte Weg", also am Dienstort selbst - nämlich von der Unterkunft zur Dienststelle - zurückgelegt werden kann. Spricht schon der Wortlaut des § 4 Abs. 1 letzter Satz BVG nF dagegen, daß der insoweit versorgungsrechtlich geschützte Weg "dienstbedingt" ist und somit nur dann geschützt sein soll, wenn er in unmittelbarem Anschluß an den Dienst angetreten wird, so rechtfertigt sich die hier gewonnene Auslegung dieser Bestimmung auch aus ihrem Sinn und Zweck. Der wegen der Dienstausübung von seiner Familie getrennt lebende Bedienstete soll bei den für ihn wegen der räumlichen Entfernung notwendigen Fahrten zur Familienwohnung gerade deshalb versorgungsrechtlich geschützt werden, weil er durch die räumliche Trennung zu diesen Fahrten gezwungen ist. Ein solcher Zwang kann aber nicht nur unmittelbar nach Beendigung einer Dienstverrichtung bestehen, sondern sich aus irgendwelchen Gründen auch zu einem anderen, vom Ende des Dienstes völlig unabhängigen Zeitpunkt ergeben. Es ist kein vernünftiger Grund dafür einzusehen, daß zB ein Soldat, der an einem dienstfreien Tag oder im Urlaub am Dienstort Mitteilung von der Erkrankung eines Familienmitgliedes erhält und zum Familienwohnort fährt, deshalb nicht den Versorgungsschutz für diese Fahrt genießen soll, weil er die Familienheimfahrt nicht in zeitlichem Zusammenhang mit dem Dienst und nach Dienstschluß angetreten hat. Auch derjenige, der nur einen Teil seines Urlaubs dazu benutzen will oder kann, um von seinem Dienstort aus den Familienwohnort aufzusuchen und die Fahrt nicht gerade am Anfang des Urlaubs und nach Dienstschluß antritt, kann nach Sinn und Zweck des § 4 Abs. 1 letzter Satz BVG nF nicht vom Versorgungsschutz ausgeschlossen sein. Wenn der Grund des Schutzes der Familienheimfahrt der ist, daß der Soldat zu diesen Fahrten deshalb veranlaßt ist, weil er sich wegen seines Wehrdienstes am Dienstort aufhalten muß, dann muß der Versorgungsschutz sinnvoll für jede familienbedingte Heimfahrt bestehen, unabhängig zu welcher Zeit sie begonnen wird. Diese Auffassung des Senats rechtfertigt sich auch aus der historischen Entwicklung der Vorschrift. Der § 4 BVG nF ist mit dem 2. NOG zur Angleichung an das Beamtenrecht neu gefaßt worden; er entspricht dem § 135 Abs. 2 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung beamtenrechtlicher und besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 21. August 1961 (BGBl I 1361). Durch diese Änderung des BBG ist gemäß Art. I § 1 Nr. 13 dem § 135 Abs. 2 BBG der Satz 2 angefügt, der lautet: Hat der Beamte wegen der Entfernung seiner ständigen Familienwohnung vom Dienstort an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft, so gilt die Nummer 2 (das Zurücklegen des mit dem Dienst zusammenhängenden Weges nach und von der Dienststelle) auch für den Weg von und nach der Familienwohnung. Nach der Rechtsprechung zu § 135 BBG vor dem Inkrafttreten des Änderungsgesetzes vom 21. August 1961 bestand ein Unfallschutz für Beamte bei Fahrten vom Dienstort zur räumlich entfernten Familienwohnung nur dann, wenn der Weg zur Familienwohnung in einem rechtlich wesentlichen Zusammenhang zum Dienst stand (siehe dazu BVerwG Bd. 19, 44, 46; DÖV 1958, 911). Der Unfallschutz blieb also dann versagt, wenn dieser Weg nicht in einem rechtlich wesentlichen Zusammenhang, also auch in keinem zeitlichen Zusammenhang mit dem Dienst stand. Hätte der Gesetzgeber mit der Einfügung des Satzes 2 in § 135 Abs. 2 BBG durch Art. I § 1 Nr. 13 des Änderungsgesetzes vom 21. August 1961 nur diejenigen Fälle einer Familienheimfahrt erfassen wollen, die nach der bis zum Inkrafttreten des Änderungsgesetzes herrschenden Rechtsprechung sowieso unter dem Schutz der beamtenrechtlichen Unfallversicherung standen, so hätte es keiner gesetzlichen Änderung des § 135 BBG bedurft. Aus der Einfügung des Satzes 2 in § 135 Abs. 2 BBG durch das Gesetz vom 21. August 1961 muß daher zwingend geschlossen werden, daß nicht nur diejenigen Familienheimfahrten unfallrechtlich geschützt sein sollen, die mit dem Dienst, also auch zeitlich, in einem ursächlichen Zusammenhang stehen, sondern alle Familienheimfahrten des Beamten, der trotz einer Unterkunft am Dienstort seine ständige Familienwohnung in weiter Entfernung vom Dienstort aufsucht. Ist dieser Sinn aber für § 135 Abs. 2 Satz 2 BBG idF des Gesetzes vom 21. August 1961 zum Ausdruck gekommen, so muß dieser Sinn auch dem inhaltlich gleichen Satz 2 des § 4 Abs. 1 BVG nF zukommen. Soweit der Bundesminister für Verteidigung in seinem Erlaß vom 18. November 1962 (BVBl 1963, 34 Nr. 13) eine andere Auffassung vertritt, kann dieser schon deshalb nicht gefolgt werden, weil er insoweit nicht zwischen einem "dienstbedingten" und einem "familienbedingten" Zurücklegen des Weges, wie er sich aus den Buchst. a bis d des Abs. 1 § 4 BVG nF einerseits und dessen letzten Satz andererseits ergibt, unterscheidet.
Somit ist davon auszugehen, daß - gleichgültig, ob es auf den Rechtszustand vor oder nach dem Inkrafttreten des 2. NOG, dem 1. Januar 1964 ankommt - für einen Soldaten stets ein Versorgungsschutz für den Weg vom Dienstort zum räumlich entfernten Familienwohnort und zur Familienwohnung besteht; nicht erforderlich ist es dabei, daß der Weg in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Dienst steht.
Bei dieser Rechtslage aber hat die Fahrt des W. von E nach S, dem Wohnort seiner Eltern und daher dem Ort seiner "Familienwohnung" im Sinne des § 4 Abs. 1 letzter Satz BVG, unter Versorgungsschutz gestanden, auch wenn er diese Fahrt nicht sogleich in zeitlichem Anschluß an das Dienstende angetreten hat. Nach den insoweit nicht angegriffenen und daher für den Senat gemäß § 163 SGG bindenden Feststellungen des LSG ist W. nach Ende des Dienstes von seinem Dienstort E zunächst nach B gefahren, hat dort eine Gaststätte besucht und ist danach wieder nach E zurückgekehrt. Er ist sodann von E aus auf dem kürzesten Wege nach S, wo seine Eltern wohnten, weitergefahren; auf diesem Wege ist er tödlich verunglückt. Unabhängig davon, daß er nach Dienstschluß seinen Urlaub zunächst noch für eine Fahrt von E nach B und zurück benutzt hat, stand er jedenfalls von dem Augenblick an unter Versorgungsschutz, als er von Ebern - seinem Dienstort - die Fahrt nach S begonnen hatte. Auf dieser Fahrt ist er tödlich verunglückt; er hat demnach auf dieser Fahrt, die dem Wehrdienst zuzurechnen ist (§ 80 Abs. 1 SVG i. V. m. § 4 BVG) eine Wehrdienstbeschädigung (§ 81 Abs. 1 SVG) erlitten, welche zu seinem Tode geführt hat, so daß seinen Eltern Versorgung zusteht, falls die sonstigen Voraussetzungen dafür vorliegen.
Danach war auf die Revision der Klägerinnen das Urteil des LSG, das eine andere Auffassung zur Auslegung der §§ 1 und 4 BVG vertreten hat, aufzuheben. Da das LSG wegen seiner anderweitigen Rechtsauffassung keine Feststellungen darüber getroffen hat, ob auch die sonstigen Voraussetzungen für die Gewährung der Elternrente (§§ 50 ff BVG) vorliegen, konnte der Senat in der Sache selbst nicht entscheiden. Sie mußte daher an das LSG zurückverwiesen werden (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG).
Fundstellen
Haufe-Index 2285126 |
BSGE, 190 |
DVBl. 1969, 966 |