Entscheidungsstichwort (Thema)

Berichtigung eines Umanerkennungsbescheides

 

Leitsatz (redaktionell)

Wird eine frühere Entscheidung über den ursächlichen Zusammenhang rechtmäßig nach KOVVfG § 41 zurückgenommen, so entfallen insoweit auch die Voraussetzungen für eine Anwendung des BVG § 85. Die Wirkung, die BVG § 85 S 1 hinsichtlich der Frage des ursächlichen Zusammenhangs einer nach bisherigen versorgungsrechtlichen Vorschriften getroffenen Entscheidung beilegt, kann nicht stärker sein als die Wirkung der früheren Entscheidung selbst. Die Anwendung des KOVVfG § 41 hängt allein von den in dieser Vorschrift enthaltenen Voraussetzungen ab und ist auch bei solchen Bescheiden nicht ausgeschlossen, in denen eine Gesundheitsstörung gemäß BVG § 85 weiterhin als Schädigungsfolge iS des BVG anerkannt wurde.

 

Normenkette

KOVVfG § 41 Abs. 1 Fassung: 1960-06-27; BVG § 85 S. 1 Fassung: 1950-12-20

 

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 4. März 1964 abgeändert und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 30. März 1960 in vollem Umfange zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Bei dem Kläger waren durch Bescheid vom 29. März 1949 verschiedene Gesundheitsstörungen, darunter "leichter Bluthochdruck nach Nierenentzündung" als Gesundheitsschädigungen nach der Sozialversicherungsdirektive (SVD) Nr. 27 anerkannt und vom 1. Juni 1948 an Versorgungsleistungen nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 40 v. H. bewilligt worden. Für die gleichen Gesundheitsstörungen wurde durch Umanerkennungsbescheid vom 12. Januar 1952 zunächst die bisherige Rente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) weitergezahlt. Bei einer Nachuntersuchung im Jahre 1953 stellte der ärztliche Gutachter eine Neigung zu Blutdruckerhöhungen geringen Grades, jedoch anatomisch und funktionell völlig normale Nieren- und Harnwege fest; er vertrat die Auffassung, daß die im Jahre 1944 bemerkten Erscheinungen auf eine Serumerkrankung, aber nicht auf eine Nierenentzündung zurückzuführen seien. Daraufhin wurden mit Bescheid vom 23. Juli 1953 gemäß § 86 Abs. 3 BVG die Schädigungsfolgen unter Wegfall des leichten Bluthochdrucks nach Nierenentzündung neu festgestellt und die Rente vom 1. September 1953 an entzogen, weil die MdE für die noch anerkannt gebliebenen Schädigungsfolgen weniger als 25 v. H. betrug. Auf den Widerspruch des Klägers wurde mit Bescheid vom 1. März 1954 "leichter Bluthochdruck nach Nierenentzündung" wieder als Schädigungsfolge anerkannt und Rente nach einer MdE um 30 v. H. mit der Begründung gewährt, daß die Rücknahme der Anerkennung des Bluthochdruckleidens nach § 86 Abs. 3 BVG nicht zulässig gewesen sei, die in dem Befund vom 26. Mai 1953 festgestellte Besserung der Bewegungsverhältnisse des rechten Ellenbogengelenks jedoch nur eine Gesamt-MdE um 30 v. H. rechtfertige.

In dem zum Zwecke einer Berichtigung nach § 41 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (VerwVG) eingeleiteten Verfahren vertrat der ärztliche Sachverständige des Landesversorgungsamtes die Ansicht, dem Kläger sei nach seinen Angaben während der Erkrankung im Jahre 1944 Tetanus-Serum injiziert worden; nach den von ihm geschilderten Beschwerden habe es sich um Reaktionen bei einer Serumerkrankung, aber zweifelsfrei nicht um eine akute Nierenentzündung gehandelt. Es seien auch keine für eine solche Erkrankung typischen Beschwerden angegeben worden, ferner sprächen die in den Gutachten erwähnten Blutdruckwerte gegen einen Zustand nach Nierenentzündung; die Nierenfunktion und der Nierenbefund insgesamt seien vielmehr völlig normal. Vorhanden sei eine geringe Blutdruckerhöhung (labile Hypertonie) auf konstitutioneller Grundlage, die nicht als Wehrdienstbeschädigung angesehen werden könne. Die Anerkennung des leichten Bluthochdrucks nach Nierenentzündung sei zweifellos unrichtig gewesen, so daß die Voraussetzungen des § 41 VerwVG nach ärztlicher Auffassung gegeben seien. Daraufhin hob das Versorgungsamt mit Berichtigungsbescheid vom 25. Januar 1957 die Bescheide vom 29. März 1949, 12. Januar 1952, 23. Juli 1953 und 18. März 1954 hinsichtlich der Anerkennung eines leichten Bluthochdrucks nach Nierenentzündung gemäß § 41 VerwVG auf und stellte die Zahlung der Rente mit Ablauf des Monats Februar 1957 ein, weil die MdE für die noch als Schädigungsfolgen anerkannten Gesundheitsstörungen weniger als 25 v. H. betrage. Der Widerspruch hatte keinen Erfolg. Nach Anhörung weiterer ärztlicher Sachverständiger, die übereinstimmend der Auffassung waren, daß keine Nierenentzündung vorgelegen habe und daher die Neigung zu labilem Bluthochdruck mit Sicherheit nicht auf eine Nierenentzündung während des Wehrdienstes zurückzuführen sei, hat das Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen durch Urteil vom 30. März 1960 die Klage abgewiesen.

Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen durch Urteil vom 4. März 1964 das Urteil des SG abgeändert sowie den Berichtigungsbescheid vom 25. Januar 1957 und den Widerspruchsbescheid vom 8. April 1957 aufgehoben, soweit der Bescheid vom 29. März 1949 für die Zeit bis zum 1. April 1955 und der Umanerkennungsbescheid vom 12. Januar 1952 sowie die weiteren Bescheide berichtigt und die Zahlung der Versorgungsrente eingestellt worden sind; im übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Das LSG hat festgestellt, die Bescheide vom 29. März 1949 und vom 12. Januar 1952 seien hinsichtlich der Anerkennung des leichten Bluthochdrucks nach Nierenentzündung in tatsächlicher Hinsicht zweifellos unrichtig gewesen. Der Bescheid vom 29. März 1949 sei auch rechtlich zweifellos unrichtig und seine Aufhebung nach § 41 VerwVG berechtigt gewesen, jedoch habe dies entsprechend dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Juli 1961 nach dem erst seit dem 1. April 1955 geltenden § 41 VerwVG keine Wirkung für den diesem Zeitpunkt vorhergehenden Zeitraum. Der Umanerkennungsbescheid vom 12. Januar 1952 habe dagegen nicht nach § 41 VerwVG berichtigt werden können, weil er zur Zeit seines Erlasses zwar in tatsächlicher, aber nicht in rechtlicher Hinsicht zweifellos unrichtig gewesen sei. Da die Berichtigung des Bescheides nach der SVD Nr. 27 nicht über den 1. April 1955 zurückwirken könne, habe die in diesem Bescheid ausgesprochene Anerkennung des ursächlichen Zusammenhangs des leichten Bluthochdrucks nach Nierenentzündung mit dem Wehrdienst bei Erlaß des Umanerkennungsbescheids noch bestanden und sei für die Versorgungsverwaltung nach § 85 BVG verbindlich gewesen. Der Umanerkennungsbescheid sei daher zur Zeit seines Erlasses in rechtlicher Hinsicht richtig gewesen und seine Berichtigung sowie die Einstellung der Rente somit rechtswidrig. Eine über den 1. April 1955 zurückwirkende Aufhebung des Bescheides vom 29. März 1949 sei auch nicht nach den Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsrechts möglich gewesen.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Gegen das am 14. Mai 1964 zugestellte Urteil des LSG hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 8. Juni 1964, beim BSG eingegangen am 10. Juni 1964, Revision eingelegt. Er beantragt

unter Abänderung des Urteils des LSG Nordrhein-Westfalen vom 4. März 1964 die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Gelsenkirchen vom 30. März 1960 in vollem Umfange zurückzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 15. Juli 1964, der innerhalb der bis zum 14. August 1964 verlängerten Begründungsfrist beim BSG am 17. Juli 1964 eingegangen ist, hat der Beklagte die Revision begründet. Er rügt eine Verletzung des § 85 BVG und des § 41 VerwVG sowie der Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsrechts, ferner eine Außerachtlassung der Sozialversicherungsanordnung 11 (SVA) Nr. 26. Zur Begründung führt er aus, die Anerkennung des Bluthochdrucks im Umanerkennungsbescheid sei auch in rechtlicher Hinsicht als unrichtig anzusehen. Insoweit sei es ohne Bedeutung, daß das Versorgungsamt bei Erlaß des Umanerkennungsbescheides vom 12. Januar 1952 nach § 85 BVG an die in dem Bescheid vom 29. März 1949 getroffene Entscheidung über den ursächlichen Zusammenhang dieses Leidens mit Kriegseinwirkungen gebunden gewesen sei. Zwar habe das Versorgungsamt bei der Umanerkennung nach § 85 BVG verfahren müssen, der Umanerkennungsbescheid sei aber im gleichen Umfang tatsächlich und rechtlich unrichtig wie der Bescheid vom 29. März 1949. Ohne entsprechende Berichtigung dieses Bescheides habe allerdings der Umanerkennungsbescheid im Hinblick auf § 85 nicht berichtigt werden können. Wenn auch § 41 VerwVG nicht auf einen Zeitraum vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes zurückwirke, so sei eine Rücknahme wegen tatsächlicher und rechtlicher Unrichtigkeit doch auch bei Bescheiden möglich, die vor dem 1. April 1955 erlassen worden sind. Die Unzulässigkeit der rückwirkenden Anwendung betreffe nur die Rücknahme selbst und die an Stelle der bisherigen Regelung zu treffende Neuregelung, aber nicht die Beurteilung der Unrichtigkeit des Bescheides. Das LSG habe ferner verkannt, daß die Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsrechts nach der Rechtsprechung des BSG die Rücknahme eines fehlerhaften Verwaltungsakts immer dann zuließen, wenn das öffentliche Interesse an der Rücknahme des Verwaltungsakts das private Interesse des Berechtigten an der Aufrechterhaltung überwiege. Die Anwendung dieser Grundsätze sei in der ehemals britischen Besatzungszone mangels einer besonderen Regelung in der Zeit vom 1. Januar 1953 bis zum 31. März 1955 möglich gewesen. Bis zum 31. Dezember 1952 sei die Zulässigkeit der Rücknahme des Umanerkennungsbescheids vom 12. Januar 1952 und des Bescheides vom 29. März 1949 nach der SVA 11 Nr. 26 zu beurteilen gewesen. Der angefochtene Berichtigungsbescheid sei daher nach den Feststellungen des LSG als rechtmäßig anzusehen.

Gegen das Urteil des LSG hat am 15. Juni 1964 auch der Kläger Revision eingelegt, diese aber mit Schriftsatz vom 17. Juli 1964 zurückgenommen. Mit Schriftsatz vom 25. August 1964 beantragt er, die Revision des Beklagten als unbegründet zurückzuweisen. Er hält das Urteil des LSG für zutreffend und die Revisionsrügen des Beklagten für unbegründet.

Die durch Zulassung statthafte Revision des Beklagten (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 164, 166 SGG). Die Revision ist somit zulässig; sie ist auch begründet.

Angefochten ist der Berichtigungsbescheid vom 25. Januar 1957, mit dem der Beklagte die Bescheide vom 29. März 1949, 21. Oktober 1949, 12. Januar 1952, 23. Juli 1953 und 18. März 1954 nach § 41 VerwVG insoweit zurückgenommen hat, als - neben anderen Gesundheitsstörungen - ein leichter Bluthochdruck nach Nierenentzündung als Schädigungsfolge im Sinne der SVD und des BVG anerkannt und Rente nach einer MdE um 40 v. H. gewährt worden war. Nach § 41 VerwVG können Bescheide über Rechtsansprüche zuungunsten des Versorgungsberechtigten geändert und aufgehoben werden, wenn ihre tatsächliche und rechtliche Unrichtigkeit im Zeitpunkt ihres Erlasses außer Zweifel steht. Die Rücknahme eines Bescheides nach dieser Vorschrift ist erst vom Inkrafttreten des VerwVG vom 1. April 1955 an zulässig und setzt sowohl die tatsächliche als auch die rechtliche Unrichtigkeit des fehlerhaften Bescheides im Zeitpunkt seines Erlasses voraus (vgl. BSG 8, 198); die Wirkung der Rücknahme erstreckt sich nicht auf einen vor dem 1. April 1955 liegenden Zeitraum (BSG in SozR VerwVG § 41 Nr. 9).

Auf Grund des § 41 VerwVG kann die Verwaltung zwar von diesem Zeitpunkt an auch Bescheide zurücknehmen, die vorher ergangen sind, aber grundsätzlich nur mit Wirkung vom 1. April 1955. Der Beklagte hat die Bescheide vom 29. März 1949 und 12. Januar 1952 mit den darauf beruhenden weiteren Bescheiden teilweise zurückgenommen und die Rente mit Ablauf des Monats Februar 1957 entzogen. Er ist dazu befugt gewesen, wenn diese Bescheide hinsichtlich der Anerkennung eines leichten Bluthochdruckes nach Nierenentzündung im Zeitpunkt ihres Erlasses tatsächlich und rechtlich zweifellos unrichtig gewesen sind. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Falle gegeben.

Das LSG hat festgestellt, daß die Bescheide vom 29. März 1949 und 12. Januar 1952 hinsichtlich der Anerkennung eines leichten Bluthochdrucks nach Nierenentzündung in tatsächlicher Hinsicht zweifelsfrei unrichtig gewesen sind. Es hat sich insoweit den Gutachten der Sachverständigen Dr. F und Dr. Sp vom 11. April 1959, des Prof. Dr. K vom 21. Juni 1958 und der Sachverständigen Dr. W und Dr. N vom 20. Mai 1953 angeschlossen, die übereinstimmend die Auffassung vertreten haben, daß keine Nierenerkrankung vorgelegen habe und daß die Voraussetzungen für die Anerkennung eines leichten Bluthochdruckes nach Nierenentzündung als Schädigungsfolge zweifellos nicht gegeben waren. Diese Feststellungen sind mit der Revision nicht angegriffen worden und daher für das BSG bindend (§ 163 SGG). Zwischen den Parteien ist ferner nicht streitig, daß der Bescheid vom 29. März 1949 auch in rechtlicher Hinsicht zweifelsfrei unrichtig gewesen ist. Der Beklagte hat diesen Bescheid somit zu Recht gemäß § 41 VerwVG zurückgenommen. Er hat der Berichtigung auch keine über den 1. April 1955 zurückreichende Wirkung beigelegt, weil er die dem Kläger auf Grund der Berichtigung nicht mehr zustehende Rente erst mit Ablauf des Monats Februar 1957 entzogen hat.

Zu Unrecht ist jedoch das LSG der Auffassung, daß der Umanerkennungsbescheid vom 12. Januar 1952 zur Zeit seines Erlasses nur in tatsächlicher, aber nicht in rechtlicher Hinsicht unrichtig gewesen sei und daher nicht hätte berichtigt werden dürfen. Weil die Rücknahme des Bescheides vom 29. März 1949 nicht über den 1. April 1955 zurückwirke, meint das LSG, die in diesem Bescheid getroffene Entscheidung über die Anerkennung des ursächlichen Zusammenhangs des Bluthochdrucks nach Nierenentzündung mit dem Wehrdienst sei bei Erlaß des Umanerkennungsbescheides für die Versorgungsverwaltung gemäß § 85 BVG verbindlich und dieser Bescheid somit bei seinem Erlaß in rechtlicher Hinsicht richtig gewesen. Wie der erkennende Senat bereits mit Urteil vom 6. Oktober 1964 - 10 RV 867/62 - (BSG in SozR VerwVG § 41 Nr. 24) entschieden hat, kann in den Fällen, in denen die Anerkennung eines Leidens in einem nach bisherigen versorgungsrechtlichen Vorschriften ergangenen Bescheid ausgesprochen und später gemäß § 85 BVG in einen Umanerkennungsbescheid übernommen worden ist, mit der Aufhebung des früheren Bescheides gemäß § 41 VerwVG auch der Umanerkennungsbescheid nach dieser Vorschrift aufgehoben werden. Die rechtliche Unrichtigkeit des Umanerkennungsbescheides im Sinne des § 41 VerwVG besteht darin, daß die Versorgungsbehörde aufgrund unrichtiger tatsächlicher Voraussetzungen den § 1 BVG unrichtig angewandt hat, weil sie davon ausging, der "leichte Bluthochdruck nach Nierenentzündung" sei in dem Bescheid vom 29. März 1949 rechtmäßig anerkannt worden, und sich infolgedessen gemäß § 85 BVG an diese Entscheidung auch bei der Beurteilung der Zusammenhangsfrage nach dem BVG für gebunden gehalten hat. Diese Vorschrift betrifft nur die nach dem BVG zu erteilende Entscheidung und bestimmt, wie der ursächliche Zusammenhang einer Gesundheitsstörung mit einer Schädigung im Sinne des § 1 BVG zu beurteilen ist, wenn über diese Frage bereits nach bisherigem Versorgungsrecht entschieden worden ist. Der § 85 BVG beeinflußt aber nicht die Wirksamkeit anderer gesetzlicher Vorschriften, durch die eine nach bisherigen versorgungsrechtlichen Vorschriften getroffene Entscheidung zurückgenommen werden kann. Wird eine frühere Entscheidung über den ursächlichen Zusammenhang rechtmäßig nach § 41 VerwVG zurückgenommen, so entfallen insoweit auch die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 85 BVG. Die Wirkung, die § 85 Satz 1 BVG hinsichtlich der Frage des ursächlichen Zusammenhangs einer nach bisherigen versorgungsrechtlichen Vorschriften getroffenen Entscheidung beilegt, kann nicht stärker sein als die Wirkung der früheren Entscheidung selbst. Die Anwendung des § 41 VerwVG hängt allein von den in dieser Vorschrift enthaltenen Voraussetzungen ab und ist auch bei solchen Bescheiden nicht ausgeschlossen, in denen eine Gesundheitsstörung gemäß § 85 BVG weiterhin als Schädigungsfolge im Sinne des BVG anerkannt wurde. Es besteht kein Anlaß, von dieser in dem Urteil des erkennenden Senats vom 6. Oktober 1964 vertretenen Rechtsauffassung abzugehen. Mit der rechtmäßigen Rücknahme der in dem Bescheid nach der SVD vom 29. März 1949 ausgesprochenen Anerkennung des leichten Bluthochdrucks nach Nierenentzündung hat somit insoweit eine nach § 85 BVG verbindliche Entscheidung nicht mehr vorgelegen. Das LSG hat diese Rechtslage verkannt und infolgedessen die Berichtigung des Umanerkennungsbescheids vom 12. Januar 1952 zu Unrecht als rechtswidrig angesehen.

Da die Rechtmäßigkeit des Berichtigungsbescheides vom 25. Januar 1957, für den als Verwaltungsakt ohne Dauerwirkung das zur Zeit seines Erlasses gültige Recht maßgebend ist, im vorliegenden Falle nach § 41 VerwVG zu beurteilen ist, besteht kein Anlaß, zu der von der Revision aufgeworfenen Frage der Anwendbarkeit der SVA 11 Nr. 26 und der Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsrechts Stellung zu nehmen.

Die Revision des Beklagten ist somit begründet. Soweit das LSG der Berufung des Klägers stattgegeben hat, beruht sein Urteil auf einer unrichtigen Anwendung des § 41 VerwVG. Da die Berufung des Klägers auch insoweit nicht begründet ist, war das Urteil des LSG abzuändern und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Gelsenkirchen vom 30. März 1960 in vollem Umfange als unbegründet zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2379758

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