Beteiligte
Kläger und Revisionskläger |
Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
I.
Zwischen den Beteiligten ist das Recht der Kläger streitig, in die soziale Pflegeversicherung aufgenommen zu werden.
Der 1920 geborene Kläger zu 1) war als Beamter (Verwaltungsdirektor) beim Landeswohlfahrtsverband Hessen tätig. Er befindet sich im Ruhestand. Er ist ebenso wie seine Ehefrau, die Klägerin zu 2), bei der "Vereinte Krankenversicherung AG" privat krankenversichert. Diese übersandte den Klägern im Oktober 1994 einen Versicherungsschein über die private Pflege-Pflichtversicherung ab 1. Januar 1995. Die hiergegen zum Sozialgericht (SG) erhobene Klage haben die Kläger im Januar 1995 zurückgenommen und zugleich bei der beklagten Pflegekasse bei der Betriebskrankenkasse des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen den Antrag gestellt, sie in die soziale Pflegeversicherung aufzunehmen. Dies lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 25. Januar 1995 und Widerspruchsbescheid vom 19. April 1995).
Nach Klageerhebung hat das SG die Pflegekasse bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) beigeladen und die Klagen abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 14. August 1995). Die Kläger haben Berufungen eingelegt und sinngemäß beantragt, die Beklagte zu verurteilen, sie in die soziale Pflegeversicherung als Mitglieder aufzunehmen und sie dort zu versichern. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Beiladung der AOK aufgehoben. Es hat die Berufungen zurückgewiesen (Urteil vom 8. August 1996). Ein Anspruch der Kläger auf Mitgliedschaft in der sozialen Pflegeversicherung bei der Beklagten bestehe nicht. Die Kläger gehörten nicht zum Kreis der Versicherungspflichtigen in der sozialen Pflegeversicherung.
Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Kläger. Sie machen geltend, die gesetzliche Regelung, nach der die Pflegeversicherung der Krankenversicherung folge, sei verfassungswidrig. Sie müßten berechtigt sein, sich in der sozialen Pflegeversicherung zu versichern. Sie rügen außerdem Verfahrensfehler des LSG.
Die Kläger beantragen, das Urteil des LSG vom 8. August 1996 und den Gerichtsbescheid des SG vom 14. August 1995 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25. Januar 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. April 1995 zu verpflichten, die Kläger in der sozialen Pflegeversicherung zu versichern.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revisionen der Kläger sind unbegründet. Das LSG hat die Berufungen der Kläger gegen den klagabweisenden Gerichtsbescheid des SG zu Recht zurückgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 25. Januar 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. April 1995 ist nicht rechtswidrig. Die Kläger sind nicht Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung geworden und haben auch keinen Anspruch darauf, von der Beklagten als Mitglieder aufgenommen zu werden.
Die Kläger, die beide bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen gegen Krankheit versichert sind, gehören nicht zu dem nach den §§ 20 und 21 des Sozialgesetzbuchs - Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) versicherungspflichtigen Personenkreis. Sie sind auch nicht nach § 26 SGB XI zur Weiterversicherung in der sozialen Pflegeversicherung berechtigt. Das Recht zur Weiterversicherung haben nur Personen, die aus der Versicherungspflicht nach § 20 oder § 21 SGB XI ausgeschieden sind.
Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, daß es gegen das Grundgesetz (GG) verstößt, wenn die Kläger in der sozialen Pflegeversicherung weder versicherungspflichtig noch versicherungsberechtigt sind. Im vorliegenden Verfahren ist nicht über Rechtsfragen im Zusammenhang mit der privaten Pflegeversicherung nach dem SGB XI zu entscheiden. Das LSG hat insoweit allerdings schon zutreffend die Regelungen bezeichnet, mit denen der Gesetzgeber des SGB XI sicherstellen will, daß die Pflegeversicherung auch für die bei einem privaten Versicherungsunternehmen Versicherten zu tragbaren Bedingungen und mit angemessenen Leistungen sichergestellt ist. Soweit die Kläger rügen, daß der Gesetzesvollzug in der privaten Pflegeversicherung verfassungswidrig sei, betrifft dies nicht die hier zu entscheidende Frage, ob der Staat von Verfassungs wegen verpflichtet ist, den Klägern den Zugang zur sozialen Pflegeversicherung zu eröffnen.
Die Kläger haben nach den Vorschriften des SGB XI jedenfalls das Recht, einen Pflegeversicherungsvertrag bei einem privaten Versicherungsunternehmen abzuschließen und hiervon inzwischen vorsorglich auch Gebrauch gemacht. Eine darüber hinausgehende Verpflichtung des Staates, den Klägern auch die Mitgliedschaft in der sozialen Pflegeversicherung zu gestatten, läßt sich mit den Vorschriften des GG nicht begründen. Der Gesetzgeber durfte es vielmehr wegen der zum Teil nur schwer abzugrenzenden Risiken der Pflegebedürftigkeit wegen Krankheit und der Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI für angemessen halten, grundsätzlich die Pflegeversicherung der Krankenversicherung folgen zu lassen. Die Kläger selbst haben keine Verfassungsnorm angeführt, die eine Pflicht des Gesetzgebers begründet, sie in die soziale Pflegeversicherung einzubeziehen. Ihr Vortrag, die Aufteilung in die soziale Pflegeversicherung und die private Pflegeversicherung sei ein sozialpolitischer Fehlgriff, weist darauf hin, daß sie diese Entscheidung des Gesetzgebers lediglich als politisch unrichtig beanstanden, ohne jedoch rechtlich beachtliche Gründe gegen diese Entscheidung anführen zu können.
Aus dem Vorbringen der Revisionen, die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung wären bei den Klägern geringer als die Beiträge, die sie für ihre Pflegeversicherung bei ihrem privaten Versicherungsunternehmen aufbringen müssen, wird weder ein Verstoß gegen das GG deutlich noch kann damit ein verfassungsrechtliches Gebot begründet werden, den Klägern die Versicherung in der sozialen Pflegeversicherung zu eröffnen. Die Beitragsberechnung in der sozialen Pflegeversicherung und in der privaten Pflegeversicherung ist allerdings unterschiedlich. Die Beiträge in der sozialen Pflegeversicherung werden nach den Grundsätzen erhoben, die für die Beitragsbemessung in der gesetzlichen Krankenversicherung maßgebend sind; die Beiträge werden im wesentlichen einkommensabhängig erhoben und sind nicht risikoabhängig. Die private Pflegeversicherung folgt demgegenüber privatversicherungsrechtlichen Regeln und wird in § 110 SGB XI lediglich teilweise durch soziale Elemente begrenzt. Damit beruhen die Unterschiede in der Beitragsbemessung auf Unterschieden in den Versicherungssystemen. Es erscheint gemessen am allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs. 1 GG) nicht sachwidrig, daß der Gesetzgeber bei der Finanzierung in der Pflegeversicherung die jeweils der Krankenversicherung zugrundeliegenden Finanzierungsgrundsätze beachtet und in der privaten Pflegeversicherung nach dem SGB XI lediglich Höchstgrenzen für die Beiträge festgesetzt hat. Selbst wenn die Beitragsbemessung in der privaten Pflegeversicherung der in der sozialen Pflegeversicherung gleichen müßte, wäre daraus nicht herzuleiten, der Gesetzgeber müsse auch den bei einem Versicherungsunternehmen Versicherten den Beitritt zur sozialen Pflegeversicherung gestatten. Angreifbar wären dann allenfalls die Vorschriften über die Beitragsbemessung in der privaten Pflegeversicherung. Gleiches gilt, soweit die Revisionen das Leistungsrecht der privaten Pflegeversicherung und das Verhältnis von Beitrags- und Leistungsrecht in der privaten Pflegeversicherung beanstanden.
Werden die von den Klägern insgesamt in der privaten Pflegeversicherung zu tragenden Beiträge denen in der sozialen Pflegeversicherung gegenübergestellt, so ist eine Benachteiligung der Kläger wegen der Pflichtmitgliedschaft in der privaten Pflegeversicherung im übrigen jedenfalls für das Jahr 1995 nicht zu erkennen. Die Kläger wären bei einer Versicherung in der sozialen Pflegeversicherung beide wie freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung zu behandeln, die als solche in der sozialen Pflegeversicherung versicherungspflichtig sind. Die Klägerin zu 2) macht geltend, sie habe in der privaten Pflegeversicherung 1995 monatlich einen Beitrag von 24,28 DM und hätte in der sozialen Pflegeversicherung einen Beitrag von etwa 8,00 DM zu zahlen gehabt. Dies ist jedoch unzutreffend. Aus den von den Klägern im Rechtsstreit gegen ihr Versicherungsunternehmen vorgelegten Versicherungsscheinen ergibt sich, daß das Unternehmen die Beiträge zur privaten Pflegeversicherung für jeden Kläger auf 75 v.H. gemindert hat. Es wurden für den Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) je 18,21 DM als Monatsbeitrag festgesetzt, d.h. zusammen 36,42 DM. Die Beiträge der Klägerin zu 2) zur sozialen Pflegeversicherung wären, weil sie nur einem freiwilligen Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung gleichgestellt werden könnte, nach § 57 Abs. 4 Satz 1 SGB XI i.V.m. § 240 Abs. 4 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) nach beitragspflichtigen Einnahmen in Höhe von kalendertäglich dem 90. Teil der Bezugsgröße zu berücksichtigen. Das waren im Jahr 1995 monatlich 1.353,33 DM. Die Klägerin zu 2) hätte deshalb im Jahr 1995 in der sozialen Pflegeversicherung Beiträge von monatlich 13,53 DM im Monat zahlen müssen (vgl. Urteil des Senats vom 6. November 1997 - 12 RP 3/96, zur Veröffentlichung vorgesehen). Die Beitragssatzermäßigung des § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB XI könnte für die Klägerin zu 2) nicht gelten, weil für sie § 28 Abs. 2 SGB XI nicht anwendbar wäre. Sie ist selbst nicht beihilfeberechtigt und müßte wie eine freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherte behandelt werden, weil sie wegen der Höhe ihrer eigenen Einnahmen die Voraussetzungen für die Familienversicherung nicht erfüllt (vgl. zur Beitragshöhe bei freiwilligen Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung, die i.S. der Beihilfevorschriften berücksichtigungsfähige Angehörige sind, Urteile des Senats vom 6. November 1997 - 12 RP 4/96, zur Veröffentlichung vorgesehen; ferner 12 RP 5/96). Der Kläger zu 1) hätte bei Einkünften in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze (monatlich 5.850 DM im Jahre 1995) auch bei Anwendung des halben Beitragssatzes (§ 55 Abs. 1 Satz 2 SGB XI) Beiträge in Höhe von 29,25 DM in der sozialen Pflegeversicherung zahlen müssen. Beide Kläger hätten demnach 1995 in der sozialen Pflegeversicherung insgesamt Beiträge von monatlich 43,28 DM zu entrichten gehabt und damit mehr als die von der privaten Pflegeversicherung genannten Beiträge von insgesamt 36,42 DM.
Soweit in der Revisionsbegründung pauschal auf Vorbringen im Verfahren vor dem SG oder dem LSG verwiesen wird, sieht der Senat keinen Anlaß, sich mit derartigen Ausführungen auseinanderzusetzen. Eine Revisionsbegründung kann nicht durch Verweisung auf Schriftsätze ersetzt werden, die in den Vorinstanzen eingereicht worden sind (vgl. Meyer-Ladewig, Komm zum SGG, 5. Aufl. 1993, § 164 Rdnr. 9 mit Nachweisen).
Der von den Revisionen gerügte Verfahrensfehler des LSG, der in einer Aufhebung der Beiladung der AOK und dem Unterlassen einer Beiladung des privaten Versicherungsunternehmens gesehen wird, liegt nicht vor; Beiladungen sind auch im Revisionsverfahren nicht gemäß § 168 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nachzuholen. Denn weder die AOK noch das private Versicherungsunternehmen waren notwendig beizuladen. Nach § 75 Abs. 2 SGG ist eine Beiladung nur notwendig, wenn an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt sind, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, oder sich im Verfahren ergibt, daß ein anderer Versicherungsträger als leistungspflichtig in Betracht kommt. Die Entscheidung über das Recht der Kläger, Mitglied in der sozialen Pflegeversicherung bei der Beklagten zu werden, berührt keinen der nach ihrer Ansicht Beizuladenden in seinen Rechten. Die Beiladung ist auch nicht wegen der möglichen Zuständigkeit eines anderen Versicherungsträgers notwendig. Dabei kann offenbleiben, ob im Streit über den zuständigen Versicherungsträger ein leistungspflichtiger Versicherungsträger i.S. des § 75 Abs. 2 SGG (zweiter Fall) vorhanden ist und ob die Vorschrift auch private Versicherungsunternehmen meint. Eine Zuständigkeit der AOK für die Durchführung der Versicherung ist unter keinem denkbaren Gesichtspunkt gegeben. Die Zuständigkeit des privaten Versicherungsunternehmens ist zweifelsfrei in dem Sinne gegeben, daß die Kläger bei diesem einen Pflegeversicherungsvertrag nach Maßgabe der Vorschriften des SGB XI abschließen können. Das private Versicherungsunternehmen, bei dem die Kläger krankenversichert sind, hat den Klägern den Abschluß eines Vertrages zur Pflegeversicherung nicht verwehrt, sondern angeboten. Die Kläger haben dieses Angebot inzwischen auch angenommen und sind damit ihrer gesetzlichen Pflicht (§ 23 SGB XI) nachgekommen, einen solchen Vertrag abzuschließen. Unter diesen Umständen ist ein Rechtsschutzinteresse für eine Beiladung und Verurteilung des Unternehmens nicht zu erkennen.
Die Revision der Kläger erwies sich demnach als unbegründet und war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen
NJW 1998, 3445 |
ZTR 1998, 240 |
NZS 1998, 243 |
SozSi 1998, 276 |