Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankengeld. Familienversicherung. nachwirkender Versicherungsschutz. Subsidiarität;Lohnersatzfunktion
Leitsatz (redaktionell)
1) Eine Familienversicherung gemäß § 10 SGB V ist subsidiär zum nachwirkenden Versicherungsschutz gemäß § 19 Abs. 2 SGB V.
2) Ein Anspruch auf Krankengeld kommt auch dann in Betracht, wenn der Versicherte durch die Arbeitsunfähigkeit keine Einkommenseinbuße erleidet.
Normenkette
SGB V § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 2, § 19 Abs. 2, § 44 Abs. 1 S. 1, § 46 S. 1 Nr. 2,, § 47 Abs. 2 S. 1, § 190 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 29. Oktober 2001 aufgehoben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 19. April 2001 zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Klägerin war aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung Mitglied der beklagten Ersatzkasse. Ihr Arbeitsverhältnis endete durch Aufhebungsvertrag am 12. Mai 1999. Am 14. Mai 1999 wurde sie von ihrer behandelnden Ärztin krankgeschrieben und war danach bis zum 12. Juni 1999 arbeitsunfähig.
Mit Bescheid vom 20. Mai 1999 und Widerspruchsbescheid vom 12. August 1999 lehnte es die Beklagte ab, der Klägerin für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit Krankengeld zu gewähren. Die Kassenmitgliedschaft als Grundlage etwaiger Leistungsansprüche habe mit dem Ausscheiden aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung am 12. Mai 1999 geendet. Nachgehende Ansprüche aus dem Mitgliedschaftsverhältnis bestünden nicht, da die Klägerin seit dem Verlust des Arbeitsplatzes über ihren Ehemann familienversichert sei und die Familienversicherung Ansprüche aus der früheren eigenen Versicherung verdränge.
Das dagegen angerufene Sozialgericht hat die Beklagte zur Zahlung von Krankengeld für die Zeit vom 15. Mai 1999 bis 12. Juni 1999 verurteilt und dies damit begründet, dass die Familienversicherung kein eigenes Mitgliedschaftsverhältnis begründe, sondern lediglich Leistungsansprüche vermittele. Soweit sich die Ansprüche aus der vorangegangenen Pflichtmitgliedschaft und der Familienversicherung nicht deckten, bestünde keine Subsidiarität. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Regelung über den nachwirkenden Versicherungsschutz in § 19 Abs 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) solle verhindern, dass Betroffene bei kurzzeitigen Beschäftigungslücken, zB wegen eines Arbeitsplatzwechsels, vorübergehend ohne Krankenversicherungsschutz seien. Sie greife nicht ein, wenn das bisherige Mitglied nach dem Ausscheiden anderweitig versichert sei. Das gelte auch, wenn die anderweitige Versicherung nicht denselben Leistungsumfang habe. Dass die Familienversicherung im Unterschied zur Beschäftigungsversicherung nicht mit Krankengeld ausgestattet sei, sei deshalb unerheblich. Der Gleichbehandlungsgrundsatz werde durch den Ausschluss eines nachgehenden Krankengeldanspruchs bei Familienversicherten nicht verletzt.
Mit der Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils, das sie für zutreffend hält. Sie rügt einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 Grundgesetz. Die Anspruchsberechtigung könne nicht von der Zufälligkeit des Familienstandes und der Versicherung des Ehegatten abhängig gemacht werden. Nachgehende Leistungsansprüche stünden ausnahmslos allen ehemals Pflichtversicherten zu, da sie durch ihre Beitragsleistung ein Anrecht darauf erworben hätten. Dieses dürfe nicht durch das Bestehen eines anderweitigen Versicherungsschutzes geschmälert werden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 29. Oktober 2001 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 19. April 2001 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Die Beklagte ist verpflichtet, ihr für die streitige Zeit vom 15. Mai 1999 bis 12. Juni 1999 Krankengeld zu zahlen.
Nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär behandelt werden. Im ersten Fall entsteht der Anspruch gemäß § 46 Satz 1 Nr 2 SGB V an dem Tag, der auf die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Die Klägerin gehörte zwar im Zeitpunkt der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit am 14. Mai 1999 nicht mehr zum Kreis der nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V versicherten Arbeitnehmer, denn ihre Mitgliedschaft bei der Beklagten hatte mit dem Ausscheiden aus der Beschäftigung am 12. Mai 1999 gemäß § 190 Abs 2 SGB V geendet. Damit war, wie sich aus § 19 Abs 1 SGB V ergibt, grundsätzlich auch der Anspruch auf Leistungen aus dem Versicherungsverhältnis erloschen. Abweichend von dieser Regel gewährt jedoch § 19 Abs 2 SGB V Versicherungspflichtigen, deren Mitgliedschaft endet, noch einen Anspruch auf Leistungen für längstens einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft, solange sie keine Erwerbstätigkeit ausüben. Die Voraussetzungen dieses Anspruchs haben bei der Klägerin in der streitigen Zeit vorgelegen.
Entgegen dem angefochtenen Urteil ist der auf § 44 Abs 1 iVm § 19 Abs 2 SGB V gestützte Krankengeldanspruch nicht wegen des Bestehens einer anderweitigen Versicherung ausgeschlossen. Das LSG geht davon aus, dass die Klägerin seit dem Eintritt der Erwerbslosigkeit und dem Wegfall der eigenen Kassenmitgliedschaft gemäß § 10 Abs 1 SGB V bei ihrem Ehemann beitragsfrei mitversichert war und die Versicherung als Familienangehörige nachgehende Leistungsansprüche aus der früheren Mitgliedschaft verdrängt. Der These von der Subsidiarität des nachwirkenden Versicherungsschutzes im Verhältnis zur Familienversicherung folgt auch der überwiegende Teil des krankenversicherungsrechtlichen Schrifttums, wobei allerdings umstritten ist, ob aufgrund des Vorrangs der Familienversicherung Ansprüche aus § 19 Abs 2 SGB V generell ausgeschlossen sind (so die sog Verdrängungslehre; vgl Gunder, ErsK 1998, 92 f; Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand: 2001, § 19 SGB V RdNr 15, 16) oder ob eine Ausnahme für Leistungen gilt, die – wie das Krankengeld – in der Familienversicherung nicht vorgesehen sind (so die sog Überlagerungslehre; vgl Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: 2002, K § 19 RdNr 59, 60; Höfler, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand: 2001, § 19 SGB V RdNr 26, 27, 32; Heinze, in: Gesamtkommentar zum Sozialgesetzbuch, Stand: 2000, § 19 SGB V Anm 6d). Dieser Theorienstreit kann im vorliegenden Fall auf sich beruhen, denn der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts kann schon im Ausgangspunkt nicht gefolgt werden.
Richtig ist freilich, dass dem ausgeschiedenen Mitglied nachgehende Leistungsansprüche grundsätzlich nur solange zustehen, wie kein neues Versicherungsverhältnis begründet wird. Der aus der früheren Mitgliedschaft abgeleitete Versicherungsschutz ist, auch wenn das im Wortlaut des § 19 Abs 2 SGB V unmittelbar nicht zum Ausdruck kommt, gegenüber Ansprüchen aus einem aktuellen Versicherungsverhältnis nachrangig. Zu der früheren Regelung in § 214 Abs 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) hatte dies bereits das Reichsversicherungsamt entschieden und sich insbesondere auf den Ausnahmecharakter und den begrenzten Zweck der Vorschrift berufen (GE Nr 3435 – AN 1929, 215; GE Nr 5554 – AN 1944, 83). Das Bundessozialgericht (BSG) ist dem in ständiger Rechtsprechung gefolgt (Urteil vom 27. Juni 1961 – BSGE 14, 278 = SozR Nr 4 zu § 182 RVO; Urteil vom 30. November 1965 – 3 RK 19/63 – DOK 1966, 469; Urteil vom 25. Mai 1966 – SozR Nr 4 zu § 214 RVO – jeweils zum Vorrang der KVdR; Urteil vom 20. August 1986 – SozR 2200 § 214 Nr 2 – zum Vorrang einer freiwilligen Weiterversicherung). Mit der Überführung des Krankenversicherungsrechts in das SGB V hat sich die insoweit maßgebliche Rechtslage nicht geändert, so dass die für die Subsidiarität des nachwirkenden Versicherungsschutzes angeführten Erwägungen weiterhin Bestand haben. § 19 Abs 2 SGB V ist eine Ausnahmevorschrift zur Vermeidung sozialer Härten. Sie soll – wie zuvor § 214 Abs 1 RVO – verhindern, dass Betroffene bei kurzzeitigen Beschäftigungslücken, zB wegen eines Arbeitsplatzwechsels, vorübergehend keinen Krankenversicherungsschutz haben. Die Schutzbedürftigkeit und damit der gesetzgeberische Grund für die Gewährung eines über das Mitgliedschaftsende hinausreichenden, beitragsfreien Versicherungsschutzes entfällt, wenn es keine Sicherungslücke (mehr) gibt, weil entweder unmittelbar im Anschluss an die bisherige Pflichtmitgliedschaft oder zu einem späteren Zeitpunkt innerhalb der Monatsfrist des § 19 Abs 2 SGB V ein neues Versicherungsverhältnis begründet wird (ebenso: Noftz, aaO, RdNr 60; Höfler, aaO, RdNr 27; Zipperer, in: Maaßen ua, GKV-Kommentar, Stand: 1998, § 19 SGB V RdNr 19; Leitherer, in: Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 1 1994, § 19 RdNr 283; kritisch: Töns, WzS 1990, 33, 43 ff).
Diese Situation ist indessen bei der Klägerin nicht eingetreten. Denn eine Versicherung als Familienangehörige, die in ihrem Fall allein den vorrangigen Versicherungsschutz vermitteln könnte, kommt nicht zustande, solange nachgehende Leistungsansprüche aus der bisherigen eigenen Versicherung bestehen.
Nach dem Wortlaut des § 10 Abs 1 Nr 2 SGB V, der den Kreis der kraft Gesetzes in die Familienversicherung einbezogenen Personen in Abgrenzung zu anderen, vorrangigen Versicherungsverhältnissen in der gesetzlichen Krankenversicherung bestimmt, scheint sich die Familienversicherung allerdings auf die nach § 19 Abs 2 SGB V Anspruchsberechtigten zu erstrecken. Denn diese werden in der Vorschrift nicht erwähnt. Ausdrücklich von der Familienversicherung ausgeschlossen sind nur die nach § 5 Abs 1 Nr 1 bis 8, 11 oder 12 SGB V sowie die freiwillig Versicherten, nicht dagegen diejenigen, die bisher nach einer der genannten Vorschriften pflichtversichert waren und aus dem beendeten Versicherungsverhältnis noch Leistungsansprüche haben. Bei genauerem Hinsehen ist für den Ausschluss der Familienversicherung aber nicht der formale Status als Versicherter, sondern die Frage entscheidend, ob der Betroffene der Sache nach über einen anderweitigen Versicherungsschutz verfügt, der die Absicherung über die Familienversicherung entbehrlich macht. Das zeigt sich am Beispiel des erfolglosen Rentenantragstellers, der, obwohl nicht zum Kreis der nach § 5 Abs 1 SGB V Versicherten gehörend, von der Familienkrankenversicherung ausgeschlossen ist, weil die gemäß § 189 SGB V bestehende fiktive Kassenmitgliedschaft ihm einen ausreichenden Versicherungsschutz garantiert (Gerlach, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: 2002, K § 10 RdNr 63; Peters, aaO, § 10 SGB V RdNr 81; Höfler, aaO, § 10 SGB V RdNr 9).
Die Regelung in § 10 Abs 1 Nr 2 SGB V soll den Grundsatz der Subsidiarität der Familienversicherung gegenüber einer bestehenden eigenen Versicherung verwirklichen und sicherstellen, dass Familienangehörige des Mitglieds nur dann beitragsfreien Versicherungsschutz erhalten, wenn sie im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nicht auf andere Weise abgesichert sind. Eine anderweitige Absicherung besteht aber auch in den Fällen des § 19 Abs 2 SGB V; denn durch diese Vorschrift wird der Versicherungsschutz aus der vorhergehenden Pflichtmitgliedschaft für die Dauer des Nachwirkungszeitraums uneingeschränkt aufrechterhalten und der Betroffene auf der Leistungsseite wie ein Versicherter behandelt. Bei ihm fehlt damit das typische Schutzbedürfnis, dem die Familienkrankenversicherung Rechnung tragen soll. Das rechtfertigt es, ihn bis zum Ablauf der Monatsfrist noch den Versicherten im Sinne der Ausschlussvorschrift des § 10 Abs 1 Nr 2 SGB V zuzurechnen.
Einer solchen Auslegung steht nicht entgegen, dass der nachwirkende Versicherungsschutz nach § 19 Abs 2 SGB V seinerseits subsidiärer Natur ist. Treffen zwei für sich genommen jeweils nachrangige Ansprüche zusammen, so muss, wenn ihr Verhältnis zueinander nicht ausdrücklich geregelt ist, unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der einschlägigen Vorschriften im Wege der Auslegung festgestellt werden, welcher von beiden dem anderen vorgehen soll (vgl BSGE 25, 142, 144 f = SozR Nr 20 zu § 205 RVO Bl Aa 22 mwN). Die in § 10 Abs 1 Nr 2 SGB V vorgenommene Abgrenzung macht deutlich, dass das Gesetz dem durch eine eigene Beschäftigung oder Tätigkeit des Familienangehörigen oder durch eine ihm gewährte Lohnersatzleistung vermittelten Versicherungsschutz grundsätzlich Vorrang vor der Familienversicherung einräumt. Dazu zählt aber auch der Schutz in Gestalt nachgehender Leistungsansprüche, weil diese ihren Entstehungsgrund ebenfalls in der vorausgegangenen eigenen Pflichtmitgliedschaft des Familienangehörigen haben. Neben dieser gesetzessystematischen Erwägung spricht für den Vorrang des nachgehenden Versicherungsschutzes, dass er umfassender ist als derjenige aus der Familienversicherung. Da letzterer kein Krankengeld einschließt, würde der familienversicherte Arbeitnehmer nach Eintritt der Erwerbslosigkeit geringere Leistungen erhalten als derjenige, der unverheiratet oder dessen Ehegatte nicht gesetzlich krankenversichert ist und der deshalb die Voraussetzungen einer Familienversicherung nicht erfüllt. Oder es müsste ergänzend zu den Leistungen der Familienversicherung noch Krankengeld als nachgehende Leistung aus dem abgelaufenen Versicherungsverhältnis gewährt werden. Es erscheint indes fernliegend, dass der Gesetzgeber für den Nachwirkungszeitraum ein unterschiedliches Leistungsniveau, abhängig vom Familienstand des Betroffenen und der Versicherung seines Ehegatten, vorsehen oder für eine Übergangszeit ein Nebeneinander mehrerer Versicherungsverhältnisse, womöglich bei verschiedenen Krankenkassen, in Kauf nehmen wollte.
Die Auffassung, dass in den Fällen des § 19 Abs 2 SGB V eine Familienversicherung erst nach Ablauf der Monatsfrist und Wegfall des nachwirkenden Versicherungsschutzes zustande kommt, wird durch eine rechtshistorische Analyse gestützt. Der frühere § 205 Abs 1 RVO, der bis 1988 die Voraussetzungen der Familienkrankenhilfe regelte, sah Versicherungsleistungen nur für den Fall vor, dass der Angehörige “nicht anderweit einen gesetzlichen Anspruch auf Krankenpflege” hatte. Ein anderweitiger Anspruch auf Krankenpflege war nach allgemeiner Meinung auch der Anspruch aus § 214 RVO (vgl BSGE 55, 188, 191 = SozR 2200 § 257a Nr 10 S 18). Leistungen der Familienhilfe waren danach ausgeschlossen, solange dem erkrankten Ehegatten noch nachgehende Leistungsansprüche aus seiner früheren eigenen Versicherung zustanden. Die Ablösung der Familienkrankenhilfe durch eine eigene Versicherung des Familienangehörigen im SGB V hat an dieser Rechtslage nichts geändert. Indem das geltende Recht nicht mehr auf anderweitige Leistungsansprüche, sondern auf eine anderweitige Versicherung des Angehörigen als Ausschlusskriterium abstellt, hat es zwar die generelle, systemimmanente Subsidiarität der früheren Familienkrankenhilfe beseitigt und durch einen Katalog konkreter Vorrangtatbestände ersetzt. Dass damit eine Neubewertung des Verhältnisses zwischen nachgehendem Versicherungsschutz und Familienversicherung bezweckt worden wäre, ist jedoch nicht ersichtlich. Auf dem Boden dieser Erkenntnis hatte die Bundesregierung in dem Entwurf eines (später nicht zustande gekommenen) Gesetzes zur Anpassung krankenversicherungsrechtlicher Vorschriften vom 3. März 1994 (BT-Drucks 12/6958) vorgesehen, den Vorrang nachgehender Leistungsansprüche vor einer Familienversicherung durch eine Ergänzung des § 19 Abs 2 SGB V ausdrücklich im Text der Vorschrift zu verankern, um, wie es in der Begründung heißt, die Rechtslage klarzustellen und Rechtsunsicherheiten bei der Berücksichtigung von Versicherungszeiten im Risikostrukturausgleich auszuschließen (BT-Drucks 12/6958 S 10 zu Nr 3). Die aufgezeigte Entwicklung bestätigt das Ergebnis, dass auch unter der Geltung des SGB V kein Versicherungsschutz als Familienangehöriger begründet wird, solange dem ausgeschiedenen Mitglied Leistungen aus § 19 Abs 2 SGB V zustehen.
Der geltend gemachte Anspruch ist schließlich nicht deswegen ausgeschlossen, weil die Klägerin durch die Arbeitsunfähigkeit keine Einkommenseinbuße erlitten hat. Nach seiner Zweckbestimmung soll das Krankengeld allerdings einen krankheitsbedingten Ausfall von Arbeitsentgelt ausgleichen, erfüllt also seine Funktion nur, wenn infolge der Arbeitsunfähigkeit Lohn oder Lohnersatzleistungen weggefallen sind. Das war hier nicht der Fall, da das Arbeitsverhältnis vor Beginn der Krankheit geendet und die Klägerin sich weder arbeitslos gemeldet noch einen Anschlussarbeitsplatz konkret in Aussicht hatte. Durch die Zubilligung eines nachgehenden Krankengeldanspruchs wird sie daher im Ergebnis finanziell besser gestellt als sie ohne die Erkrankung gestanden hätte. Dennoch steht dies dem Klagebegehren nicht entgegen.
Das Lohnersatzprinzip hat im Gesetz nur einen unvollständigen Ausdruck gefunden. In § 44 Abs 1 SGB V wird ein krankheitsbedingter Einkommensausfall als Voraussetzung des Krankengeldanspruchs nicht genannt. Aus den Vorschriften über die Höhe und die Berechnung des Krankengeldes (§§ 47 bis 47b SGB V) lässt sich lediglich ersehen, dass vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen iS der §§ 14, 15 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) bezogen worden sein muss, an das für die Festsetzung angeknüpft werden kann. Fehlt es daran, so besteht auch dann kein Leistungsanspruch, wenn das bestehende Versicherungsverhältnis an sich die Krankengeldberechtigung mit einschließt (vgl zuletzt: Senatsurteil vom 14. Februar 2001 – B 1 KR 1/00 R – SozR 3-2500 § 44 Nr 8 S 19). Aus der Wendung in § 47 Abs 2 Satz 1 SGB V, für die Berechnung des Regelentgelts sei auf das “im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum” erzielte Arbeitsentgelt abzustellen, kann indessen nicht entnommen werden, dass der Entgeltbezug bis unmittelbar an die Arbeitsunfähigkeit herangereicht haben oder dass gar die Arbeitsunfähigkeit kausal für den Ausfall des Arbeitsentgelts gewesen sein muss.
Dementsprechend hat das BSG in der Vergangenheit der Lohnersatzfunktion des Krankengeldes nur bei dessen (erstmaliger) Berechnung Bedeutung beigemessen; für die Entstehung des Anspruchs und für das weitere Schicksal eines einmal entstandenen Krankengeldanspruchs sollte es dagegen auf diesen Gesichtspunkt nicht ankommen, so dass Krankengeld auch zu gewähren war, wenn durch die Arbeitsunfähigkeit kein Lohnausfall herbeigeführt werden konnte (BSGE 33, 254, 260 = SozR Nr 67 zu § 165 RVO Bl Aa 83; BSGE 68, 11 = SozR 3-2200 § 182 Nr 4 unter ausdrücklicher Aufgabe der anderslautenden Auffassung in BSGE 43, 86 = SozR 2200 § 182 Nr 18; vgl auch Schulin, SGb 1977, 476). Mit der Neuordnung des Leistungsrechts im Sozialgesetzbuch hat der Gesetzgeber durch die Regelungen in § 19 und § 48 Abs 2 SGB V den Krankengeldanspruch zwar enger an den Bestand des jeweiligen Beschäftigungs- und Versicherungsverhältnisses gebunden und damit auch den Lohnersatzcharakter des Krankengeldes stärker zur Geltung gebracht. Daraus allein kann jedoch nicht geschlossen werden, dass die Krankengeldberechtigung anders als früher nicht nur der Höhe, sondern auch dem Grunde nach von einem konkret nachweisbaren Lohnausfall abhängig gemacht werden sollte. Eine ausdrückliche Einschränkung in diesem Sinne, wie sie etwa § 47a SGB V in der bis zum 21. Juni 2000 gültig gewesenen Fassung des Gesetzes vom 12. Dezember 1996 (BGBl I 1859) für den Anspruch auf zusätzliches Krankengeld beim Ausfall einmalig gezahlten Arbeitsentgelts vorgesehen hatte, enthalten die §§ 44 und 47 SGB V nicht. Das steht der Annahme entgegen, aus der Lohnersatzfunktion des Krankengeldes leite sich die Forderung nach einer durch die Arbeitsunfähigkeit verursachten Einkommenseinbuße als weiterer (ungeschriebener) Voraussetzung des Krankengeldanspruchs ab.
Der Revision war danach stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Fundstellen