Leitsatz (amtlich)
1. Eine offenbar gesetzwidrig erfolgte Zulassung der Revision bindet das Bundessozialgericht nicht.
2. Spezielle Erfahrungssätze beruhen regelmäßig auf Tatsachenfeststellungen; diese kann nur das Tatsachengericht treffen.
3. Eine Zurückverweisung durch das Landessozialgericht an das Sozialgericht ist jedenfalls dann nicht zu beanstanden, wenn noch weitere, "ortsnahe" Ermittlungen erforderlich sind.
Normenkette
SGG § 162 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1953-09-03, § 103 Fassung: 1953-09-03, § 159 Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 1953-09-03, § 157 Fassung: 1953-09-03
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 5. März 1974 wird als unzulässig verworfen.
Tatbestand
Der Kläger bezieht Versorgungsrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 60 v. H., hauptsächlich wegen Verletzungen und Behinderungen im Bereich der rechten oberen Extremität (Bescheid vom 14.6.1951 nebst Ergänzungsbescheid vom 21.2.1953). Er bewirtschaftet im Vogelberggebiet als selbständiger Landwirt einen Bauernhof von etwa 8,5 ha Größe, den er im Jahre 1952 von seinem Vater übernommen hat. Im Februar 1965 beantragte der Kläger die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs und die Erhöhung der MdE gemäß § 30 Abs. 2 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) wegen eines besonderen beruflichen Betroffenseins. Diese Anträge wurden durch die Bescheide vom 3. Januar und 4. Januar 1966 abgelehnt. Die Bescheide wurden bindend.
Ein im März 1969 erneut gestellter Antrag auf Gewährung eines Berufsschadensausgleichs wurde durch Bescheid vom 9. April 1969/Widerspruchsbescheid vom 13. Mai 1969 abgelehnt. Das Sozialgericht Fulda (SG) hat durch Urteil vom 27. März 1973 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und den Beklagten dem Grunde nach verurteilt, dem Kläger Berufsschadensausgleich ab Antragsmonat zu gewähren. Es hat ausgeführt, der Kläger habe einen Anspruch auf eine Zugunstenregelung; der frühere ablehnende Bescheid vom 4. Januar 1966 sei unrichtig. Der Kläger habe einen schädigungsbedingten Einkommensverlust, weil er die zusätzlichen Berufstätigkeiten eines Holzschälers und Grubenholzarbeiters infolge der Schädigungsfolgen nicht mehr ausüben könne. Zur Bemessung der Anspruchshöhe seien noch weitere Aufklärungen erforderlich.
Auf die Berufung des Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 5. März 1974 das Urteil des SG aufgehoben und den Rechtsstreit an dieses Gericht zurückverwiesen. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt, das Urteil des SG beruhe auf derart wesentlichen Mängeln des Verfahrens, daß schon deshalb das erstinstanzliche Urteil aufzuheben sei. Da für die endgültige Sachentscheidung noch eine Reihe von gerichtsnah durchzuführenden Beweisermittlungen notwendig sei, sei die Sache gemäß § 159 Abs. 1 Nr. 2 und außerdem Nr. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) an das SG zurückzuverweisen. Das SG habe nach teilweiser Erledigung der streitigen Fragen eine unzulässige Rückverweisung an die Verwaltungsbehörde vorgenommen und mit diesem wesentlichen Verfahrensmangel gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung verstoßen. Für den Nachweis der bei § 40 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VerwVG) erforderlichen Unrichtigkeit des früheren Bescheides genüge es nicht, daß das SG seine auf Annahmen und Vermutungen gestützte Auffassung an die Stelle der Auffassung des Beklagten setze. Vielmehr habe das SG nach Ermittlung der konkreten Einnahmen und Ausgaben des Klägers einen schädigungsbedingten Minderertrag feststellen müssen. Lasse sich ein solcher in dem Beruf eines Landwirts nicht ermitteln, dann sei weiter zu untersuchen, ob die Grundlage der Annahme einer künftigen Berufsentwicklung, d. h. die Ausübung der selbständigen Landwirtschaft, noch haltbar sei oder die nach einer anderen - unselbständigen - Haupterwerbsquelle zutreffe. Insbesondere seien ortsnahe Ermittlungen darüber erforderlich, welche betrieblichen Möglichkeiten in der Umgebung des Klägers bestehen, wie sich die Mehrheit der nichtbeschädigten Landwirte jetzt dort ernähre bzw. ihren Unterhalt beschaffe und was sich für den Kläger bei gesunder Heimkehr als berufliche Entwicklung abgezeichnet hätte.
Das LSG hat die Revision zugelassen, "weil die Frage, ob ein Erfahrungssatz, daß Landwirte mit einem Betrieb um etwa 10 ha sich von dieser Nebenbeschäftigung einer den Erwerb sichernden Hauptbeschäftigung zugewendet haben, besteht, und ob dieser Erfahrungssatz auch bei entgegenstehender Schilderung der wahrscheinlichen Berufsentwicklung durch den Rentenbewerber zu berücksichtigen ist, eine bislang noch nicht vom Bundessozialgericht (BSG) entschiedene Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung darstellt".
Dieses Urteil wurde dem Beklagten am 7. Juni 1974 zugestellt, der dagegen am 24. Juni Revision eingelegt und diese gleichzeitig begründet hat.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 5. März 1974 dahin abzuändern, daß auf die Berufung des Beklagten das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 27. März 1973 aufgehoben und die Klage abgewiesen wird;
hilfsweise,
die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
In seiner Revisionsbegründung rügt der Beklagte eine Verletzung des § 30 Abs. 3 und 4 BVG und ferner wesentliche Verfahrensmängel gemäß §§ 103, 128 SGG. Er trägt dazu vor, obwohl es sich um eine Zurückverweisung an das SG handele, müsse von der zugelassenen Revision Gebrauch gemacht werden, weil das SG gemäß § 159 Abs. 2 SGG an die - nach Auffassung des Beklagten unrichtige - rechtliche Beurteilung des LSG gebunden sei.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zurückverweisung nach der Nr. 3 des § 159 Abs. 1 SGG lägen nicht vor. Die Entscheidungsgründe in dem angefochtenen Urteil seien unklar bzw. widersprüchlich. Der Kläger sei nach seinem ganzen Berufsbild und seinem eigenen Vorbringen selbständiger Landwirt; eine anderweitige Nebentätigkeit habe weder er noch früher sein Vater ausgeübt. Die aus der allgemeinen Lage der landwirtschaftlichen Kleinbetriebe sich ergebenden ungünstigen Einkommensverhältnisse dürften nicht als schädigungsbedingter Einkommensverlust angesehen werden. Gemäß § 2 Abs. 2 der Durchführungsverordnung (DVO) zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG komme es auf Nebentätigkeiten grundsätzlich nicht an. Einen Erfahrungssatz dahin, daß Landwirte mit einem Betrieb um etwa 10 ha diesen nur als Nebenbeschäftigung betreiben würden, gebe es nicht. Auch der vom LSG angenommene "Strukturwandel" in der Landwirtschaft bedürfe weiterer Klärung. Einen schädigungsbedingten Einkommensverlust habe das LSG nicht festgestellt; die Klage sei daher abzuweisen gewesen.
Der Kläger beantragt,
die gegnerische Revision insoweit als unbegründet zurückzuweisen, als über den von dem Beklagten gestellten Antrag auf Aufhebung (Änderung) des LSG-Urteils hinaus weiterhin die Aufhebung des SG-Urteils und Klageabweisung beantragt wird.
Die mit Schriftsatz vom 2. August 1974 eingelegte Anschlußrevision hat der Kläger zurückgenommen.
Der Kläger trägt vor, daß LSG habe gemäß § 157 SGG die von ihm für erforderlich gehaltenen weiteren, den tatsächlichen Bereich bestimmenden Ermittlungen selbst anstellen müssen, um zu einer abschließenden Entscheidung zu gelangen. Für die Anwendbarkeit des § 159 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGG sei daher kein Raum gewesen; die vom Beklagten erhobene Rüge der Verletzung formellen Rechts, nämlich der §§ 157, 159 SGG, sei daher begründet. In der Sache sei die Revision jedoch unbegründet. Unstreitig hätte der Kläger ohne die anerkannten Schädigungsfolgen neben der landwirtschaftlichen noch eine nebenberufliche Tätigkeit ausgeübt. In Beachtung des in der Landwirtschaft eingetretenen strukturellen Wandels und der sich hieraus ergebenden agrarpolitischen Neuorientierung habe das LSG berücksichtigen müssen, daß von einer Vielzahl von Landwirten als Folge der Gesamtentwicklung nur noch nebenberuflich der landwirtschaftliche Kleinbetrieb geführt werde; insoweit könne von einem Erfahrungssatz ausgegangen werden. Ein Einkommensverlust habe daher in dem Beruf, den der Kläger wahrscheinlich ohne die Schädigungsfolgen neben der landwirtschaftlichen Tätigkeit ausgeübt hätte, Berücksichtigung zu erfahren. Im Hinblick auf die berufliche Vorbildung des Klägers wäre es nicht nur zu einer Beschäftigung als Hilfsarbeiter, sondern im Laufe der Jahre zu einer angelernten Tätigkeit gekommen. Darüber seien noch Ermittlungen anzustellen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist von dem Beklagten frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 164, 166 SGG). Das Rechtsmittel muß jedoch gemäß § 169 SGG als unzulässig verworfen werden, weil es nicht statthaft ist.
Nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG (in der bis zum 31.12.1974 geltenden Fassung) findet die Revision statt, wenn sie vom LSG - wie hier - zugelassen worden ist. Das BSG hat jedoch wiederholt entschieden (vgl. BSG 1, 104 und insbesondere 10, 240), daß eine offenbar gesetzwidrig erfolgte Zulassung der Revision im sozialgerichtlichen Verfahren unwirksam ist und das Revisionsgericht nicht bindet (vgl. auch BVerwGE 42, 229 mit Nachweisen; BVerwG, Beschluß vom 9.12.1974, MDR 1975, 602). Eine derartige gesetzwidrig erfolgte Zulassung liegt dann vor, wenn keine der in § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG genannten Voraussetzungen gegeben ist, unter denen die Revision zuzulassen ist, und wenn die Zulassung nur erfolgt sein kann, um die Prüfung von Fragen durch das Revisionsgericht zu ermöglichen, die der Gesetzgeber der Nachprüfung durch dieses Gericht schlechthin und ganz allgemein entzogen hat. Das ist einmal der Fall, wenn in der Revision irrevisible Fragen geprüft werden sollen, aber auch dann, wenn die Revision nach Zulassungsbegründung und Gesamtinhalt des Berufungsurteils nur zur Überprüfung tatsächlicher Fragen zugelassen ist (vgl. BSG 10, 240, 242). Das ist hier der Fall.
Für den vom Kläger gestellten Antrag auf Berufsschadensausgleich ist u. a. entscheidend, ob er einen schädigungsbedingten Einkommensverlust erlitten hat (§ 30 Abs. 3 BVG). Ob ein Einkommensverlust vorliegt und wie hoch er ist, ist nach dem generalisierenden Maßstab des § 30 Abs. 4 Satz 1 BVG zu ermitteln (vgl. BSG in SozR BVG Nr. 47 zu § 30 und Urteil vom 21.5.1974 - 10 RV 385/73 -). Hierfür ist u. a. die Berufs- oder Wirtschaftsgruppe festzustellen, der der Beschädigte ohne die Schädigung angehört hätte. Zunächst war also die Frage zu klären, ob der Kläger bei gesunder Rückkehr aus dem Kriege heute als selbständiger Landwirt tätig wäre bzw. welcher anderen Berufstätigkeit er nachgehen würde. Diese für den Ausgang des Rechtsstreits wesentliche Frage ist tatsächlicher Natur und vom LSG nicht beantwortet, sondern zum Teil dem BSG überlassen worden, weil dieses nach Auffassung des LSG entscheiden soll, "ob ein Erfahrungssatz, daß Landwirte mit einem Betrieb um etwa 10 ha sich von dieser Nebenbeschäftigung einer den Erwerb sichernden Hauptbeschäftigung zugewendet haben, besteht".
Diese Fragestellung und die weiteren Ausführungen des LSG lassen erkennen, daß dieses keinen allgemeinen, sondern einen speziellen Erfahrungssatz im Auge gehabt hat. Im Gegensatz zu allgemeinen Erfahrungssätzen des täglichen Lebens, die jedermann bekannt und durch keine Ausnahmen durchbrochen sind und die in der Regel eines Beweises oder einer besonderen Begründung nicht bedürfen (vgl. Urteile des erk. Senats in SozR SGG Nr. 87 zu § 128; BVerwG in MDR 1974, 957; RGZ 99, 70), kann eine besondere Erfahrung in bestimmten Fällen nur dann als Grundlage der Entscheidung dienen, wenn die ihr zugrunde liegenden Tatsachen festgestellt und die Quellen angegeben sind, aus der sie stammt (vgl. BSG aaO Nr. 86 und 87). Ein allgemeiner Erfahrungssatz des Inhalts, wie ihn das LSG in seiner Zulassungsbegründung genannt hat und dessen Prüfung das BSG als Revisionsgericht auf der Grundlage offenkundiger oder gerichtsbekannter Tatsachen vornehmen könnte, besteht nicht. Das LSG will seinen Erfahrungssatz auch nur für einen bestimmten Beruf - Landwirt -, für eine einzelne Gegend -- das Vogelberggebiet -, für eine bestimmte Betriebsgröße und nach der Zulassungsbegründung auch nicht allgemein, sondern mit Ausnahmen - wie sie das LSG gerade für den Kläger für möglich hält - gelten lassen. Demnach handelt es sich um einen speziellen Erfahrungssatz.
Ein spezieller Erfahrungssatz ist in seiner Geltungsweise räumlich und inhaltlich beschränkt; er kann nur durch besondere Sachkunde erkannt werden und ist der Revision daher nur beschränkt zugänglich (vgl. BSG in SozR SGG Nr. 87 zu § 128; BVerwG in MDR 1974, 957). Sein Inhalt kann vom Revisionsgericht nicht überprüft und somit auch nicht festgestellt werden (vgl. BGH in RzW 1971, 39). Das Revisionsgericht kann nur das Verfahren überprüfen, das das Tatsachengericht bei der Feststellung dieses Erfahrungssatzes beobachtet hat (vgl. Grave/Mühle in MDR 1975, 276; BVerwG in MDR 1973, 748). Das Tatsachengericht muß daher im Urteil darlegen, woher und auf welchem Wege es die Kenntnis von einem solchen Erfahrungssatz gewonnen hat (vgl. BSG aaO). Das LSG hat zwar ausgeführt, daß es in seiner Spruchpraxis zum landwirtschaftlichen Berufsschadensausgleich bestimmte Erfahrungen gemacht hat. Andererseits hat das LSG jedoch zum Ausdruck gebracht, daß seine Feststellungen nicht "als allgemein bekannt" gelten können, und außerdem weitere "ortsnahe Ermittlungen" durch das SG für erforderlich gehalten. Daraus muß gefolgert werden, daß das LSG selbst noch keine ausreichenden, die Entscheidung tragenden Erfahrungen gesammelt hat. Bei dieser Sachlage ist nicht ersichtlich, aus welchem Grunde und auf welchem Wege das BSG besondere Erfahrungen gesammelt haben sollte, die eine spezielle Erfahrung bzw. weitere Ermittlungen durch das LSG möglicherweise ersetzen könnten.
Die Durchführung rein tatsächlicher Feststellungen ist dem BSG als Revisionsgericht verwehrt (§ 163 SGG); diese Feststellungen hat das Tatsachengericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) und seines freien richterlichen Beweiswürdigungsrechts (§ 128 SGG) zu treffen. Das BSG würde daher seine Kompetenzen überschreiten, wenn es ein Revisionsurteil in der Sache erließe. Bei dieser Rechtslage braucht nicht geprüft zu werden, ob die vom LSG im zweiten Halbsatz seiner Zulassungsbegründung aufgeworfene Frage einer unmittelbaren Nachprüfung durch das BSG zugänglich ist. Insoweit würde es sich um rein theoretische Erörterungen handeln, die erst dann Bedeutung gewinnen, wenn in tatsächlicher Hinsicht geklärt ist, ob der vom LSG zunächst aufgeworfene spezielle Erfahrungssatz besteht und welchen Inhalt er im einzelnen hat. Die vom LSG ausgesprochene Zulassung der Revision erweist sich daher als gesetzwidrig. Die Statthaftigkeit der Revision kann nicht aus § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG hergeleitet werden.
Der Beklagte hat jedoch in seiner Revisionsbegründung auch wesentliche Verfahrensmängel gerügt. Daher war weiterhin zu prüfen, ob die Statthaftigkeit der Revision auf § 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG gestützt werden kann. Der Beklagte rügt in erster Linie, daß das LSG keine Zurückverweisung an das SG gemäß § 159 Abs. 1 SGG vornehmen durfte, sondern gemäß § 157 SGG selbst in der Sache entscheiden mußte. Diese Rüge ist jedoch nicht gerechtfertigt (vgl. BSG 1, 150).
Das SG hat, wie das LSG zutreffend erkannt hat, dem Kläger den Berufsschadensausgleich nicht nur "dem Grunde nach" zusprechen dürfen. Damit hat das SG nach teilweiser Erledigung der strittigen Fragen praktisch eine im Sozialgerichtsverfahren unzulässige Rückverweisung an die Verwaltungsbehörde vorgenommen (s. Bl. 6 des LSG-Urteils; vgl. BSG 2, 94; 7, 126; 9 285, 288; SozR SGG Nr. 1 zu § 159; Nr. 9 zu § 123). Der (erste) Antrag des Klägers auf Gewährung eines Berufsschadensausgleichs war durch den Bescheid vom 4. Januar 1966 abgelehnt worden. Dieser Bescheid ist bindend geworden (vgl. § 24 VerwVG, § 77 SGG). Der Kläger konnte daher eine andere, günstigere Entscheidung nur im Wege eines Zugunstenverfahrens nach § 40 Abs. 1 VerwVG erreichen. Insoweit besteht zwischen den Beteiligten kein Streit; auch die Vorinstanzen sind von dieser Rechtslage ausgegangen. Im Rahmen des Zugunstenverfahrens hat das SG prüfen müssen, ob die frühere Entscheidung tatsächlich und rechtlich unrichtig gewesen ist (vgl. Urteil des erkennenden Senats in BSG 29, 278, 282). Dieser Verpflichtung ist das SG nur teilweise nachgekommen, denn es hat selbst zum Ausdruck gebracht, daß "zur Bemessung der Anspruchshöhe noch weitere Aufklärungen erforderlich sind". Ist aber die Frage der Anspruchshöhe völlig offen geblieben und sind darüber auch nach Auffassung des SG noch weitere Ermittlungen durch die Verwaltungsbehörde erforderlich - die im Hinblick auf die ungeklärten Fragen tatsächlicher Art zu einem neuen Rechtsstreit führen können -, dann fehlt es an den Mindestvoraussetzungen, die den Erlaß eines Grundurteils nach § 130 SGG rechtfertigen könnten (vgl. BSG in SozR SGG Nr. 9 zu § 123). Ein wesentlicher Mangel im Verfahren des SG, wie ihn das LSG angenommen hat, liegt daher vor.
Entgegen der Auffassung der Beteiligten war das LSG nicht verpflichtet, selbst in der Sache zu entscheiden (§ 157 SGG). Bei § 159 Abs. 1 SGG handelt es sich um eine "Kann-"Vorschrift. Es steht daher im pflichtgemäßen Ermessen des LSG, entweder - nach Beseitigung oder unter Vermeidung des erstinstanzlichen Verfahrensmangels selbst in der Sache zu entscheiden oder eine Zurückverweisung an das SG auszusprechen. Bei seiner Ermessensentscheidung hat das LSG zu beachten, daß - im Interesse der Beschleunigung des Verfahrens - die sachliche Entscheidung durch das LSG regelmäßig den Vorzug vor einer Zurückverweisung verdient, wenn die Sache spruchreif ist (vgl. Peter/Sautter/Wolff, Komm. zur Sozialgerichtsbarkeit, § 159 Anm. 1 III/80 - 9 - mit weiteren Nachweisen). Sind jedoch noch weitere Ermittlungen erforderlich und ist ein für die Entscheidung wesentlicher Teil des Sachverhalts durch das erstinstanzliche Gericht nicht aufgeklärt und gewürdigt worden, dann kann eine Zurückverweisung nicht als wesentlicher Mangel im Verfahren des LSG angesehen werden. Eine solche Zurückverweisung kann auch im Interesse der Prozeßbeteiligten geboten sein, weil diese durch die Sachentscheidung des LSG eine Tatsacheninstanz verlieren würden.
Im vorliegenden Fall könnten allerdings Bedenken gegen die Zurückverweisung bestehen, weil das LSG selbst davon gesprochen hat, daß es besondere Kenntnisse auf dem Gebiet der landwirtschaftlichen Berufsentwicklung besitzt bzw. daß es Erfahrungen in Fällen schwerbeschädigter Landwirte mit Betrieben der beim Kläger vorliegenden Größenordnung in Hessen während seiner Spruchpraxis gemacht und darüber mit den Beteiligten verhandelt hat. Andererseits hebt das LSG jedoch zutreffend hervor, daß es auf die betrieblichen Möglichkeiten in der Umgebung des Klägers und das Verhalten der dort ansässigen nichtbeschädigten Landwirte ankommt und daß deshalb "ortsnahe" Ermittlungen erforderlich sind. Dieser letzte Gesichtspunkt ist offenbar für das LSG entscheidend gewesen und läßt die Zurückverweisung als gerechtfertigt erscheinen.
Konnte aber das LSG von einer Sachentscheidung absehen und die Sache an das SG zurückverweisen, dann war es nicht verpflichtet, die - auch nach seiner Auffassung noch erforderlichen - Ermittlungen selbst durchzuführen. Die weiteren Rügen des Beklagten, die eine Verletzung des § 103 SGG zum Inhalt haben, greifen daher schon aus diesem Grunde nicht durch.
Eine Zurückverweisung verbot sich auch nicht deshalb, weil das SG gemäß § 159 Abs. 2 SGG die rechtliche Beurteilung des LSG seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat. Entgegen dem Vorbringen des Beklagten kann das Urteil des LSG nicht als unklar oder widersprüchlich angesehen werden. In dem Urteil sind allerdings einige Ausführungen enthalten, die im Hinblick auf die Zurückverweisung besser unterblieben wären. Bei richtiger Betrachtungsweise ergibt sich jedoch aus dem Gesamtinhalt des LSG-Urteils, daß es einen Erfahrungssatz des Inhalts, daß Landwirte mit einem Betrieb um etwa 10 ha Größe die landwirtschaftliche Tätigkeit nur noch als Nebenbeschäftigung ausüben und sich einer "den Erwerb sichernden Hauptbeschäftigung zugewendet haben", gerade nicht aufgestellt, sondern auch insoweit noch Ermittlungen in der Umgebung des Klägers für erforderlich gehalten hat (vgl. insbesondere Seite 10 oben des LSG-Urteils). Wenn das LSG weiterhin Ermittlungen nach den konkreten Einnahmen und Ausgaben des Klägers gefordert hat, um die Frage eines schädigungsbedingten Minderertrages in der Landwirtschaft beantworten zu können, so hat es damit dem SG lediglich den Weg gewiesen, daß möglicherweise Ermittlungen in zwei Richtungen geboten sein könnten: Ob der Kläger in der Landwirtschaft - als Hauptberuf - einen schädigungsbedingten Einkommensverlust erleidet oder ob eine andere - abhängige - Tätigkeit als Hauptberuf in Betracht zu ziehen ist.
Die vom LSG vorgenommene Zurückverweisung an das SG ist daher im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.
Fundstellen